[...] Dissensfrei scheint, dass Marktakteure mit einem ständigen Wandel von risikoinduzierten Marktdeterminanten konfrontiert sind und nur ein risikooptimiertes Verhalten der Unternehmensleitung ihre Existenz nachhaltig zu sichern vermag. Risiken sind Bestandteil der unternehmerischen Aktivitäten. Das inkludiert auch die Auseinandersetzung mit den gesetzlich verankerten Pflichten. Rückblickend auf die Finanzkrisen in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts folgte Ende April 1998 als regulatorische Konsequenz das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) für kapitalmarktorientierte Unternehmen. Im Fokus des KonTraG steht die Verpflichtung zur Einführung eines adäquaten Risikomanagements: „Der Vorstand hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit der Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden“ (§ 91 Abs. 2 AktG). Auch nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen haben „im Lagebericht die voraussichtliche Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken zu beurteilen und zu erläutern“ (§ 289 Abs. 1 HGB). Mit der Übernahme der 8. EU-Richtlinie in das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) im Mai 2006 wurde zudem die Überwachung der Wirksamkeit des Risikomanagements gestärkt.
Den vorgenannten Normen ist kritisch anzumerken, dass sie nicht die Art und Weise der Ausgestaltung des Überwachungssystems aufgreifen und insbesondere die dominierende Präsenz der insolvenzgefährdeten kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland nicht gebührend berücksichtigen. Im Jahr 2013 gab es laut Creditreform 26.300 Unternehmensinsolvenzen. Hiervon waren fast ausschließlich kleine und mittlere Unternehmen betroffen (vgl. Creditreform 2013, S. 1 ff.). Ferner haben die Insolvenzursachenstudien der Euler Hermes in 2009 ergeben, dass rund 6 von 10 der insolventen Unternehmen nicht über ein Controlling verfügten und nur ca. 5 von 10 der betroffenen Unternehmen über eine vom Tagesgeschäft freigestellte Person für Strategieüberlegungen beschäftigte (vgl. Euler Hermes 2009, S. 16). Wenngleich die Zahl der Unternehmensinsolvenzen nur die publizierte „Spitze des Eisbergs“ zeigt, liegt die Vermutung nahe, dass die Anzahl potenzieller vorinsolvenzlicher Sanierungsfälle von kleinen und mittleren Unternehmen das Ausmaß bei weitem übersteigen dürfte. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung und Zielsetzung
- Aufbau und Struktur der Arbeit
- Unternehmenskrisen
- Krisenbegriff
- Krisenstadien
- Stakeholderkrise
- Strategiekrise
- Produkt- und Absatzkrise
- Erfolgskrise
- Liquiditätskrise
- Insolvenzreife
- Krisenursachen und -symptome
- Endogene Krisenursachen
- Exogene Krisenursachen
- Krisensymptome
- Konsequenzen der Insolvenzreife
- Rechtliche Rahmenbedingungen der Insolvenz
- Insolvenzgründe
- Antragspflicht und Haftungsrisiken
- Prüfung der Insolvenztatbestände
- Prüfung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO
- Prüfung der Überschuldung gemäß § 19 InsO
- Prüfung der Fortführung des Unternehmens gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB
- Forschungsstand der Krisenursachen im Insolvenzkontext
- Erkenntnisse aus der Unternehmenskrise für das Sanierungscontrolling
- Unternehmenssanierung in der Krise
- Sanierungsbegriff
- Sanierungsmaßnahmen
- Finanzielle Sanierungsmaßnahmen
- Operative Sanierungsmaßnahmen
- Strategische Sanierungsmaßnahmen
- Sanierungsmaßnahmen unter Insolvenzschutz
- Integrierte Sanierungsplanung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung eines ganzheitlichen Sanierungscontrolling-Konzeptes, das speziell auf die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in einer Krisensituation zugeschnitten ist. Ziel ist es, ein praxisnahes Instrumentarium zu schaffen, das die Geschäftsführung bei der Planung, Steuerung und Überwachung von Sanierungsmaßnahmen unterstützt und so das Überleben und die nachhaltige Rentabilität des Unternehmens sichert.
- Entwicklung eines ganzheitlichen Sanierungscontrolling-Konzepts
- Spezielle Anforderungen an das Sanierungscontrolling für KMU
- Integration von Risikomanagement-Aspekten in das Sanierungscontrolling
- Anwendung der Balanced Scorecard im Sanierungskontext
- Gestaltung einer Crisis Intervention & Restructuring-Scorecard (CIR-SC) als praxisnahes Instrument
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer umfassenden Darstellung des Begriffs der "Unternehmenskrise". Hierbei werden verschiedene Krisenstadien, deren typische Ursachen und Symptome sowie die rechtlichen Konsequenzen von Insolvenzreife erörtert. Weiterhin werden Erkenntnisse aus dem Forschungsstand zu Insolvenzursachen in Deutschland präsentiert.
Im Anschluss wird der Sanierungsbegriff definiert und das Instrumentarium an Sanierungsmaßnahmen aufgezeigt. Dabei werden die unterschiedlichen Kategorien finanzieller, operativer und strategischer Maßnahmen erläutert, wobei auch das ESUG-Schutzschirmverfahren als wichtige Möglichkeit der Sanierung unter Insolvenzschutz vorgestellt wird.
Der dritte Teil der Arbeit befasst sich mit dem Sanierungscontrolling. Es werden die Funktionen und Aufgaben des Controllings sowie verschiedene Controlling-Konzeptionen vorgestellt. Der Begriff des Sanierungscontrollings wird definiert und die spezifischen Anforderungen an dieses Instrumentarium im Sanierungsprozess erörtert.
Im vierten Kapitel werden die Zusammenhänge zwischen Sanierungscontrolling und Risikomanagement beleuchtet. Hierzu werden die relevanten Begriffe sowie der Risikomanagement-Prozess mit seinen einzelnen Phasen dargestellt. Darüber hinaus werden indikatorbasierte Früherkennungssysteme und deren Methodik vorgestellt.
Im fünften Kapitel wird die Crisis Intervention & Restructuring-Scorecard (CIR-SC) als ein ganzheitliches Sanierungscontrolling-Instrument entwickelt. Das Konzept der CIR-SC wird anhand eines fiktiven Unternehmensbeispiels ausführlich erläutert und die Implementierung in den Sanierungsprozess anhand von Handlungsempfehlungen demonstriert.
Die Arbeit schließt mit einem Resümee, das die wichtigsten Ergebnisse zusammenfasst, sowie einem Ausblick auf die zukünftige Relevanz des Sanierungscontrollings für KMU.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Unternehmenskrisen, Sanierungsmanagement, Sanierungscontrolling, Risikomanagement, Balanced Scorecard, Crisis Intervention & Restructuring-Scorecard (CIR-SC), KMU und Insolvenz.
- Quote paper
- Michael Ewert (Author), 2014, Holistisches Sanierungscontrolling für kleine und mittlere Unternehmen. Gestaltung einer Crisis Intervention & Restructuring-Scorecard, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/309946