Vorraussetzung der klassischen Schwellentheorie nach Fechner ist die Annahme eines physikalischen Reizkontinuums, eines internen Reaktionskontinuums und eines Beurteilungskontinuums. Die zu bestimmende Schwelle ist ein fester Punkt innerhalb des internen Reaktionskontinuums dessen Überschreitung zu einer Wahrnehmung des Reizes führt. Eine weitere Annahme ist, dass Reizintensitäten unterhalb dieser Schwelle zu keiner bewussten Wahrnehmung führen können. [Saborowski 2001]
Unter der Voraussetzung, dass alle Faktoren während der Messung konstant gehalten werden, kann nach der klassischen Schwellentheorie eine scharf abgegrenzte Reizintensität ermittelt werden, welche die absolute Schwelle darstellt (siehe Abb. 1(a)). Sämtliche Faktoren während der Messung konstant zu halten ist in der Realität nicht zu erreichen und somit führen individuelle Variationen der Versuchspersonen (z. B. Änderung der Aufmerksamkeit) zu leichten Veränderungen der psychometrischen Funktion (siehe Abb. 1(b)) und zur veränderten Bestimmung der absoluten Schwelle, gegebenenfalls durch Interpolation. Zu den Messmethoden der klassischen Schwellentheorie gehören u.a. die Herstellungsmethode, die Grenzwertmethode und die Konstanzmethode (zur näheren Erläuterung siehe Abschnitt 2.1.1 bis 2.1.3), die gegen die 50% Detektionswahrscheinlichkeitsschwelle konvergieren.
Die klassischen Messmethoden können nicht zwischen den individuellen Urteilstendenzen (konservativ oder liberal) und den Detektions- und Diskriminationsleistungen der Versuchsperson trennen, haben jedoch auf Grund ihrer breiten Anwendbarkeit, auch für komplexe Reize, einen hohen Stellenwert bezüglich der Schwellenbestimmung in der Psychophysik. [Goldstein 2002]
Inhaltsverzeichnis
- 1 Grundlagen der Psychometrie
- 1.1 Klassische Schwellentheorie
- 1.2 Signalentdeckungstheorie
- 2 Psychophysikalische Messmethoden
- 2.1 Messmethoden der klassischen Schwellentheorie
- 2.1.1 Herstellungsmethode - method of adjustment
- 2.1.2 Grenzwertmethode - method of limits
- 2.1.3 Konstanzmethode - method of constant stimuli
- 2.2 Adaptive Methoden
- 2.2.1 Up-Down Methode
- 2.2.2 Transformierte Up-Down Methoden - UDTR
- 2.2.3 Block-Up-Down Temporal Interval Forced-Choice - BUDTIF Methode
- 2.2.4 Bekesy's Tracking Methode - method of tracking
- 2.2.5 Audioscan
- 2.2.6 Parameter Estimation by Sequential Testing - PEST
- 2.3 Messmethoden mit binärem Trialcharakter
- 2.3.1 Alternative-Forced-Choice Methode-AFC
- 2.3.2 Ja-Nein-Experiment
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung befasst sich mit den Methoden der Schwellenbestimmung in der Psychometrie. Ziel ist es, die klassischen und adaptiven Messmethoden zur Bestimmung von Wahrnehmungsschwellen zu erläutern und die Unterschiede zwischen der klassischen Schwellentheorie und der Signalentdeckungstheorie herauszustellen.
- Klassische Schwellentheorie und ihre Annahmen
- Adaptive Messmethoden in der Psychophysik
- Signalentdeckungstheorie und ihre Anwendung
- Vergleich verschiedener Messmethoden
- Bewertung der Methoden hinsichtlich Genauigkeit und Anwendbarkeit
Zusammenfassung der Kapitel
1 Grundlagen der Psychometrie: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen für die Schwellenbestimmung dar. Es beschreibt die klassische Schwellentheorie nach Fechner mit ihren Annahmen eines physikalischen Reizkontinuums, eines internen Reaktionskontinuums und eines Beurteilungskontinuums. Die Bestimmung der absoluten Schwelle als scharf abgegrenzte Reizintensität wird erläutert, wobei die Einschränkungen durch individuelle Variationen der Versuchspersonen hervorgehoben werden. Im Kontrast dazu wird die Signalentdeckungstheorie eingeführt, die die inter- und intraindividuellen Messvariationen durch die Berücksichtigung von Sensitivität und Urteilstendenz der Versuchspersonen modelliert. Die Signalentdeckungstheorie bietet somit eine verbesserte Beschreibung von Detektions- und Diskriminationsexperimenten im Vergleich zur klassischen Schwellentheorie, insbesondere durch die Berücksichtigung von Rauschen und der Unterscheidung von Treffer, Verpasser, falscher Alarm und korrekter Ablehnung. Die beiden Theorien werden durch die Darstellung psychometrischer Funktionen veranschaulicht.
2 Psychophysikalische Messmethoden: Dieses Kapitel befasst sich eingehend mit verschiedenen psychophysischen Messmethoden zur Schwellenbestimmung. Es werden sowohl klassische Methoden wie die Herstellungsmethode, die Grenzwertmethode und die Konstanzmethode detailliert beschrieben, wobei deren Konvergenz gegen die 50%-Detektionswahrscheinlichkeitsschwelle betont wird. Ein Schwerpunkt liegt auf adaptiven Methoden, die eine effizientere Schwellenbestimmung ermöglichen, wie die Up-Down Methode, transformierte Up-Down Methoden, die Block-Up-Down Temporal Interval Forced-Choice Methode, Bekesy's Tracking Methode, Audioscan und die Parameter Estimation by Sequential Testing (PEST) Methode. Die Beschreibung der einzelnen Methoden geht auf die jeweiligen Prinzipien, Vor- und Nachteile ein. Weiterhin werden Messmethoden mit binärem Trialcharakter wie die Alternative-Forced-Choice Methode und das Ja-Nein-Experiment erläutert, wobei die unterschiedlichen Ansätze im Umgang mit der Urteilstendenz der Versuchspersonen und der Sensitivität betrachtet werden. Die Kapitel demonstrieren die breite Palette von Methoden zur Schwellenbestimmung und deren unterschiedliche Eignung für verschiedene Fragestellungen und experimentelle Kontexte.
Schlüsselwörter
Psychometrie, Schwellenbestimmung, klassische Schwellentheorie, Signalentdeckungstheorie, Messmethoden, adaptive Methoden, Sensitivität, Urteilstendenz, psychometrische Funktion, Herstellungsmethode, Grenzwertmethode, Konstanzmethode, Up-Down Methode, Alternative-Forced-Choice Methode, Ja-Nein-Experiment.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument "Methoden der Schwellenbestimmung in der Psychometrie"
Was sind die Hauptthemen des Dokuments?
Das Dokument behandelt Methoden der Schwellenbestimmung in der Psychometrie. Es erläutert klassische und adaptive Messmethoden zur Bestimmung von Wahrnehmungsschwellen und vergleicht die klassische Schwellentheorie mit der Signalentdeckungstheorie. Schwerpunkte sind die theoretischen Grundlagen, die Beschreibung verschiedener Messmethoden (inklusive Vor- und Nachteile) und deren Anwendung in der psychophysischen Forschung.
Welche klassischen Messmethoden zur Schwellenbestimmung werden beschrieben?
Das Dokument beschreibt die Herstellungsmethode (method of adjustment), die Grenzwertmethode (method of limits) und die Konstanzmethode (method of constant stimuli) als klassische Methoden zur Schwellenbestimmung. Es wird hervorgehoben, dass diese Methoden alle gegen eine 50%-Detektionswahrscheinlichkeitsschwelle konvergieren.
Welche adaptiven Messmethoden werden behandelt?
Zu den behandelten adaptiven Methoden gehören die Up-Down Methode, transformierte Up-Down Methoden (UDTR), die Block-Up-Down Temporal Interval Forced-Choice Methode (BUDTIF), Bekesy's Tracking Methode, Audioscan und die Parameter Estimation by Sequential Testing (PEST) Methode. Für jede Methode werden Prinzipien, Vor- und Nachteile erläutert.
Was sind Messmethoden mit binärem Trialcharakter?
Als Messmethoden mit binärem Trialcharakter werden die Alternative-Forced-Choice Methode (AFC) und das Ja-Nein-Experiment beschrieben. Der Fokus liegt hier auf dem Umgang mit Urteilstendenz und Sensitivität der Versuchspersonen.
Was ist der Unterschied zwischen der klassischen Schwellentheorie und der Signalentdeckungstheorie?
Die klassische Schwellentheorie geht von einer scharf abgegrenzten Reizintensität (absoluter Schwelle) aus und berücksichtigt individuelle Variationen nur unzureichend. Die Signalentdeckungstheorie hingegen modelliert inter- und intraindividuelle Messvariationen durch Sensitivität und Urteilstendenz, wodurch sie eine verbesserte Beschreibung von Detektions- und Diskriminationsexperimenten ermöglicht (Berücksichtigung von Rauschen, Treffer, Verpasser, falscher Alarm und korrekte Ablehnung).
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Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Psychometrie, Schwellenbestimmung, klassische Schwellentheorie, Signalentdeckungstheorie, Messmethoden, adaptive Methoden, Sensitivität, Urteilstendenz, psychometrische Funktion, Herstellungsmethode, Grenzwertmethode, Konstanzmethode, Up-Down Methode, Alternative-Forced-Choice Methode, Ja-Nein-Experiment.
Welche Zielsetzung verfolgt das Dokument?
Ziel des Dokuments ist es, die klassischen und adaptiven Messmethoden zur Bestimmung von Wahrnehmungsschwellen zu erläutern und die Unterschiede zwischen der klassischen Schwellentheorie und der Signalentdeckungstheorie herauszustellen.
Wie sind die Kapitel aufgebaut?
Das Dokument besteht aus einem Inhaltsverzeichnis, einer Einleitung mit Zielsetzung und Themenschwerpunkten, einer Zusammenfassung der Kapitel (Grundlagen der Psychometrie und Psychophysikalische Messmethoden) und einer Liste mit Schlüsselbegriffen.
- Citation du texte
- Jacqueline Rausch (Auteur), 2007, Einführung in die Psychometrie und Psychophysikalische Messmethoden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/313381