Zunächst scheinen Welten zu liegen zwischen einer Kindheit in der DDR, wie sie Jana Hensel in „Zonenkinder“ beschreibt mit exotisch anmutenden Bezeichnungen und Bräuchen, die den westdeutschen Leser irritieren oder auch der Belustigung dienen, und der westdeutschen Kindheitswelt, wie sie Florian Illies in „Generation Golf“ darstellt. Einer Generation von „Zonenkindern“, die in ihrem verhältnismäßig kurzen Leben gleich drei Stationen durchlaufen haben - DDR-Kindheit, Wende-Jugend und als junge Erwachsene den endgültigen Schritt in den Westen - steht eine westdeutsche Generation gegenüber, die Playmobil als die prägendste Lebenserfahrung ihrer Kindheit und Jugend bezeichnet und den Wechsel von Raider zu Twix als eine der wenigen harmlosen Veränderungen erinnert (G.19).
Kontinuität und Bruch als die beiden entgegengesetzten Pole, auf die Hensels und Illies’ Werke bezogen bleiben, bestimmen die literarischen Techniken und die Zugriffsmöglichkeiten, die die Autoren zur Porträtierung ihrer Generationen nutzen. Wenn die vertraute Alltagswelt, die Welt der Kindheit zusammen mit dem System DDR auf einen Schlag verschwindet und jahrelange Versuche der Assimilation an den Westen den Blick auf die rekonstruierte „Heimat“ zunehmend verklären, hat dies Einfluss auf die Mechanismen beim schreibenden Erinnern.
Kann man angesichts dieser so völlig unterschiedlichen Ausgangssituationen überhaupt Vergleichsmomente zwischen beiden Werken finden? Oder ist Zonenkinder sogar das „ostdeutsche Pendant“ zu Generation Golf, wie einige Rezensionen behaupten? Beide Werke sind in nahezu allen bedeutenden Feuilletons kontrovers diskutiert worden und haben eine breite Leserschaft erreicht. Zahlreiche Leserbriefe und nicht zuletzt eine intensive Onlineleserdiskussion beim Internetbuchhändler Amazon zeugen davon, dass sich Zonenkinder zu einem Phänomen entwickelt hat, dessen Rezeption und öffentliche Diskussion bereits in einem eigens erstellten Dokumentationsband vorliegen. Den hohen Auflagezahlen nach – „Generation Golf“ wurde mehr als eine halbe Million Mal verkauft, „Zonenkinder“ bereits im ersten Jahr nach dem Erscheinen 160.000 Mal - muss es also eine gesellschaftliche Gruppe geben, die sich mit den Werten und Lebenseinstellungen der dargestellten Generationen identifizieren kann und sich als Teil des „Wir“ sieht, das Hensel und Illies konstruieren.
Inhalt
1.) Einleitung
2.) Der Begriff „Generation“
2.1.) Etikett und Stilisierung - der Begriff „Generation“ im Trend
2.2.) Der Generationenbegriff nach Karl Mannheim
3.) Eckdaten der porträtierten Generationen
4.) Beobachtungen zum Aufbau beider Werke
5.) Die Zonenkinder im Spiegel der Generation Golf und umgekehrt
6.) Zwischen Fiktion und Faktizität
7.) Erzählerische Verfahren
7.1.) Kontinuität und Bruch als Ausgangssituationen
7.1.1.) Die Zonenkinder im Spannungsfeld von Erinnern und Vergessen
7.1.2.) Verklärung und (N)ostalgie - Erinnerungen an ein Märchenland
7.2.) Ausschluss und Integration
7.3.) Das verbindende „Wir“
7.4.) Katalogisieren und Archivieren als Gestaltungsmittel
8.) Elemente der Pop-Literatur in Generation Golf und Zonenkinder
8.1.) Vorbemerkungen zum Begriff der „Pop-Literatur“
8.2.) Verwischung der Grenzen zwischen Literatur und Journalismus
8.3.) Eine „Literatur der zweiten Worte“
8.4.) Popkulturelle Lebenswelten und Stilabgrenzung
8.5.) Indifferenz und Affirmation
9.) Ausblick: Hat der popkulturelle Generationenbegriff eine Zukunft?
10.) Verwendete Literatur
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