Beginnen möchte ich mit kurzen Erläuterungen zu Wittgensteins Methode und Verständnis von philosophischen Problemen sowie dem wichtigen „Gegenstand“ des Privatsprachenarguments, nämlich dem inneren Zustand. Daran anschließend die Frage, was das Innere nach Wittgenstein ist und in welchem Verhältnis es zum Äußeren steht. Nachdem der sprachphilosophische Ansatz Wittgensteins skizziert wurde, sollen kurz mögliche Einwände desselben angedeutet werden. II. Methode und Gegenstand.
Theorien, was denn die Seele oder das Innere sei, gibt es zahlreiche, von der antiken Philosophie angefangen, über Descartes bis hin zur Psychologie des 20. Jahrhunderts. Ihnen allen ist eines gemeinsam, sie beschreiben ihre Gegenstände der Untersuchung, innere Zustände, mit einer Sprache, die unabhängig von dem beschriebenen Gegenstand etwas zum Ausdruck bringen soll, nämlich was der zu untersuchende Gegenstand ist. Demzufolge steht auf der einen Seite die Sprache mit ihren Begriffen und Bezeichnungen, derer wir uns bei der Beschreibung des Objekts der Untersuchung und Formulierung einer Theorie bedienen und auf der anderen Seite steht der Gegenstand, der bezeichnet wird. Beide Seiten, Sprache und Bezeichnetes, werden so behandelt, als seien diese unabhängig voneinander, so als würde man den Gegenständen eine Namenstafel umhängen und dadurch erst eine Beziehung von Sprache und Gegenstand herstellen.
Was wäre aber, wenn wir in die zu untersuchenden Objekte durch die Sprache erst das hineinlegen, was wir eigentlich untersuchen wollen? Wie wäre es, wenn wir durch unsere Sprache „Gegenstände“ erzeugen, zu denen wir nur durch sie gelangt sind? Von welcher Art wären dann diese „Gegenstände“? Legen wir uns nicht mit einem bestimmten Blickwinkel durch die damit verbundenen Voraussetzungen bereits vor der Untersuchung fest, was schließlich heraus kommen soll? Solche, oder so ähnliche Fragen könnten Ludwig Wittgenstein geplagt haben und ihn dazu gebracht haben, es einmal anders zu versuchen a n philosophische Probleme heranzutreten. Eine bekannte Metapher, die seine Auffassung und Herangehensweise an philosophische Problemen wiedergibt, findet sich in den PU, die „Fliegenglas“ Metapher.
Inhalt:
I. Einleitung
II. Methode und Gegenstand
III. Ausdruck des Inneren
IV. Was ist das Innere?
V. Schlussteil
„Wenn Miene, Gebärde und Umstände eindeutig sind, dann scheint das Innere das Äußere zu sein; erst wenn wir das Äußere nicht lesen können, scheint ein Inneres hinter ihm versteckt.“ (Wittgenstein, MS 173)
Um der Aufgabenstellung dieser Hauptseminararbeit gerecht werden zu können, gilt es zunächst einmal das Themengebiet „Empfindung und Ausdruck – Innen und Außen Metaphorik“ einzugrenzen, da Ludwig Wittgenstein in seiner Spätphilosophie zu dieser Thematik eine Menge an Manuskripten hinterlassen hat. Der Fokus der Primärtexte Wittgensteins, die in dieser Arbeit verwendet werden, wird auf dem ersten Teil der Philosophischen Untersuchungen (PU) liegen, insbesondere den Paragraphen §§ 304-315, zudem werden weitere Textstellen aus dem zweiten Teil der Philosophischen Untersuchungen (PU II), sowie aus den so genannten Letzten Schriften über die Philosophie der Psychologie (LS II), heran gezogen, die zusammengenommen ein etwas vollständigeres Bild der Thematik liefern sollen, als die genannten Bemerkungen in den Philosophischen Untersuchungen für sich betrachtet. Bei meiner Darstellung der Herangehensweise und Methodik Wittgensteins an philosophische Fragestellungen, wird zudem, neben den PU, das so genannte „Big Typescript“ verwendet. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass es zahlreiche weitere Manuskripte und Typoskripte von Wittgenstein zu diesem Themengebiet gibt. Von einem Anspruch auf Vollständigkeit kann also mit dieser Arbeit kaum die Rede sein.
I. Einleitung
Die Paragraphen §§ 243-315 der Philosophischen Untersuchungen sind unter dem Begriff des „Privatsprachenarguments“ bekannt, einer Bezeichnung, die Wittgenstein nicht gegeben hat, sondern die aus der Rezeption seiner darin enthaltenen Bemerkungen entstanden ist. Mit „privat“ ist hier nicht eine Sprache gemeint, die vielleicht ein Robinson Crusoe allein auf einer einsamen Insel erlernen könnte, sondern die Wörter dieser privaten Sprache sollen sich auf das beziehen, wovon nur der Sprechende wissen kann, also innere Zustände wie z.B. Empfindungen. Wittgenstein plädiert dafür, dass es eine solche privatime Sprache nicht gibt, jedenfalls funktioniere diese nicht in der Art und Weise wie wir oft geneigt sind zu glauben, dass sie funktioniert.
Das Verhältnis von Empfindung und Benehmen, also zwischen dem „Innen“ und dem „Außen“, spielt vor allem in den letzten Paragraphen (304-315) des Privatsprachenarguments in den Philosophischen Untersuchungen eine Rolle. Beginnen möchte ich mit kurzen Erläuterungen zu Wittgensteins Methode und Verständnis von philosophischen Problemen sowie dem wichtigen „Gegenstand“ des Privatsprachenarguments, nämlich dem inneren Zustand. Daran anschließend die Frage, was das Innere nach Wittgenstein ist und in welchem Verhältnis es zum Äußeren steht. Nachdem der sprachphilosophische Ansatz Wittgensteins skizziert wurde, sollen kurz mögliche Einwände desselben angedeutet werden.
II. Methode und Gegenstand
Theorien, was denn die Seele oder das Innere sei, gibt es zahlreiche, von der antiken Philosophie angefangen, über Descartes bis hin zur Psychologie des 20. Jahrhunderts. Ihnen allen ist eines gemeinsam, sie beschreiben ihre Gegenstände der Untersuchung, innere Zustände, mit einer Sprache, die unabhängig von dem beschriebenen Gegenstand etwas zum Ausdruck bringen soll, nämlich was der zu untersuchende Gegenstand ist. Demzufolge steht auf der einen Seite die Sprache mit ihren Begriffen und Bezeichnungen, derer wir uns bei der Beschreibung des Objekts der Untersuchung und Formulierung einer Theorie bedienen und auf der anderen Seite steht der Gegenstand, der bezeichnet wird. Beide Seiten, Sprache und Bezeichnetes, werden so behandelt, als seien diese unabhängig voneinander, so als würde man den Gegenständen eine Namenstafel umhängen und dadurch erst eine Beziehung von Sprache und Gegenstand herstellen.
Was wäre aber, wenn wir in die zu untersuchenden Objekte durch die Sprache erst das hineinlegen, was wir eigentlich untersuchen wollen? Wie wäre es, wenn wir durch unsere Sprache „Gegenstände“ erzeugen, zu denen wir nur durch sie gelangt sind? Von welcher Art wären dann diese „Gegenstände“? Legen wir uns nicht mit einem bestimmten Blickwinkel durch die damit verbundenen Voraussetzungen bereits vor der Untersuchung fest, was schließlich heraus kommen soll?
Solche, oder so ähnliche Fragen könnten Ludwig Wittgenstein geplagt haben und ihn dazu gebracht haben, es einmal anders zu versuchen an philosophische Probleme heranzutreten. Eine bekannte Metapher, die seine Auffassung und Herangehensweise an philosophische Problemen wiedergibt, findet sich in den PU, die „Fliegenglas“ Metapher.
§ 309 Was ist dein Ziel in der Philosophie? – Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zeigen (PU)
Ein Fliegenglas hat in der Mitte nach unten hin einen Eingang durch den die Fliegen in das Glas hinein geraten, nun suchen sie nach einem Ausweg und rennen gegen das Glas nach oben und zur Seite an, um ihr Problem der Gefangenschaft zu lösen. Es gelingt ihnen nicht. Letztlich fallen sie erschöpft auf den Boden des Fliegenglases.
So wie die Fliege einen Ausweg sucht, sucht auch der Philosoph einen Ausweg aus seinem philosophischen Problem. Dabei rennt auch er mit seinem Denken an Grenzen an, die er nicht überwinden kann. Auch bei einem philosophischen Problem gibt es, wie bei einem Fliegenglas, einen Eingang – es ist die Sprache. Und es gibt nach Wittgenstein auch nur einen Ausgang, nämlich genau dort wo wir hineingekommen sind – durch die Sprache.
Eike von Savigny verweist in seinen Kommentaren zu den Philosophischen Untersuchungen in diesem Zusammenhang auf § 115 hin, um zu verdeutlichen, worin die Grenze oder das Verhängnis der Sprache besteht, wenn man sich in philosophische Probleme hinein begibt.[1]
Ein Bild hat uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unsrer Sprache, und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen. (PU § 115)
Wittgenstein vertritt eine Gebrauchstheorie der Sprache (vgl. PU § 43), d.h. die Bedeutung eines Wortes liegt im Gebrauch desselben. Die Wörter, wie wir sie in unserer natürlichen Sprache in diversen Sprachspielen gebrauchen, sind in ihrer Bedeutung sozusagen perfekt, man müsse sich eben anschauen, was man mit ihnen tut. Ein Hammer ist beispielsweise perfekt, um einen Nagel in die Wand zu schlagen, natürlich muss man dazu auch eine Technik beherrschen, so wie auch eine Sprache zu sprechen und anzuwenden eine Technik abverlangt. Versucht man mit einer Zange den Nagel in die Wand zu schlagen, könnte es Probleme geben. Wenn bei philosophischen Problemen und Fragestellungen Verwirrungen entstehen, dann liegt das daran, dass man sich vom richtigen Gebrauch der Sprache entfernt hat und somit Konnotationen von Begriffen hat, die jene gar nicht leisten können. Begriffe aus der Philosophie wie „Existenz, Seele, Ding, Sein, Gegenstand“ sollen also auf ihre ursprüngliche Bedeutung hin untersucht werden.
„ …Wir führen die Wörter von ihrer metaphysischen, wieder auf ihre alltägliche Verwendung zurück.“ (PU § 116)
Das Vorhaben einer Rückführung der richtigen Bedeutung der Wörter erscheint sinnvoll und einleuchtend, jedoch ist die Umsetzung dessen wohl alles andere als einfach. Denn was heißt „richtiger Gebrauch“? Wir haben bestimmte Neigungen, in gewisser Weise über Dinge zu sprechen, so z.B. reden wir oft über unsere mentalen Zustände, als wenn wir über Gegenstände der materiellen Welt sprechen, in Bezug auf das „Haben“ von beispielsweise einem Auto und das „Haben von einer Empfindung. Somit können Irritationen über das Wesen der jeweiligen Gegenstände entstehen, da diese doch von verschiedener Art sind oder zu zumindest zu sein scheinen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass in dieser Diskussion, wenn von Empfindungen und inneren Zuständen die Rede ist, damit der phänomenale Aspekt derselben gemeint ist. Das womöglich untrennbar verbundene materielle Korrelat des Mentalen, ein physikalisch messbarer Gehirnzustand, findet hier keine Beachtung.
Sind wir uns alle über die Vielfalt unserer Sprachspiele bewusst und wissen wir immer, ob wir der Logik unserer Sätze nicht versuchen mehr abzugewinnen als ihre Bedeutung eigentlich leisten kann?
Wittgenstein lässt keinen Zweifel daran, dass dieses Unterfangen keine leichte Aufgabe ist.
„Die Menschen sind tief in den philosophischen d.i. grammatischen Konfusionen eingebettet. Und, sie daraus zu befreien, setzt voraus, daß man sie aus den ungeheuer mannigfachen Verbindungen herausreißt, in denen sie gefangen sind. Man muß sozusagen ihre ganze Sprache umgruppieren. – Aber diese Sprache ist ja so entstanden / geworden /, weil Menschen die Neigung hatten – und haben – so zu denken.“ (BT 285)
[...]
[1] Vgl. Savigny Eike von: Wittgensteins „Philosophische Untersuchungen“, Frankfurt a. Main, 1988, S. 356
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- Peter Faulstich (Author), 2004, Empfindung und Ausdruck. Innen- und Außenmetaphorik bei Ludwig Wittgenstein, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30897
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