Die großen Volkskirchen in Deutschland befinden sich in einer prekären Lage. Seit
Jahrzehnten leiden sie unter einem kontinuierlichen Mitgliederschwund, der sich
unmittelbar auf die finanzielle Basis ihrer Arbeit auswirkt. Dieser Rückgang der Mitglieder
würde eigentlich Konzentrationsbewegungen notwendig machen. Gleichzeitig besteht
jedoch das traditionelle, in vielen alten Kirchenbauten steingewordene Selbstbild der
Kirche als Institution im Zentrum des allgemeinen öffentlichen Lebens.
Teilweise wird auf Seiten der Kirchen versucht, den Mitgliederschwund mit einer
gesamtgesellschaftlichen Kultur der Säkularisierung zu erklären. In meiner Arbeit möchte
ich dieser These jedoch nicht folgen, da sie Kirchenmitgliedschaft und Religiosität in
unzulässiger Weise gleichsetzt. Freikirchliche Gruppierungen und Buddhisten verzeichnen
einen deutlichen Zulauf, religiös geprägte Ratgeberliteratur wird viel nachgefragt und selbst
die Pastoren, als Vertreter der Volkskirchen, werden nach wie vor als moralisch integere
Vorbilder gesehen (Kirchenamt der EKD 2004, S. 12). Von einem Nachlassen des
Bedürfnisses nach religiöser Unterstützung kann also nur begrenzt die Rede sein.
Entsprechend sollte m. E. der Mitgliederschwund als ein Problem der Institutions -
Organisation Kirche gesehen werden, die ihr historisch gewachsenes Monopol auf
Glaubensfragen verloren hat und nicht etwa zum kulturell-spirituellen Werteverfall stilisiert
werden.
Die durch den Mitgliederschwund entstandene Finanznot und die damit notwendig
gewordenen Prioritätensetzungen haben in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts eine Reihe
von Reformprojekten entstehen lassen. Viele dieser Projekte sind nach einiger Zeit
gescheitert oder ohne sichtbare Konsequenzen eingestellt worden.
In dieser Arbeit möchte ich am Beispiel des evangelischen München Programms (eMp)
diskutieren, in wieweit die Leitbilder, die in solchen (gescheiterten) Reformprojekten
entwickelt werden, einer Institutions-Organisation dennoch dabei helfen, ihre Identität,
Überlebensfähigkeit und Bedeutung zu sichern. Dies ist besonders interessant bei einer
Institutions-Organisation wie der Kirche, die auf Grund ihrer Tradition als sehr stabil und
damit wenig anfällig für Wandel und Veränderungsimpulse von außen gilt, selbst wenn ein
verstärkter Handlungsdruck entsteht. Der Druck für die Kirche entsteht durch
Geldknappheit, und zunehmende Unsicherheit (Kontingenz) z.B. an wen sich die Angebote
richten sollen/können. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Gegenwärtige Situation der evangelischen Kirche
- Die Kirche als Organisation gewordene Institution
- Pluralismus moderner Gesellschaften als Bedrohung der Volkskirche
- Wandel und Veränderung im Dilemma
- Das evangelische München Programm (eMp)
- Der Ansatz
- Das dreifache „Ja“, als Leitbild des eMp
- Das Ja zum Glaubensthema
- Das Ja zur Kirche als Institution
- Professionelles Arbeiten
- Das „Produkt“, der „Kunde“ und das Geld – die Metapher des Unternehmens Kirche
- Genutzte und Verpasste Chancen
- Gegenwärtige Situation der evangelischen Kirche
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Herausforderungen der evangelischen Kirche in Deutschland angesichts sinkender Mitgliederzahlen und des Wandels in der Gesellschaft. Sie analysiert, inwieweit Reformprojekte, am Beispiel des evangelischen München Programms (eMp), dazu beitragen können, die Identität, Überlebensfähigkeit und Bedeutung der Kirche als Institution zu sichern. Die Arbeit differenziert dabei zwischen passivem Wandel und bewusster Veränderung.
- Die Krise der Volkskirche und der Mitgliederschwund
- Das Spannungsfeld zwischen Kirche als Organisation und Institution
- Das evangelische München Programm (eMp) als Beispiel für ein Reformprojekt
- Die Rolle von Leitbildern im Umgang mit Unsicherheit und Wandel
- Identitätssicherung und Überlebensfähigkeit der Kirche
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die prekären Lage der großen Volkskirchen in Deutschland aufgrund kontinuierlichen Mitgliederschwunds und der damit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten. Sie stellt die These auf, dass der Mitgliederschwund nicht primär auf Säkularisierung zurückzuführen ist, sondern auf Probleme der Kirchenorganisation als Institution. Der Fokus liegt auf dem evangelischen München Programm (eMp) als Beispiel für ein Reformprojekt, welches im Kontext von erhöhter Unsicherheit und Handlungsdruck die Identität, Überlebensfähigkeit und Bedeutung der Kirche sichern soll. Die zentrale Frage der Arbeit wird formuliert: Inwiefern trägt das eMp dazu bei, die Kirche handlungsfähig zu erhalten?
Hauptteil A. Gegenwärtige Situation der evangelischen Kirche: Dieser Abschnitt beschreibt die krisenhafte Situation der evangelischen Kirche, gekennzeichnet durch sinkende Mitgliederzahlen und die weitverbreitete These der Säkularisierung. Die Kirche wird als Institution mit einem Monopolanspruch auf religiöse Wahrheit dargestellt, der im Widerspruch zu ihrer pluralen Ausrichtung an der Basis steht. Der Verlust der kulturprägenden Stellung der Kirche nach der Aufklärung wird erläutert, wobei die Kirche zu einem Anbieter religiöser Dienstleistungen wird, während sie für viele weiterhin eine Institution religiöser Wahrheit verkörpert. Die Problematik des Selbstverständnisses der Kirche als Volkskirche und die daraus resultierenden Herausforderungen werden als Einleitung für den folgenden Abschnitt über Veränderungen im gesellschaftlichen Umfeld der Kirche dargestellt.
Schlüsselwörter
Evangelische Kirche, Volkskirche, Mitgliederschwund, Säkularisierung, Institution, Organisation, Reformprojekte, evangelisches München Programm (eMp), Identität, Überlebensfähigkeit, Wandel, Veränderung, Kontingenz, Handlungsfähigkeit.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Analyse des Evangelischen München Programms
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Herausforderungen der evangelischen Kirche in Deutschland angesichts sinkender Mitgliederzahlen und gesellschaftlichen Wandels. Im Fokus steht das Evangelische München Programm (eMp) als Beispiel für ein Reformprojekt, das die Identität, Überlebensfähigkeit und Bedeutung der Kirche sichern soll. Die Arbeit untersucht, inwieweit das eMp dazu beiträgt, die Kirche handlungsfähig zu erhalten und unterscheidet zwischen passivem Wandel und bewusster Veränderung.
Welche Themen werden im Hauptteil behandelt?
Der Hauptteil befasst sich zunächst mit der gegenwärtigen Situation der evangelischen Kirche, charakterisiert durch Mitgliederschwund und die Problematik des Kirchenverständnisses als Institution im Spannungsfeld zu ihrer pluralen Ausrichtung. Anschließend wird das Evangelische München Programm (eMp) detailliert untersucht, inklusive seines Ansatzes, des „dreifachen Ja“ als Leitbild (Glauben, Kirche als Institution, professionelles Arbeiten), der Metapher des Unternehmens Kirche und einer Bewertung der genutzten und verpassten Chancen.
Welche zentralen Fragen werden in der Arbeit gestellt?
Die zentrale Frage lautet: Inwiefern trägt das eMp dazu bei, die Kirche handlungsfähig zu erhalten? Nebenfragen betreffen die Krise der Volkskirche, das Spannungsfeld zwischen Kirche als Organisation und Institution, die Rolle von Leitbildern im Umgang mit Unsicherheit und Wandel sowie die Identitätssicherung und Überlebensfähigkeit der Kirche.
Welche Schlüsselkonzepte werden in der Arbeit verwendet?
Schlüsselkonzepte sind: Evangelische Kirche, Volkskirche, Mitgliederschwund, Säkularisierung, Institution, Organisation, Reformprojekte, Evangelisches München Programm (eMp), Identität, Überlebensfähigkeit, Wandel, Veränderung, Kontingenz, Handlungsfähigkeit.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Einleitung, Hauptteil und Fazit. Der Hauptteil analysiert die gegenwärtige Situation der evangelischen Kirche und untersucht detailliert das Evangelische München Programm. Die Einleitung beschreibt die Ausgangssituation und formuliert die Forschungsfrage. Das Fazit fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
(Die konkreten Schlussfolgerungen werden im Fazit der Arbeit gezogen und sind in diesem Dokumenten-Preview nicht explizit enthalten.)
Wie wird das Evangelische München Programm (eMp) bewertet?
(Eine konkrete Bewertung des eMp wird im Hauptteil der Arbeit vorgenommen und ist im vorliegenden Preview nur in der Zusammenfassung der Kapitel angedeutet.)
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für Theologen, Religionswissenschaftler, Sozialwissenschaftler und alle, die sich mit der Situation der evangelischen Kirche und den Herausforderungen kirchlicher Reform beschäftigen.
- Quote paper
- Jens Geumann (Author), 2004, ZWISCHEN ORGANISATION UND INSTITUTION - Wahrung von Identität, Überlebensfähigkeit und Bedeutung in der evangelischen Kirche am Beispiel des ev. MünchenProgramms (eMp), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31782