Das Zypern-Problem ist eines der ältesten Konflikte, mit dem sich die internationale Staatengemeinschaft beschäftigt. Obwohl, oder gerade weil die Republik Zypern, ohne den türkischen Teil, seit 2004 Mitglied der Europäischen Union ist, ist eine Lösung nicht absehbar. Denn die Differenzen auf beiden Seiten, Türken und Griechen, sind zu komplex und tiefgreifend, um eine schnelle Lösung herbeizuführen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung:
II. Britische Übernahme:
III. Die Unabhängigkeit und Invasion:
IV Fazit:
V. Literaturverzeichnis:
Anhänge
I. Einleitung:
Der Zypernkonflikt entstand nicht erst dann, als die Insel geteilt wurde, sondern schon dann als die Briten Einfluß auf das Schicksal der Insel nahmen und dabei beide Bevölkerungsteile gegeneinander ausspielten, um ihre machtpolitische Position zu festigen.
Der Zypernkonflikt ist das größte Hindernis der langersehnten türkisch-griechischen Versöhnung. Eine Versöhnung wird nie stattfinden, solange Bürger betroffener Parteien weiterhin auf hard-liner setzen und die Regierungen die Konflikte für ihre innenpolitischen Belange instrumentalisieren.
Um unvoreingenommen vorgehen zu können, wurde in dieser Arbeit neben deutschsprachiger Literatur deutscher, griechischer und türkischer Autoren auch auf türkischsprachige Literatur zurückgegriffen. Mit dem Ergebnis, voneinander sehr differenzierte Standpunkte der Beteiligten feststellen zu müssen. Während der Literaturrecherchen war nicht zu übersehen, daß die zur Verfügung stehende Literatur, überwiegend von griechischen Autoren stammte. Was darauf hinweist, daß sich die griechische Seite intensiver mit diesem Problem beschäftigt und besser für ihre Sache wirbt.[1]
Diese Arbeit ist zeitlich bis zur Invasion beschränkt, da sich nach 1974 auf der Insel nicht viel verändert hat.
Den Ereignissen der Übernahme Zyperns durch die Briten im II. Kapitel folgt im III. Kapitel der Weg zur Unabhängigkeit, sowie die Auseinandersetzungen bis zur türkischen Invasion und scließlich im IV. Kapitel das abschließende Fazit.
Zur Veranschaulichung der geostrategischen Lage Zyperns sind der Arbeit Karten beigefügt. Darüber hinaus sind Anhänge mit Kurzbiographien wichtiger Persönlichkeiten, sowie Auszüge von Artikeln aus den Internetseiten dazugelegt.
II. Britische Übernahme:
Als sich das Osmanische Reich, nach der Niederlage 1877/78, gegen zukünftige russische Angriffe schützen will, schließt es mit Großbritannien 1878 einen Beistandspakt. Die Briten dürfen Zypern de facto so lange Verwalten, bis Rußland, die von ihm eroberten Gebiete in der Osttürkei, besetzt hält. Obwohl wenig später Rußland gemäß dem Berliner Kongreß[2] die besetzten Gebiete wieder an das Osmanische Reich abtritt, endet die Existenz der Briten auf Zypern nicht.
Da die Osmanen in den Ersten Weltkrieg auf deutscher Seite eintreten, annektiert 1914 Großbritannien Zypern. Wenn auch Griechenland zunächst auf den Vorschlag der Briten, an dessen Seite am Krieg teilzunehmen und als Gegenleistung Zypern zu bekommen, nicht eingeht, kommt zwei Jahre später der griechische Kriegseintritt nicht überraschend. Doch trotz aller Versprechungen bleibt die Insel, zur Verärgerung der Griechen, auch nach Kriegsende in britischer Hand.
Nach dem Unabhängigkeitskrieg (1919-1922) wird 1923 die Türkische Republik ausgerufen und kurz zuvor der Lausanner Vertrag[3] mit den Ententemächten[4] unterzeichnet, in dem die Türkei die britische Annexion anerkennt. Zwei Jahre später erklärt Großbritannien Zypern zur Kronkolonie und wird jetzt auch de jure Souverän der Insel.
Nachdem die Briten nunmehr volle Souveränität auf Zypern genießen, tritt eine große Welle der Auswanderung der Türkischzyprioten in die Türkei und später nach Großbritannien ein.
Schon 1931 entstehen erste Unruhen auf der Insel. Sowohl die Griechischzyprioten, als auch ihr Mutterland bestehen auf die Verwirklichung des Enosis[5] -Gedanken. Schließlich versprach man ihnen einer Anbindung mit Griechenland zuzustimmen. Doch die Briten hielten ihr Wort nicht.
Als nun Griechenland nach dem Zweiten Weltkrieg in Erwartung einer baldigen Übernahme der Insel, erneut durch Großbritannien entteuscht wird, kommt es zu weiteren Aktionen und Aggressionen. 1950 wird durch die orthodoxe Kirche eine inoffizielle Volksabstimmung abgehalten, um das Selbstbestimmungsrecht zu erlangen und somit den Enosis-Gedanken zu verwirklichen. Einige Monate später wird Makarios, der aus den USA auf die Insel zurückkehrte, zum Erzbischof und politischen Führer der Griechischzyprioten gewählt. Im Einvernehmen mit Makarios appeliert 1954 Griechenland an die UNO und besteht auf die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes, was auf Ablehnung, sowohl bei der UNO, als auch bei den Briten stößt. Nun wird 1955 das schon lange geplante Aufstandsszenario durch die EOKA[6], die vom erfahrenen Oberst Grivas[7], der Anfang der 20er Jahre als junger Offizier in Westanatolien gegen die Türken und im Zweiten Weltkrieg gegen die Deutschen kämpfte, abgespielt. Klar ist, daß Grivas und seine Männer, ohne Griechenlands Segen und militärische Unterstützung diesen Aufstand nicht hätten anfangen können.
Interessant ist, daß bis Mitte der 50er Jahre für die Türkei ein „Zypernkonflikt“ nicht existierte. Außenminister Necmettin Sadak sprach am 23 Januar 1950 im türkischen Parlament wie folgt: „...Ein Problem namens Zypern existiert nicht. Denn Zypern steht heute unter britischer Herrschaft und Verwaltung. Und unser Glauben an die britische Absicht, Zypern einem anderen Staat nicht übergeben zu wollen, ist voll...“.[8] Ferner berichtet der türkische Diplomat Nureddin Vergin, daß 1951 während der Ministerratskonferenz in Straßburg der türkische Außenminister Fuat Köprülü zu seinem griechischen Amtskollegen Politis wie folgt sprach: „...Wir werden uns eine Weile gedulden, in der Hoffnung, daß sich ihre Aufregung legt und sie klüger handeln. Offiziell werden wir bekanntgeben, daß für die Türkei eine Zypernfrage nicht existiert...“.[9]
[...]
[1] Leider zeigte die Türkische Botschaft weniger Engagement und Hilfsbereitschaft, als die Zypriotische Botschaft
[2] Konferenz der europäischen. Großmächte und der Türkei über die Balkanfrage. (Aus: Meyers Grosses Handlexikon, Mannheim 1994, S. 100.
[3] Der am 24.07.1923 in Lausanne unterschriebene Vertrag regelte den Status, der kurz darauf gegründeten Türkei.
[4] Großbritannien, Frankreich und später Rußland.
[5] Anschluß an Griechenland. Sie geht auf die „Megali Idea“ zurück: Befreiung des griechischen Raumes und Wiederherstellung des Byzantinischen Reiches mit Konstantinopel als Hauptstadt. (Aus: Gürbey, Gülistan. Zypern, Genese eines Konfliktes. Pfaffenweiler, 1988. S. 54.)
[6] Nationale Organisation der Zypriotischen Befreiung.
[7] Siehe Anhang.
[8] Zitiert nach Artuç, Ibrahim. Kibris`ta savaş ve bariş. Istanbul 1989, S. 40-41.
[9] Zitiert nach Prof. Dr. Manizade, Derviş. Kibris: dün, bugün, yarin. Istanbul 1975, S. 102-103.