In dieser Arbeit wird die Mesoteslehre in der Nikomachischen Ethik - als die älteste überlieferte Ethik der Philosophiegeschichte, in der ein Grundlagenmodell für die Theorie moralischer Praxis entworfen wird - des Griechen Aristoteles dargestellt. Dazu wird zunächst zum besseren Verständnis ein kurzer Lebenslauf des Aristoteles geschildert und auf seine erhaltenen Werke verwiesen. Im Fokus wird die konzeptionelle Verfassung der Lehre stehen, weshalb zunächst die ethische arete – die ethische Tugend - per Definition vorgestellt wird, die einen wichtigen Aspekt im Verstehenskontext zum Werk des Aristoteles darstellt. Im weiteren Verlauf soll dann erörtert werden, was die ethische arete der Gattung als auch der Art nach darstellt, um in der Folge auf das artbildende Merkmal der ethischen arete einzugehen.
Dabei werden konsekutiv auch Fragestellungen und Hindernisse aufgezeigt und problematisiert und wo möglich, wie zum Beispiel die scheinbare zirkuläre Argumentation im Kapitel 6 dieser Arbeit, auch aufgelöst. An Beispielen und zum Teil auch durch Aristoteles-Zitate soll der Sinnzusammenhang transparent gemacht, durch einige wenige unterstützende Grafiken visuell näher gebracht werden. Dem schließt sich die Bestimmung und Konkretisierung der Mesoteslehre an, wobei auch die Einschränkungen diesbezüglich nicht außen vor gelassen werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Verwendete Abkürzungen, Anmerkungen
2 Einleitung
3 Aristoteles
4 Definition der ethischen arete
4.1 Abgrenzung der ethischen arete zur dianoethischen arete
4.2 Unterschied zu den natürlichen Anlagen
4.3 Entstehung der ethischen arete durch Gewohnheit
4.4 Der Praxisbezug
5 Definition der arete der Spezies nach
5.1 Lust und Unlust als Indikator der hexis
6 Eine zirkuläre Argumentation?
7 Definition der ethischen arete der Gattung nach
7.1 Die drei Seelenzustände
7.2 Die ethische arete als eine hexis:
8 Das artbildende Merkmal der ethischen arete – Mesoteslehre
8.1 Die Bestimmung der richtigen Mitte
8.2 Einschränkungen bezüglich der „richtigen Mitte“
8.3 Anwendung der allgemeinen Feststellungen auf Einzelfälle
9 Die Dreiheit „Mangel – Mitte – Übermaß“
10 Die Bedeutung der Mesoteslehre für den Menschen
11 Schluss
12 Quelle
13 Literatur
1 Verwendete Abkürzungen, Anmerkungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2 Einleitung
In dieser Hausarbeit wird die Mesoteslehre in der Nikomachischen Ethik - als die älteste überlieferte Ethik der Philosophiegeschichte, in der ein Grundlagenmodell für die Theorie moralischer Praxis entworfen wird - des Griechen Aristoteles dargestellt. Dazu wird zunächst zum besseren Verständnis ein kurzer Lebenslauf des Aristoteles geschildert und auf seine erhaltenen Werke verwiesen. Im Fokus wird die konzeptionelle Verfassung der Lehre stehen, weshalb zunächst die ethische arete – die ethische Tugend - per Definition vorgestellt wird, die einen wichtigen Aspekt im Verstehenskontext zum Werk des Aristoteles darstellt. Im weiteren Verlauf soll dann erörtert werden, was die ethische arete der Gattung als auch der Art nach darstellt, um in der Folge auf das artbildende Merkmal der ethischen arete einzugehen.
Dabei werden konsekutiv auch Fragestellungen und Hindernisse aufgezeigt und problematisiert und wo möglich, wie zum Beispiel die scheinbare zirkuläre Argumentation im Kapitel 6 dieser Arbeit, auch aufgelöst. An Beispielen und zum Teil auch durch Aristoteles-Zitate soll der Sinnzusammenhang transparent gemacht, durch einige wenige unterstützende Grafiken visuell näher gebracht werden. Dem schließt sich die Bestimmung und Konkretisierung der Mesoteslehre an, wobei auch die Einschränkungen diesbezüglich nicht außen vor gelassen werden.
Diese Hausarbeit wurde im Rahmen des Proseminars „Die Nikomachische Ethik des Aristoteles“ unter der Leitung von Dr. Nicola Erny im Wintersemester 2002/2003 erstellt. Als Textgrundlage wurde die „Nikomachische Ethik“ in der Übersetzung von Franz Dirlmeier, Reclam Verlag, verwendet.
3 Aristoteles
384 v.Chr. wird der griechische Philosoph, Logiker und Naturforscher Aristoteles im makedonischen Stageira in der Nähe des Berges Athos in Thrakien (Chalkidike, Nordgriechenland)[1] geboren. Sein Vater ist Arzt am mekodonischen Königshof. 366 v.Chr. kommt Aristoteles im Alter von 18 Jahren in die Akademie des Platon um dort zu studieren und bleibt dort 20 Jahre lang – bis zum Tode Platons.[2]
Aristoteles entwickelt im Laufe der Zeit seine eigenen philosophischen Ideen, die immer mehr von denen des Platon abweichen. Als nach Platons Tod 347 v.Chr. die Leitung der Akademie dessen Neffen Speusippos übertragen wird, geht Aristoteles zunächst nach Assos und anschließend nach Lesbos, um dort seinen Forschungen nachzugehen. Ein Grossteil seiner Erkenntnisse über die Meeresbiologie gewann er in dieser Zeit.[3]
342 v.Chr. ruft Philipp von Makedonien Aristoteles an seinen Hof, damit er die Erziehung seines Sohnes Alexander – der spätere „Alexander der Grosse“ – übernimmt. Als Alexander schließlich den Thron besteigt, kehrt Aristoteles nach Athen zurück und gründet dort 335 v.Chr. erneut eine eigene Schule, das sogenannte Lykeion.[4] Aristoteles gibt Vorlesungen, betreibt Forschungen auf diversen Gebieten und arbeitet an zahlreichen Manuskripten u.a. über Themen der Philosophie, Medizin, Geschichte, Politik.[5]
Nach dem Tode Alexanders des Grossen im Jahre 323 v.Chr. erheben sich die Athener gegen die makedonische Herrschaft. Aristoteles, nun in Gefahr wegen Hochverrats zum Tod verurteilt zu werden, flüchtet nach Chalkis auf Euböa. Dort starb er ein Jahr später, 322 v.Chr., im Alter von 62 Jahren.
Aristoteles soll im Laufe seines Lebens um die 400 Schriften verfasst haben, wovon allerdings nur ein Teil erhalten ist. Die erhaltenen Schriften des Aristoteles teilt man in folgende Kategorien ein:[6]
a) Logische Schriften [Kategorien, Peri Hermenias, Erste Analytiken, Zweite Analytiken, Topik, Sophistische Widerlegungen].
b) Metaphysische Schriften / „Metaphysik“ [Kritik der bisherigen phil. Systeme, Aporienlehre, Abhandlung über den Satz des Widerspruchs u. den Satz vom ausgeschlossenen Dritten, Untersuchungen über die Grenzen der „Ersten Philosophie“, Lehre von der Substanz, Lehre von der Potentialität und Aktualität, Das Absolute, Die mathematischen Objekte, Die Ideen].
c) Naturwissenschaftliche Schriften [u.a. Physik, Über den Himmel, Über Entstehen und Vergehen, Über Meteorologie, Über vergleichende Anatomie und Physiologie, Über die Tiere].
d) Ethisch-politische Schriften [Über die Seele, Nikomachische Ethik, Politik].
e) Rhetorik
f) Poetik
g) Exoterische Schriften [für einen Kreis außerhalb der Schule bestimmt und meist in Dialogform gehalten].
Die Nikomachische Ethik zählt zu den ethisch-politischen Schriften des Aristoteles[7]. Bezeichnend für Aristoteles ist seine besondere philosophische Anschauung, die durch seinen Realismus ihre wahre Eigentümlichkeit erhält. So ist Aristoteles - ganz im Gegensatz zu seinem Lehrer Platon – nicht als Idealist, sondern als Realist anzusehen.
4 Definition der ethischen arete
Die arete ist ihrem Ursprung nach ein soziales Ideal, das sich in Abhängigkeit vom gemeinschaftlichem Kontext und dessen Struktur bildet und sogleich für alle, die der Gemeinschaft angehörig sind, gültig ist[8]. Zu Zeiten Aristoteles´ bildet bspw. der „Held“, der sich durch Kampfkraft, -stärke und Gewandtheit auszeichnet, ein solches Ideal und genießt dadurch eine Vorrangstellung innerhalb der Gesellschaft[9]. Doch anders als noch Sokrates und Platon, welche die arete mit Wissen gleichgesetzt sahen, macht Aristoteles genau dort die Trennung, um nicht zuletzt eine höhere Bewertung der einzelnen aretai zu erzielen[10]. So kann Aristoteles als der größte Befürworter des ethischen Ansatzes in bezug auf den Tugendbegriff angesehen werden[11]. Der Ausdruck „arete“ wird gemeinhin mit „Tüchtigkeit“, „Trefflichkeit“, mit „Befähigung“ oder auch mit „Tugend“ ins Deutsche übersetzt[12].
Aristoteles versucht im Buch II in seiner NE die ethische arete zunächst einzuordnen, indem er aufzeigt, was sie nicht ist und somit den weiteren Verlauf seiner Überlegungen präjudizierend beeinflusst.
4.1 Abgrenzung der ethischen arete zur dianoethischen arete
Die sittliche Trefflichkeit lässt sich in zwei Bereiche unterteilen: Zum einen in dem Teil, in dem man gemeinhin von der Vorzüglichkeit des Ver-standes [dianoethische arete] und zum andern, in dem man von der Vorzüglichkeit des Charakters [ethische arete] spricht.[13]
Nun liegt der Unterschied zwischen den beiden aretai darin, dass die dianoethische arete zum größten Teil aus Lehre gewonnen wird, bzw. werden kann und Erfahrung und Zeit beansprucht, wohingegen die ethische arete ein Ergebnis von Gewöhnung darstellt.[14] Der Schluss liegt dabei recht nahe, die ethische arete für eine natürliche Gegebenheit zu halten, wenn sie ja nicht durch Lehre oder Belehrung entstehen kann[15]. Doch die ethischen aretai entstehen dabei aber weder unter irgendwelchem Zwang mit oder gegen die Natur, sondern es ist dem Menschen schlicht immanent, die sittlichen Vorzüge, wie Aristoteles sie mithin auch nennt, aufzunehmen und sich ihnen durch Gewöhnung anzunähern. Dass also die Charaktervorzüge nicht angeboren sein können, sieht Aristoteles durch die Tatsache belegt, dass Naturdinge sich nicht in ihrer Art umgewöhnen können. Da Charaktereigenschaften aber offensichtlich dynamisch sind, können diese deshalb nicht von Natur her angeboren sein.
[...]
[1] vgl. Ackrill, John L., “Aristoteles – eine Einführung in sein Philosophieren”, Berlin 1985, S.12.
[2] vgl. Hirschberger, Johann, „Geschichte der Philosophie“, Band I, Freiburg im Breisgau 1980, S.153.
[3] vgl. Ackrill, John L., S.12.
[4] vgl. Hirschberger, S.153.
[5] Ebda.
[6] vgl. Friedlein, Curt, „Geschichte der Philosophie“, Erich Schmidt Verlag, Berlin 1992, S.54 f.
[7] Andere Autoren, wie etwa Ursula Wolf, schlagen eine andere Einteilung der Schriften in 3 Klassen vor. Die NE gehört dann zur Klasse der esoterischen Schriften. vgl. Wolf, Ursula, „Aristoteles´ Nikomachische Ethik“, Darmstadt 2002, S.18.
[8] vgl. Kube, Jörg, „Techne und Arete – Sophistisches und Platonisches Tugendwissen“ in „Quellen und Studien zur Geschichte der Philosophie“, Band XII, Berlin 1969, S.40.
[9] vgl. Kube, Jörg, S.41.
[10] vgl. Bächli, Andreas und Graeser, Andreas, „Grundbegriffe der antiken Philosophie“, Stuttgart, 2000, S.221.
[11] vgl. Nussbaum, Martha, „Nicht-relative Tugenden: Ein aristotelischer Ansatz“, in: Rippe, Klaus Peter u. Schaber, Peter, „Tugendethik“, Reclam Verlag, Stuttgart 1998, S.115
[12] vgl. Wolf, Ursula, „Aristoteles´ Nikomachische Ethik“, Darmstadt 2002, S.258.
[13] vgl. „Aristoteles - Nikomachische Ethik“, in der Übersetzung von Franz Dirlmeier, Reclam Verlag, Stuttgart 1983, S.32. Auf dieses Werk wird in der Folge mit „Aristoteles - NE“ und der Angabe der Seitenzahl verwiesen.
[14] Ebda.
[15] vgl. Wolf, Ursula, „Aristoteles´ Nikomachische Ethik“, Darmstadt 2002, S.67.
- Quote paper
- B.A. Guido Üffing (Author), 2003, Die Mesoteslehre des Aristoteles in der Nikomachischen Ethik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31215
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