In zahlreichen Studien konnten wichtige Faktoren, die die psychiatrische Rehabilitation maßgeblich beeinflussen, herausgearbeitet werden. Die vorliegende Studienarbeit geht darüber hinaus auf das Rehabilitationspotential einer psychisch erkrankten Person ein. Die vorliegende theoretische Ausarbeitung basiert hauptsächlich auf dem ICF Modell (International Classification of Functioning, Disability and Health) der WHO (World Health Organization).
Der französische Philosoph Michel Foucault zeigte ganz eindrücklich, dass ein bloßes Bestrafen weder abschreckende, noch rehabilitative Wirkung hat. In einer Untersuchung fand er heraus, dass die Anzahl von Taschendiebstählen in einer Stadt, während einer öffentlichen Hinrichtung, am höchsten war. Dies verdeutlicht, dass eine Bestrafung alleine andere Personen nicht davon abhält, Straftaten zu begehen. Neben der Sanktion und Prävention von Straftaten sollte demnach die Rehabilitation von Straftätern im Fokus stehen.
Der Begriff (psychiatrische) Rehabilitation verleitet durch den lateinischen Ursprung, „in den früheren Stand einsetzten“, zunächst dazu, zu glauben, dass sich der Betroffene, nach entsprechenden therapeutischen Maßnahmen, auf dem Funktionsniveau der Normpopulation befinden wird. Dies ist jedoch bei z. B. chronifizierten Erkrankungen ein Irrglaube.
Im Vordergrund sollte vielmehr das Rehabilitationspotential eines jeden einzelnen Patienten stehen. Nach einer Definition der deutschen Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation aus dem Jahr 1984 umfasst die psychiatrische Rehabilitation alle Maßnahmen, um „[...] einen seelisch behinderten Menschen über die Akutbehandlung hinaus durch umfassende Maßnahmen auf medizinischem, schulischem, beruflichem und allgemein-sozialem Gebiet in die Lage zu versetzen, eine Lebensform und Lebensstellung, die ihm entspricht und seiner würdig ist, im Alltag, in der Gemeinschaft und im Beruf zu finden bzw. wieder zu erlangen“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1984, zit. Nach Rössler et. al. 2013, S. 1).
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Theoretische Einbettung in den Kontext
Quellenangabe
Einleitung
Der französische Philosoph Michel Foucault zeigte ganz eindrücklich, dass ein bloßes Bestrafen weder abschreckende, noch rehabilitative Wirkung hat. In einer Untersuchung fand er heraus, dass die Anzahl von Taschendiebstählen in einer Stadt, während einer öffentlichen Hinrichtung, am höchsten war. Dies verdeutlicht, dass eine Bestrafung alleine andere Personen nicht davon abhält Straftaten zu begehen. Neben der Sanktion und Prävention von Straftaten sollte demnach die Rehabilitation von Straftätern im Fokus stehen (Foucault & Seitter 1977).
Der Begriff (psychiatrische) Rehabilitation verleitet durch den lateinischen Ursprung, „in den früheren Stand einsetzten“, zunächst dazu zu glauben, dass sich der Betroffene, nach entsprechenden therapeutischen Maßnahmen, auf dem Funktionsniveau der Normpopulation befinden wird. Dies ist jedoch bei z. B. chronifizierten Erkrankungen ein Irrglaube (Gerdes et al., 2000).
Im Vordergrund sollte vielmehr das Rehabilitationspotential eines jeden einzelnen Patienten stehen. Nach einer Definition der deutschen Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation aus dem Jahr 1984 umfasst die psychiatrische Rehabilitation alle Maßnahmen, um
„[...] einen seelisch behinderten Menschen über die Akutbehandlung hinaus durch umfassende Maßnahmen auf medizinischem, schulischem, beruflichem und allgemein-sozialem Gebiet in die Lage zu versetzen, eine Lebensform und Lebensstellung, die ihm entspricht und seiner würdig ist, im Alltag, in der Gemeinschaft und im Beruf zu finden bzw. wieder zu erlangen“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1984, zit. Nach Rössler et. al. 2013, S. 1).
Diese Definition erscheint aus heutiger Sicht, auf Grund der teilweise nicht mehr aktuellen Fachterminologie, insofern als überholt. Die Psychologen Gerdes und Weiß haben im Jahr 2000 eine präzisere Definition erstellt:
„Das Ziel der Rehabilitation ist die Verbesserung bzw. Wiederherstellung der Partizipation, das heißt der im jeweiligen kulturellen und sozialen Kontext normalen Lebensführung im privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Bereich. Alle Maßnahmen und Interventionen im Verlauf des Rehabilitationsprozesses, das schließt auch die medizinische Rehabilitation ein, sind auf dieses Ziel bezogen (S. 41).“
Auch die Beziehung zwischen dem Behandler und der erkrankten Person unterliegt einer stetigen Dynamik. In der heutigen Zeit verändert sich die Beziehung zwischen beiden Parteien wiederum: Aus dem Patienten wird mehr und mehr ein Kunde und der Behandler leidet unter dem Einfluss marktwirtschaftlicher Faktoren bei der täglichen Arbeit. In diesem Zusammenhang ist es umso erfreulicher, dass sich trotzdem noch einige Wissenschaftler und Fachleute mit einer wichtigen Grundthematik der Medizin als Heilkunst beschäftigen - der Rehabilitation von erkrankten Menschen. Wichtig hierbei ist es den Menschen in seinem sozialen Gefüge, seiner Umwelt und seiner ganzen Lebenswirklichkeit zu sehen. Aus diesem Status quo einer erkrankten Person, kann das jeweilige Potential der Rehabilitation gebildet werden (Rentsch et al., 2005).
Kurz zusammengefasst geht es beim Rehabilitationspotential also darum, einen intraindividuellen Rahmen abzustecken, um dadurch ein individuelles Therapieangebot gestalten zu können.
Theoretische Einbettung in den Kontext
Der Begriff der Rehabilitation ist wesentlich jünger, als die lange Historie der Psychiatrie. Allgemein betrachtet hat sich die Geschwindigkeit des Fortschritts in der gesamten klinischen Medizin in den vergangenen 100 Jahren deutlich erhöht (Wing 1988). Manfred Bleuler sagte 1972, bezugnehmend auf seine Vorschläge zur primären Prävention von Schizophrenie, sinngemäß, dass diese Überlegungen nur winzige Körnchen Wissen in einem Meer von Unwissenheit sind.
Bleuler fand in einer Untersuchung im Jahre 1972 heraus, dass 20-25 % der an Schizophrenie erkrankten Menschen ein hohes Erholungspotential haben, weitere 20-25 % sind therapieresistent. Bei den verbleibenden 50-60 % hängt der Therapieerfolg von der Art der Hilfen ab. Insbesondere im Hinblick auf die Thematik der Rehabilitation, ist es also von größter Wichtigkeit eine individuelle Therapieform zu finden. Vor dem Hintergrund des Wissens über Langzeitfolgen wie z. B. einer Chronifizierung von psychischen Erkrankungen, steigerte sich neben der unerlässlichen medikamentösen Behandlung das Interesse an weiteren Therapien und daraus resultierender Rehabilitation. Von einer chronischen psychischen Erkrankung wird ausgegangen, wenn die Symptome einer Erkrankung in kürzeren Abständen immer wieder auftreten, oder über einen bestimmten Zeitraum hinweg dauernd vorhanden sind. Die Zeitgrenze, ab der von einer chronischen psychischen Erkrankung gesprochen wird, schwankt i. d. R. von sechs bis 24 Monaten (American Psychiatric Association, 2003).
Die von der Bundesregierung Anfang der 1970er Jahre beauftrage Enquête-Kommission sollte Aufklärung über die aktuelle Situation in deutschen Psychiatrien liefern. Das Resultat war vernichtend. Es wurde von gravierenden, menschenunwürdigen Missständen berichtet. In dem Bericht wird ausführlich dargelegt, dass zahlreiche beobachtbare Symptome und Verhaltensauffälligkeiten der Patienten Folge des isolierenden und entmündigenden Milieus der Anstalt gewesen sind. Viele Patienten hatten ihre sozialen Fertigkeiten schlichtweg verlernt und hatten auch nicht den Wunsch entlassen zu werden. Das durch die Fehlbehandlung entstandene Hospitalismus-Syndrom war bei den meisten langfristig untergebrachten Patienten zu beobachten.
Dieser Zeitpunkt kann als Einstellungswandel gegenüber der Versorgung von (v. a. chronisch) psychisch Kranken angesehen werden (Rössler & Riecher-Rössler, 1994).
In den 1980er Jahren, mit der Entwicklung verschiedener Programme zur Verbesserung des aktuellen körperlichen und psychischen Zustandes (vorwiegend schädigungsorientiert), wurden diese Bemühungen unter den Begriff der Rehabilitation zusammengefasst. Vor dem 20. Jahrhundert fiel das Augenmerk fast ausschließlich auf die Isolation der Patienten in möglichst dezentrale Anstalten, mit dem Ziel die krankmachende Lebenswelt fernzuhalten. Über wirksame medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten verfügten die Psychiater hingegen noch nicht. Auch die Therapie der sozialen und psychischen Beeinträchtigungen fand zu dieser Zeit kaum Berücksichtigung (Rössler & Riecher-Rössler, 1994).
Mit der Absicht Folgezustände einer chronischen psychischen Erkrankung zu verdeutlichen, erstellte die WHO im Jahr 1980 das ICIDH Modell (International Classification of Impairments, Disabilities, and Handicaps). Ausgangspunkt war die Kritik an der ICD (International Classification of Diseases - Diagnoseklassifikations-system der Medizin), die den Menschen nicht als biopsychosoziales Wesen erfasste (Rentsch 2013). Das ICIDH Modell lieferte 1980 trotz vieler Kritik einen neuen und wichtigen Beitrag im Bereich der Pathogenese, der Entstehung/Entwicklung von Krankheiten (Pschyrembel 2012).
Das Ausmaß der Erkrankung beläuft sich auf drei Folgeschritte. Diese sind Abbildung 1 zu entnehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: ICIDH Modell
Der erste Abschnitt betrifft die seelischen Funktionseinschränkungen (impairment). Auf dieser Ebene manifestieren sich die Grundstörungen. Im klinischen Bild wäre dies z. B.: eine Störung der Merkfähigkeit, Konzentration, Stimmung oder des Antriebs. Diese Funktionseinbußen haben einen direkten Einfluss auf die funktionelle Einschränkung (Handlungsfähigkeit).
Die Einschränkungen des zweiten Abschnitts werden v. a. in der Alltagsbewältigung deutlich. Betroffene erleben z. B. immer wieder Hindernisse in der zwischenmenschlichen Kommunikation, der Selbstversorgung, Tagesstrukturierung usw. Diese Ebene wird aufgrund der mangelnden Kompetenz, die eigene soziale Rolle zu erfüllen, auch als Fähigkeitsstörung (disability) bezeichnet.
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- Quote paper
- Tim Schuster (Author), 2015, Der Rehabilitationsgedanken in der psychiatrischen Versorgung. Das Potential einer psychisch erkrankten Person gemäß dem ICF-Modell der WHO, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/318099
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