Piaget gilt als Vater des kognitiven Konstruktivismus. Somit sieht er die geistige Entwicklung als progressive Konstruktion der Wirklichkeit. Dieser Prozess lässt sich durch Assimilation und Akkommodation beschreiben. Neue, unbekannte Beobachtungen werden assimiliert, das heisst, sie werden den schon bestehenden Denkstrukturen zugeordnet. Wenn eine solche Zuordnung keinen Sinn mehr macht, bzw. das Beobachtete nicht mit dem Denkschema zusammen passt, wird nach einem neuen Schema gesucht. Diesen zweiten Vorgang nennt Piaget die Akkommodation (Reusser, 2006). Diese Überlegungen lassen sich auch in Piagets Stadien- oder Stufenmodell wiederfinden. Piaget unterscheidet vier Hauptstadien der geistigen Entwicklung in der Kindheit und im Jugendalter. Das sensumotorische Stadium, das präoperatorische Stadium, das konkret-operatorische Stadium, sowie das formal-operatorische Stadium (Arbringer, 2005).
Im Folgenden möchte ich näher auf einige Aspekte der beiden mittleren Stadien eingehen. Dabei handelt es sich um ausgewählte Aspekte, die im weiteren Verlauf des Berichts wichtig sind. Das präoperatorische Stadium, das auch präoperational oder zu Deutsch voroperatorisch genannt wird, zeichnet sich aus durch die Bildung stabiler mentaler Repräsentationen und entwickelt sich bei Kindern zwischen zwei und sieben Jahren.
Im Verlaufe dieses Stadiums wird die Fähigkeit zur Repräsentationen unabhängig vom „Hier und Jetzt“ geschaffen. Die Kinder können zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht konservieren. Es fehlt ihnen der Erhaltungsbegriff, bzw. das Verständnis für Invarianz, und das physikalische Kausalverständnis. Das heisst, sie verstehen die Idee, dass bestimmte physikalische Merkmale von Gegenständen die gleichen bleiben, auch wenn sich ihre äussere Erscheinung verändert noch nicht. Die Kinder konzentrieren sich stattdessen auf einen Aspekt der Situation und vernachlässigen andere wichtige Merkmale und sind noch nicht in der Lage beobachtete Abläufe umzudrehen. Erst im dritten Stadium, dem konkret-operatorischen Stadium erwerben die Kinder das Konzept der Invarianz und das der Kausalität. Die Reversibilität des Denkens nimmt zu und ermöglicht es ihnen einfache logische Operationen, die sich auf reale Gegenstände und konkrete Handlungen beziehen, durchzuführen. Vollständig erreicht hat man diese Fähigkeiten erst im nächsten und letzten Stadium.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- 1. Einleitung
- 2. Methode
- 3. Ergebnisdarstellung
- 3.1. Lina
- 3.2. Lara
- 4. Interpretation und Diskussion
- 4.1. Lina
- 4.2. Lara
- 5. Kritische Reflexion
- 5.1 Praktische Umsetzung
- 5.2 Interpretation und Theoriebezug
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Dieses Projektbericht befasst sich mit der Durchführung und Analyse eines klinischen Interviews nach Piaget, basierend auf dem Konzept der Invarianz der Substanz. Das Interview wurde mit zwei Kindern durchgeführt und untersucht, wie sie die Erhaltung der Substanz trotz Veränderungen in der Form verstehen.
- Das klinische Interview nach Piaget als Forschungsmethode
- Das Konzept der Invarianz der Substanz und seine Entwicklung bei Kindern
- Die Stadien der kognitiven Entwicklung nach Piaget
- Assimilation und Akkommodation als Mechanismen der kognitiven Entwicklung
- Analyse der Interviewergebnisse im Kontext der Piagetschen Theorie
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung führt in das Thema des Projekts ein, das die Invarianz der Substanz anhand eines klinischen Interviews nach Piaget untersucht. Sie stellt den theoretischen Hintergrund der Arbeit dar, insbesondere die Theorien von Jean Piaget zur kognitiven Entwicklung, mit besonderem Fokus auf die Stadien des präoperationalen und konkret-operationalen Stadiums. Zudem wird das Konzept der Invarianz und dessen Bedeutung für das Verständnis von Kindern erläutert.
- Kapitel 2: Methode
Dieses Kapitel beschreibt die methodische Vorgehensweise des Projekts, die auf dem klinischen Interview nach Piaget basiert. Es werden die Interviewpartner, das Alter und die Auswahlkriterien sowie die Durchführung des Interviews detailliert dargestellt. Der Fokus liegt auf der Präsentation der spezifischen Aufgaben und Materialien, die zur Untersuchung der Invarianz der Substanz eingesetzt wurden.
- Kapitel 3: Ergebnisdarstellung
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse des klinischen Interviews mit den beiden Kindern Lina und Lara dargestellt. Die Ergebnisse werden anhand von detaillierten Transkripten und Beobachtungen der Interviewsituation beschrieben, die jeweils auf die spezifischen Antworten und Verhaltensweisen der Kinder eingehen.
- Kapitel 4: Interpretation und Diskussion
Dieses Kapitel interpretiert die Ergebnisse des Interviews im Lichte der Piagetschen Theorie. Es werden die beobachteten Reaktionen der Kinder im Kontext der Stadien der kognitiven Entwicklung analysiert und die Bedeutung der Ergebnisse für das Verständnis der Invarianz der Substanz bei Kindern diskutiert. Die Interpretation der Ergebnisse wird mit Bezug auf relevante Forschungsergebnisse und theoretische Konzepte von Piaget beleuchtet.
Schlüsselwörter (Keywords)
Das Projekt befasst sich mit den zentralen Begriffen und Konzepten aus dem Bereich der kognitiven Entwicklung nach Piaget, mit besonderem Fokus auf die Invarianz der Substanz. Wichtige Schlüsselbegriffe sind: klinisches Interview, Piaget, Invarianz, Substanz, kognitives Stadium, präoperational, konkret-operational, Assimilation, Akkommodation, Entwicklungspsychologie, Erkenntnisgewinnung.
- Quote paper
- Master of Arts UZH Sonja Gross (Author), 2010, Ausflug in die Gedankenwelt der Kinder. Klinisches Interview nach Piaget zur Invarianz der Substanz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313532