Zusammenfassung der wichtigsten Begrifflichkeiten und Konzepte zum Interpretieren eines erzählenden Textes. Die Zusammenfassung entstand im Rahmen der Einführungsvorlesung "Gattungspoetik". Zugrunde liegt das einführend Werk von Silke Lahn und Jan Christoph Meister "Einführung in die Erzähltextanalyse".
Aus dem Inhalt:
I. Strukturen und Grundformen des Erzählens
- Faktuales und fiktives Erzählen
- Heterodiegetisches/ homodiegetisches und autodiegetisches Erzählen, Intradiegetisch versus extradiegetisch
II. Perspektive/ Fokalisierung
- Nullfokalsierung/ auktorial, Interne Fokalisierung/ personal, Externe Fokalisierung/ neutral, Ich-Erzählung
- Unzuverlässiger Erzähler
- Vermittlung von Worten und Gedanken
- Skalierung der Mittelbarkeit
- Zeitliche Dimension, Dauer des Erzählens, Frequenz des Erzählens
- Faktuale Literatur und Fiktionale Literatur
EPIK
Zu beachten: Mischformen sind immer möglich und auch häufig und sind der Ansatz für die Interpretation.
Bis ins 18. Jahrhundert ist der Roman wenig respektiert (auch nicht von Gottsched). Es wurde sehr lange in Versform geschrieben (Homer, Hartmann von Aue, Messias (Klopstock)). Vor dem 19 Jahrhundert kam die Prosa immer mehr in Mode, in der Mitte des 19. Jahrhundert wurde fast nur noch in Prosa geschrieben (Prosa). Es zeichnet sich eine Dominanz der Prosa ab, die oft in Konkurrenz zur Lyrik gesehen wird. In der Moderne werden die festen Formen zunehmend aufgelöst. Der strukturelle Unterschied zwischen Lyrik und Prosa besteht vor allem in der Existenz eines Erzählers (Vermittlungsfunktion). Die Zeit der erzählenden Literatur ist meistens das epische Präteritum oder das historische Präsens, im Drama dagegen sehr häufig „reines“ Präsens. In erzählenden, (modernen) Texten kommen natürlich auch andere Zeitstufen vor (bis zum Präsens), aber das epische Präteritum bildet die dominanteste Form. Innerhalb eines Textes kann die Zeitstufe auch immer wechseln.
Episches Präteritum: Morgen war Weihnachten (gibt nur im Kontext einer Geschichte Sinn). Vorherrschende Tempusform der erzählenden Gattung. Drückt die fiktive Gegenwartssituation der Figur aus, von der es berichtet - hat also nicht die Funktion der Vergangenheitsbeschreibung: Symptomatisch die Verbindung mit einem Zunkunftsadverb: „Morgen ging sein Zug“.
Historisches Präsenz: i.R. vereinzelte Gegenwartsformen in Erzählungen, die sonst im epischen Präteritum verpasst sind. Durch die zeitliche Angleichung des Erzähler- und des Figurenstandpunkts erscheinen die Personen stärker als Handelnde, mögliche Folgen sind größere Lebendigkeit und dramatische Veranschaulichung.
Erzählzeit: Zeit, die der Erzähler braucht, um die Geschichte zu erzählen. Dauer, welche die Lektüre des Erzähltextes benötigt. (Messeinheit: Seiten)
Erzählte Zeit: Zeit, um die es sich im Roman handelt. Zeit bzw. Zeitdauer der erzählten Geschichte, Zeitraum, denn das Geschehen einnimmt.
I. Strukturen und Grundformen des Erzählens
Faktuales und fiktives Erzählen
Faktuales Erzählen: eine authentische Rede aus Aussagesätzen über real historische Ereignisse der Personen, die von einem realen Sprecher mit behauptender Kraft geäußert wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Homodiegetisch, faktual
Autobiographischer Pakt: Versicherung, dass das erzählte wahr ist
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Heterodiegetisch, faktual
Es wird über eine (historische) Person erzählt; der Autor berichtet, über jemand anders
Hinweis: Alle Abbildungen sind dem Werk "Einführung in die Erzähltextanalyse" von Silke Lahn und Jan Christoph Meister entnommen.
Fiktionales Erzählen: Eine fiktionale Erzählung besteht aus Aussagesätzen, die von einem realen Autor als
authentischen Behauptungen eines von ihm erfundenen Erzählers imaginiert werden. Fiktionales Erzählen
erhebt keinen Anspruch darauf, an der außersprachlichen Wirklichkeit überprüft zu werden. Behandelt fiktive, erfundene Gegenstände.
Funktionssignale geben Hinweise auf die Konstruktion:
- Gattungsbezeichnung
- „es war einmal“
- Episches Präteritum
- Aussagen/Gedanken über Personen in der 3. Person
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Heterodiegetisches/ homodiegetisches und autodiegetisches Erzählen
Diegese bezeichnet ursprünglich die dichterisch darstellende Rede, heute verstehen wird unter Diegese die erzählte Welt insgesamt (Raum und zeitliche Ausdehnung der erzählten Welt), die als existent behauptet wird.
Heterodiegetisch: Erzähler ist nicht Teil der erzählten Welt, unbeteiligter Beobachter, Erzählen in 3. Person Homodiegetisch: Erzähler ist Teil der erzählten Welt, unbeteiligter Beobachter, Nebenperson, auch beteiligter Beobachter, Figuren der erzählten Welt
Autodiegetisch: Erzähler ist die Hauptfigur, erzählt seine eigene Geschichte, 1. Person Singular, Teil der erzählten Welt; Hauptperson, der von ihm erzählten Welt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bezeichnet wird hier die Stellung des Erzählers zur erzählten Welt. Der Autor ist nie Teil der erzählten Welt.
Intradiegetisch versus extradiegetisch
Nicht immer erzählt der Erzähler alles, er kann die Kompetenz des Erzählens auch an die Figuren weitergeben. Man unterscheidet zwischen Rahmen- und Binnengeschichte. Die Binnengeschichte wird dabei von einer Fihur erzählt, und zwar innerhalb der Rahmengeschichte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Intradiegese: eine in die Geschichte eingelagerte Binnenerzählung. Figuren werden kurz zu Ich-Erzählern. Wichtig ist also, wer wie erzählt.
Extradiegese: primärer Erzähler, 1. Stufe wird zur Rahmengeschichte, wenn eine andere Geschichte eingeflochten wird (Binnengeschichte).
Metadiegese: Geschichte in der Binnengeschichte (intradiegetisch), noch mal in die Geschichte reingeschachtelt, tertiär
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Man kann sowohl mit der Binnenerzählung als auch mit der Rahmenerzählung anfangen und dann nach innen bzw. außen fortfahren.
Analepsen werden meist nicht zur Intradiegese gezählt.
Sommerhaus (Zeitungsartikel intradiegetisch; Ich-Erzähler wird zu extradiegetischem Erzähler)
II. Perspektive/ Fokalisierung
Fokalisierung - aus welcher Sicht wird erzählt?
Perspektive der Darstellung ist relativ, also im Bezug, zum Standpunkt eines wahrnehmenden Subjekts
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Große Variabilität beim Erzählen, häufig ein Nebeneinander der 3. Arten; man kann die Fokalisierung insgesamt für das Werk bestimmten, aber auch sehr kleinschrittig.
Nullfokalsierung/ auktorial
- Erzähler weiß mehr als die Figuren
- Souveräner Überblick, Wissen
- Allwissend, kennt die Gedanken und Gefühle der Figuren
- Kommentiert und wertet, wertende Instanz, stark über Beschreibung (z.B. Chili)
- Erzähler kann sich an Leser wenden (z.B. Lupinen)
- Kann auch über sein Erzählen reflektieren (z.B. Mann)
- Erzähler tritt heraus aus der erzählten Welt
- Eigenmächtigkeit des Erzählers (Abschweifungen, Exkurs)
- Distanz zur Welt
- Kann in Innenwelt hineinblicken
- Kann dem Leser Dinge vorenthalten oder abschweifen
- Gestaltet das Erzählen und lenkt den Zuschauer
- Dominierend vor allem bei älteren Erzählungen, in der Moderne nicht mehr so
- Chili und Lupinen, in Lupinen referiert Erzähler auf das, was er erzählt hat
- Der Erzähler spricht aus einer souveränen Übersicht über die dargestellten Verhältnisse, er kennt die Gedanken und Gefühle handelnder Personen und kommentiert/bewertet das von ihm Erzählte. Er wendet sich an den Leser, es bildet sich eine Distanz des Erzählers zu der von ihm dargestellten Welt.
Interne Fokalisierung/ personal
- Erzähler teilt Informationsstand der Figur
- Aus der Perspektive einer Figur/ des Protagonisten
- Entschiedene Beschränkung der Wahrnehmung
- Beschrieben werden meistens Vorgänge, weit reichende Möglichkeiten
- Man kann eine ganze subjektive Welt entfalten
- Die Innenwelt kann mehr Bedeutung erlangen, als die Außenwelt (siehe Kafka)
- Monopersonale Erzählhaltung
- Meistens kann man Gedankengänge gut nachvollziehen
- Fugenlos, totalisiert
- Sommerhaus
- Interne Fokalisierung ist das Erzählen aus der Perspektive einer Figur. Die äußere Wahrnehmung beschränkt sich notwendigerweise auf das, was in das limitierte Wahrnehmungsfeld einer einzelnen Figur rückt. Dafür bietet sich einen größere Möglichkeit bei der Darstellung von inneren Vorgängen, Gedanken, Wahrnehmungen und Gefühlen einer Figur. Die subjektive Vorstellungswelt, halbbewusste und unbewusste Regungen (Träume, Gewissensbisse, Ressentiments, Sexualphantasien, Verdrängungen, Hoffnungen) stehen im Mittelpunkt.
- Personale Multiperspektive
- variable interne Fokalisierung Wechselnde Figuren als personale Erzähler
- Feste interne Fokalisierung: an die Wahrnehmung einer einzelnen Figur gekoppelt
Auktorial wird nicht durch personal abgelöst es gibt kaum Texte, in denen konsequent personal erzählt wird
Externe Fokalisierung/ neutral
- Erzähler weiß weniger als die Figur, hat keine Innensicht
- Weder wird aus der Sicht einer Person erzählt, noch ist ein Erzähler im Vordergrund
- Erzähler lässt Figuren reden, aber kommentiert nicht, sondern beschreibt nur
- Szenisches Erzählen (wie beim Drama)
- Der Erzähler rückt aus dem Blickfeld des Lesers
- Eindruck der Unmittelbarkeit
- Äußerste Zurückhaltung des Erzählers, kein Kommentar (weiß nur, was er beobachtet)
- Unbeteiligt
- Es handelt sich um ein neutrales Erzählen, der Erzähler spricht nicht selbst aus der Sicht einer Figur, sondern lässt die Figur in direkter Rede Sprechen, wie im Drama. Es handelt sich um szenisches Erzählen.
Ich-Erzählung
- Homodiegetisch fiktionale Erzählung (gehört zur erzählten Welt) z.B. Leiden des jungen Werthers
- (Heterodiegetisch fiktionale Erzählung ist die eher normale Form z.B. Chili)
- muss nicht die Hauptperson sein, kann auch Rand- oder Nebenfigur sein
- kann auch auktorial sein, z.B. in einer Rückschau, sonst personal
- Distanz des Erzählers zum Erzählten (teils) aufgehoben
- in den Lupinen: „wir“-Erzähler: plurales modesti, heterodiegetisch
Was kann ein Ich-Erzähler leisten?
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