Genossenschaften gibt es in unzähligen Formen und Ausprägungen, doch ihr Zweck ist ihnen allen gemein: Die unmittelbare Förderung ihrer Mitglieder. Die Konsumgenossenschaften des 19. und 20. Jahrhunderts spezialisierten sich beispielsweise auf Waren des täglichen Bedarfs, um insbesondere die Lebensqualität der Arbeiterschaft zu verbessern.
Können sie daher als Segen für die Arbeiterschaft bezeichnet werden? Waren sie gleichzeitig eine Gefahr für den Einzelhandel? Dies werden die leitenden Fragen sein, mit denen sich die vorliegende Arbeit auseinandersetzt. Doch zunächst stellt sich die Frage: Wieso entstand eben diese Genossenschaftsform und was waren die leitenden Ideen hinter ihr? Das Schlagwort, das hier zu nennen ist, ist Selbsthilfe. Aber auch die Kritik am Gewinnstreben der frühkapitalistischen Wirtschaftsordnung und der Wille zur sozialen Reform bildeten die Basis für die Entstehung der Konsumgenossenschaften.
Die wirtschaftliche Situation der Arbeiter im 19. Jahrhundert kann als problematisch beschrieben werden. Das Lohnniveau entsprach jahrzehntelang kaum den äußersten Existenzbestimmungen und das Warenangebot in den Arbeitervierteln war durchweg von minderwertiger Qualität zu hohen Preisen. Die Arbeiter konnten sich durch ihre schwache gesellschaftliche und finanzielle Position nicht vor derartigem Betrug am Kunden schützen, weshalb sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts damit begannen, sich nach englischem Vorbild konsumgenossenschaftlich zu organisieren. Der Auftrag der Konsumvereine bestand in der Beschaffung von Waren des täglichen Bedarfs zu günstigen Preisen, in guter Qualität und mit unverfälschten Maßen für ihre Mitglieder. Doch inwiefern dieser Auftrag tatsächlich umgesetzt werden konnte und wie sich diese Genossenschaftsform auf den Kleinhandel auswirkte, soll im Folgenden untersucht werden.
Da davon auszugehen ist, dass die Fragestellung nicht allgemeingültig für den gesamten Zeitraum von etwa 1850 bis 1930, sondern nur entwicklungshistorisch beantwortet werden kann, wird die Geschichte der Konsumvereine in Deutschland in der vorliegenden Arbeit von ihren Anfängen bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts chronologisch dargestellt. Dabei wird stets das Verhältnis von Konsumvereinen und Einzelhandel in den Blick genommen. Im Fazit wird schließlich Stellung dazu genommen, inwiefern bezüglich der Konsumgenossenschaften von einem Segen für die Arbeiterschaft und einer Gefahr für den Einzelhandel gesprochen werden kann.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Erste Anfänge des Konsumgenossenschaftswesens in Deutschland
- Deutsche Konsumvereine in den 1860er und 70er Jahren - Versuche der Richtungsfindung, Rückschläge und Stagnation
- Die 1880er und 90er Jahre: Eine Phase des Aufschwungs
- Konsumgenossenschaften und das neue Jahrhundert
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entstehung und Entwicklung der Konsumgenossenschaften in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert. Sie analysiert die Gründe für ihre Entstehung, ihre Rolle als „Segen für die Arbeiterschaft“ und ihre potenzielle „Gefahr für den Einzelhandel“. Die Arbeit untersucht die Geschichte dieser Genossenschaftsform von ihren Anfängen bis in die 1920er Jahre und beleuchtet dabei stets das Verhältnis zu dem traditionellen Einzelhandel.
- Die Entstehung der Konsumgenossenschaften als Reaktion auf die wirtschaftliche Situation der Arbeiter im 19. Jahrhundert.
- Die Herausforderungen und Erfolge der Konsumgenossenschaften im Kampf gegen die „betrügerischen“ Praktiken des Einzelhandels.
- Die Entwicklung der Konsumgenossenschaften als eine Form der Selbsthilfe und des sozialen Wandels.
- Die Auswirkungen der Konsumgenossenschaften auf den Einzelhandel und die Entwicklung des Konsums.
- Die Rolle der Konsumgenossenschaften im Kontext der Arbeiterbewegung und der gesellschaftlichen Veränderungen des 19. und 20. Jahrhunderts.
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und beleuchtet den historischen Kontext der Entstehung der Konsumgenossenschaften in Deutschland. Sie erklärt die Motivation und Zielsetzung der Arbeit und skizziert die Forschungsmethodik.
- Erste Anfänge des Konsumgenossenschaftswesens in Deutschland: Dieses Kapitel behandelt die frühen Anfänge der Konsumgenossenschaften in Deutschland und die Entstehung des Wunsches nach Selbsthilfe in der Arbeiterbewegung. Es analysiert die Herausforderungen, denen sich die Arbeiter im 19. Jahrhundert gegenüber sahen, und die Bedeutung des englischen Vorbilds von Rochdale für die deutsche Entwicklung.
- Deutsche Konsumvereine in den 1860er und 70er Jahren - Versuche der Richtungsfindung, Rückschläge und Stagnation: Dieses Kapitel untersucht die Herausforderungen und Rückschläge, denen die deutschen Konsumvereine in den 1860er und 70er Jahren gegenüber standen. Es beleuchtet die Schwierigkeiten, die mit der Etablierung der Genossenschaften einhergingen, und die Faktoren, die zu Stagnation führten.
- Die 1880er und 90er Jahre: Eine Phase des Aufschwungs: Dieses Kapitel widmet sich der Entwicklung der Konsumgenossenschaften in den 1880er und 90er Jahren. Es analysiert die Faktoren, die zu dieser Phase des Aufschwungs führten, und beleuchtet die Rolle der Konsumgenossenschaften im Kontext des gesellschaftlichen Wandels.
- Konsumgenossenschaften und das neue Jahrhundert: Dieses Kapitel behandelt die Entwicklung der Konsumgenossenschaften im 20. Jahrhundert und ihre Bedeutung im Kontext der sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen dieser Zeit.
Schlüsselwörter (Keywords)
Konsumgenossenschaften, Selbsthilfe, Arbeiterbewegung, Einzelhandel, Wirtschaftsordnung, Sozialreform, Waren des täglichen Bedarfs, Lebensqualität der Arbeiterschaft, England, Rochdale, Geschichte des Genossenschaftswesens, Entwicklung des Konsums, soziale und wirtschaftliche Veränderungen.
- Quote paper
- Deborah Heinen (Author), 2015, Konsumgenossenschaften im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Segen für die Arbeiterschaft, Gefahr für den Einzelhandel?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/312884