„Romane schließen damit, daß Held und Heldin heiraten. Damit müßte man anfangen, aufhören aber damit, daß sie sich wieder trennen […]“ , so die Forderung Wolfgang Matz‘ in seiner erst kürzlich erschienenen Studie zur Untersuchung des Ehebruchs als literarisches Phänomen. Eine Ehebruchgeschichte ist allerdings nie nur eine Ehebruchgeschichte. Sie ist auch oftmals eine Geschichte der Ehre und der Ehrwiederherstellung. Bettet man dieses Geschehen in den Kontext des auslaufenden neunzehnten Jahrhunderts ein, so kommt man zwangsläufig um das Duell nicht herum. Summa summarum wird es mir in dieser Arbeit um eine Ehebruchgeschichte gehen, die gleichzeitig aber auch eine Duellgeschichte ist. Was wäre da glaubhafter und lebendiger, als eine wahre Begebenheit?
Theodor Fontane liefert mit seinem gesellschaftskritischen Werk Effi Briest ein Musterbeispiel des poetischen Realismus und gibt „einen anschaulichen Eindruck jenes Phänomens, das im 19. Jahrhundert die Spalten der Tagespresse füllte, Richtern und Totengräbern Arbeit verschaffte, die Gemüter protestantischer Synodalen und katholischer Theologen erhitzte und die Phantasie von Schriftstellern beflügelte“ .
Zunächst soll der Duellbegriff Gegenstand meiner Ausführungen sein und hinsichtlich seiner verschiedenen Facetten beleuchtet werden. Besonders eng mit dem Duell verknüpft ist der Ehrbegriff, der die Standesehre und die Mannesehre impliziert, wie Ute Frevert in ihrem Werk Ehrenmänner betont: „Männer […] waren zunächst einmal Mitglieder von Ständen, Staatsbürger, Berufsgenossen, Familienväter, Ehegatten […]. Die Betonung von Mut, Tapferkeit, Willenskraft und Entschlossenheit, mit denen jene Ehre verteidigt werden sollte, wies unmittelbar ins Zentrum männlicher Selbstbilder. Männer mussten stark und unbeugsam sein, um sich gegenseitig achten zu können und von Frauen geliebt zu werden.“ Ferner fand die männliche Ehre ihren sichtbaren Ausdruck in der Fähigkeit und Bereitschaft eines Mannes, diese um jeden Preis gegen Verletzungen durch Dritte zu verteidigen. Darüber hinaus sei die Ähnlichkeit der Begriffe „ehrhaft“ und „wehrhaft“ nicht des Zufalls geschuldet, sondern vielmehr als eine „unauflösliche Symbiose“ des männliches Charakters zu verstehen, dessen Belastbarkeit im Duell unter Beweis gestellt werden konnte. Das Duell als „‘Vehikulum des Mutes und der Entschlossenheit‘ konnte […] geradezu als eine Beweisprobe echter, unverfälschter Männlichkeit angesehen werden.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Duell
- Definition des Duellbegriffs
- Ehre Ursache des Duells
- Duellkodex und Offiziersehre.
- Ehebruch
- Von Absurditäten und Paradoxien
- Effi Briest - ein gesellschaftskritischer Roman?
- Eine wahre Begebenheit?
- Gesellschaftskritik im verklärenden Schönheitsschleier
- Effi und Innstetten
- Duelldiskussion und gesellschaftskritische Komponente
- Reflexion und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung des Duells und des Duellzwangs im 19. Jahrhundert, insbesondere im Kontext von Ehebruch und Ehre. Anhand des Romans "Effi Briest" von Theodor Fontane analysiert die Arbeit die gesellschaftlichen Mechanismen und Moralvorstellungen, die zu Duellen führten und die Auswirkungen auf die beteiligten Personen.
- Das Duell als Mittel der Ehrwiederherstellung
- Die Bedeutung von Ehre im 19. Jahrhundert
- Der Einfluss des Duellzwangs auf die Gesellschaftsordnung
- Die Darstellung von Ehebruch und dessen Folgen in "Effi Briest"
- Die gesellschaftskritische Dimension des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des Duells und des Ehebruchs im 19. Jahrhundert ein und stellt "Effi Briest" als Beispiel für diese Verbindung dar. Sie betont die gesellschaftliche Relevanz des Themas und die Bedeutung des Romans für die literarische Auseinandersetzung mit diesen Themen.
- Das Duell: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Duellbegriff an sich, beleuchtet seine verschiedenen Facetten und beschreibt die Rolle von Ehre und Standesehre im Kontext des Duells. Es wird der Ehrbegriff im 19. Jahrhundert und die Bedeutung des Duells für die männliche Selbstdarstellung und den Beweis der "Männlichkeit" erläutert.
- Effi Briest - ein gesellschaftskritischer Roman?: In diesem Kapitel wird "Effi Briest" als gesellschaftskritischer Roman vorgestellt, der die gesellschaftlichen Konventionen und Normen des 19. Jahrhunderts hinterfragt. Es werden die Beziehungen zwischen Effi und Innstetten beleuchtet und Effis Affäre mit Crampas in den Kontext der Duelldebatte gestellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Duell, Ehre, Ehebruch, Gesellschaftskritik, 19. Jahrhundert, poetischer Realismus, Theodor Fontane, "Effi Briest", Standesehre, Mannesehre, Duellzwang.
- Quote paper
- Julia O. (Author), 2015, Duell und Duellzwang. Effi Briest und das "tyrannisierende Gesellschafts-Etwas", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/319845