Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Joseph Roths Frühwerk „Das Spinnennetz“ und den maßgeblichen Voraussetzungen zum Verständnis des Romans.
Hierzu werde ich mich im Wesentlichen auf die historischen Hintergründe des Romans konzentrieren und einen Abriss der Geschichte der Weimarer Republik nach dem ersten Weltkrieg geben. Dadurch werden Hintergründe erläutert, die zum Verständnis des Handelns der Protagonisten führen sollen beziehungsweise unerlässlich sind.
Ferner stelle ich Joseph Roth als Autor in seiner Zeit kurz vor, jedoch folgt keine umfassende biografische Schilderung seines Lebens und Werkes, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde und ausführlich bei Bronsen1 nachzulesen ist. Biografische Daten werden nur insofern dargestellt, als sie für die Entstehung und das Verständnis des Romans relevant sind.
Des Weiteren gehe ich insofern auf den Roman „Das Spinnennetz“ ein, als ich die Entstehungsgeschichte beschreibe und seine Protagonisten Theodor Lohse und Benjamin Lenz vorstelle. Auf eine umfassende inhaltliche Zusammenfassung verzichte ich. Nachfolgend soll die Rezeption des Romans dargestellt werden.
Zum Schluss soll untersucht werden, inwiefern der historische Hintergrund eine maßgebliche Voraussetzung für das Verständnis des Romans ist und inwiefern Joseph Roth als Visionär in Bezug auf den aufkeimenden Nationalsozialismus angesehen werden kann. Des Weiteren soll geprüft werden, ob Roth die von ihm dargestellten Protagonisten als Spiegelung der Menschen nach dem Ersten Weltkrieg sieht und erklärt.
I N H A L T S V E R Z E I C H N I S
1. Einleitung
2. Historischer Hintergrund
3. Kurzbiografie Joseph Roth
4. Das Spinnennetz
4.1. Entstehung
4.2. Die Protagonisten
4.2.1. Theodor Lohse
4.2.2. Benjamin Lenz
4.3. Rezeption
5. Schlussbetrachtung
6.Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Joseph Roths Frühwerk „Das Spinnennetz“ und den maßgeblichen Voraussetzungen zum Verständnis des Romans.
Hierzu werde ich mich im Wesentlichen auf die historischen Hintergründe des Romans konzentrieren und einen Abriss der Geschichte der Weimarer Republik nach dem ersten Weltkrieg geben. Dadurch werden Hintergründe erläutert, die zum Verständnis des Handelns der Protagonisten führen sollen beziehungsweise unerlässlich sind.
Ferner stelle ich Joseph Roth als Autor in seiner Zeit kurz vor, jedoch folgt keine umfassende biografische Schilderung seines Lebens und Werkes, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde und ausführlich bei Bronsen[1] nachzulesen ist. Biografische Daten werden nur insofern dargestellt, als sie für die Entstehung und das Verständnis des Romans relevant sind.
Des Weiteren gehe ich insofern auf den Roman „Das Spinnennetz“ ein, als ich die Entstehungsgeschichte beschreibe und seine Protagonisten Theodor Lohse und Benjamin Lenz vorstelle. Auf eine umfassende inhaltliche Zusammenfassung verzichte ich. Nachfolgend soll die Rezeption des Romans dargestellt werden.
Zum Schluss soll untersucht werden, inwiefern der historische Hintergrund eine maßgebliche Voraussetzung für das Verständnis des Romans ist und inwiefern Joseph Roth als Visionär in Bezug auf den aufkeimenden Nationalsozialismus angesehen werden kann. Des Weiteren soll geprüft werden, ob Roth die von ihm dargestellten Protagonisten als Spiegelung der Menschen nach dem Ersten Weltkrieg sieht und erklärt.
2. Historischer Hintergrund
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[2]
(Text: J. Brammer, Melodie: L. Casucci vor 1929)
Besser als Brammers Text könnte man die Situation vieler junger ehemaliger Offiziere in Deutschland Anfang der 20er Jahre nicht beschreiben. Vor dem ersten Weltkrieg gehörten sie einer privilegierten Kaste an, die weit über das ohnehin dominierende Militärische Einfluss auf die Gesellschaft ausübte, repräsentierte sie doch auch die mit ihnen eng verflochtenen Machteliten in Verwaltung, Justiz und Wirtschaft. Sie fühlten sich ihrem „Obersten Kriegsherrn“, dem Kaiser, verpflichtet, der seinerseits ihre Privilegien garantierte. Der Kaiser hatte im November 1918 abgedankt, die Weimarer Republik hatte für die im Krieg mit Orden ausgezeichneten, an straffe Führungsverantwortung gewöhnten jungen Männer keine Verwendung mehr.
Vielen von ihnen, deren Familien durch Krieg und Inflation verarmt waren, blieb nichts weiter übrig als eine kümmerliche Existenz als Hauslehrer oder Gigolo.
Die Verantwortung für ihre Misere sahen die ehemaligen Offiziere bei den „Novemberverbrechern“, den demokratischen Politikern, die für die militärische Niederlage verantwortlich gemacht wurden („Dolchstoßlegende“). Es bildeten sich Geheimbünde wie die „Organisation Consul“ (von Roth im Roman „Organisation „C““ genannt), die Morde insbesondere an demokratischen Politikern planten und ausführten, deren prominenteste Opfer Erzberger (1921) und Rathenau (1922) wurden. Es bestand ein undurchsichtiges Geflecht zwischen ihnen, Reichswehrkommandeuren und ehemaligen Generälen, an der Spitze Erich Ludendorff, der gegen Ende des Krieges Deutschland zu einer Quasi-Militärdiktatur gemacht hatte und nun allgemein als die Führungsspitze einer gegen die Republik gerichteten reaktionären Bewegung galt. Schon 1920 war die Reichsregierung in große Bedrängnis geraten, als Kapp Freikorpstruppen, die nicht mehr in die Reichswehr aufgenommen werden konnten und denen Arbeitslosigkeit drohte, unter der Führung reaktionärer Offiziere einsetzte, um mit Gewalt „das System“ zu beseitigen. Hier zeigte sich nicht zum ersten und letzten Mal eine Masse von kampferprobten, gewaltbereiten und zunächst perspektivlosen Männern, ein ideales Reservoir für rechte Demagogen.
Auf der anderen Seite stehen Menschen, die durch das Grauen des Krieges zu Pazifisten geworden waren und nun die noch bestehenden alten Strukturen in der Gesellschaft als Schriftsteller oder Journalisten ( z.B. Ernst Toller und Kurt Tucholsky) oder als darstellende Künstler (z.B. George Grosz, Käthe Kollwitz) bekämpfen. Die wenigsten von ihnen waren verbohrte Kommunisten, aber alle standen politisch links.
In großen Teilen der Arbeiterschaft war man enttäuscht von den Ergebnissen der zunächst so erfolgreichen Revolution von 1918, konnte doch die SPD ihre eigenen Vorstellungen eines demokratischen Sozialismus aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Reichstag nicht durchsetzen. Die Arbeiter hatten am meisten zu leiden unter den Folgen von Krieg und Reparationen, durch Kaufkraftverlust in der Inflation und Arbeitslosigkeit. Die Zustände in den Berliner Arbeiterquartieren hat treffend Heinrich Zille in Wort und Bild dargestellt.
Seit die extreme Linke das Rätesystem nach russischem Vorbild in der Revolution nicht durchsetzen konnte, bekämpfte sie das parlamentarische System und insbesondere die SPD mit Gewalt, um doch noch den Anschluss an Lenins Weltrevolution zu bekommen.
Das Jahr 1923 wird heute als das „Krisenjahr“ der Weimarer Republik benannt. Es begann mit einem Paukenschlag: Im Januar besetzen Franzosen und Belgier das Ruhrgebiet zur Sicherung von Reparationen – die Reichsregierung reagiert mit der Ausrufung des passiven Widerstands. Dadurch verliert die ohnehin inflationäre Reichsmark in zunehmenden Tempo an Wert; im November 1923 kostet ein US-Dollar 4,2 Billionen Reichsmark. Damit werden auch noch die letzten Reste von Barvermögen vernichtet, und der Staat zahlt die im Weltkrieg von patriotischen Bürgern gezeichneten Kriegsanleihen mit wertlosem Inflationsgeld zurück. Verbittert muss das verarmte Bürgertum zusehen, wie Spekulanten und „Kriegsgewinnler“ reich werden und es lastet diese Zustände dem demokratischem System, besonders den linken Parteien an. Viele wandten sich jetzt einer radikalen neuen Bewegung, der NSDAP zu, die schon 1920 in ihrem Parteiprogramm ihre Kampfziele propagiert hat: gegen „Zinsknechtschaft“, Großwarenhäuser und Sozialisierung. Und hinter allem sollten die Juden stehen: jüdisches Großkapital und die „jüdische Weltverschwörung“ der Linken.[3]
[...]
[1] Siehe: Bronsen, David: „Joseph Roth. Eine Biographie“. Köln: Kiepenheuer und Witsch 1974
[2] Vgl.: http://ingeb.org/Lieder/schonerg.html vom 29.09.2004
[3] Vgl.: Hofer, Walther: „Der Nationalsozialismus“ Dokumente 1933-1945, Frankfurt: 1957, S. 29 bzw. 33
- Arbeit zitieren
- Antje Dietz (Autor:in), 2004, Maßgebliche Voraussetzungen zum Verständnis des Romans "Das Spinnennetz" von Joseph Roth, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32305
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