In dieser Arbeit wird vor dem Hintergrund der Theorien von Judith Butler und moderner Sozialisationstheorien die komplexe Lebensrealität von heranwachsenden Schwulen und schwulen Vätern untersucht.
In der öffentlichen Diskussion werden vermehrt die Rechte von Homosexuellen thematisiert. Dabei fällt auf, dass die Forderung nach mehr Rechten für Homosexuelle (z.B. Adoption, „Homo“-Ehe) nicht überwiegend auf offene Ohren trifft. Am rechten Rand der Gesellschaft macht sich zwar Unmut über die immer weitgehendere Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Partnerschaften breit, aber im allgemeinen scheint es doch gesellschaftlicher Konsens zu sein, dass Diskriminierung von Homosexuellen gänzlich abgebaut werden sollte.
In einem Bereich reagieren allerdings viele Menschen, die sich im selben Atemzug als Freunde von Homosexuellen ausgeben, recht ablehnend, nämlich dann, wenn Homosexuelle Kinder adoptieren oder auf anderem Wege eine Familie gründen möchten. Es wird der Versuch unternommen, andere und sich selbst glauben zu lassen, dass dies kein diskriminierender Akt sei, denn den Homosexuellen ginge es doch gut und sie hätten doch viele Rechte. Dem Tenor nach soll Familie ein Privileg der heterosexuellen Gemeinschaft bleiben. Dennoch ist der diskriminierende Charakter solcher Äußerungen und Haltungen nicht zu übersehen. Die Argumentation stützt sich dabei häufig auf das vermeintlich gefährdete Kindeswohl1 in homosexuellen Familien. Damit wird deutlich, dass wir in einer heteronormativen Gesellschaft leben, in der die heterosexuelle Orientierung als Maß der Dinge herangezogen wird. Neben anderen Sozialisationsinstanzen ist die Familie der Ort, an dem Geschlechternormen erlernt und damit Heteronormativität reproduziert wird.
In dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, wie Menschen, die in ihrer sexuellen Identität2 dem heteronormativen Ideal nicht entsprechen, mit der sie umgebenden Heteronormativität umgehen, ihre Identität ausbilden und welche Vorstellungen von Familie sie entwickeln. Dabei konzentriert sich die Untersuchung auf die Erfahrungen schwuler Männer, da diese in der Forschung zu queeren Familien unterrepräsentiert sind [...].
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Sexuelle Identität und Familienvorstellungen im Kontext heteronormativer Sozialisation
- Sozialisationstheorien
- Hurrelmanns Sozialisationstheorie
- Gender-kritische Erweiterung der Sozialisationstheorie
- Der Subjektbegriff in der Sozialisationsforschung
- Queer-Theorie und Judith Butler
- Theoretische Synthese: „Queer-Sozialisations-Theorie“
- Forschungsstand
- Methoden
- Erfahrungen und Familienvorstellungen von Schwulen
- Rekonstruktion der Interviews
- Handlungsstrategien der Befragten im Vergleich
- Heteronormative Sozialisation / Subjektivation
- Fazit
- Schwul und Vater
- Subjektivation
- Bedeutung von Sprache
- Aushandlung von Normen
- Fazit
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, wie schwule Männer mit der umgebenden Heteronormativität umgehen, ihre Identität ausbilden und welche Vorstellungen von Familie sie entwickeln. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Erfahrungen schwuler Männer, da diese in der Forschung zu queeren Familien unterrepräsentiert sind.
- Analyse der Subjektbildung schwuler Männer im Kontext heteronormativer Sozialisation
- Erforschung der Herausforderungen und Chancen der Familiengründung für schwule Männer
- Rekonstruktion der Erfahrungen und Familienvorstellungen von schwulen Männern
- Untersuchung der Aushandlungsprozesse zwischen heteronormativen Normen und individuellen Lebensentwürfen
- Bewertung des Einflusses von Sprache und Kommunikation auf die Subjektivation und Familiengestaltung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt das Problem der heteronormativen Gesellschaft dar, die Homosexuelle in der Familiengründung behindert. Sie führt den Forschungsgegenstand ein und skizziert den theoretischen Rahmen der Untersuchung.
- Sexuelle Identität und Familienvorstellungen im Kontext heteronormativer Sozialisation: Dieses Kapitel behandelt theoretische Grundlagen der Sozialisationstheorie und deren Anwendung auf die Situation schwuler Männer. Es analysiert den Einfluss der Heteronormativität auf die Identitätsentwicklung und Familienvorstellungen.
- Erfahrungen und Familienvorstellungen von Schwulen: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Interviews mit schwulen Männern, die (noch) keine Familie gegründet haben. Es beleuchtet die familiäre Sozialisation, den Umgang mit der heteronormativen Lebensumwelt und die eigenen Familienbilder der Interviewpartner.
- Schwul und Vater: Dieses Kapitel widmet sich der Frage, wie schwule Väter mit der vorherrschenden heterosexuellen Norm und deren Folgen für das eigene Familienleben umgehen.
Schlüsselwörter
Heteronormativität, Sozialisation, Subjektivation, queere Familien, Familie, Geschlechterrollen, Identitätsentwicklung, Coming-out, Diskriminierung, Sprache, Kommunikation.
- Quote paper
- Mahir Bektas (Author), 2015, Wenn Schwule Vater werden..., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/310235