Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage nach den gesellschaftlichen Deutungs- und Bewertungsmustern der Prostitution. Untersucht werden die Fragen, welche Einstellungen es gegenüber der Prostitution (insbesondere gegenüber Prostituierten) gibt und welche politischen Umgangsformen daraus resultieren. Außerdem wird danach gefragt, inwiefern diese Wertungen von gesellschaftlichen Konstruktionen der Geschlechterordnung konstituiert werden.
Ausgangspunkt für die Fragestellung ist die These, dass die gesellschaftlichen Konstruktionen der Geschlechterbilder (vor allem das Gebot der Monogamie und die sexuellen Doppelmoral) zur Existenz des Phänomens Prostitution, ihrer Nach-frage und zur Stigmatisierung von Prostituierten beitragen. Das Feld der Prostitution wird im Folgenden in einem ersten Schritt auf der Makroebene untersucht, in-dem ich auf gesellschaftliche Diskurse zurückgreife und ihre daraus resultierenden Bewertungen und Umgangsweisen darstelle. In einem zweiten Schritt soll dann untersucht werden, wie sich diese auf die Mikroebene - namentlich die Prostituierten - auswirken.
Bei der Mehrzahl der wissenschaftlichen Untersuchungen über Prostitution steht die Prostituierte als Opfer – vor allem des Menschenhandels - oder deviantes Problem (z.B. als Risikopotential im Bereich der HIV-Prävention) im Mittelpunkt. Daher möchte ich einen Beitrag zu einer vielfach vernachlässigten Perspektive leisten, indem ich mich innerhalb der oben genannten Fragestellung mit der Stigmatisierung von Prostituierten beschäftige. Nach der Darstellung der Zwiespältigkeit im feministischen und politisch-rechtlichen Diskurs über den Umgang mit Prostitution liegt es nahe, nach den sozialen Auswirkungen dieser Debatten auf die Prostituierten selbst zu fragen.
Nicht Gewalterfahrungen, prekäre Arbeitsbedingungen, Objektstatus der Frauen etc. sollen bei der Untersuchung des Phänomens Sexarbeit im Vordergrund stehen, sondern die Auswirkungen, die diese (gesellschaftlich und medial vermittelten) Bilder auf die praktizierenden Subjekte haben.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1 Einleitung
- 2 Strukturelle Einbettung der Prostitution
- 2.1 Definition Prostitution
- 2.2 Empirische Daten zur Prostitution
- 2.3 Motive für die Ausübung von Prostitution
- 3 Diskurse um gesellschaftliche Bewertungsansätze
- 3.1 Prostitution im feministischen Diskurs
- 3.1.1 Die ablehnende Position
- 3.1.2 Die anerkennende Position
- 3.2 Prostitution im politisch-rechtlichen Diskurs
- 3.2.1 Das Prostitutionsgesetz in Deutschland
- 3.2.1.1 Kritik
- 3.2.1.2 Positive Auswirkungen
- 3.2.2 Freierbestrafung in Schweden
- 3.2.2.1 Kritik
- 3.2.2.2 Positive Auswirkungen
- 4 Stigmatisierung von Prostituierten
- 4.1 Definition und Merkmale von Stigmatisierungen
- 4.2 Stigmatisierende Typifikationen von Prostituierten
- 4.2.1 Antizipationen zu Beruf und Persönlichkeit
- 4.2.2 Räumliche und physische Unreinheit
- 4.2.3 Angst, Misstrauen und Fremdheit
- 4.3 Ursachen der Stigmatisierung von Prostituierten
- 4.3.1 Trennung von Sexualität und Emotionen
- 4.3.2 Promiskuität im patriarchalen System
- 4.3.3 Doppelmoral und Funktionalisierung
- 4.4 Funktionen von Stigmatisierungsprozessen
- 4.5 Folgen von Stigmatisierung bei Prostituierten
- 5 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der gesellschaftlichen Wahrnehmung und Bewertung von Prostitution, insbesondere gegenüber Prostituierten. Sie analysiert Einstellungen und politische Handlungsweisen im Umgang mit dem Thema sowie deren Auswirkungen auf die Geschlechterordnung. Die Arbeit untersucht die These, dass gesellschaftliche Geschlechterkonstruktionen (z.B. Monogamie, sexuelle Doppelmoral) zur Entstehung, Nachfrage und Stigmatisierung von Prostitution beitragen.
- Diskurse und Bewertungen von Prostitution in der Gesellschaft
- Feministische Positionen zur Prostitution
- Politische und rechtliche Regulierungen von Prostitution
- Soziale Stigmatisierung von Prostituierten
- Ursachen und Folgen der Stigmatisierung für die Betroffenen
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Das zweite Kapitel der Arbeit beschäftigt sich mit der strukturellen Einbettung von Prostitution in die Gesellschaft. Es definiert den Begriff der Prostitution, beleuchtet die ökonomische Dimension und das soziale Gefüge sowie die Motive von Prostituierten, die Tätigkeit auszuüben. Das dritte Kapitel befasst sich mit verschiedenen Diskursen zur Bewertung von Prostitution. Es werden zwei gegensätzliche feministische Positionen, die abolitionistische und die liberale, einander gegenübergestellt. Des Weiteren untersucht das Kapitel die rechtliche Situation in Schweden und Deutschland im Kontext von Prostitutionspolitik und deren Auswirkungen auf die Betroffenen.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit fokussiert auf die Themen Prostitution, gesellschaftliche Wertung, Stigmatisierung, Geschlechterordnung, feministische Debatten, Politische Regulierung, Abgrenzungsprozesse, gesellschaftliche Doppelmoral, Freiwilligkeit, Selbstbestimmung, Anerkennung, Sexualität, Ehe, Macht, Verdrängung, Diskriminierung, Sexarbeit, Sexarbeiterinnen.
- Quote paper
- Katrin Heiserholt (Author), 2012, Die soziale Wertung der Prostitution. Ein Phänomen zwischen Liberalisierung und Stigmatisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/314144