„Die Geschichte Karls des Großen ist die Geschichte Europas“ – so betitelt Dieter Hägermann die Einleitung seiner Karlsbiografie aus dem Jahr 2000. Gewiss wird Karl dem Großen nicht nur von manchen Historikern ein großer Einfluss auf die Entwicklung Europas zugeschrieben. Mit der Zeit wurde aus Karl ein Mythos, dessen Schaffen mit dem ersten Versuch, ein einiges Europa zu schaffen, gleichgesetzt wird.
Jacques Le Goff verweist auf die Betitelung Karls des Großen als Bauherren Europas, „dessen kurzlebiges Reich der erste wirkliche Entwurf Europas gewesen sei“ . Im selben Sinne wird Karl gerne als „Vater Europas“ bezeichnet. Auf diesem Titel und den damit verbundenen Fragen baut diese Bachelorarbeit auf. Die Hauptfragen, die es zu beantworten gilt sind folgende: Kann man Karl den Großen wirklich als Vater Europas bezeichnen? Hat er diesen Titel mit seinen Taten verdient oder entstand dieser Titel erst später, zusammen mit dem Karlsmythos?
Die Diskussion zu diesem Thema hält bereits seit langer Zeit an. So weist Max Kerner in seinem Aufsatz „Mythos Karl der Große“ darauf hin, dass das Mittelalter nach Karl ihn zwar als idealen König verehrte, die Neuzeit jedoch andere Meinungen und Urteile hervorbrachte. So wird Karl der Große unter anderem als Despot oder auch Sachsenschlächter bezeichnet bzw. „verunglimpft“. Fakt ist, dass Karl der Große – seien die genannten Verunglimpfungen nun wahr oder unwahr – die Geschichte Europas mit seinen Taten geprägt hat. Auch 1200 Jahre nach seinem Tod ist sein Name weitbekannt. In Städten wie Aachen, die in direkter Verbindung zur Lebensgeschichte Karls stehen, ist der Karlsmythos auch heutzutage mitunter noch gegenwärtig. Die alljährliche Verleihung des Aachener Karlspreises als Preis für Verdienste um die Integration Europas trägt diesen Namen nicht grundlos, sondern verweist auf den Glauben, dass Karls Taten der Einheit Europas bereits im Mittelalter zuträglich waren.
Diese Bachelorarbeit soll anhand der Positionen verschiedener Historiker und mit Hinblick auf zeitgenössische Quellen, wie z.B. die Annales regni Francorum, das Paderborner Epos, die Vita Karoli Magni Einhards sowie die Gesta Karoli Magni Imperatoris Notkers, klären, ob Karl dem Großen der Titel „Vater Europas“ wirklich zusteht. Dazu sollen das Leben Karls, insbesondere seine Feldzüge zur Erweiterung des Frankenreiches, sowie seine Verdienste um Kultur und Bildung näher beleuchtet werden, um anhand dessen seinen Einfluss auf Europa zu verdeutlichen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das Leben Karls des Großen
- 2.1 Geburt, Kindheit und Jugend
- 2.2 Die Teilung des Reiches
- 3. Die Ausdehnung des Reiches
- 3.1 Der Langobarden-Feldzug
- 3.2 Der Krieg gegen die Sachsen
- 3.3 Der Feldzug auf die iberische Halbinsel
- 4. Die Kaiserkrönung
- 5. Die Karolingische Renaissance
- 5.1 Das Bildungswesen
- 5.2 Die Kirchenreform
- 5.3 Das Rechtssystem
- 6. Karl der Große und Europa
- 6.1 Was ist Europa?
- 6.2 Karl als Begründer Europas
- 6.3 Nachleben und Mythos
- 7. Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit untersucht die Berechtigung des Titels „Vater Europas“ für Karl den Großen. Sie beleuchtet sein Leben, seine militärischen Eroberungen und seine Beiträge zu Kultur und Bildung, um seinen Einfluss auf die Entwicklung Europas zu analysieren. Die Arbeit prüft, ob dieser Titel auf seinen tatsächlichen Leistungen beruht oder erst später im Kontext des Karlsmythos entstand.
- Die historische Entwicklung des Begriffs „Europa“ und seine Anwendung auf das Wirken Karls des Großen.
- Analyse der militärischen Expansion des fränkischen Reiches unter Karl dem Großen und deren Auswirkungen.
- Bewertung der kulturellen und bildungspolitischen Leistungen Karls des Großen im Kontext der Karolingischen Renaissance.
- Untersuchung des Mythos um Karl den Großen und dessen Einfluss auf die heutige Wahrnehmung seiner historischen Rolle.
- Bewertung der Kontroversen um die Persönlichkeit und das Wirken Karls des Großen.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Berechtigung des Titels „Vater Europas“ für Karl den Großen vor. Sie verweist auf divergierende historische Interpretationen seiner Person und seines Wirkens, von der Verehrung als idealer König im Mittelalter bis hin zu kritischen Beurteilungen in der Neuzeit. Die Arbeit beabsichtigt, diese Frage anhand verschiedener historischer Quellen und Perspektiven zu untersuchen.
2. Das Leben Karls des Großen: Dieses Kapitel skizziert die Lebensgeschichte Karls des Großen, beginnend mit seiner umstrittenen Geburt und seiner Kindheit, von der nur wenig bekannt ist. Der Fokus liegt auf der Teilung des fränkischen Reiches nach dem Tod seines Vaters Pippin, welche die Anfänge von Karls Herrschaft und sein gespanntes Verhältnis zu seinem Bruder Karlmann beschreibt. Die Zusammenfassung der Ereignisse legt den Grundstein für das Verständnis von Karls späterer Machtausübung und der Ausdehnung seines Reiches.
Häufig gestellte Fragen zur Bachelorarbeit: Karl der Große - Vater Europas?
Was ist der Gegenstand dieser Bachelorarbeit?
Die Arbeit untersucht die Berechtigung des Titels „Vater Europas“ für Karl den Großen. Sie analysiert sein Leben, seine militärischen Eroberungen und seinen Beitrag zu Kultur und Bildung, um seinen Einfluss auf die Entwicklung Europas zu bewerten. Die Arbeit hinterfragt, ob dieser Titel auf tatsächlichen Leistungen beruht oder erst später im Kontext des Karlsmythos entstand.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: die historische Entwicklung des Begriffs „Europa“ im Kontext von Karl dem Großen; die militärische Expansion des fränkischen Reiches unter Karl dem Großen und deren Auswirkungen; die kulturellen und bildungspolitischen Leistungen Karls des Großen während der Karolingischen Renaissance; der Mythos um Karl den Großen und dessen Einfluss auf die heutige Wahrnehmung; und die Kontroversen um seine Persönlichkeit und sein Wirken.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Kapitel 1 (Einleitung): Stellt die Forschungsfrage nach der Berechtigung des Titels „Vater Europas“ vor und skizziert divergierende historische Interpretationen. Kapitel 2 (Das Leben Karls des Großen): Skizziert Karls Lebensgeschichte, beginnend mit seiner Kindheit und der Teilung des fränkischen Reiches nach dem Tod seines Vaters. Kapitel 3 (Die Ausdehnung des Reiches): Beschreibt Karls militärische Eroberungen, darunter die Feldzüge gegen die Langobarden, Sachsen und auf die iberische Halbinsel. Kapitel 4 (Die Kaiserkrönung): Untersucht die Kaiserkrönung Karls des Großen. Kapitel 5 (Die Karolingische Renaissance): Analysiert die kulturellen und bildungspolitischen Leistungen Karls des Großen, inklusive Bildungswesen, Kirchenreform und Rechtssystem. Kapitel 6 (Karl der Große und Europa): Diskutiert den Begriff „Europa“ und Karls Rolle als möglicher Begründer Europas, inklusive seines Nachlebens und Mythos. Kapitel 7 (Zusammenfassung und Fazit): Fasst die Ergebnisse zusammen und zieht ein Fazit zur Forschungsfrage.
Welche Quellen werden in der Arbeit verwendet?
Die Arbeit basiert auf verschiedenen historischen Quellen und Perspektiven, die im Text detailliert benannt werden. Genaueres zur Quellenlage wird im Haupttext der Arbeit erläutert.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Berechtigung des Titels „Vater Europas“ für Karl den Großen kritisch zu untersuchen und zu bewerten, indem sie seine Leistungen im Kontext seiner Zeit und seiner späteren Mythisierung einordnet.
Wie ist der Aufbau der Arbeit?
Der Aufbau der Arbeit ist logisch strukturiert und umfasst ein Inhaltsverzeichnis, eine Einleitung mit Zielsetzung und Themenschwerpunkten, Kapitelzusammenfassungen, die Hauptkapitel und ein Fazit. Die Gliederung unterstützt ein strukturiertes und professionelles Vorgehen bei der Analyse der Thematik.
- Quote paper
- B.A. Gabriele Grenkowski (Author), 2013, Karl der Große als „Vater Europas“. Ein Mythos der Geschichtsschreibung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318659