Bausparkassen bieten Sparwilligen nicht nur eine sichere Geldanlage, sondern tragen auch zur Verwirklichung des Traums von den „eigenen vier Wänden“ bei. In Österreich tun sie dies seit 1925. Ob sie es zum 100. Jubiläum auch noch tun können, damit setzt sich diese Arbeit auseinander. Es wird die Entwicklung des Bausparens und seiner wesentlichen Komponenten analysiert, um daraus Schlüsse auf die Zukunft der Bausparkassen zu ziehen.
Im Zuge von Sparprogrammen hat die österreichische Bundesregierung immer wieder einmal überlegt, die Bausparprämie abzuschaffen. Es ist zwar nie dazu gekommen, aber die Prämie schrumpfte von 1973 bis heute von 33 1/3 % der Einzahlung auf 1,5 %! Welche Auswirkungen hat die jüngste Kürzung der Bausparprämie auf die Bausparkassen und in weiterer Folge auf die österreichische Wirtschaft und was geschieht, wenn die Bausparprämie zur Gänze gestrichen wird?
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
2 Fragestellung
3 Definition „Bausparkasse“
4 Historische Entwicklung
4.1 Bausparen in England
4.2 Bausparen auf dem europäischen Kontinent
4.3 Bausparen in Österreich
5 Das Bausparsystem
5.1 Die Tarife
5.1.1 Spartarife
5.1.2 Finanzierungstarif
5.2 Die Vertragssumme
5.2.1 Teilung
5.2.2 Zusammenlegung
5.2.3 Erhöhung
5.2.4 Ermäßigung
5.3 Ansparzinsen
5.4 Zwischendarlehen
5.5 Mindestwartezeit/Mindestsparrate/Zuteilung
5.5.1 Mindestwartezeit
5.5.2 Höchstwartezeit
5.5.3 Mindestsparguthaben
5.5.4 Bewertungsziffer
5.5.5 Zuteilung
5.6 Darlehen/Darlehenszinsen/Tilgung
5.6.1 Darlehen
5.6.2 Darlehenszinsen
5.6.3 Tilgung
6 Die Bausparförderung
6.1 Gesetzeslage
6.2 Entwicklung
6.3 Status quo
7 Der Markt
7.1 Der Finanzmarkt
7.1.1 Finanzvermögen
7.1.2 Immobilienvermögen und Grundbesitz
7.2 Die Bausparkassen
7.2.1 Allgemeine Bausparkasse der Volksbanken seit
7.2.2 Bausparkasse Wüstenrot seit
7.2.3 Bausparkasse der österreichischen Sparkassen seit
7.2.4 Raiffeisen-Bausparkasse seit
7.2.5 Die Einlagenentwicklung seit
7.2.6 Die Entwicklung der Bauspardarlehen seit
7.3 Der Wohnungsmarkt
7.3.1 Fertiggestellte Wohnungen
7.3.2 Finanzierung des Wohnbaus
7.4 Bausparen in verschiedenen Lebensphasen
7.4.1 Aufbauphase
7.4.2 Etablierung
7.4.3 Ruhestand
8 Bausparen in Europa
9 Wen trifft ein Entfall der Bausparprämie?
10 Die Zukunft der Bausparkassen
10.1 Nachhaltige Refinanzierung
10.1.1 Erhöhung der Bemessungsgrundlage
10.1.2 Verlängerung der Mindestbindungsfrist
10.1.3 Begebung von Pfandbriefen
10.1.4 Begebung oder Vermittlung von Wohnbauanleihen
10.2 Nachhaltiger Ertrag
10.2.1 Wiedereinführung der Abschlussgebühr (=VKB)
10.2.2 Erhöhung der Zinsspanne
10.2.3 Vierteljährliche Zinsanpassung
10.2.4 Limitieren von Provisionen
10.2.5 Reduktion
10.2.6 Neue Produkte
10.2.7 Abschaffung der Höchstvertragssumme
10.3 Was tun, wenn 10.1. und 10.2. nichtgelingen?
10.3.1 Zusammenarbeit mit oder Gründung einer Wohnbaubank
10.3.2 Fusionen
10.3.3 Bausparen ohne Bausparkassen
11 Schlussbetrachtung
12 Nachwort
13 Anhang
14 Tabellen
15 Abbildungen
16 Literaturverzeichnis
17 Abkürzungen
1 Vorwort
„Wille, sparen, Gottvertrauen werden Vaterhäuser bauen“ so lautete das Lebensmotto des deutschen Bausparkassengründers Georg Kropp (1865–1943) und tatsächlich: Bausparkassen bieten Sparwilligen nicht nur eine sichere Geldanlage, sondern tragen auch zur Verwirklichung des Traums von den „eigenen vier Wänden“ bei. In Österreich tun sie dies seit 1925. Ob sie es zum 100. Jubiläum auch noch tun können, damit setze ich mich in dieser Arbeit auseinander.
Ich werde die Entwicklung des Bausparens und seiner wesentlichen Komponenten analysieren, um daraus Schlüsse auf die Zukunft der Bausparkassen zu ziehen.
2 Fragestellung
Im Zuge von Sparprogrammen hat die österreichische Bundesregierung immer wieder einmal überlegt, die Bausparprämie abzuschaffen. Es ist zwar nie dazu gekommen, aber die Prämie schrumpfte von 1973 bis heute von 33 1/3 % der Einzahlung auf 1,5 %! Welche Auswirkungen hat die jüngste Kürzung der Bausparprämie auf die Bausparkassen und in weiterer Folge auf die österreichische Wirtschaft und was geschieht, wenn die Bausparprämie zur Gänze gestrichen wird?
Die Bausparfinanzierung ist aufgrund der staatlichen Förderung gesetzlich stark reguliert, um nicht zu sagen: eingeschränkt. Ohne Eigenleistung oder Zusatzfinanzierung, also nur mit einem Bauspardarlehen, kann man heute kaum mehr ein Haus finanzieren. Ist die Zinssatz-Deckelung für Darlehenswerber auf Dauer Grund genug, nicht in den Bankensektor auszuweichen?
3 Definition „Bausparkasse“
Der § 1 des Bausparkassengesetzes (BSpG)1 definiert Bausparkassen wie folgt:
Bausparkassen sind Kreditinstitute, die auf Grund einer Konzession nach dem Bankwesengesetz (BWG) berechtigt sind, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen und für Maßnahmen der Bildung und Pflege Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft). Das Bauspargeschäft darf nur von Bausparkassen betrieben werden.
4 Historische Entwicklung
4.1 Bausparen in England
Ketley's Building Society, war die erste Bausparkasse der Welt, ihr Gründer (im Jahr 1775) der Wirt vom Wirtshaus “Golden Cross” in 60 Snow Hill, Birmingham. Richard Ketley rief eine Selbsthilfegruppe ins Leben, deren Mitglieder ihre Ersparnisse in eine Art Baufonds einbrachten. Mittels Los wurde jährlich ermittelt, an wen Gelder zum Grundkauf oder Hausbau ausbezahlt werden durften. Während also ein Teil der Mitglieder ansparte, zahlten die anderen ihre Darlehen zurück, so dass am Jahresende der „Topf“ wieder gefüllt war und die nächste Verlosung stattfinden konnte. Als alle Teilnehmer ihr individuelles Ziel erreicht hatten, wurde die „Bausparkasse“ aufgelöst.
In der Folge entstanden hunderte derartiger (genossenschaftlich organisierter) Bausparkassen in Großbritannien. Sie hießen meist wie die Orte, in denen sie entstanden, und verschwanden wieder, wenn ihr Zweck erfüllt war. Erst in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelten sich sogenannte „permanent building societies“, die mit dem Building Society Act 1874 einen gesetzlichen Rahmen erhielten2.
4.2 Bausparen auf dem europäischen Kontinent
Als Pioniere des Bausparens am europäischen Kontinent gelten
- Pastor Friedrich von Bodelschwingh (1831-1910), der 1885 in Bielefeld die „Bausparkasse für Jedermann“ gründete, in der sich die „kleinen Leute ihre eigenen Ersparnisse selber leihen, wenn dieselben vollkommen sichergestellt werden können“3. Zur Etablierung dieses Systems kam es allerdings erst 40 Jahre später.
- Georg Kropp (1865-1943). Er gründete 1921 im schwäbischen Wüstenrot bei Heilbronn den Deutschen Eigenheimverein Gemeinschaft der Freunde (GdF) Wüstenrot unter dem Motto: „Jeder Familie ein Eigenheim"4.
Die Grundidee war ein geschlossenes Bausparsystem, in dem von z.B. zehn Bauwilligen jeder in der Lage sein musste, pro Jahr ein Zehntel der erforderlichen Baukosten anzusparen. Alleine hätte jeder zehn Jahre sparen müssen, um das Ziel zu erreichen. Legten aber zehn Bauwillige ihre Zehntel zusammen, so konnte der Erste schon nach einem Jahr bauen. Wer der Glückliche war, entschied das Los. Im darauffolgenden Jahr legten neun Bauwillige wiederum ihr Zehntel ein, während der „Zugeteilte“ ein Zehntel seines Darlehens zurückzahlte usw. Nach zehn Jahren hatten alle ihr Haus ausfinanziert. Für den 10. Bausparer hatte das kollektive Bausparen keinen Vorteil, weil er kein Darlehen erhielt und seine Bausparsumme selbst voll ansparen musste. Im Durchschnitt dauerte aber die Ansparzeit bis zur Zuteilung statt zehn nur (1+2+3+4 …..+10 Jahre): 10 =55:10 = 5,5 Jahre, also nur halb so lange5.
So einfach wie eben dargestellt, ist das Zuteilungssystem heute nicht mehr. Nachdem die Anzahl der Bausparer und Darlehensnehmer Schwankungen unterworfen ist, musste die Verlosung durch ein Zeit x Geld-System (= Bewertungsziffern-System) ersetzt werden.
4.3 Bausparen in Österreich
Als sich die Anfragen österreichischer Bausparwilliger bei der GdF Wüstenrot häuften, reiste 1925 der Rechts- und Pressereferent von Georg Kropp, Dr. Siegfried Gmelin, nach Österreich, um Aufklärungsvorträge abzuhalten6 und die Gründung einer österreichischen Bausparkasse vorzubereiten. Sitz der Organisation war Salzburg – vorerst als Filiale der deutschen Bausparkasse.
1930 erfolgte die Verselbständigung der österreichischen Bausparkasse in Form einer registrierten Genossenschaft mit beschränkter Haftung.
Wohnungsnot, hohe Zinsen sowie der große Erfolg von Wüstenrot in Österreich zogen viele Bausparkassengründungen nach sich, von denen aber die meisten schon allein wegen ihrer Geschäftsidee („zinslose Kassen“) so wie in Deutschland bald wieder von der Bildfläche verschwanden.
Überlebt haben nur die Bausparkassen, die das System mit einem durchdachten Regelwerk, den Allgemeinen Bedingungen für das Bauspargeschäft, unterlegten.
Heute gibt es nur noch vier Bausparkassen in Österreich:
- Allgemeine Bausparkasse der Volksbanken seit 1929
- Bausparkasse Wüstenrot seit 1930
- Bausparkasse der österreichischen Sparkassen seit 1941
- Raiffeisen-Bausparkasse seit 1960
1968
1968 entdeckten die Banken Bausparen als hervorragendes Produkt zur Anknüpfung von Kundenbeziehungen. Infolge dessen wollten die österreichischen Aktienbanken unter der Federführung von Creditanstalt-Bankverein und Länderbank eine eigene Banken-Bausparkasse gründen, die aber durch geschickte Verhandlungen in eine Beteiligung der Banken bei Wüstenrot7 mündeten und zu einer Kooperation führten. Seit 1969 vermittelten die Creditanstalt-Bankverein und ihre Syndikatsbanken (BOS, BTV, BKS) sowie die Länderbank, BAWAG und ÖCI für Wüstenrot, ab 1972 auch die Post/PSK.
1976
Wüstenrot gründete zusammen mit der damaligen Bundesländer-Versicherung 1976 eine eigene Lebensversicherung, weil absehbar war, dass die Bausparkasse allein auf Dauer nicht lebensfähig ist. Daraufhin starteten einige große Versicherer (wie z.B. Allianz und Generali) unter der Federführung der Wiener Städtischen Versicherung ebenfalls den Versuch, eine Versicherungs-Bausparkasse zu gründen. Wieder endeten die Verhandlungen in einer Beteiligung (der Wiener Städtischen an der Wüstenrot Versicherungs-AG nach dem Beschluss der a.o. Hauptversammlung vom 25.1.19788 ) und in einer Kooperationsvereinbarung, nach der die Wiener Städtische Bausparverträge an die Bausparkasse Wüstenrot vermitteln sollte.
1993
gründeten die Landeshypothekenbanken zusammen mit der Allianz die Hypo-Bausparkasse AG „LBA“, der kein großer Erfolg beschieden war. Ende der 90er Jahre (nachdem sich die Hypos von Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark zurückgezogen hatten) übernahmen BAWAG und die Bayern-LB9 das Unternehmen. Letztlich ging die LBA nach zehnjährigem Bestehen durch Fusion in der Bausparkasse Wüstenrot auf10.
Problem Wartezeit
Von Anfang an bestand die Problematik der Wartezeiten bis zur Zuteilung der Bauspardarlehen. Da für eine Bausparfinanzierung nur 30 % Eigenkapital erforderlich waren und fortwährend eine starke Nachfrage nach Bauspardarlehen bestand, entstanden viel zu lange Zuteilungswartefristen. Die Bausparkassen mussten daher immer zusätzliche Mittel auftreiben.
Schon 1931 wurde der sogenannte „Freundspartarif“ eingeführt, bei dem der Kunde durch Erklärung des Darlehensverzichts höhere Zinsen zugesagt bekam. Die Bausparer mit Darlehensverzicht konnten aber nur in begrenztem Sinne als Freundsparer gelten, weil sie jederzeit ihre ursprüngliche Absicht widerrufen konnten11.
Folglich haben sich die Bausparkassen auch um die Hereinnahme von sogenannten „Fremdgeldern“ bemüht. Wüstenrot erhielt eine eingeschränkte Bankkonzession zur Führung von Sparbüchern und zur Begebung von Vermögenssparbüchern. Der Bausparkasse GdF Wüstenrot ist (als einziger österreichischer Bausparkasse) vom Bundeskanzleramte die Hereinnahme von Nicht-Bauspar-Geldern gestattet worden.. . 12
Ein Durchbruch gelang mit Einführung der staatlichen Förderung des Bausparens im Wege der Einkommensteuer.
Ein Beispiel aus dem Jahr 1949:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten13
Abbildung 1: Ersparnisse an Einkommensteuer bei Inanspruchnahme der Steuerbegünstigungen für Bausparer
Zu Beginn der sozialistischen Alleinregierung (1971 – 1983) drängte der Österreichische Gewerkschaftsbund auf eine Steuerreform mit getrennten Tarifen für die Lohn- und Einkommensteuer und einem Übergang von den bisherigen Abschreibungsmöglichkeiten auf ein reines Prämiensystem 14. Bis dahin konnten nur Steuerzahler ihre Einzahlungen auf Bausparverträge im Wege der Sonderausgaben geltend machen. Je nach Progression fiel der Steuervorteil unterschiedlich hoch aus. Der ÖGB meinte jedoch, dass die Bezieher niedriger Einkommen gleichermaßen begünstigt werden müssten wie die höherer Einkommen und erreichte tatsächlich eine Änderung des Einkommensteuergesetzes15, nach der ab 1.1.1973 jeder unbeschränkt Steuerpflichtige die Bausparprämie erhalten konnte. Die steuerliche Absetzbarkeit der Einzahlungen auf Bausparverträge wurde abgeschafft, die Absetzbarkeit von Darlehensrückzahlungen, die für die Beschaffung von Wohnraum aufgenommen worden sind, blieb16.
25 % der Bemessungsgrundlage (bzw. 33 1/3 % der Einzahlung) erhielt jeder Steuerpflichtige als Prämie gutgeschrieben (höchstmögliche Einzahlung ATS 5.250,-- + höchstmögliche Prämie ATS 1.750,-- = Bemessungsgrundlage ATS 7.000,--).
Die Folgen waren ein regelrechter Bausparboom und explosionsartig steigende Prämienzahlungen des österreichischen Staates. Offensichtlich hatte man nicht bedacht, dass nun auch die, die keine Steuern zahlten (also auch Kinder, Studenten, Hausfrauen etc.), eine Steuerbegünstigung erhalten konnten. Schon drei Jahre später musste die Bausparprämie ein erstes Mal reduziert werden, aber auch diese Reduktion war nicht ausreichend und so kam es im Laufe der Jahre zu unzähligen Prämienreduzierungen, Laufzeitänderungen oder prämienbegünstigten Verlängerungsmöglichkeiten.
Diese Änderungen brachten durch Abschluss-Booms vor und Abschluss-Flauten nach den jeweiligen Stichtagen große Unruhe ins Bauspar- und auch ins Zuteilungssystem und stellten die Bausparkassen immer wieder vor das Problem der Mittelaufbringung.
Nach zahllosen weiteren Änderungen (siehe Tabelle 3.) anfänglich nur für Neuabschlüsse, später schließlich für alle bestehenden Bausparverträge, sieht das Bausparsystem heute so aus:
5 Das Bausparsystem
Das Bausparen in Österreich wird in zwei Phasen unterteilt:
in die Ansparphase bis zur Zuteilung des Bausparvertrages und in die anschließende Darlehensphase.
Wie lange diese Phasen dauern und wie viel sie kosten bzw. bringen, hängt von verschiedenen Parametern ab, unter denen der Kunde wählen kann.
- Tarif
- Vertragssumme
- Mindestsparrate/Mindestguthaben
- Ansparzins
- Darlehenszins
- Darlehen/Rückzahlungsrate
5.1 Die Tarife
Bausparverträge werden entweder zur Geldanlage oder zur Erreichung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens für wohnungswirtschaftliche Zwecke (seit 2005 zusätzlich auch für Bildungs- oder Pflegemaßnahmen) abgeschlossen. Je nach Vorhaben des Kunden stehen unterschiedliche Tarife zur Wahl. Im Wesentlichen unterscheidet man Spar- oder Finanzierungstarife.
5.1.1 Spartarife
Bei den Spartarifen gibt es fix verzinste Tarife mit sechsjähriger Bindungsfrist. Die Zinsen bleiben also sechs Jahre gleich, es sei denn, der Bausparer käme seiner vereinbarten Mindestsparverpflichtung nicht nach oder würde den Bausparvertrag auflösen. In diesem Fall käme es zu einer Reduzierung sämtlicher bis zu diesem Zeitpunkt angefallenen Zinsen. Außerdem würde ein Verwaltungskostenbeitrag eingehoben. Bei reinen Spartarifen kann die Zuteilung erst nach Ablauf der sechsjährigen Ansparzeit erreicht werden. Nimmt der Bausparer die Zuteilung an, so erhält er ein Fixzinsdarlehen zu 6 % p.a.
Variabel verzinste Tarife richten sich nach dem 12-Monats-Euribor abzüglich 1,3 %-Punkte, kaufmännisch gerundet auf volle Zehntelprozentpunkte. Als Obergrenze gilt ein Zinssatz von 4,0 %, als Untergrenze 1,0 % p.a. Im Falle einer nicht vertragskonformen Ansparleistung oder Kündigung des Bausparvertrages käme es wie beim Fixzinstarif zur Zinssatzreduktion und Anlastung eines Verwaltungskostenbeitrages. Die Zuteilung kann nach sechsjähriger Ansparzeit erreicht werden. Nimmt der Bausparer die Zuteilung an, erhält er ein variabel verzinstes Bauspardarlehen, das sich nach dem 12-Monats-Euribor richtet, zuzüglich 1,6 %-Punkte, kaufmännisch gerundet auf volle Zehntelprozentpunkte. Nach oben ist der Zinssatz mit 6 % „gedeckelt“, als Untergrenze gelten 2,9 % p.a..
Eine Zwitterstellung nimmt der im September 2005 auf den Markt gekommene Vorsorgetarif ein, der für die Finanzierung von Bildungs- oder Pflegemaßnahmen geschaffen wurde. Während der sechsjährigen Ansparzeit wird ein Fixzinssatz angeboten. Nach Zuteilung erhält der Darlehenswerber ein Bauspardarlehen, dessen Verzinsung sich nach dem 12-Monats-Euribor zuzüglich 1,6 %-Punkte richtet, kaufmännisch gerundet auf volle Zehntelprozentpunkte. Auch hier gibt es eine Zinssatzobergrenze von 6 %, die Untergrenze liegt bei 4 % jährlich.
5.1.2 Finanzierungstarif
Beim Finanzierungstarif kommt es den Bausparern vor allem auf eine schnelle Zuteilung an. Die Verzinsung des Ansparguthabens spielt keine Rolle und ist dementsprechend niedrig. Dafür beträgt die Zuteilungswartezeit (im günstigsten Fall) nur 18 Monate (Spartarife 72 Monate!). Die Verzinsung richtet sich nach dem 12-Monats-Euribor. Der Zinssatz liegt zwischen mindestens 2,9 % und höchstens 6 %.
5.2 Die Vertragssumme
Ein wesentlicher Bestandteil des Bausparvertrages ist die Vertragssumme (VSU). Sie muss mindestens EUR 2.000,00 und darf höchstens EUR 257.143,0017 betragen. Die Vertragssumme setzt sich (je nach Tarif) aus 30 %- 50 % Bausparguthaben und 50 % - 70 % Bauspardarlehen zusammen.
Die richtige Wahl der Vertragssumme ist für den Kunden von großer Bedeutung. Einerseits, weil sie Parameter für die Berechnung der Mindesteigenmittel, der Mindestsparrate, der Zuteilungspunkte, des Verwaltungskostenbeitrags sowie der Rückzahlungsraten und Versicherungszuschläge ist und eine zu hohe Vertragssumme höhere Kosten auf allen Linien sowie eine verlängerte Zuteilungsfrist zur Folge haben kann, andererseits, weil ein Missverhältnis: Bausparguthaben zu Bauspardarlehen die Bausparfinanzierung schrumpfen lassen kann. Zahlt ein Bausparer nämlich mehr als die z.B. tariflich vereinbarten 30 % Eigenmittel ein, so verringert sich im gleichen Ausmaß sein Darlehensanspruch.
Wenn also noch kein konkreter Finanzierungswunsch besteht, wird man beim Abschluss eines Bausparvertrages auf keinen Fall die Höchstvertragssumme wählen. Bei Nur-Sparern ist das 72-Fache des gewünschten monatlichen Sparbetrages zu errechnen. Das Produkt dieser Multiplikation ergibt 30 % der zu wählenden Vertragssumme. Oder umgekehrt: Wenn eine bestimmte Vertragssumme gewünscht ist, werden 4 o/oo davon als monatliche Sparrate angesetzt.
Die Höchstvertragssumme hat sich ursprünglich an den Kosten eines durchschnittlichen Eigenheims orientiert. Nachdem das Bausparen eine staatliche Förderung erhielt, waren die Darlehen zur Eigenheimfinanzierung der Normalbürger vorgesehen und nicht für finanziell bereits Wohlsituierte. Eine Obergrenze war aber auch aus bauspartechnischen Gründen notwendig: Im Kommentar zum § 10 des deutschen Bausparkassengesetzes18 wird vor allem auf den bauspartechnischen Aspekt von Verträgen mit großen Vertragssummen hingewiesen. Verträge dieser Art können bei starker Anhäufung zu einem Störfaktor bei der technischen Abwicklung des Bauspargeschäfts werden, den Zuteilungsrhythmus (gegenüber anderen Bausparern) beeinträchtigen und allenfalls bis zur Einstellung des Bauspargeschäfts einer Bausparkasse führen. Deshalb sind Großbausparverträge (z.B. für Bauträger im Siedlungsbau) auch volumsmäßig begrenzt19.
Bausparverträge sind flexibel. Folgende Änderungen sind möglich:
5.2.1 Teilung
Eine Teilung könnte notwendig werden, wenn jemand ein Darlehen für verschiedene Objekte oder zu verschiedenen Zeiten in Anspruch nehmen will. Die erworbene Bewertungszahl bleibt dabei unverändert.
5.2.2 Zusammenlegung
Eine Zusammenlegung von Verträgen mehrerer Familienmitglieder für ein gemeinsames Projekt könnte man zur Vereinfachung der Darlehensabwicklung verlangen. Dafür würde die Bausparkasse ein Mittel der verschiedenen Bewertungszahlen errechnen, das den unterschiedlichen Laufzeiten und Guthaben gerecht wird. Zu beachten ist, dass die Höchstvertragssumme nicht überschritten wird.
5.2.3 Erhöhung
Eine Erhöhung der Vertragssumme bewirkt eine aliquote Verringerung der Bewertungszahl und erfordert eine entsprechende Erhöhung des Mindestsparguthabens.
5.2.4 Ermäßigung
Eine Ermäßigung wird vorgenommen, wenn die ursprünglich gewählte Vertragssumme nicht zur Gänze gebraucht wird. Dadurch kommt der Kunde schneller zur Zuteilung.
5.3 Ansparzinsen
Bis Mitte 1999 erhielten Bausparkunden für ihre Einzahlungen Fixzinssätze in Höhe von (je nach Tarif) 3 % - 4,5 %, von Darlehensnehmern wurden 6 % verlangt. Ein anhaltendes Zinstief führte dazu, dass die Nachfrage nach Bauspardarlehen stark zurückging, weil viele Darlehensnehmer auf die wesentlich günstigeren Bankdarlehen oder Fremdwährungskredite auswichen oder bestehende Darlehen sogar vorzeitig tilgten.
Andererseits war das Bausparen im Vergleich zu anderen Sparprodukten aufgrund der hohen Fixzinsen und der staatlichen Bausparprämie besonders attraktiv, so dass die Bausparkassen erhebliche Mittelzuflüsse verzeichneten, für die sie aber keine Veranlagungsmöglichkeiten hatten.
Um einen weiteren Geschäftsrückgang zu vermeiden, waren die Bausparkassen gezwungen, ihre Konditionen zu ändern und nicht nur die Darlehens- sondern auch die Ansparzinsen zu senken. Seitdem bewegen sich die Zinssätze in einer bestimmten Bandbreite (1 % - 4 %) und sind je nach Tarif entweder fix oder variabel (Indikator ist der 12-Monats-EURIBOR).
Die Bausparkassen können innerhalb des ersten Laufzeitjahres einen höheren Zinssatz (Startzinssatz) von bis zu 5 % p.a. gewähren. In diesem Fall gelten die tariflichen Zinssätze erst ab dem zweiten Laufzeitjahr.
Das Angebot eines besseren Zinssatzes in den ersten 12 Laufzeitmonaten bekommen allerdings nur jene Kunden, die sich für den variabel verzinsten prämienbegünstigten Bausparvertrag entscheiden. Höhere Zinsen werden auch für nicht prämienbegünstigte Vorsparverträge gezahlt, deren Guthaben am Ende der vereinbarten Laufzeit automatisch auf einen neuen prämienbegünstigten Bausparvertrag umgebucht werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Ansparkonditionen
5.4 Zwischendarlehen
Kann ein Bausparer die Ansparphase bis zur Zuteilung nicht abwarten, so muss er auf eine Zwischenfinanzierung ausweichen. Dazu legt er die erforderlichen 30 % Eigenmittel auf ein Ansparkonto, während die Bausparkasse ein Zwischendarlehenskonto in erforderlicher Höhe eröffnet. Bei Zuteilung werden diese beiden Konten gegengerechnet und danach ein neues, zugeteiltes Darlehenskonto geführt. In der Zwischendarlehensphase zahlt der Kunde nur die Zinsen der Zwischenfinanzierung. Die Tilgung seines Darlehens beginnt erst nach der Zuteilung.
Auch beim Zwischendarlehen gibt es verschiedene Varianten:
- Zwischendarlehen innerhalb Guthabens
- Teil-Zwischendarlehen
- Zwischendarlehen über die gesamte Vertragssumme
Fehlen dem Kunden auch noch die 30 % Eigenmittel, so muss das Zwischendarlehen entsprechend höher ausfallen. Bei einem Darlehenswunsch über EUR 100.000,00 würde die Rechnung so aussehen:
100.000,00 = 70 % der Vertragssumme
42.857,00 = 30 % Eigenmittelauffüllung
142.857,00 = 100 % = Vertragssumme
Auch wenn der Darlehensnehmer mit der Beschaffung der Eigenmittelauffüllung nicht viel zu tun hat, so ist die Abwicklung bausparkassenintern sehr aufwändig, für Kunden teuer und für Banken eine weitere Gelegenheit, Darlehensnehmer abzuwerben.
5.5 Mindestwartezeit/Mindestsparrate/Zuteilung
Zur Erreichung der Zuteilung muss der Bausparer drei Voraussetzungen erfüllen20:
5.5.1 Mindestwartezeit
Eine Mindestansparzeit von je nach Tarif 18 bis 72 Monaten ist einzuhalten. Sie führt vor Augen, dass für die Erreichung eines Ziels eben eine bestimmte Zeit lang gespart werden muss. Zumeist kann aber in der Zeitspanne von 18 Monaten das erforderliche Mindestguthaben nicht erreicht werden.
5.5.2 Höchstwartezeit
Die Höchstwartezeit ist die Zeit, die
a) bei gleichbleibendem Zugang neuer Bausparer (statischer Beharrungszustand)21
b) bei völligem Aufhören des Zugangs neuer Bausparer (also wenn der Bausparer die Vertragssumme zur Gänze selbst ansparen muss) bis zur Zuteilung vergehen würde.
5.5.3 Mindestsparguthaben
Das erforderliche Mindestsparguthabens muss bis zum Zuteilungsstichtag je nach Tarif 30 % - 50 % betragen. Das Mindestsparguthaben ist notwendig, damit nicht Bausparer mit geringem Guthaben zur Zuteilung kommen und das Gleichgewicht des Systems stören. Über die Festlegung des Mindestsparguthabens kann auch ein allfälliger Refinanzierungsengpass der Bausparkassen ausgeglichen werden.
5.5.4 Bewertungsziffer
Eine ausreichend hohe Bewertungsziffer (auch Leistungszahl genannt) muss erreicht werden. In der Bewertungsziffer wird das Sparverdienst des Bausparers nach einem Zeit x Geld-System gemessen22. Für die Ermittlung der Bewertungsziffer/Leistungszahl hat jede Bausparkasse ihre eigenen Berechnungsmethoden, die eine gerechte Reihenfolge der Zuteilungsanwärter festlegen soll:
- ABV: Die Bewertungszahl jedes Bausparvertrages ist gleich der Summe sämtlicher an den vorgenannten Stichtagen ausgewiesenen Bausparguthaben des Bausparers geteilt durch die Vertragssumme.23
- Raibau: Die Summe aller bis zum Zuteilungstag erworbenen Zinsen wird mit dem Darlehensfaktor multipliziert und durch den Zinssatz für das Sparguthaben und die in ganzen Jahren auszudrückende Laufzeit des Darlehens geteilt.24
- S-Bausparkasse: Die Darlehens‑Leistungszahl (Summe der voraussichtlich über die gesamte Darlehenslaufzeit angelasteten Zinsen dividiert durch Darlehenszinssatz) wird durch die Sparer‑Leistungszahl (Summe der insgesamt gutgeschriebenen Zinsen dividiert durch den entsprechenden Ansparzinssatz) dividiert.25
- Wüstenrot: Das vorhandene Guthaben wird zum Ende jedes Quartals in Relation zur Vertragssumme gesetzt und der so erhaltene Wert mit einem je nach Tarif festgelegten Bewertungsfaktor multipliziert.26
[...]
1 Berücksichtigter Stand der Gesetzgebung: 1. Jänner 2012
2 http://www.bsa.org.uk/consumer/factsheets/100009.htm, 13.1.2012
3 Bausparkassen-Fachbuch 2011/2012, Deutscher Sparkassenverlag Stuttgart, 20. Veränderte Auflage 11/2011, S. 25
4 Hauszeitschrift „Das Wüstenrot-Heim“ Ausgabe 1/75, S.19 f
5 Laux, Das kollektive Bausparen, Verlagsgesellschaft Recht und Wirtschaft mbH, Heidelberg 1973, S. 20
6 Der erste Vortrag fand am 30.9.1925 im Kurhaus Salzburg statt
7 Geschäftsbericht 1969 der Bausparkasse GdF Wüstenrot, S.17
8 Geschäftsbericht 1977 der Wüstenrot Lebensversicherungs-AG, S.8
9 http://wirtschaftsblatt.at/archiv/bwien/903791/index 16.4.2012
10 Geschäftsbericht 2004 der Bausparkasse Wüstenrot AG, S. 12
11 Das Wüstenroter Eigenheim, Mitteilungsblatt der Bausparkasse GdF Wüstenrot, Heft 1/2 Jänner/Feber 1939, Seite 12 f.
12 Das Wüstenroter Eigenheim, Mitteilungsblatt der Bausparkasse GdF Wüstenrot, Heft 12, Jahrgang 1933, S. 534
13 Das Wüstenrot Eigenheim, Mitteilungsblatt der Bausparkasse GdF Wüstenrot Heft 1/2 Jänner/Feber 1949, S.7
14 Salzburger Nachrichten vom 1.2.1972: „Trennung von Lohn- und Einkommensteuer“, Seite 2
15 Einkommensteuergesetz 1972 §§ 108 und 114
16 Salzburger Nachrichten vom 12.4.1972: „Bausparen: ein Viertel zahlt der Staat“, Seite 2
17 Verordnung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) zum Bausparkassengesetz (Bausparkassengesetzverordnung - BSpkV) § 1, Fassung vom 15.5.2012
18 Lehmann-Schäfer-Cirpka (1992) „Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung Kommentar“, 4. Auflage, Domus-Verlag, Bonn, S. 274
19 Bausparkassengesetzverordnung § 2 Großbausparverträge
20 Laux, Das kollektive Bausparen (1973), S.48
21 Laux, Das kollektive Bausparen (1973), S. 119
22 Laux, Das kollektive Bausparen (1973), S. 50
23 ABB der Allgemeinen Bausparkasse der Volksbanken (§ 7.1.) vom 1.5.2012
24 ABB der Raiffeisen Bausparkasse (§ 10.2.) vom 1.4.2012
25 ABB der S-Bausparkasse (§ 7.1.) vom 1.5.2012
26 ABB der Bausparkasse Wüstenrot (§ 7.2.) aus 1/2012
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