Selbst wenn Adorno recht hätte mit seiner Bemerkung, dass nach Auschwitz kein Gedicht mehr geschrieben werden könne (GS 10 1 Seite 230), so muss man sich fragen, wer kein Gedicht mehr schreiben könne. Dass er es sich und anderen Kulturschaffenden, die nicht selbst in den Lagern waren verbieten will, es nicht fassen kann wenn sie es tun, oder es für zu schwierig hält, dem nötigen Diskurs zu entkommen, mag ja noch angehen. Dass er es aber den ehemaligen Lagerinsassen mit diesem Satz verweigern zu können glaubt, kann so kaum akzeptiert werden.
Gibt es denn vielleicht eine Möglichkeit außer affirmativer Positivität und steckenbleibender, aushaltender Negation?
Um eine solche innerhalb des Kulturbetriebes entdecken zu können, sollte sie
a) real existiert haben,
b) möglichst von Adorno wahrgenommen worden sein,
c) die Adorno sehr bewegenden Themen Antisemitismus, Kulturindustrie und Auschwitz berühren.
Ich denke, dass ein solcher Kulturbereich doch gefunden werden - in einem weiteren speziellen Interessengebiet von Adorno, nämlich der Musik.
Es ist der Jazz.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Die Negative Dialektik und der Jazz
- Alle Kultur nach Auschwitz, samt der dringlichen Kritik daran, ist Müll
- Aushalten als einzige mögliche Reaktion auf Auschwitz
- Gibt es wirklich keine Möglichkeit für die Kultur und ihre Weiterführbarkeit nach Auschwitz?
- Es ist der Jazz
- Der musikalische Gehalt
- Improvisation und Blues
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Das Referat befasst sich mit Theodor W. Adornos Konzept der „Negativen Dialektik“ im Kontext des Jazz. Es untersucht, wie Adorno die Rolle der Kultur nach Auschwitz betrachtet und wie der Jazz als möglicher Ausdruck einer nicht-affirmativen Kultur betrachtet werden kann.
- Die unüberwindbare Aporie von Auschwitz
- Die Unmöglichkeit einer "Lösung" im Sinne positiver Dialektik
- Adornos Kritik an Kulturindustrie und Standardisierung
- Der Jazz als möglicher Ausdruck des Nichtidentischen
- Die Rolle der Improvisation und des Blues in der Musik
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Das Referat beginnt mit einer Einführung in Adornos Konzept der „Negativen Dialektik“ im Kontext des Holocaust. Es wird argumentiert, dass Adorno die Kultur nach Auschwitz als unrettbar beschädigt und für eine Weiterentwicklung ungeeignet sieht.
- Im zweiten Teil des Referats werden die Unmöglichkeiten einer affirmativen oder verneinenden Haltung gegenüber der Kultur nach Auschwitz diskutiert. Die einzige verbleibende Möglichkeit für Adorno ist das „Aushalten“ des Nichtidentischen und der Widersprüche.
- Das Referat erörtert dann die Frage, ob es eine Möglichkeit für die Weiterentwicklung der Kultur nach Auschwitz gibt, die weder positiv affirmativ noch negativ aushaltend ist. Es wird argumentiert, dass der Jazz einen solchen Raum für Kultur bieten könnte.
- Im letzten Kapitel wird der Jazz als Beispiel für eine Kulturform betrachtet, die sich den Prinzipien der Standardisierung und Kommerzialisierung der Kulturindustrie entzieht. Die Improvisation und der Blues werden als Ausdruck des Nichtidentischen und der Widerstandsfähigkeit gegenüber der Kulturindustrie interpretiert.
Schlüsselwörter (Keywords)
Negative Dialektik, Auschwitz, Kulturindustrie, Jazz, Improvisation, Blues, Nichtidentische, Aushalten, Standardisierung, Kommerzialisierung, Antisemitismus.
- Quote paper
- Gregor Pollach (Author), 2004, Adorno, die Negative Dialektik und der Jazz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310963