„Hat die Erbensuche ein Ende gefunden?“ – fragte Tschugguel Ende des Jahres 2014 in seiner Glosse zur OGH-Entscheidung 3 Ob 228/13w, mit der der Oberste Gerichtshof eine entscheidende Wende in seiner Rechtsprechung vollzogen hatte, wohl nicht ohne eine gewisse Genugtuung. Schließlich war es, gemeinsam mit zahlreichen weiteren Autoren, seine vehemente Kritik an der bisherigen Rechtsprechung, die diese Wende erst begründet hatte.
Das durchaus heikle Thema, mit dem sich der OGH nun bereits zum dritten Mal, dieses Mal aber mit einer deutlich geänderten Rechtsansicht, beschäftigt, ist jenes der Entlohnung der Genealogen in Österreich. Dieser Berufsstand wird in dem für die Zwecke dieser Arbeit interessanten Fall dann aktiv, wenn eine scheinbar erbenlose Erbmasse einem tatsächlich vorhandenen, jedoch nur schwierig auffindbaren Erben zukommen soll. Es ist an ihnen, diese potentiellen Erben ausfindig zu machen, ihre Erbenstellung nachzuweisen und schließlich die Auszahlung des Erbes an diese zu veranlassen.
Dass die Genealogen für diese Dienstleistung eine entsprechende Entlohnung verlangen, ist dabei ebenso wenig ungewöhnlich, wie die Praxis, dass diese Entlohnung zumeist als ein vertraglich festgelegter Prozentsatz der Erbmasse erfolgt. Das dabei mitunter Prozentsätze von über 30% vereinbart werden, mag auf den ersten Blick zwar hoch erscheinen, zu bedenken ist allerdings, dass die Genealogen zu Beginn ihrer Arbeit die absolute Größe des Erbes nicht kennen und mit diesem prozentualem Honorar ein nicht unerhebliches Risiko eingehen.
Schon viel eher ungewöhnlich – und damit nähern wir uns dem Kern der Problematik mit der sich diese Arbeit beschäftigt – ist oder besser war, dass die Genealogen bis zur oben erwähnten Entscheidung des OGH sich einer ebenso hohen Entlohnung sicher sein konnten, auch wenn diese nicht vertraglich mit dem potentiellen Erben vereinbart wurde. Hinter diesem Anspruch trotz ungefragter, ja sogar ungewollter Leistung steckt das Rechtsgebilde der nützlichen Geschäftsführung ohne Auftrag, welche den Ersatz eines Verdienstentganges und auch eine Entlohnung begründet. Das diese Entlohnung in 1 Ob 2168/96x erstmals vom OGH nicht nach aufgewendeter Arbeitszeit, sondern wie oben angedeutet, als Prozentsatz des Vermögens aus der Verlassenschaft zugesprochen wurde, ist ebenfalls Gegenstand dieser Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problematik
- Untersuchungsgegenstand
- Die Rechtslage & Grundlagen in Österreich
- Die gewerblichen Erbensucher
- Die Geschäftsführung ohne Auftrag
- § 1036 ABGB, die Geschäftsführung im Notfall
- § 1037 ABGB, die nützliche Geschäftsführung
- Das heimgefallene Erbe
- Der Entlohnungsanspruch der Genealogen – Rechtsprechung & Meinungsstand
- Die Rechtsprechung in Österreich bisher
- Handeln Genealogen tatsächlich als nützliche Geschäftsführer ohne Auftrag?
- Tätigkeiten als bloße vorvertragliche Aufwendungen?
- Leistung des Genealogen als bloße eigenmächtige Zusendung?
- Welche Leistung erbringt der Genealoge?
- Führt der Genealoge ein fremdes Geschäft?
- Liegt ein Auch-fremdes Geschäft oder bloßes Eigeninteresse vor?
- Erledigen die Genealogen die Aufgaben Dritter?
- Zuständigkeitskonflikt zwischen Gerichtskommissär und Verlassenschaftskurator
- Zuständigkeitskonflikt mit dem Genealogen als GoA
- Ist die prozentuale Entlohnung gerechtfertigt?
- Verstößt die Entlohnung gegen Grundsätze der Privatautonomie?
- Vergleich mit Finderlohn zulässig?
- Unterschied zur Sachverständigenentlohnung zulässig?
- Laesio enormis oder Wucher bei prozentualer Entlohnung?
- Unzulässige quota litis als Rechtsfreund?
- Veräußerung einer erhofften Erbschaft?
- Sind alternative Anspruchsgrundlagen denkbar?
- Leistungskondiktion
- Verwendungsanspruch
- Die Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung
- Begründung des Urteils
- Meinungsstand nach dem Urteil
- Einschränkung des Aufwandsersatzanspruches
- Verpönte Realofferte
- Ausblick & Auswirkung dieser Rechtsprechung
- Die Erbrechtsnovelle 2015 und ihre Auswirkungen
- Ein rechtsvergleichender Blick über die Grenzen
- Österreichische Genealogen im Ausland
- Die Rechtslage in Deutschland
- Die echte GoA in Deutschland
- Die unechte GoA in Deutschland
- Vergleich der Rechtslage in Deutschland und Österreich
- Die Rechtsprechung in Deutschland
- Entscheidungen des deutschen Bundesgerichtshofs
- Vergleich der Rechtsprechung in Deutschland und Österreich
- Der Meinungsstand in Deutschland
- Die Risikoverteilung im Privatrecht
- Ausschluss als unbestellte Leistung
- Das Auch-fremde-Geschäft
- Vergleich des Meinungsstandes in Deutschland und Österreich
- Conclusio
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Entlohnungsanspruch von gewerblichen Erbensuchern, insbesondere Genealogen, im österreichischen Recht. Sie analysiert die Rechtslage, die bisherige Rechtsprechung und den aktuellen Meinungsstand, um die Problematik der prozentualen Entlohnung zu beleuchten und mögliche alternative Anspruchsgrundlagen zu prüfen. Ein rechtsvergleichender Blick auf die deutsche Rechtslage dient dem besseren Verständnis der Problematik.
- Der Entlohnungsanspruch von Genealogen im österreichischen Recht
- Die Rechtsprechung und der Meinungsstand zu diesem Thema
- Alternative Anspruchsgrundlagen für Genealogen
- Rechtsvergleich zwischen Österreich und Deutschland
- Auswirkungen der Erbrechtsnovelle 2015
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des Entlohnungsanspruches von gewerblichen Erbensuchern ein und beschreibt die Problematik der oft prozentualen Vergütung. Es wird der Untersuchungsgegenstand der Arbeit definiert und die Relevanz der Fragestellung herausgestellt. Der Leser wird auf die Komplexität des Themas vorbereitet.
Die Rechtslage & Grundlagen in Österreich: Dieses Kapitel erläutert die rechtlichen Grundlagen in Österreich, die für die Tätigkeit von gewerblichen Erbensuchern relevant sind. Es beschreibt die Tätigkeit der gewerblichen Erbensucher und deren mögliche rechtliche Einordnung als Geschäftsführer ohne Auftrag (GoA), insbesondere unter Berücksichtigung der §§ 1036 und 1037 ABGB. Die Problematik des heimgefallenen Erbes wird ebenfalls behandelt.
Der Entlohnungsanspruch der Genealogen – Rechtsprechung & Meinungsstand: Dieses Kapitel analysiert die bisherige Rechtsprechung in Österreich bezüglich des Entlohnungsanspruches von Genealogen. Es untersucht kritisch, ob Genealogen tatsächlich als nützliche Geschäftsführer ohne Auftrag tätig sind und ob eine prozentuale Vergütung gerechtfertigt ist. Die verschiedenen Aspekte der Leistung des Genealogen werden detailliert betrachtet, ebenso wie mögliche Konflikte mit anderen Akteuren im Erbfall (Gerichtskommissär, Verlassenschaftskurator).
Die Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung: Dieses Kapitel konzentriert sich auf eine einschneidende Veränderung in der Rechtsprechung. Es beschreibt die Begründung des Urteils, welches zu dieser Abkehr führte, und analysiert den sich daraus ergebenden Meinungsstand. Die Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf die Praxis werden erörtert, inklusive eines Ausblicks auf zukünftige Entwicklungen.
Die Erbrechtsnovelle 2015 und ihre Auswirkungen: Das Kapitel beleuchtet die Erbrechtsnovelle von 2015 und untersucht deren Relevanz und Auswirkungen auf die Rechtslage bezüglich des Entlohnungsanspruchs von Genealogen. Der Fokus liegt auf der konkreten Auswirkung dieser Novelle auf die vorangegangenen Kapitel.
Ein rechtsvergleichender Blick über die Grenzen: Dieses Kapitel vergleicht die Rechtslage in Österreich mit der in Deutschland. Es werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Rechtsprechung und im Meinungsstand zu der Problematik der GoA und des Entlohnungsanspruches von Genealogen herausgestellt. Der Fokus liegt auf den jeweiligen nationalen Besonderheiten und deren Auswirkungen auf die Praxis.
Schlüsselwörter
Gewerbliche Erbensucher, Genealogen, Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA), § 1036 ABGB, § 1037 ABGB, Entlohnungsanspruch, Rechtsprechung, Österreich, Deutschland, Erbrechtsnovelle 2015, Rechtsvergleich, prozentuale Vergütung, Leistungskondiktion, Verwendungsanspruch, heimgefallenes Erbe.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: "Entlohnungsanspruch gewerblicher Erbensucher"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht den Entlohnungsanspruch gewerblicher Erbensucher, insbesondere Genealogen, im österreichischen Recht. Sie analysiert die Rechtslage, die Rechtsprechung und den aktuellen Meinungsstand, um die Problematik der prozentualen Entlohnung zu beleuchten und alternative Anspruchsgrundlagen zu prüfen. Ein Rechtsvergleich mit Deutschland wird ebenfalls durchgeführt.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: den Entlohnungsanspruch von Genealogen in Österreich, die relevante Rechtsprechung und den Meinungsstand dazu, alternative Anspruchsgrundlagen, einen Rechtsvergleich zwischen Österreich und Deutschland, und die Auswirkungen der Erbrechtsnovelle 2015.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zur Einleitung, der österreichischen Rechtslage und Grundlagen (inkl. §§ 1036 und 1037 ABGB), dem Entlohnungsanspruch der Genealogen (inkl. Rechtsprechung und Meinungsstand), der Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, der Erbrechtsnovelle 2015, einem rechtsvergleichenden Blick auf Deutschland und einer Schlussfolgerung (Conclusio). Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Zusammenfassung.
Welche Rechtsfragen werden im Detail untersucht?
Die Arbeit befasst sich eingehend mit der Frage, ob Genealogen als nützliche Geschäftsführer ohne Auftrag (GoA) im Sinne der §§ 1036 und 1037 ABGB einzustufen sind. Sie analysiert die Rechtmäßigkeit der oft prozentualen Entlohnung und prüft alternative Anspruchsgrundlagen wie Leistungskondiktion und Verwendungsanspruch. Konflikte mit Gerichtskommissären und Verlassenschaftskuratoren werden ebenfalls betrachtet.
Wie wird die prozentuale Entlohnung bewertet?
Die Arbeit hinterfragt kritisch die Rechtmäßigkeit der prozentualen Entlohnung. Es werden Fragen nach Verstößen gegen die Privatautonomie, Vergleichbarkeit mit Finderlohn oder Sachverständigenentlohnung, Laesio enormis oder Wucher, unzulässiger quota litis und der Veräußerung einer erhofften Erbschaft untersucht.
Was sind die zentralen Ergebnisse der Arbeit?
Die Arbeit analysiert die Rechtsprechung, den Meinungsstand und die Auswirkungen der Erbrechtsnovelle 2015 auf den Entlohnungsanspruch von Genealogen. Sie liefert eine umfassende Bewertung der verschiedenen Rechtsansprüche und bietet einen detaillierten Vergleich der Rechtslagen in Österreich und Deutschland.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
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Welche Bedeutung hat der Rechtsvergleich mit Deutschland?
Der Rechtsvergleich dient dazu, die österreichische Rechtslage besser zu verstehen und die Problematik des Entlohnungsanspruches von Genealogen in einem breiteren Kontext zu beleuchten. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Rechtsprechung und im Meinungsstand werden herausgestellt.
Welche Rolle spielt die Erbrechtsnovelle 2015?
Die Arbeit untersucht die Auswirkungen der Erbrechtsnovelle 2015 auf die Rechtslage bezüglich des Entlohnungsanspruches von Genealogen und deren Relevanz für die vorangegangenen Kapitel.
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- Markus Winkler (Author), 2015, Das Geschäft der Genealogen als Geschäftsführung ohne Auftrag, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318775