In einer modernen Demokratie sollte ein öffentlicher Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, der von der Bevölkerung zu den Staatsorganen führt, gewährleistet werden. Eine öffentliche politische Kommunikation kann sich aber nur entfalten, wenn die dafür notwendigen Informationen über das Zeitgeschehen, die Entwicklungen im Staatswesen und das gesellschaftliche Leben den Bürger erreichen. Für eine organisierte Kommunikation müssten die Massenkommunikationsmittel ihre dafür vorgesehene Funktion wahrnehmen. Diese erfolgt, wenn die Möglichkeit zur Meinungsbildung geboten und ein legitimierender Kontakt zu den politischen Entscheidungsträgern hergestellt wird. Den Medien wird so eine Darstellung der öffentlichen Meinung und Kritik, sowie permanente Kontrolle auferlegt, um einen Gegenpol zur staatlichen Herrschaft zu bilden. Sie sollen dem Anspruch nach „staatlicher Machtausübung durch kritische Publizität und Diskussion reduzieren“. In wieweit diese Idealvorstellung einer demokratischen Kommunikationspolitik der Realität entspricht, ist Grundlage dieser Arbeit.
Der wechselseitige Informationsfluss, eine gegenseitige Einflussnahme und das generelle Ineinandergreifen der Bereiche Öffentlichkeit, Politik und Medien lässt einen eigenen dynamischen Prozess entstehen. Eine einseitige und isolierte Darstellung des Einflusses der Medien und der Öffentlichkeit auf die Außenpolitik der USA würde daher nicht ausreichen. „Government in the United States is supposed to be influenced by opinions and activities of individual citizens – but what that influence is and what it should be are much in dispute.“ Eine genauere Erläuterung des Begriffs der öffentlichen Meinung, wie sie entsteht, aber auch wie sie manipuliert werden kann, sind daher in dieser Diskussion ebenso notwendig, wie die Überprüfung der Medien in Ausübung ihrer demokratischen Funktion. Gewisse Vorstellungen und Orientierungen in der amerikanischen Gesellschaft sind ebenfalls von enormer Wichtigkeit.
Inhaltsübersicht
1. Einleitung
2. Der Stellenwert der Außenpolitik in den USA
3. Politik und „öffentliche Meinung“
3.1. Was ist die „öffentliche Meinung“?
3.2. Die „öffentliche Meinung“ zur amerikanischen Außenpolitik
3.2.1 Grundmuster außenpolitischer Einstellungen
3.2.2. „national interest“
3.3. Der Einfluss der „öffentlichen Meinung“ auf die Politik
3.3.1. Meinungsumfragen
3.4. Der Einfluss der Politik auf die „öffentliche Meinung“
3.4.1. Öffentlichkeitsarbeit
3.4.2. Symbolische Politik
3.4.3. Definitionsmacht
4. Medien und „öffentliche Meinung“
4.1. Die Bedeutung der Medien in einer demokratischen Gesellschaft
4.2. Der Einfluss der Massenmedien auf die „öffentliche Meinung“
4.2.1. „agenda setting“ und Selektion
4.2.2. Abschwächung der Medienwirkung
4.2.3. „Quotenfetischismus“
4.3. Gegenseitige Beeinflussung der Medien
4.4. Kritik an den Medien
4.5. Medien in den USA
4.6. Medienkonzentration
5. Politik und Medien
5.1. Regieren als Interdependenzmanagement
5.2. Der Einfluss der Medien auf die Politik
5.3. Der Einfluss der Politik auf die Medien
5.4. Kommunikationspolitische Wechselwirkung
6. Kommunikationspolitische Interaktionen in der Außenpolitik der USA
7. Schlusswort
8. Literaturverzeichnis
1.Einleitung
In einer modernen Demokratie sollte ein öffentlicher Prozess der Willens- und Entscheidungsbil-dung, der von der Bevölkerung zu den Staatsorganen führt, gewährleistet werden. Eine öffentliche politische Kommunikation kann sich aber nur entfalten, wenn die dafür notwendigen Informatio-nen über das Zeitgeschehen, die Entwicklungen im Staatswesen und das gesellschaftliche Leben den Bürger erreichen. Für eine organisierte Kommunikation müssten die Massenkommunikations-mittel ihre dafür vorgesehene Funktion wahrnehmen. Diese erfolgt, wenn die Möglichkeit zur Mei-nungsbildung geboten und ein legitimierender Kontakt zu den politischen Entscheidungsträgern hergestellt wird. Den Medien wird so eine Darstellung der öffentlichen Meinung und Kritik, sowie permanente Kontrolle auferlegt, um einen Gegenpol zur staatlichen Herrschaft zu bilden. Sie sollen dem Anspruch nach „staatlicher Machtausübung durch kritische Publizität und Diskussion reduzieren“.[1] In wieweit diese Idealvorstellung einer demokratischen Kommunikationspolitik der Realität entspricht, ist Grundlage dieser Arbeit.
Der wechselseitige Informationsfluss, eine gegenseitige Einflussnahme und das generelle Inein-andergreifen der Bereiche Öffentlichkeit, Politik und Medien lässt einen eigenen dynamischen Prozess entstehen. Eine einseitige und isolierte Darstellung des Einflusses der Medien und der Öffentlichkeit auf die Außenpolitik der USA würde daher nicht ausreichen.
„Government in the United States is supposed to be influenced by opinions and activities of individual citizens – but what that influence is and what it should be are much in dispute.“[2]
Eine genauere Erläuterung des Begriffs der öffentlichen Meinung, wie sie entsteht, aber auch wie sie manipuliert werden kann, erscheint mir daher in dieser Diskussion ebenso notwendig, wie die Überprüfung der Medien in Ausübung ihrer demokratischen Funktion. Gewisse Vorstellungen und Orientierungen in der amerikanischen Gesellschaft sind ebenfalls von enormer Wichtigkeit. Weltbilder wie der klassische Isolationismus und dessen Pendant, dem liberalen Internationalismus klassifizieren ein weites Spektrum außenpolitischer Einstellungen. Auch hier besteht die Notwendigkeit einer genauen Analyse. Sowohl die Phänomene im amerikanischen Selbstverständnis, als auch die vielschichtige Kommunikationspolitik, stehen im Mittelpunkt bei der Betrachtung des außenpolitischen Verhaltens der Vereinigten Staaten.
2. Der Stellenwert der Außenpolitik in den USA
Im Präsidentschaftswahlkampf von 1992 hat Bill Clinton, im Gegensatz zu seinen sehr detaillierten Vorstellungen zur amerikanischen Innenpolitik, nur wenige und allgemeine Aussagen, wie die Betonung der Menschenrechte, zur Außenpolitik gemacht.[3] Von seinen Wählern waren weniger als 1% der Meinung, dass die Außenpolitik Vorrang besäße.[4] In seiner ersten Rede vor dem Kongress erwähnte Bill Clinton die Außenpolitik daher auch mit keinem Wort und in seinen „Reden zur Lage der Nation“ nur mit wenigen Sätzen.[5]
Für das Haushaltsjahr 1995 hatte der Kongress rund 13,8 Mrd. Dollar zur Auslandshilfe bewilligt,[6] das waren weniger als 1% des Bundes- und etwa 5% des Verteidigungshaushaltes.[7] Dies entspricht der weitgehend negativen Einstellung der amerikanischen Bevölkerung gegenüber jeder Art von Auslandshilfe, aber auch der Erfahrung, dass Entwicklungshilfe die Probleme der Entwick-lungsländer anscheinend nicht lösen kann. Die amerikanische Auslandshilfe bleibt somit im inter-nationalen Vergleich sparsam und politisch zweckgebunden.[8]
Trotz dieser negativen Einstellung der Bevölkerung beginnt die öffentliche Meinung, nach Beseitigung der globalen militärischen Bedrohung durch die Sowjetunion, in der neuen internatio-nalen Politik eine stärkere Rolle zu spielen. Gerade auf Gebieten, die die Interessen der Menschen direkt betreffen, wie die Wahrung des Wohlstands, die Umwelt und die Menschenrechte, versucht man den Druck auf die Administration zu erhöhen.[9]
Der Gedanke, dass zwischen dem Außenverhalten der Staaten und deren innerer Verfasstheit ein direkter Zusammenhang besteht, hat eine lange ideengeschichtliche Tradition. Bereits in Ansätzen sahen Niccolo Machiavelli, aber später auch Immanuel Kant in der „gesellschaftlichen Teilhabe am Entscheidungsprozess und dem gewaltaversen Außenverhalten von Staaten“ einen Zusammenhang.[10] Es kommt aber wohl eher einer Idealvorstellung gleich, wenn die öffentliche Meinung als der eigentliche Träger der demokratischen Kontrolle über die Politik verstanden wird. Präsidenten berufen sich dennoch immer wieder gerne auf die öffentliche Meinung als Aus-gangspunkt ihrer Regierungsarbeit. Sie stellen die public opinion als den wahren „Souverän aller freien Bürger“ dar, der sozusagen eine Willensbildung von unten betreibt und jeder Regierung die Grenzen setzt.[11] Sogar Abraham Lincoln sagte einmal: „Mit der öffentlichen Meinung auf ihrer Seite gelingt alles. Gegen die öffentliche Meinung gelingt dagegen nichts.“[12]
3. Politik und “öffentliche Meinung“
3.1. Was ist die „öffentliche Meinung“?
Im 19. Jahrhundert verband man mit der Vorstellung der öffentlichen Meinung die Meinung politisch informierter Bürger, die selbständig und rational denken können, sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen und als „Korrelat zur Herrschaft“ auf diese einwirken.[13] Der Presserechtler Martin Löffler dagegen beschreibt die öffentliche Meinung als „die während eines gewissen Zeitraums in einem größeren, individuell nicht bestimmten Teil der Bevölkerung vorherrschende übereinstimmende Ansicht bzw. Einstellung zu Personen, Ereignissen oder Zuständen“ und umfasste damit einen bereits viel größeren Personenkreis.[14] Kaum ein Begriff in der gesamten Sozialwissenschaft wurde in den verschiedenen Epochen und Kulturkreisen so unterschiedlich verwendet und muss wohl daher in seiner ganzen Interpretationsbreite „zwischen Zeitgeist und Volkswillen, zwischen Gemeinschaftszwang und Elitewillen“ betrachtet werden.[15]
Die Bildung einer öffentlichen Meinung stellt kein einheitliches, sondern ein sehr komplexes Phänomen dar, in dem „mannigfache Strömungen und Tendenzen dicht nebeneinander liegen“.[16] Der Einzelne sieht sich hier mit einer Tatsache konfrontiert, die ihn zwingt, sich nicht nur einen größeren Raum vorstellen zu müssen, als er mit seinen eigenen Augen tatsächlich sehen kann, sondern er muss auch eine längere Zeitspanne erfassen, als er selber miterlebt. Er muss mehr Leute, mehr Handlungen und mehr Dinge beschreiben und beurteilen, als er jemals zählen oder sich lebhaft vorstellen kann. Eine Tatsache, die die eigene Wahrnehmung auf eine fast willkürliche Interpretation der Realität reduzieren lässt.[17] Die öffentliche Meinung scheint also, wie Kant sie beschreibt, lediglich „eine objektive bzw. subjektive (richtige oder falsche) Fürwahrhaltung zu sein, der die Sicherheit des Wissens fehlt“. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu diesem Begriff, wird betont, dass die öffentliche Meinung nicht mit einer Addition von Einzel-meinungen gleichzusetzen ist, sondern eher ein gesellschaftliches Phänomen gegenseitiger Ein-flussnahme darstellt.[18] Bewusste und unbewusste Manipulation, eingeschränkte Informations-aufnahme und Massenpsychose, scheinen kein bestimmtes Gesetz, nachdem die sogenannte öffent-liche Meinung vorgeht, erkennen zu lassen.
Wichtig ist zu beachten, dass öffentliche Meinung immer eine irrationale, wertgeladene Kompo-nente hat, einen moralischen Wert, aus dem sie ihre Kraft und ihre Isolationsdrohung zieht. So kann die öffentliche Meinung als eine Reaktion oder auch Antwort auf gesellschaftliche Miss-stände betrachtet werden. Das muss aber nicht heißen, das jeder gesellschaftliche Missstand auto-matisch eine öffentliche Reaktion hervorruft. Umgekehrt kommen Prozesse öffentlicher Mei-nungsbildung in Gang, indem Verhältnisse, die zuvor normal erschienen, als gesellschaftliches Übel betrachtet werden, wie man es z.B. bei der Benachteiligung von Frauen beobachten kann. Es kann kurzfristige, aber auch sehr langfristige, über Jahrhunderte hinwegführende Prozesse geben, bis eine öffentliche Meinung sich allgemein durchgesetzt, die Gegenmeinung abgelöst und sich schließlich rechtlich verankert hat.[19]
Die von den Medien veröffentlichten Meinungen dürfen in diesem Zusammenhang, nicht unbedingt mit der sogenannten öffentlichen Meinung gleichgesetzt werden. Vielmehr gibt es wohl die Einschätzungen derer wieder, die Zugang zu und Einfluss in den Medien haben.[20] Die dadurch entstehende Rückwirkung auf die öffentliche Meinung sollte allerdings nicht unterschätzt werden. Eine scheinbar sich in den Medien gegenseitig bestätigende Meinung verliert nicht ihre Wirkung auf den Zeitgeist, der wiederum die Einstellung und das Verhalten des einzelnen beeinflusst[21] und einen gewissen Konformitätszwang hervorrufen kann.[22] Somit scheint aber zumindest die Möglichkeit zu bestehen, dass die veröffentlichte Meinung irgendwann doch zur öffentlichen Meinung wird. Da der Druck der öffentlichen Meinung hauptsächlich durch die Vorstellungen zu-stande kommt, dass sie eine allgemein moralische Billigung oder Nichtbilligung seitens der Allgemeinheit darstellt, ist die Medienwirkung auf solche Vorstellungen von großer Tragweite.[23]
Obwohl es keine allgemein akzeptierte Definition für die öffentliche Meinung gibt,[24] zwingt sie sowohl die Regierungen als auch die einzelnen Glieder einer Gesellschaft, sie zu respektieren. Die Ersteren, um nicht die Macht zu verlieren, die anderen, um nicht in Isolation zu geraten und aus der Gemeinschaft ausgegrenzt zu werden. Das Ergebnis im Respektieren der öffentlichen Meinung ist hier wie da „Integration, Stärkung des Zusammenhalts und damit Handlungs- und Entschei-dungsfähigkeit“. Bereits Sokrates bezeichnete die Meinung der Öffentlichkeit als die „ungeschrie-benen Gesetze“, die ohne Machtanwendung, nur aufgrund ihrer psychologischen Wirkungen be-folgt werden.[25]
Die öffentliche Meinung im komplizierten und komplexen Bereich der internationalen Politik, muss sehr differenziert betrachtet werden. Auf dieser Ebene des politischen Handelns wird zwei-fellos ein gewisses Verständnisniveau vorausgesetzt, das wiederum an ein bestimmtes Bildungs-niveau gekoppelt ist. Die öffentliche Meinung einer Gesellschaft scheint daher gerade in der Au-ßenpolitik in einem gewissen Grade beeinflussbar zu sein. Da die Bevölkerung selbst keinen Zu-gang zu den Vorgängen im internationalen System hat, mit minimaler Information und geringem Hintergrundwissen auskommen muss, ist sie für Informationen durch das politische System, vornehmlich der Exekutive, besonders aufgeschlossen. Mit diesen „Informationshäppchen“ baut man dann auf bereits vorhandenen Vorstellungen auf, beobachtet bewusst oder größtenteils unbewusst seine Umwelt und die Medien und formt sich aus diesen unterschiedlichsten Mosaikstückchen eine Meinung, die einem am ehesten Sinn macht und einen nicht völlig isoliert. Die Beschränktheit des eigentlichen Wissens verwischt gelegentlich in dem Drang zu alles und jedem eine Meinung haben zu müssen. Die Versuchung, seitens des politischen Systems, den Informationsvorsprung den sie haben auszunutzen, um mit dem Hinweis auf Krisenlagen einen Konsens zu mobilisieren, der andernfalls nicht auftreten würde, scheint daher groß zu sein.[26]
3.2. Die „öffentliche Meinung“ zur amerikanischen Außenpolitik
Will man nun die verschiedenen Tendenzen der öffentlichen Meinung in den USA in Bezug auf die Außenpolitik betrachten, muss man sich auch mit den Werten und den Weltbildern der amerikanischen Bevölkerung auseinandersetzen. Man muss ihre Vorstellungen über die eigene Gesellschaft und deren Geschichte begreifen und somit die Wurzel der öffentlichen Meinung aus einer langen Tradition heraus betrachten. Diese Werte und Vorstellungen beeinflussen zwar „nicht unbedingt direkte soziale Handlungswirklichkeiten und konkrete Politiken“, aber sie schaffen einen moralischen, sozialen und politischen Handlungsrahmen. Dieser wiederum kann gewisse Handlungsmöglichkeiten favorisieren, aber auch gleichzeitig bestimmte Alternativen unmöglich machen. Er kann Inhalte und Rangfolgen von Themen vorgeben, die in der Gesellschaft diskutiert werden und damit politisch zur Entscheidung anstehen können.[27]
Innerhalb dieser Betrachtung darf die Bedeutung von Religion und Moral auf die Weltanschauung und die Politik der Amerikaner nicht unterschätzt werden. Einige zum Teil aus religiösen Vorstellungen abgeleiteten Moralwerte können einer politischen Auseinandersetzung in den USA einen nahezu „fundamentalistischen Charakter“ verleihen. Eine Bewertung der Politik nach religiösen Maßstäben ist somit die Folge und wiederum prägend für die öffentliche Meinung.[28]
3.2.1 Grundmuster außenpolitischer Einstellungen
In einem notwendigerweise stark vereinfachten Schema unterteilt man den Nationalismus der amerikanischen Öffentlichkeit in vier Grundmuster außenpolitischer Einstellungen.[29]
Politische Grundorientierungen[30]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Battleship America Global Society America No.1
Die „Realisten“ werden in diesem Zusammenhang aus einem traditionellen Verständnis heraus gesehen. Man hält den Menschen grundsätzlich für „wenig verwandlungs- oder gar verbesserungs-fähig“. Die internationale Politik wird beherrscht von unveränderlichen systematischen Bedingungen und weniger von den „anpassungsfähigen Verhaltensweisen einzelner Länder“. In wieweit der „Realismus“ in einzelnen Fällen die Realität angemessen wiederspiegelt, bleibt fraglich. Der amerikanische Idealismus dagegen, der an „das Gute im Menschen“ und an die „Perfektion bzw. Vorbildfunktion der Vereinigten Staaten“ glaubt, muss ebenfalls nicht immer realistisch begründet sein, scheint aber „über tief verwurzelte Einstellungen der Öffentlichkeit, eine der Hauptantriebskräfte amerikanischer Außenpolitik zu sein“.[31]
Fortress America
Hier wird der Isolationismus als das klassische Wunschbild der „America First“ Haltung dargestellt. Diese „Festung Amerika“ soll sowohl vor verderblichen Einflüssen von außen, als auch vor einer Verwicklung in kriegerische Auseinandersetzungen schützen. Allerdings verlor diese Entwicklung, die den Empfehlungen der Gründungsväter zu folgen schien und zwischen den beiden Weltkriegen wohl ihren Höhepunkt hatte, ihre politische Unterstützung und in der Öffentlichkeit immer mehr an Akzeptanz. Der Gedanke, sich völlig aus der Weltpolitik zurückzuziehen und nach außen abzuschotten verstößt gegen den idealistischen Geist des Amerikanismus. Beim jetzigen Stand der Globalisierung und der weltweiten wirtschaftlichen Verflechtung der USA stellt es ohnehin keine echte Option mehr dar.[32]
Battleship America
Seit der aktiven Rolle der USA als Weltmacht befürwortet die überwiegende Mehrzahl der Amerikaner, im Schnitt etwa 75%, eine aktive Außenpolitik. Das Bedürfnis, den Status als „Number One“ in der Welt zu halten, wurde von der Einsicht begleitet, in dieser Position eine gewisse Verantwortung, aber auch eine Art Vorbildfunktion übernehmen zu müssen, der man sich nicht ohne weiteres entziehen kann. Es muss aber immer sehr stark unterschieden werden, inwieweit einseitige Maßnahmen verlangt werden oder aber gemeinsame Aktivitäten auf einer multilateralen Ebene, ihre Unterstützung finden.[33]
Sinnbild einer einseitig aktiven Rolle in der Weltpolitik ist traditionell das „Battleship“, das eine Kombination aus Machtprojektion und dem Schutz eigener Ziele darstellt. Die Vereinigten Staaten haben von Anfang an nur selten gezögert diese Form der Durchsetzung ihrer außenpolitischen Interessen zu bevorzugen. In welchem Maße die Öffentlichkeit bereit ist, „Schlachtschiff“-Aktionen zu unterstützen, zeigt sich vor allem in der Zustimmung zu kurzfristig und einseitig durchgeführten militärischen Aktionen zum (angeblichen) Schutz unmittelbarer amerikanischer Interessen. Die Zustimmung der öffentlichen Meinung erreichte von der Kuba-Krise der 60er Jahre über Strafaktionen gegen Libyen, den „Sanierungsaktionen“ in Panama und Somalia bis hin zum Krieg gegen den Irak einen Wert von mehr als 80%.[34]
[...]
[1] Berka, Walter, Politische Kommunikation in der demokratischen Verfassungsordnung, in: Langenbucher, Wolfgang (Hrsg.), Politische Kommunikation. Grundlagen, Strukturen, Prozesse, Wien 1993, S. 19
[2] Von Harpe, Maria, Der Einfluß der Massenmedien auf die amerikanische Politik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 51, 1991, S. 38
[3] Schwarz, Klaus-Dieter, Amerikanische Weltmacht im Wandel, Halbzeitbilanz der Clinton-Administration, Baden-Baden 1995, S.133
[4] Czempiel, Ernst-Otto, Weltordnung statt Eindämmung – Auf der Suche nach einem neuen Selbstverständnis amerikanischer Außenpolitik, in: Dembinski, Matthias/Rudolf, Peter/Wilzewski, Jürgen (Hrsg.), Amerikanische Weltpolitik nach dem Ost-West-Konflikt, Baden-Baden 1994, S. 11
[5] Schwarz, Klaus-Dieter, Amerikanische Weltmacht im Wandel, a.a.O., S.43
[6] Das Verteidigungsbudget der USA war zu dem Zeitpunkt höher als während des Kalten Krieges. Die Vereinigten Staaten bestreiten fast 40% der Verteidigungsausgaben der ganzen Welt und geben dafür mehr aus als alle Staaten außerhalb der NATO zusammen. Obwohl keine militärische Bedrohung ihrer Sicherheit erkennbar ist, orientierte sich die Überprüfung ihrer militärischen Kapazitäten in der „bottom-up review“ von 1993 an der Fähigkeit, zwei große regionale Kriege gleichzeitig führen zu können.
[7] Czempiel, Ernst-Otto, Rückkehr in die Hegemonie. Zur Weltpolitik der USA unter Präsident Clinton, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 43, 1996, S. 32
[8] Schwarz, Klaus-Dieter, Amerikanische Weltmacht im Wandel, a.a.O., S.51/52
[9] ebd. S.44
[10] Hils, Jochen/Wilzewski Jürgen, Von der „imperialen“ zur „medialen“ Präsidentschaft: Medieninformation, gesellschaftliche Partizipation und US-Außenpolitik am Beispiel des Golfkrieges 1991, ZENAF Arbeits- und Forschungsbericht (ZAF) Nr. 2, Frankfurt a.M. 1999, S. 7
[11] Kleinsteuber, Hans J., Medien und öffentliche Meinung, in: Adams, Willi Paul/Lösche Peter (Hrsg.), Länderbericht USA, Bundeszentrale für politische Bildung, Frankfurt a.M. 1998, S. 389/90
[12] Rae, Saul F./Gallup, George, The Pulse of Democracy, The Public-Opinion Poll and How it Works, New York 1940, S.6
[13] Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth/Schulz, Winfried/Wilke, Jürgen (Hrsg.), Publizistik/Massenkommunikation, Fischer Lexikon, Frankfurt a.M. 1989, S. 258
[14] Massenmedien, Information zur politischen Bildung, Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), München 1998, S. 4/5
[15] Kleinsteuber, Hans J., Öffentliche Meinung, in: Nohlen Dieter (Hrsg.), Wörterbuch Staat und Politik, Bundeszentrale für politische Bildung, München 1995, S. 467-469
[16] Czempiel, Ernst-Otto, Amerikanische Außenpolitik, Gesellschaftliche Anforderungen und politische Entscheidungen, Stuutgart 1979, S. 29
[17] Lippmann, Walter, Die öffentliche Meinung, München 1964, S. 65-109
[18] Kleinsteuber, Hans J., Öffentliche Meinung, a.a.O., S. 467-469
[19] Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth, Publizistik/Massenkommunikation, a.a.O., S. 263-264
[20] Kleinsteuber, Hans J., Öffentliche Meinung, a.a.O., S. 467-469
[21] Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth, Publizistik/Massenkommunikation, a.a.O., S. 263-264
[22] Die Konformitätsexperimente von Solomon Asch und Stanley Milgram in den 50er und 60er Jahren haben gezeigt, dass sich die Menschen Mehrheitsurteilen anschließen, obwohl sie mit eigenen Augen klar sehen, dass diese Urteile falsch sind, aus Befürchtung mit ihrer Ansicht sonst isoliert zu werden.
[23] Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth, Publizistik/Massenkommunikation, a.a.O., S. 257-371
[24] W. Phillips Cavison, Professor für Journalismus der Columbia-Universität, 1968 Artikel über öffentliche Meinung in der ‚international Encyclopedia of the social science’
[25] Vgl. Noelle-Neumann, Elisabeth, Publizistik/Massenkommunikation, a.a.O., S. 255-7
[26] Czempiel, Ernst-Otto, Amerikanische Außenpolitik, a.a.O., S.29-31
[27] Vorländer, Hans, Politische Kultur, in: Adams, Willi Paul/Lösche Peter (Hrsg.), Länderbericht USA, Bundeszentrale für politische Bildung, Frankfurt a.M. 1998, S. 287-289
[28] ebd.
[29] Schweigler, Gebhard, „America First“? Die öffentliche Meinung und die amerikanische Außenpolitik, in: Dembinski, Matthias/Rudolf, Peter/Wilzewski, Jürgen (Hrsg.), Amerikanische Weltpolitik nach dem Ost-West-Konflikt, Baden-Baden 1994, S. 24
[30] ebd., S.32
[31] Schweigler, Gebhard, „America First“?, a.a.O., S. 33/34
[32] ebd. S. 34/35
[33] ebd. S. 40/41
[34] ebd. S. 41-44
- Quote paper
- Thorsten Volberg (Author), 2000, Der Einfluss der öffentlichen Meinung und der Medien auf die Außenpolitik der USA, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31308
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