Jakob wird von den Israeliten “Jakob, unser Vater” genannt. Er ist für sie eine wichtige Leitfigur. Mit vielen Macken und menschlichen Fehlern ausgestattet verkörpert er für sie ein volles Menschenleben. Auf Westeuropäer wirkt sein Charakter eher verstörend. Mit seinem Egoismus, den Lügen und der Übervorteilung des einzigen Bruders ist er auf den ersten Blick wenig einnehmend. Ein zweiter Blick offenbart etwas anderes: Mit den Jahren reift er in seiner Beziehung zu Gott. Gott arbeitet mit ihm und an ihm.
Warum hält er an Jakob fest? Weil Gott mit den Kleinen und Schwachen arbeitet. Er wählt keinen tadellosen Menschen ohne Fehler und Sünden. In Jakobs Egoismus, Neid und seinem Ungehorsam Gott gegenüber erkennen wir uns selbst. Er ist ein beunruhigender Mensch. Das Leben Jakobs kann uns Mut machen, unsere eigene Schuld im Leben anzunehmen und uns auch zu verändern.
In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf Jakobs Charaktereigenschaften und Gottesbegegnungen. Weiterhin wird untersucht, welche Bedeutung Jakob zukommt über das Alte Testament hinaus. Im Ausblick geht es um seine Bedeutung in der heutigen Zeit.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Jakobs Charakter
1.1 Mit Fleiss und List an die Spitze
1.2 Zwischen Vertrauen und Angst
1.3 Durch Leid zum Frieden
2 Jakobs Gottesbegegnungen
2.1 Jakob und die Himmelstreppe (Gen 28,10-22).
2.2 Jakob wird Israel
2.3 Sühnopfer in Beth-El
3 Jakobs Bedeutung über das Alte Testament hinaus
3.1 Jakob im Neuen Testament
3.2 Jakob und die Kirchenväter
3.3 Jakob in der nachbiblischen jüdischen Literatur
3.4 Jakob im Islam
3.5 Jakob in der Kunst
3.6 Gedenktage
4 Ausblick
Quellenverzeichnis
“Die Eifersucht, die Begierde und der Ehrgeiz bringen den Menschen aus der Welt” (Pirke Awot)
Einleitung
Jakob wird von den Israeliten “Jakob, unser Vater” genannt. Er ist für sie eine wichtige Leitfigur. Mit vielen Macken und menschlichen Fehlern ausgestattet verkörpert er für sie ein volles Menschenleben.
Auf Westeuropäer wirkt sein Charakter eher verstörend. Mit seinem Egoismus, den Lügen und der Übervorteilung des einzigen Bruders ist er auf den ersten Blick wenig einnehmend. Ein zweiter Blick offenbart etwas anderes: Mit den Jahren reift er in seiner Beziehung zu Gott. Gott arbeitet mit ihm und an ihm. Warum hält er an Jakob fest? Weil Gott mit den Kleinen und Schwachen arbeitet. Er wählt keinen tadellosen Menschen ohne Fehler und Sünden. In Jakobs Egoismus, Neid und seinem Ungehorsam Gott gegenüber erkennen wir uns selbst. Er ist ein beunruhigender Mensch. Das Leben Jakobs kann uns Mut machen, unsere eigene Schuld im Leben anzunehmen und uns auch zu verändern.
In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf Jakobs Charaktereigenschaften und Gottesbegegnungen. Weiterhin wird untersucht, welche Bedeutung Jakob zukommt über das Alte Testament hinaus. Im Ausblick geht es um seine Bedeutung in der heutigen Zeit.
1 Jakobs Charakter
1.1 Mit Fleiss und List an die Spitze
Nach biblischer Überlieferung ist Jakob der zweite Sohn von Isaak und Rebecca. Er zählt zusammen mit seinem Großvater Abraham und seinem Vater Isaak zu den “Patriarchen” des Stammes Israel und wird etwa im achtzehnten Jahrhundert vor Christus geboren. Historisch belegen lässt sich diese Abstammungslinie bis heute nicht[1]. Seine Lebensgeschichte steht in Genesis, 25-50.
Schon vor der Geburt[2] der Zwillinge (Gen 25,24-26) sprechen die Eltern über das Erstgeburtsrecht. Der Erstgeborene ist der Haupterbe der Familie und nach dem Tod des Vaters das Familienoberhaupt. Noch wichtiger ist das geistliche Erbe - Priester in der Familie zu sein, aus der einst der Retter der Welt kommt.
Jakobs Charakter wird in der Bibel als ruhig, ausgeglichen und untadelig beschrieben. Christoph Recker spricht von der starken Persönlichkeit Jakobs. Er sei willensstark, ein Mensch mit Ecken und Kanten (Recker: 2000: S. 226). Ungeduldig wartet er darauf das Erstgeburtsrecht und den väterlichen Segen seinem Bruder zu entreißen. Das gelingt ihm. Er weiß, dass Gott seinen Bund mit Abraham[3] hält. Er glaubt an Gott. Er hat aber nicht die Weisheit die Gebote zu erfüllen, die mit den Verheißungen verknüpft sind (Gen 25,29-34). Gewissensnöte plagen ihn wegen seiner Lügen und Betrügereien dem Vater und Bruder gegenüber (Gen 27,1-29). Die Folgen seiner Handlungen sind: Jakob flüchtet vor Esaus Rache (Gen 27,41-45). Ihm ist nicht bewusst, dass er den Bruder und Gott betrog.
Auch auf der Flucht nach Haran und bei der Brautwahl offenbaren sich Mängel in Jakobs Charakter. Er handelt wie er möchte und betet nicht um Hilfe. Als Gott ihm in der Nacht erscheint und erneut seinen Bund bekräftigt, ist Jakob wenig dankbar und stellt Bedingungen. Er fordert Schutz, Brot, Kleider und eine sichere Heimkehr (Gen 28,10-22; 29,18). Da Jakob keinen Brautpreis zahlen kann, lässt sein Onkel Laban ihn vierzehn Jahre als Knecht arbeiten. Er hat zum Schluss zwei Frauen und liebt nur die Jüngere (Gen 29,20 + 21).
Jakob verfügt auch über positive Eigenschaften: Geschick und harte Arbeit verhelfen ihm zu Reichtum (Gen 30,29+30). Er wird geliebt von seinen Frauen (Gen 29,32; 30,1), der Mutter Rebekka (Gen 25,28) und ist ein erfolgsverwöhnter und einflussreicher Mann. Endlich gehorcht er Gottes Befehl, nach Hause zu reisen. Mit seiner Familie und dem gesamten Besitz bricht er auf. Die Verfolgung durch seinen Onkel überlebt er nur durch Gottes Hilfe[4].
1.2 Zwischen Vertrauen und Angst
Jakobs nächstes Problem ist sein Bruder Esau. Vor ihm hat er große Angst. Diesmal bittet er Gott um Rat[5]. Aber sein Vertrauen in ihn ist begrenzt. Zusätzliche Geschenke und Unterwerfungsgesten sollen seinen Bruder besänftigen und kluge Vorkehrungen einen Kampf verhindern. Das gelingt auch[6]. Doch Jakobs nächtlicher Kampf mit einem Unbekannten wird seinen Charakter auf lange Sicht umformen. Er nennt im Streit seinen Namen und damit bekennt er auch seine Fehler und Sünden. Jetzt erhält er seinen neuen Namen “Israel” (Gottesstreiter). Jakob kann sein Leben jetzt in Gottes Hände legen. (Gen 32,23-33). Seine neue Sichtweise Gottes ermöglicht ihm mehr Gottvertrauen.
Jakob bleibt weiter eigensinnig als er nach Gottes Anweisung nach Beth-El ziehen soll[7]. Daran hat er kein Interesse. Er lebt mit seiner Familie lieber in Sukkot. Dort werden fremde Götter verehrt. Erst als Gott ihn straft und nochmals auffordert, nach Beth-El zu gehen, gehorcht er und baut Gott den versprochenen Altar (Gen 33,16; 34; 35).
1.3 Durch Leid zum Frieden
Jakob ist nun Oberhaupt von zwölf Söhnen und einer Tochter und erlebt als Folge seiner falschen Entscheidungen viel Schmerz durch seine Kinder. Sein Lieblingssohn Josef wird von den Brüdern gehasst und als Sklave nach Ägypten verkauft. Jakob zerbricht fast an dieser Belastung und glaubt an den Tod Josefs[8]. Nur durch Gottes Hilfe sieht er ihn Jahre später wieder, als er wegen einer Hungersnot nach Ägypten zieht. Dort lebt er bis zum seinem Tod in Abhängigkeit vom Pharao. Das entspricht nicht dem, was Gott gewollt hatte.
Im Alter erkennt Josef, dass Gott ihn zum Träger des göttlichen Segens berufen hat und kann jetzt voll auf ihn vertrauen. Er ist reif und ruhiger geworden. In der Zeit die ihm noch bleibt unterwirft sich Gottes Plänen und segnet alle seine Söhne und zwei Enkel[9] entsprechend Gottes Anweisungen.
2 Jakobs Gottesbegegnungen
Jakobs Gottesbegegnungen finden in einer Lebenswende statt, in der sich Jakob in Krisen mit ungewissem Ausgang befindet. Jakob erlebt noch persönliche und direkte Gottesbegegnungen. Er erhält immer Anweisung und Unterstützung von Gott. Zwischen Furcht und Vertrauen geht Jakob seinen Weg.
2.1 Jakob und die Himmelstreppe (Gen 28,10-22).
Jakob begegnet Gott erstmals auf seiner Flucht zu seinen Verwandten nach Haran im Zweistromland. In der Nacht legt er sich hinter einen Stein an einem ihm unbekannten Ort mitten in der Wüste. Der Stein und sein Gebetsschal schaffen ihm etwas Sicherheit. Gewissensbisse und Zukunftsängste plagen ihn. Im Schlaf träumt er von einer Verbindung zwichen Himmel und Erde. Er sieht eine Treppe. Engel steigen hinauf und hinab. Gott steht an der Spitze. Jetzt spricht Gott zu ihm. Er sagt nicht, dass er Jakob seinen Betrug vergebe. Dennoch wird er den mit Abraham geschlossenen Bund mit Jakob fortführen. Er verspricht Jakob Land, Nachkommen, Gemeinschaft und Wiederherstellung im Land. Er verbindet Israels Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart (Gen 28,13-15). Ob er seinen Bund auch mit Esau weiterführen wird, erfährt Jakob nicht.
Wieder erwacht ist Jakob furchtsam, denn er hätte Gottes Anblick nicht überleben dürfen (Ex 33,20). Er erkennt seine bisherige Blindheit für Gottes Nähe. Man kann von einer spirituellen Unreife Jakobs sprechen. Er begiesst den Stein mit Öl und nennt den Ort “Beth-El”, das heisst “Haus Gottes”. Später möchte er dort einen kleinen Tempel errichten. Das verspricht er Gott. Er möchte in Zukunft Gott etwas abgeben von seinem Besitz und ihn preisen. Jakob hat erkannt, dass er auch geben und nicht nur nehmen sollte. Er fühlt sich nun von Gott angenommen - mit seinen Licht- und Schattenseiten. Leider ist er undankbar, denn er stellt Gott Bedingungen. Wichtig ist ihm Gottes Schutz im “Ausland”. Vertrauen zu ihm hat er noch nicht gelernt. Karsten Matthis spricht von der “nüchternen” Handlungsweise Jakobs (Matthis:2001: Genesis 28,10-19a) .
Was verbirgt sich hinter Jakobs Traum? Interessant ist, dass Engel hinauf und hinabsteigen. Das bedeutet, dass Engel bereits auf der Erde (bei Jakob) waren. Jetzt steigen sie wieder in den Himmel hinauf. Gott spricht zu Jakob. Er sagt er sei der Gott seiner Vorfahren. Er spricht nicht davon, der Gott Jakobs zu sein. Das ist auffallend. Jakob und seine Erben sind in den Augen Gottes “Staub der Erde”. Abrahams Erben dagegen vergleicht Gott mit den “Sternen am Himmel”. Das ist ein wichtiger Unterschied. Jakobs Sünden bleiben nicht ungestraft. Nach Barbara Kästner bekommt sein Leben jedoch einen neuen, tieferen Sinn (Kästner: Kirchliche Frauenarbeit der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, www.frauenarbeit-sachsen.de ).
2.2 Jakob wird Israel
Die nächste Gottesbegegnung ereignet sich am Nordufer des Flusses Yabbok an einem Ort namens “Pni-El”. Diese Bezeichnung bedeutet “Angesicht Gottes”. Die Bibel berichtet über einen Zweikampf Jakobs mit einem Mann. Dieser überfällt Jakob und kämpft mit ihm bis Tagesanbruch. Bisher ist der Kampf nicht entschieden. Jakob kämpft verbissen und verzweifelt. Nun bietet Jakobs Gegner ihm an, den Kampf zu beenden. Jakob weigert sich: Er braucht den Segen von diesem Menschen. Nun fragt der Mann nach seinem Namen und sagt: “Man wird dich inskünftig nicht mehr Jakob nennen, sondern Israel”. Wichtig ist: Der Mann nennt seinen Namen nicht. Er sagt nicht, dass er Gott sei. Jedoch segnet er Jakob an diesem Ort. Der Streit endet unentschieden, denn Jakobs angeblicher Sieg ist kein Sieg über Gott (Gen 32,23-33).
Jakobs Reaktion auf das Erlebte ist aufschlussreich. Er glaubt Gott begegnet zu sein. Den Namen seines Gegners erfährt er nicht. Er darf hinkend weiter leben, unter einem anderen Namen und gesegnet. Doch war es der Segen Gottes? Klaus von Stosch spricht von einer Wende in Jakobs Leben. Aus Jakob, dem Fersenhalter und Betrüger wird Israel, der Gottesstreiter (von Stosch: 2010: S. 82). Warum wird Jakob bleibend verletzt? Weil seine Motive für den Segen nicht makellos sind. Wichtig für ihn sind immer noch Erfolg, Reichtum und eine große Nachkommenschaft. Überlegt er jetzt, was er persönlich einbringen kann für Gott? Jakobs Hinken ist äußerliches Merkmal seines Zwiespaltes.
[...]
[1] Neuhaus: 2005, S. 38
[2] Sein Bruder heißt Esau.
[3] Gen 17,7-8
[4] Gen 31,1-32,1
[5] Gen 32,10-13
[6] Gen 33,1-20
[7] Dort war Gottes Haus
[8] Gen 37,34
[9] Ephrahim und Manasse
- Quote paper
- Monika Wobbe (Author), 2015, Die Figur des Jakob in Überlieferung und Fiktion. Ein frommer Frevler und sein Gott, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313550
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