Die Arbeit analysiert das Wesen von Meinungen, Wissen und Wahrheit und begründet auf dieser Grundlage die Meinungsfreiheit in modernen Gesellschaften. Speziell in Informationsgesellschaften stellt sich der Autor die Frage, ob eine Zensur von Meinungen oder eine Zensur von Informationen gravierendere Auswirkungen hat. Das Ergebnis ist eng verknüpft mit dem paternalistischen Vorenthalten gefährlicher Informationen: Informationsfreiheit wiegt im Zweifelsfall schwerer als Meinungsfreiheit.
In Deutschland wurde Pressefreiheit vor allem als die Erlaubnis zum Meinungskampf über Presserzeugnisse verstanden. Diese Eigenheit des idealistisch-theoretischen Ansatzes nutzten die Nationalsozialisten für ihren Meinungskampf gegen die Weimarer Republik aus. „Bereits am Beginn der nationalsozialistischen Bewegung war die Bildpropaganda ein bedeutsames Instrument der Selbstdarstellung und der Massenmobilisierung“. Plakate, Fotos, Film und Bildgewaltigkeit waren dabei Derivate der Pressefreiheit, also jener Freiheit, die es jedem erlaubte, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Dass die Nationalsozialisten auch nach der Machtübernahme intensiv die Medien und ihr Potential zur Meinungsbildung nutzten, ist kein Geheimnis, vielmehr erkannte man, dass eine vollständig gleichgeschaltete
Meinungspresse keinen propagandistischen Effekt mehr erzielen könnte. Diese Erfahrungen waren ein Grund, warum die Alliierten nach dem Sieg in Deutschland ein auf Informationsbelieferung orientiertes Zeitungswesen einrichten und weg wollten von den klassischen Meinungsblättern aus der Parteizeitungstradition.
(Mindestens) eine Lehre lässt sich aus der eigenen Geschichte ziehen: die Meinungsfreiheit ist eine der wichtigsten und heiligsten Errungenschaften zivilisierter Kulturen.
Sie zu achten und zu schützen ist höchste Aufgabe jeder freiheitlich organisierten Gesellschaft.
Wie sich die Meinung, ihre Bildung und Äußerung im Laufe der Zeit verändert haben und welche Rolle Informationen inzwischen spielen, möchte diese Arbeit in Ausschnitten versuchen zu erklären. Stationen dieses Versuchs sind eine allgemeine Begründung der Meinungsfreiheit, der Charakter von Meinungen und die Frage, warum die Zensur von Informationen gefährlicher ist als die Zensur von Meinungen.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Die Begründung der Meinungsfreiheit
- Warum Meinungsfreiheit gar nichts mit der Suche nach Wahrheit zu tun hat
- Warum eine Meinung niemals falsch ist
- Das Konsistenzkriterium
- Ein Plädoyer für Informationsfreiheit
- Über den Unterschied zwischen meinen und wissen und das Paradox der verschwindenden Meinung
- Schlußbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit untersucht die veränderte Bedeutung von Meinungsfreiheit in Informationsgesellschaften. Sie beleuchtet die historische Entwicklung der Meinungsfreiheit, insbesondere im Kontext der Pressefreiheit, und analysiert die unterschiedlichen Argumentationsansätze zur Begründung der Meinungsfreiheit. Darüber hinaus werden die Rolle von Informationen in der Meinungsbildung und das Paradox der verschwindenden Meinung diskutiert.
- Historische Entwicklung der Meinungsfreiheit, insbesondere der Pressefreiheit
- Individuelle und kollektive Begründung der Meinungsfreiheit
- Die Bedeutung von Informationen in der Meinungsbildung
- Das Paradox der verschwindenden Meinung
- Der Unterschied zwischen Meinung und Wissen
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas Meinungsfreiheit in Informationsgesellschaften dar und skizziert den historischen Kontext, in dem sich der Gedanke der Meinungsfreiheit entwickelte. Sie führt auch die zentralen Fragestellungen der Arbeit ein.
- Die Begründung der Meinungsfreiheit: Dieses Kapitel beleuchtet die beiden wichtigsten Theorien zur Begründung der Meinungsfreiheit, die individuell-anthropologische und die kollektiv-soziologische Erklärung. Es werden die Argumente und die Stärken und Schwächen beider Ansätze diskutiert.
- Warum Meinungsfreiheit gar nichts mit der Suche nach Wahrheit zu tun hat: Dieses Kapitel thematisiert die These, dass Meinungsfreiheit nicht mit der Suche nach Wahrheit gleichzusetzen ist. Es wird argumentiert, dass Meinungsfreiheit dem Individuum ein Recht auf freie Meinungsbildung und -äußerung einräumt, unabhängig davon, ob die geäußerte Meinung wahr oder falsch ist.
- Warum eine Meinung niemals falsch ist: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, ob Meinungen objektiv "richtig" oder "falsch" sein können. Es wird das Konsistenzkriterium eingeführt, das besagt, dass eine Meinung, die widerspruchsfrei und kohärent zu anderen Meinungen des Individuums ist, nicht als falsch angesehen werden kann.
- Ein Plädoyer für Informationsfreiheit: Dieses Kapitel argumentiert, dass die Zensur von Informationen gefährlicher ist als die Zensur von Meinungen. Es werden die Bedeutung von Informationsfreiheit für eine freie Gesellschaft und die Gefahren der Informationskontrolle erläutert.
- Über den Unterschied zwischen meinen und wissen und das Paradox der verschwindenden Meinung: Dieses Kapitel analysiert den Unterschied zwischen Meinungen und Wissen und diskutiert das Paradox der verschwindenden Meinung. Es wird argumentiert, dass die zunehmende Verfügbarkeit von Informationen und die Beschleunigung der Informationsflüsse zu einer Verwässerung von Meinungen und einer Zunahme der Meinungsverschiedenheit führen können.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Begriffen Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit, Meinungsbildung, Informationsgesellschaft, Individuum, Kollektiv, Zensur, Wissen, und Wahrheit. Die Untersuchung fokussiert auf die theoretischen und empirischen Aspekte der Meinungsfreiheit im Kontext der digitalen Transformation und der wachsenden Bedeutung von Informationen.
- Quote paper
- Jakob Müller (Author), 2007, Meinung, Wissen, Wahrheit. Die veränderte Bedeutung von Meinungsfreiheit in Informationsgesellschaften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/311576