Menschen prägen ihre Kultur, und Kulturen prägen das Verhalten der Menschen. Dies ist eine
generelle Grundannahme der Soziologie. Aber wie verhält es sich beim Einfluss auf die
internationale Politik? Inwieweit sind Kulturen oder gar Menschen überhaupt prägende Faktoren im Verhalten von
Staaten. Je nach theoretischer Denkschule werden die Antworten sehr unterschiedlich
ausfallen. Was kann man also empirisch und anhand von Beispielen zu dieser Frage sagen.
Nimmt man die Kriege der letzten Jahre, also Afghanistan, Irak oder auch Kashmir, lassen
sich dort unzählige Erklärungsmodelle finden. Einige sehen hier reine Machtinteressen am
Werk, andere vermuten multinationale Konzerne hinter jeder Politik. Fundamentalisten stellen
auf Religion, Neorealisten auf Struktur ab. Empirisch widerlegen lassen sich nur wenige der
Begründungen. Aber letztlich haben einige doch durch ihre Argumentationskraft einen
gewissen Stellenwert im wissenschaftlichen Diskurs gewonnen. Eine bedeutende Rolle spielt dabei die Theorie des Harvard Professors Samuel P. Huntington, der mit einem Artikel im „Foreign Affairs“ weltweit für Aufsehen sorgte. Der von ihm dort proklamierte „Clash of Civilizations“ wird immer wieder zitiert, kritisiert und analysiert.
Dabei verliert er kaum an Aktualität, da er in jedem sich neu entwickelnden Konflikt zur
Diskussion steht und auf seine Erklärungsfähigkeit hin geprüft wird. Da die Konflikte der letzten Jahre vermehrt dazu geführt haben, den Kulturbegriff in die politische Diskussion einzubringen, sind die Thesen Huntingtons nach wie vor aktuell und diskussionsfördernd.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Abgrenzung des Themas
3. Die Thesen Samuel P. Huntingtons
3.1. Der Kulturbegriff
3.2. Die Kulturkreise
3.3 Gründe für den Clash
3.4. Fallbeispiele Huntigtons
4. Die Kritik an Huntington
4.1. Kulturbegriff und Kulturkreise in der Kritik
4.2. Der Clash in der Kritik
4.3. Huntingtons Religionsauffassung in der Kritik
4.4. Beispiele und Empirie zum „Kampf der Kulturen“
5. Huntington nach dem 9/11
6. Eigener Kritikansatz
7. Schluß
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Einleitung
Menschen prägen ihre Kultur, und Kulturen prägen das Verhalten der Menschen. Dies ist eine generelle Grundannahme der Soziologie. Aber wie verhält es sich beim Einfluss auf die internationale Politik?
Inwieweit sind Kulturen oder gar Menschen überhaupt prägende Faktoren im Verhalten von Staaten. Je nach theoretischer Denkschule werden die Antworten sehr unterschiedlich ausfallen. Was kann man also empirisch und anhand von Beispielen zu dieser Frage sagen.
Nimmt man die Kriege der letzten Jahre, also Afghanistan, Irak oder auch Kashmir, lassen sich dort unzählige Erklärungsmodelle finden. Einige sehen hier reine Machtinteressen am Werk, andere vermuten multinationale Konzerne hinter jeder Politik. Fundamentalisten stellen auf Religion, Neorealisten auf Struktur ab. Empirisch widerlegen lassen sich nur wenige der Begründungen. Aber letztlich haben einige doch durch ihre Argumentationskraft einen gewissen Stellenwert im wissenschaftlichen Diskurs gewonnen.
Eine bedeutende Rolle spielt dabei die Theorie des Harvard Professors Samuel P. Huntington, der mit einem Artikel im „Foreign Affairs“ weltweit für Aufsehen sorgte. Der von ihm dort proklamierte „Clash of Civilizations“ wird immer wieder zitiert, kritisiert und analysiert. Dabei verliert er kaum an Aktualität, da er in jedem sich neu entwickelnden Konflikt zur Diskussion steht und auf seine Erklärungsfähigkeit hin geprüft wird.
Da die Konflikte der letzten Jahre vermehrt dazu geführt haben, den Kulturbegriff in die politische Diskussion einzubringen, sind die Thesen Huntingtons nach wie vor aktuell und diskussionsfördernd.
2. Abgrenzung des Themas
In dieser Arbeit sollen die wichtigsten Thesen Samuel Huntingtons genannt und erläutert werde. Außerdem sollen verschiedene Kritikansätze an seinen Konzept erörtert werden, dabei sollen nur die wichtigsten und prägnantesten ausgeführt werden, da die Kritik an Huntington in den letzten 10 Jahren ein zu umfangreiches Ausmaß erreicht hat. Anschließend soll eine Analyse der Anschläge vom 11. September im Bezug auf Huntingtons Theorie erfolgen. Abschließend werden verschiedene eigene Kritikpunkte argumentativ dargelegt.
3. Die Thesen Samuel P. Huntingtons
"Politik kann nie Kultur – Kultur wohl aber Politik bestimmen!"
Prof. Dr. Theodor Heuss
Die Thesen Huntingtons entwickelten sich aus der Zeit des weltpolitischen Umbruchs nach dem Ende des „Kalten Krieges“. „Die bipolare Konfrontation zweier Ideologien mit universellem Anspruch, zweier grundlegend unterschiedlicher Auffassungen über das, was der Mensch ist, will und kann, zweier Weltbilder über das richtige Wirtschaften, Zusammenleben und Regieren, der Machtkampf zweier Weltmächte und ihrer jeweiligen Gefolgschaft“[1] existierte nicht mehr. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der Niederlage des Sozialismus, waren die Bipolarität und das dazugehörige Machtgleichgewicht zwischen den Blöcken und ihren Führungsmächten ebenso vorbei, wie der internationale Wettbewerb um regionalen Einfluss, um militärische Stützpunkte, um Verbündete. „Die Struktur der Weltpolitik war zerbrochen.“[2]
Während Wissenschaftler wie John J. Mearshheimer ihren Blick direkt auf das sich neu strukturierende Europa lenkten und dort „prospects for major crisis“[3] sahen, konzentrierte sich Huntington auf die weltpolitische Ebene. In seinem 1993 im „Foreign Affairs“ erschienen Artikel „The Clash of Civilization?“ geht er weit über die neorealistischen Strukturaspekte hinaus. Die alte bipolare Struktur bricht zusammen und eine neue bildet sich, diese wird allerdings von einem dominierenden neuen Aspekt geprägt. „The great division among humankind and the dominating conflict will be cultural.“[4]
Huntington beschrieb die neu eintretende Phase der Weltgeschichte als einen Kampf zwischen den Zivilisationen. Konflikte auf der Welt würden nicht mehr hauptsächlich aus ideologischen und ökonomischen Gründen geführt, sondern die Kultur rücke als Quelle für Auseinandersetzungen in den Vordergrund. Die Hauptkonflikte auf der Welt würden zwischen Nationen und Gruppen unterschiedlicher Zivilisationen stattfinden, so Huntingtons These. Nationalstaaten blieben dabei Hauptakteure im internationalen System.[5]
Huntington führt geschichtlich an die Begründung seiner Thesen heran. So wurde infolge der Oktoberrevolution in Russland und der Reaktion gegen sie der Konflikt zwischen Nationalstaaten durch den Konflikt zwischen Ideologien ergänzt. Die Welt wurde vor allem durch drei Ideologien gespalten: Kommunismus, Faschismus und liberale Demokratie standen sich gegenüber. Nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Ende des Faschismus, entstand der Kampf zweier Supermächte, die den zwei verbliebenen Ideologien verhaftet waren. Die Nationalstaaten als Akteure im klassischen europäischen Sinne traten in den Hintergrund. Die Identität wurde ausschließlich durch die Zugehörigkeit zu einer der beiden Ideologien, Kommunismus oder liberale Demokratie, definiert. Bis zum Ende des Kalten Krieges waren dies nach Huntington Konflikte innerhalb der westlichen Zivilisation. Mit dem Ende des Ost- West-Konfliktes traten westliche und nichtwestliche Zivilisationen in zunehmende Abhängigkeit im internationalen Gefüge. Nichtwestliche Zivilisationen waren nicht länger nur Gegenstände und Ziele des westlichen Kolonialismus, sondern traten als gleichwertige Akteure in das internationale System ein. „Die intrakulturelle Auseinandersetzung um die politischen Ideen aus dem Westen wird abgelöst von einer interkulturellen Auseinandersetzung um Kultur und Religion.“[6] Für Huntington folgt daher die Zeit der Konflikte zwischen den Zivilisationen.
Im Folgenden sollen zuerst wesentliche Begriffe von Huntingtons Thesen erläutert werden, um dann im Gesamtkontext zur Begründung des Clashs zusammengefügt zu werden.
3.1. Der Kulturbegriff
Die Einteilung der Erde in 3 Welten nach politischem und wirtschaftlichem System und ökonomischer Entwicklung sei heute nicht mehr relevant, sondern würde zunehmend durch Zuordnung nach Kulturen ausgedrückt. Huntington teilt die Welt in Zivilisationen ein. „Eine Zivilisation ist demnach die höchste kulturelle Gruppierung von Menschen und die allgemeinste Ebene kultureller Identität des Menschen unterhalb der Ebene, die den Menschen von anderen Lebewesen unterscheidet. Sie definiert sich sowohl durch gemeinsame objektive Elemente wie Sprache, Geschichte, Religion, Sitten, Institutionen als auch durch subjektive Identifikationen der Menschen mit ihr.“[7] Weiter grenzt Huntington den Kulturbegriff ab. Dabei sieht er Kultur als die „gesamte Lebensweise eines Volkes“[8]. Also letztlich als übergreifende Ebene, die auf das Handeln der Menschen einwirkt.[9] In diesem Zusammenhang bezieht er sich explizit auf den englischen Kulturbegriff, in dem Kultur und Zivilisation dasselbe meinen. Also Zivilisation als Kultur im großen Maßstab.[10]
Eine Zivilisation kann aus einem Nationalstaat oder aus einem Bund dieser bestehen. Zivilisationen sind dynamisch. Sie fallen und steigen auf, teilen sich und vermischen sich wieder oder verschwinden ganz von der Oberfläche.[11] Dieser Kulturbegriff entspringt einer zyklischen Geschichtsphilosophie, bezüglich dem Aufstieg und Fall von Zivilisationen. Dieser historische Aspekt impliziert eine gewisse kriegerische Grundhaltung von Zivilisationen gegeneinander, da sie um das eigene Überleben zu kämpfen haben.[12] Auch wenn Huntington sie kaum erwähnt, so lassen sich doch eklatante Gemeinsamkeiten mit anderen Wissenschaftlern, bezüglich des Kulturbegriffs finden. Dabei seien vor allem die Werke von Bassam Tibi, Arnold Toynbee und Oswald Spengler erwähnt.[13]
Zivilisationen im Sinne einer homogenen Kulturidentität zeichnen sich dabei weiter durch folgende Aspekte aus. Zivilisationen[14]:
- haben keine klar umrissenen Grenzen.
- wirken aufeinander ein und überlappen sich.
- sind nicht unvergänglich, aber langlebig.
- sind keine politischen Einheiten.
- entwickeln sich (siehe Bemerkung zur Geschichtsphilosophie)[15]
Zum besseren Verständnis, soll hier noch mal deutlich gemacht werden was Huntington unter Kultur versteht.
[...]
[1] Müller, Harald (2003): „Supermacht in der Sackgasse? Die Weltordnung nach dem 11. September“; Bonn 2003; S. 11.
[2] Müller, Harald (2003): S. 12
[3] Mearshheimer, John J. (1990): „Back to the Furture – Instability in Europe after the Cold war“; International Security Vol. 15 No. 1; S. 6
[4] Huntington, Samuel P. (1993): „The Clash of Civilizations?“; in Foreign AffairsVol. 72 No. 3; S. 22
[5] vgl. Huntington, Samuel P. (1993): S. 22f
[6] Huntington, Samuel P. (2002): „Kampf der Kulturen“; Vollständige Taschenbuchausgabe; Goldmann Verlag München; S. 72
[7] Huntington, Samuel P. (2002): S. 54
[8] Huntington, Samuel P. (2002): S. 51
[9] vergleiche dazu auch die Werke des englischen Soziologen Talcott Parsons und seines AGIL-Schemas; dies trifft meiner Meinung nach am ehesten den Kern von Huntingtons Kulturbegriff, vor allem im Bezug auf die Stabilität und Inflexibilität; siehe Parsons, T. à „The Social System“ (1951); Huntington selber nennt dabei andere Soziologen und Historiker, wie Durkheim, Eisenstadt oder Spengler.
[10] Vgl. Huntington, Samuel P. (2002): S. 51f
[11] vgl. Huntington, Samuel P. (1993): S. 24
[12] eine dem Realismus anhaftende Feststellung
[13] vergleiche die Analyse von Caglar, Gazi (2002): „Der Mythos vom Krieg der Zivilisationen“; überarbeitete 2. Auflage; Marino Verlag; München; S. 79ff
[14] Huntington, Samuel P. (2002): S. 53ff
[15] hier kommt erneut der kriegerische Aspekt von Kulturen zu tragen, da in den 7 Phasen einer Zivilisation nach Quigley, kriegerische Elemente impliziert sind. Diese wären Expansion, Zeitalter des Konflikts und Invasion. Siehe Huntington, Samuel P. (2002): S. 55
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