In dieser Arbeit möchte ich darstellen, in welcher Hinsicht das Stück „Baal“ in der Tradition der Philosophie Friedrich Nietzsches steht. Es ist in der Forschungsliteratur eine allgemein anerkannte Tatsache, dass Bert Brecht Nietzsches Werk bereits in jungen Jahren – die Autoren Müller/Kindt datieren die Lektüre auf das Jahr 1913 – gelesen hat. Auch ist es hinreichend bekannt, dass Brecht sich das nietzscheanische Weltbild als junger Mann zu eigen und zu Nutze machte: „Die Selbststilisierung Brechts nach dem Vorbild Nietzsches ist, finde ich, mit Händen zu greifen“, schreibt Christof Subik, und auch zahlreiche andere Autoren weisen darauf hin, dass Brecht Nietzsches Reputation und Philosophie nicht nur für seinen persönlichen Auftritt und die Hervorhebung der eigenen Person als begabter Künstler nutzte, sondern auch, dass sein Frühwerk durchzogen ist von nietzscheanischen Einflüssen.
Da Brechts Figur Baal auffallend viele autobiographische Züge trägt, fällt hier beides zusammen. Die Übereinstimmungen zeigen sich sowohl bei der Kunstauffassung, die Brecht teils von Nietzsche übernahm, der Ablehnung Wagners und der décadence, als auch in der radikalen Diesseitigkeit und Lebensbejahung, die Baal kennzeichnet. Dass das Stück den Dichter sein ganzes Leben lang bewegt hat, ist eine bekannte Tatsache, die sich in zahlreichen Überarbeitungen spiegelt, die Brecht im Abstand von Jahrzehnten immer wieder angefertigt hat – die Urfassung des Baal stammt aus dem Jahr 1918, wenige Monate später folgt die erste Überarbeitung, die zweite 1926, und sogar 1955 noch entstand eine vierte Version.
Die ersten drei Aspekte, unter denen in dieser Arbeit hermeneutische Untersuchungen angestellt werden sollen, sind von den zentralen Themen in Nietzsches Werk her angelegt: der Rolle der Kunst und des Künstlers; dem Konzept des Übermenschen und dem Verhältnis zum Nihilismus, den Nietzsche bekanntermaßen zu überwinden anstrebt. Es sollen hier jeweils die philosophischen Ansätze Nietzsches mit den Handlungs- und Charakterstrukturen der Figur Baal verglichen werden, wobei die These ist, dass hier frappierende Ähnlichkeiten zu finden sind. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Baal als dionysischer (Lebens-)Künstler
- Übermensch Baal?
- Das Nichts. Verlorenheit oder Überwindung?
- Baals Tod. Versagen oder Vollendung?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die philosophischen Verbindungen zwischen Bertolt Brechts Stück „Baal“ und den Ideen Friedrich Nietzsches. Insbesondere wird die Frage aufgeworfen, inwiefern Baals Charakter und Handlungsweise als ein Spiegelbild der dionysischen Philosophie Nietzsches betrachtet werden können.
- Die Rolle der Kunst und des Künstlers in der Philosophie Nietzsches
- Das Konzept des Übermenschen und dessen Verhältnis zum Nihilismus
- Die Bedeutung des Vitalismus und der Lebensbejahung in Baals Charakter
- Die Frage nach dem Sinn und der Deutung von Baals Tod
- Der Einfluss Nietzsches auf Brechts Frühwerk
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung führt in die Thematik der Arbeit ein und erläutert die zentralen Fragen und die zugrundeliegende These.
- Kapitel 2 untersucht, inwieweit Baal als eine Verkörperung des dionysischen Prinzips in Nietzsches Philosophie verstanden werden kann. Es werden die charakteristischen Merkmale des dionysischen Künstlers und ihre Entsprechungen in Baals Persönlichkeit und Verhalten beleuchtet.
- Kapitel 3 befasst sich mit der Frage, ob Baal als Übermensch im Sinne Nietzsches interpretiert werden kann. Hierbei werden die Nietzscheanischen Konzepte des Übermenschen und des Nihilismus analysiert und mit Baals Charakter und Handlungen in Bezug gesetzt.
- Kapitel 4 widmet sich dem Thema des Nichts und der Frage, ob Baals Lebenshaltung als eine Form der Überwindung des Nihilismus interpretiert werden kann oder ob er in diesem Kontext eher als ein Verlorener erscheint.
- Kapitel 5 diskutiert Baals Tod und die Frage, ob sein Lebensweg im Sinne des Vitalismus als eine Vollendung oder eher als ein Versagen betrachtet werden kann. Es werden die philosophischen Implikationen des Todes Baals in Bezug auf Nietzsches Philosophie analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Verbindung zwischen Bertolt Brechts Drama „Baal“ und der Philosophie Friedrich Nietzsches. Zentral sind die Themen des dionysischen Künstlers, des Übermenschen, des Nihilismus, des Vitalismus, des Todes, sowie die Frage nach der Interpretation des Stücks im Lichte der Nietzscheanischen Philosophie.
- Quote paper
- Sophia Artmann (Author), 2013, Bertolt Brechts "Baal" im Horizont der Philosophie Friedrich Nietzsches, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310303