Ilse Aichingers Spiegelgeschichte, die 1949 erstmals veröffentlicht wurde, ist eine Geschichte vom Sterben einer jungen Frau. In ihren letzten Zügen erlebt sie vor ihrem inneren Auge nochmal das eigene, mutterlose und durch eine misslungene Abtreibung beendete Leben. Ein relativ trivialer, bedauerlicherweise alltäglicher Stoff? Das ist schwer zu leugnen und wirft die Frage auf, weshalb die Spiegelgeschichte zu einem der „hervorragendsten Erfolge der modernen Kurzgeschichte“ (ALDRIDGE 1988: 149) wurde.
„Nicht das, was sie erzählt, sondern wie Ilse Aichinger erzählt, bringt der Spiegelgeschichte das Prädikat ‚Meisterwerk‘ ein“ (GERLACH 2002: 297): Das im Nahtoderlebnis dargestellte Leben der jungen Frau erfolgt nicht in der üblichen Form des Zeitraffers. Es handelt sich dabei nicht um eine Rekapitulation oder bloße Nacherzählung. In rückwärtsgewandter Richtung, wie im Spiegel also, durchlebt die Frau die Stationen ihres Lebens vom Ende her, kann so Abschied nehmen und sich mit ihren Fehlern versöhnen, bevor dann Tod und Geburt schließlich im gleichen Moment zusammenkommen.
Diese außerordentliche zeitliche Struktur ist eine der wichtigsten, die Spiegelgeschichte konstituierenden Eigenheiten. Was die Erzählung also so einzigartig macht, ist vor allem ihre narrative Umsetzung, das Zusammenspiel bestimmter erzähltechnischer Darstellungsverfahren. Mit anderen Worten, das ‚Was‘ der Geschichte wird für den Lesenden erst durch das ‚Wie‘ gekonnt aufbereitet und ermöglicht uns so neue Perspektiven. Die vorliegende Arbeit will einen Blick auf eben diese Erkenntnis werfen. Natürlich, und das wird sich auch in dieser Arbeit zeigen, können ‚Wie‘ und ‚Was‘, beziehungsweise deren Interpretation, niemals ganz isoliert voneinander untersucht werden.
Dabei werden wir uns auf die genette’schen Kategorien Stimme und Zeit konzentrieren, da diese in der Spiegelgeschichte besonders eindrücklich zur Geltung kommen. Es ergibt sich damit folgende Vorgehensweise: In einem ersten Schritt soll die Erzählsituation in der Spiegelgeschichte geklärt werden, die Eigenschaften der Stimme also sollen umrissen werden. Um die Erzählstimme einzugrenzen werden auch Aspekte der Kategorie Modus eingebracht werden. Danach befassen wir uns mit dem strukturellen Aufbau der Erzählung, wo die Kategorie der Zeit im Mittelpunkt steht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Stimme - Zur Erzählsituation in der Spiegelgeschichte
- Erster Anlauf
- Zweiter Anlauf
- Synthese
- Zeit: Zum zeitlich-strukturellen Aufbau der Spiegelgeschichte
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Ilse Aichingers "Spiegelgeschichte" unter narratologischen Aspekten, insbesondere hinsichtlich der Kategorien "Stimme" und "Zeit" nach Gérard Genette. Ziel ist es, die einzigartige Erzähltechnik der Geschichte zu beleuchten und deren Wirkung auf den Leser zu untersuchen. Dabei wird die Frage nach der Erzählinstanz und der ungewöhnlichen zeitlichen Struktur im Mittelpunkt stehen.
- Analyse der Erzählsituation und der Erzählstimme in der Spiegelgeschichte
- Untersuchung der zeitlichen Struktur und des Aufbaus der Erzählung
- Beziehung zwischen Erzähltechnik und der thematischen Gestaltung des Sterbens und des Rückblicks auf das Leben
- Wirkung der narrativen Verfahren auf die Interpretation des Textes
- Anwendung des genette'schen Beschreibungsmodells auf die "Spiegelgeschichte"
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die "Spiegelgeschichte" als herausragendes Beispiel moderner Kurzgeschichte vor. Sie thematisiert die ungewöhnliche zeitliche Struktur der Erzählung – einen rückwärts gerichteten Lebensrückblick der Protagonistin im Angesicht des Todes – und kündigt die Analyse der Erzähltechnik als zentralen Untersuchungsgegenstand an. Die Arbeit nutzt das genette'sche Modell der Narration (Geschichte, Erzählung, Narration) als analytisches Gerüst und konzentriert sich auf die Kategorien "Stimme" und "Zeit".
Stimme - Zur Erzählsituation in der Spiegelgeschichte: Dieses Kapitel befasst sich mit der Erzählsituation in Aichingers "Spiegelgeschichte". Die Analyse konzentriert sich auf die Frage nach der Identität und der Position der Erzählinstanz. Es wird untersucht, ob es sich um eine extradiegetische, heterodiegetische Erzählinstanz handelt, die die Protagonistin in der "Du"-Form anspricht, oder ob die Protagonistin sich selbst in einem inneren Monolog erzählt. Die Analyse beleuchtet den Erzählstil, der zwischen einfühlsamer Nähe und distanzierter Beobachtung changiert und durch den Wechsel zwischen verschiedenen Fokalisierungen gekennzeichnet ist. Die Unklarheit bezüglich der Erzählinstanz wird als wesentlicher Aspekt der Erzähltechnik herausgestellt, der die Vielschichtigkeit der Interpretation ermöglicht.
Zeit: Zum zeitlich-strukturellen Aufbau der Spiegelgeschichte: Dieses Kapitel (dessen Zusammenfassung fehlt im Originaltext) würde sich mit dem besonderen zeitlichen Aufbau der Erzählung auseinandersetzen. Es würde die rückwärts gerichtete Erzählweise analysieren und deren Funktion für die Darstellung des Lebensrückblicks und das Erleben des Todes beleuchten. Die Analyse würde vermutlich auf die Struktur der Zeitsprünge eingehen und deren Wirkung auf den Leser untersuchen. Die Verbindung zwischen der ungewöhnlichen zeitlichen Struktur und den emotionalen und thematischen Aspekten der Erzählung wäre ein wichtiger Bestandteil der Zusammenfassung.
Schlüsselwörter
Ilse Aichinger, Spiegelgeschichte, Erzähltheorie, Narratologie, Gérard Genette, Stimme, Erzählsituation, Zeit, Erzählstruktur, Rückwärtserzählung, Tod, Lebensrückblick, Interpretation, Erzählinstanz, Modus, Fokalisierung.
Häufig gestellte Fragen zur Analyse von Ilse Aichingers "Spiegelgeschichte"
Was ist der Gegenstand dieser Analyse von Ilse Aichingers "Spiegelgeschichte"?
Diese Arbeit analysiert Ilse Aichingers "Spiegelgeschichte" unter narratologischen Aspekten, insbesondere hinsichtlich der Kategorien "Stimme" und "Zeit" nach Gérard Genette. Ziel ist es, die einzigartige Erzähltechnik der Geschichte zu beleuchten und deren Wirkung auf den Leser zu untersuchen. Im Mittelpunkt stehen die Erzählinstanz und die ungewöhnliche zeitliche Struktur.
Welche Themenschwerpunkte werden in der Analyse behandelt?
Die Analyse umfasst die Untersuchung der Erzählsituation und der Erzählstimme, die Analyse der zeitlichen Struktur und des Aufbaus der Erzählung, die Beziehung zwischen Erzähltechnik und der thematischen Gestaltung des Sterbens und des Rückblicks auf das Leben, die Wirkung der narrativen Verfahren auf die Interpretation des Textes und die Anwendung des genette'schen Beschreibungsmodells auf die "Spiegelgeschichte".
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Erzählsituation ("Stimme"), ein Kapitel zum zeitlichen Aufbau ("Zeit") und eine Schlussbemerkung. Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die "Spiegelgeschichte" vor. Das Kapitel "Stimme" analysiert die Erzählinstanz und den Erzählstil. Das Kapitel "Zeit" (dessen Zusammenfassung im Originaltext fehlt) untersucht den rückwärts gerichteten Aufbau der Erzählung und dessen Funktion. Die Schlussbemerkung fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Methode wird zur Analyse verwendet?
Die Analyse verwendet das genette'sche Modell der Narration (Geschichte, Erzählung, Narration) als analytisches Gerüst und konzentriert sich auf die Kategorien "Stimme" und "Zeit". Es werden Aspekte wie Erzählinstanz, Modus und Fokalisierung untersucht.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen (so weit im Preview ersichtlich)?
Die Unklarheit bezüglich der Erzählinstanz in der "Spiegelgeschichte" wird als wesentlicher Aspekt der Erzähltechnik herausgestellt, der die Vielschichtigkeit der Interpretation ermöglicht. Die rückwärts gerichtete Erzählweise und die Zeitsprünge tragen zur Darstellung des Lebensrückblicks und des Erlebens des Todes bei. Die genaue Verbindung zwischen der ungewöhnlichen zeitlichen Struktur und den emotionalen und thematischen Aspekten der Erzählung wird im Preview nicht vollständig ausgeführt, wird aber als wichtiger Bestandteil der Analyse angekündigt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren diese Analyse?
Ilse Aichinger, Spiegelgeschichte, Erzähltheorie, Narratologie, Gérard Genette, Stimme, Erzählsituation, Zeit, Erzählstruktur, Rückwärtserzählung, Tod, Lebensrückblick, Interpretation, Erzählinstanz, Modus, Fokalisierung.
- Quote paper
- Alexander Bauerkämper (Author), 2009, Erzählen im Spiegel. 'Stimme' und 'Zeit' in Ilse Aichingers "Spiegelgeschichte", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306691