Diese Arbeit untersucht im ersten Teil Theodor Fontanes realistisches Literaturkonzept, welches vor allem durch eine eindeutige Abgrenzung von der romantischen Literatur gekennzeichnet ist. Die Literatur der Romantiker, so Fontanes Kritik, ginge auf die gesellschaftlichen Probleme seiner Ära nicht adäquat ein; an ihre Stelle müsse die realistische Literatur treten, die sich mit tatsächlichen Problemen der Zeit befasst. Im zweiten Teil wird Fontanes Gesellschaftskritik allgemein beleuchtet und schließlich wird im dritten Teil auf Fontanes Beschäftigung mit Frauenproblematiken eingegangen.
Theodor Fontane gilt zweifellos als der bedeutendste deutschsprachige Vertreter des Realismus, oder genauer, des poetischen Realismus, der mit seinen meist im Bildungsbürgertum spielenden Werken wohl die einzigen deutschsprachigen Werke des Realismus von Weltrang schuf. Keinem anderen deutschen Autor dieser literarischen Richtung ist es gelungen, eine derartige Weltgeltung durch vergleichsweise regionale Schauplätze, meist im brandenburgischen gelegen, zu erlangen. In den meisten seiner Werke vereinen sich Gesellschaftskritik in Form der z.B. Frauenproblematik mit literaturästhetischen Qualitäten, die mit ein Grund für den bleibenden und zeitgenössischen Erfolg seines Schaffens sind; dies gilt im besondernen für seine beiden späten Meisterwerke „Effi Briest“ und „Der Stechlin“.
Der literarische Realismus kann als Antwort auf zutage tretende, wissenschaftliche Erkenntnisse des 19. Jahrhunderts im Bereich der Medizin, Philosophie, Psychiatrie sowie ab der zweiten Hälfte der Soziologie verstanden werden, die enorme Auswirkungen auf das „Bild“ des Menschen hatten. Psychische Leiden wurden nicht mehr salopp als Wahn beschrieben und abgetan, sondern als ernstzunehmende psychische Störungen eines Individuums mit vielfältigen Ursachen gesehen. Mit der Auflösung des freien Willens durch Schopenhauer büßte der Mensch einen großen Teil sowohl seiner inneren als auch äußeren Freiheit ein und es galt nun, die Folgen dieser Auflösung zu untersuchen. An die Stelle des freien Willens tritt das psychologisch Unbewusste hervor. „Zu dem Zeitpunkt, als Fontane an seinen Gesellschaftsromanen arbeitete, war der Glaube an den selbstbestimmenden freien Willen des Individuums bereits dermaßen problematisch geworden, dass Fontane […] neue literarische Kunstgriffe ersinnen musste, um seinen Romanfiguren einen Rest an individueller Freiheit zu gewährleisten.“
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Fontanes Realismus
- II. Fontanes literarische Gesellschaftskritik
- III. Fontanes voremanzipatorische Gesellschaftskritik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Realismus von Theodor Fontane, insbesondere mit seinem literarischen Konzept, seiner Gesellschaftskritik und seiner Beschäftigung mit Frauenproblematiken. Der Schwerpunkt liegt auf der Analyse von Fontanes Abgrenzung vom romantischen Ideal und seiner Fokussierung auf eine realistische Darstellung der Wirklichkeit. Die Arbeit untersucht, wie Fontane den Wandel des „Bild des Menschen“ im 19. Jahrhundert widerspiegelt und welche literarischen Kunstgriffe er verwendet, um die gesellschaftlichen Probleme seiner Zeit aufzuzeigen.
- Fontanes Realismus und seine Abgrenzung zur romantischen Literatur
- Fontanes literarische Gesellschaftskritik und seine Kritik am Bildungsbürgertum
- Fontanes Darstellung von Frauenproblematiken und seine voremanzipatorische Gesellschaftskritik
- Die Rolle des poetischen Realismus und die ästhetische Gestaltung von Fontanes Werken
- Die Bedeutung von Dialogen und psychologischen Charakterisierungen in Fontanes Romanen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Der Einleitungsteil stellt den Kontext von Fontanes Werk im 19. Jahrhundert dar und beleuchtet die Entwicklung des Realismus als Reaktion auf wissenschaftliche Erkenntnisse und die Auflösung des freien Willens. Er führt in die drei zentralen Themenbereiche der Arbeit ein: Fontanes Realismus, seine Gesellschaftskritik und seine Auseinandersetzung mit Frauenproblematiken.
- I. Fontanes Realismus: Dieses Kapitel befasst sich mit Fontanes literarischem Konzept des Realismus. Es analysiert seine Abgrenzung von der romantischen Literatur und die Betonung einer sachlichen, authentischen und dokumentarischen Widerspiegelung der Wirklichkeit. Fontanes Kritik an der überschwänglichen Romantik und seine Hinwendung zum „frischen grünen Weide“ des Realismus werden beleuchtet.
- II. Fontanes literarische Gesellschaftskritik: Dieses Kapitel widmet sich Fontanes allgemeiner Gesellschaftskritik. Es untersucht, wie er die Probleme seiner Zeit, insbesondere innerhalb des Bildungsbürgertums, literarisch verarbeitet und aufzeigt. Es wird die Frage behandelt, welche gesellschaftlichen Missstände Fontane kritisiert und welche literarischen Mittel er dafür verwendet.
Schlüsselwörter
Theodor Fontane, Realismus, poetischer Realismus, Romantik, Gesellschaftskritik, Frauenproblematik, Bildungsbürgertum, Dokumentarische Literatur, Psychologische Analyse, Literaturästhetik, Dialog, Determinismus, Naturalismus.
- Quote paper
- Siawasch Aeenechi (Author), 2016, Theodor Fontanes realistisches und gesellschaftskritisches Literaturkonzept, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/317291