Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Ruinwahrscheinlichkeiten in Risikomodellen. Die Bestimmung und Abschätzung von Ruinwahrscheinlichkeiten ist Gegenstand der Ruintheorie, die ein Teilgebiet der Risikotheorie darstellt. Im Gegensatz zur Lebensversicherungsmathematik beschäftigt sich die Risikotheorie mit Sachversicherungen. Deshalb wird sie auch als Sach- oder Nichtlebens-Versicherungsmathematik bezeichnet. Kennzeichnend für Sachversicherungen ist die zufällige Anzahl, die zufällige Höhe sowie das zufällige Eintreten von Schäden. Dies führt zur Notwendigkeit, anspruchsvolle mathematische Modelle zu entwickeln und zu beschreiben. Die Ruintheorie kann somit auch als eine spezielle Theorie stochastischer Prozesse angesehen werden. Das zweite Kapitel des vorliegenden Textes stellt eine allgemeine Hinführung zum Thema dar. Es wird zuerst das diskrete und dann das stetige Risikomodell betrachtet. Im Rahmen dieser zwei Modelle werden die grundlegenden Größen definiert und erklärt, angefangen von der Beschreibung des Risikoreserveprozesses bis hin zur Definition der Ruinwahrscheinlichkeit. Im dritten Kapitel wird das so genannte klassische Risikomodell eingeführt. Wir halten uns dabei im Wesentlichen an das Buch „Stochastic Processes for Insurance and Finance“ von Rolski, Schmidli, Schmidt und Teugels. Das eingeführte Modell wird üblicherweise für Berechnungen in der Praxis herangezogen. Es lässt sich durch folgende vier Annahmen grob skizzieren: 1. Man geht von einer Poisson-verteilten Schadensanzahl aus. 2. Die Schäden werden durch eine Folge unabhängiger und identisch verteilter Zufallsvariablen beschrieben. 3. Die Schadensanzahl und die Schäden sind unabhängig voneinander. 4. Prämien werden konstant gezahlt. Nach allgemeinen Betrachtungen über den Poisson-Prozess werden in diesem Kapitel Untersuchungen zur Differenzierbarkeit der Überlebenswahrscheinlichkeit, dem Pendant zur Ruinwahrscheinlichkeit, angestellt sowie eine einfachere Darstellung dieser Wahrscheinlichkeiten ausgearbeitet. Der letzte Abschnitt des Kapitels beschäftigt sich schließlich mit Laplace-Transformationen der Wahrscheinlichkeiten. Anhand ausgewählter Beispiele wird gezeigt, dass diese eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Ruinwahrscheinlichkeit spielen. [...]
Universität Leipzig
Fakultät für Mathematik und Informatik
Mathematisches Institut
Über die Ruinwahrscheinlichkeit im
klassischen Risikomodell mit einer Verallgemeinerung auf
nicht Poisson-verteilte Schadensanzahl
Diplomarbeit
vorgelegt von
Sabine Eppinger
Leipzig, Juli 2004
Studiengang
Wirtschaftsmathematik
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ... 1
2 Einführende Untersuchungen ... 3
2.1 Das diskrete Risikomodell ... 3
2.2 Das stetige Risikomodell ... 6
3 Das klassische Risikomodell ... 11
3.1 Allgemeine Betrachtungen ... 11
3.2 Untersuchungen zur Differenzierbarkeit der Überlebensfunktion F(u) ... 17
3.3 Eine andere Darstellung für die Ruinwahrscheinlichkeit .(u) ... 34
3.4 Laplace-Transformationen ... 36
4 Das kollektive Risikomodell ... 50
4.1 Allgemeine Betrachtungen ... 50
4.2 Eine Darstellung für die Überlebenswahrscheinlichkeit F(t; u) ... 51
4.3 Hilfsresultate aus der Irrfahrten-Theorie ... 61
4.4 Die Ruinwahrscheinlichkeit nach dem Zeitpunkt t ... 73
A Anhang Grundlagen ... 83
A.1 Bedingte Erwartung ... 83
A.2 Integration und Differentiation ... 84
A.3 Konvergenzsätze ... 86
A.4 Laplace-Transformation ... 86
A.5 Der Transformationssatz für Integrale ... 88
B Symbolverzeichnis ... 89
Literaturverzeichnis ... 92
Kapitel 1
Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Ruinwahrscheinlichkeiten in Risikomodellen.
Die Bestimmung und Abschätzung von Ruinwahrscheinlichkeiten ist Gegenstand der Ruintheorie, die ein Teilgebiet der Risikotheorie darstellt. Im Gegensatz zur Lebensversicherungsmathematik beschäftigt sich die Risikotheorie mit Sachversicherungen. Deshalb wird sie auch als Sach- oder Nichtlebens- Versicherungsmathematik bezeichnet.
Kennzeichnend für Sachversicherungen ist die zufällige Anzahl, die zufällige Höhe sowie das zufällige Eintreten von Schäden. Dies führt zur Notwendigkeit, anspruchsvolle mathematische Modelle zu entwickeln und zu beschreiben. Die Ruintheorie kann somit auch als eine spezielle Theorie stochastischer Prozesse angesehen werden.
Das zweite Kapitel des vorliegenden Textes stellt eine allgemeine Hinführung zum Thema dar. Es wird zuerst das diskrete und dann das stetige Risikomodell betrachtet. Im Rahmen dieser zwei Modelle werden die grundlegenden Größen definiert und erklärt, angefangen von der Beschreibung des Risikoreserveprozesses bis hin zur Definition der Ruinwahrscheinlichkeit.
Im dritten Kapitel wird das so genannte klassische Risikomodell eingeführt. Wir halten uns dabei im Wesentlichen an das Buch „Stochastic Processesfor Insurance and Finance“ von Rolski, Schmidli, Schmidt und Teugels. Das eingeführte Modell wird üblicherweise für Berechnungen in der Praxis herangezogen. Es lässt sich durch folgende vier Annahmen grob skizzieren:
- Man geht von einer Poisson-verteilten Schadensanzahl aus.
- Die Schäden werden durch eine Folge unabhängiger und identisch verteilter Zufallsvariablen beschrieben.
- Die Schadensanzahl und die Schäden sind unabhängig voneinander.
- Prämien werden konstant gezahlt.
Nach allgemeinen Betrachtungen über den Poisson-Prozess werden in diesem Kapitel Untersuchungen zur Differenzierbarkeit der Überlebenswahrscheinlichkeit, dem Pendant zur Ruinwahrscheinlichkeit, angestellt sowie eine einfachere Darstellung dieser Wahrscheinlichkeiten ausgearbeitet. Der letzte Abschnitt des Kapitels beschäftigt sich schließlich mit Laplace-Transformationen der Wahrscheinlichkeiten. Anhand ausgewählter Beispiele wird gezeigt, dass diese eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Ruinwahrscheinlichkeit spielen.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit einer Verallgemeinerung des klassischen Modells auf eine nicht Poisson-verteilte Schadensanzahl. Dieses Modell wird auch als kollektives Risikomodell bezeichnet.
Die Verallgemeinerung des klassischen Modells ist in der Tatsache begründet, dass in vielen Branchen der Nichtlebens-Versicherung exponentialverteilte Zwischenankunftszeiten als zu „milde“ angesehen werden.
Das Kapitel orientiert sich am zweiten Kapitel des Artikels “Non-Poissonian claims’ arrivals and calculation of the probability of ruin“ von Vsevolod K. Malinovskii.
Nach einer kurzen Einführung, befassen wir uns darin zunächst, mit einer Darstellung der endlichen Überlebenswahrscheinlichkeit. Mit Hilfe dieser Darstellung und einigen Ergebnissen aus der Irrfahrtentheorie wird dann die Ruinwahrscheinlichkeit nach dem Zeitpunkt t hergeleitet. Allerdings beschränken wir uns dabei auf den Fall exponentialverteilter Zwischenankunftszeiten.
Kapitel 2
Einführende Untersuchungen
Zunächst beschäftigen wir uns mit dem diskreten Risikomodell. Zu untersuchen ist in diesem Modell die Reserve des Risikogeschäfts eines Versicherungsunternehmens nach einer bestimmten Anzahl von Perioden gleicher Länge.
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