„Tausende von Mitarbeitern zeichnen bundesweit in etwa 9 000 stationären Einrichtungen Tag für Tag alle Leistungen einzeln ab, ohne dass dafür eine verpflichtende Basis besteht! Oder – um es mit den Worten eines Vertreters aus der Expertenrunde zu sagen: ‚Diese Sache hat eine unkontrollierte überschießende Eigendynamik angenommen.“ Noch in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden die Patientenakten in den Einrichtungen zum Großteil von den behandelnden Ärzten geführt, und die Pflegenden hielten Informationen auf wenigen, häufig unstrukturierten Blättern fest. Die Forderung nach einer nachweisbaren angemessenen Pflege, die Pflicht zur Darstellung der einzelnen Leistungen und die stärkere Ausrichtung an Pflegetheorien ließen notwendiger- und sinnvollerweise die Bedeutung der Pflegedokumentation wachsen. In den letzten Jahren hat man jedoch mehr und mehr den Eindruck, der Dokumentationsaufwand und die Bürokratisierung in dieser Branche sei kaum mehr beherrschbar. Die Pflegenden scheinen überfordert mit den rasanten Entwicklungen, welche immer neue Formulare mit sich bringen, und beklagen, dass die eigentliche Pflege am Bewohner oder Patienten zugunsten der Schreibarbeit immer mehr zu kurz kommt. Die Einrichtungsleitungen fühlen sich gezwungen, ihren Mitarbeitern eine immer umfangreichere Dokumentation abzufordern, in der sie oft selbst keinen Sinn sehen, nur um sich rechtlich abzusichern oder in Qualitätsprüfungen gut abzuschneiden. Zwar wurde das Problem der Überbürokratisierung im Gesundheitsbereich vonseiten der Politik erkannt und diskutiert sowie verschiedene Projekte dazu in Angriff genommen, bisher jedoch ohne flächendeckende Veränderungen zum Bürokratieabbau zu bewirken. Täglich verwenden Pflegekräfte in deutschen Pflegeheimen viel Zeit für routinemäßige, sich zu einem Großteil wiederholende Einträge in die Dokumentationsunterlagen ihrer Bewohner. Sollte nicht der Heimbewohner selbst im Mittelpunkt pflegerischen Handelns stehen und dessen Wohlbefinden Maßstab für eine gute Pflege sein, statt diese an täglichen Routineeintragungen zu messen? Es ist klar, dass die Vereinfachung der Durchführungsnachweise nur ein Schritt in Richtung Entbürokratisierung ist. Es handelt sich dabei aber um einen Schritt, den viele Einrichtungen in vergleichsweise kurzer Zeit und mit überschaubarem Aufwand umsetzen können und der den Bewohnern direkt zugute kommen kann.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Motivation und Zielstellung
- 1.2 Bemerkungen
- 1.3 Begriffsdefinitionen
- 2 Pflegeprozess und Pflegedokumentation
- 2.1 Historischer Hintergrund und geschichtliche Entwicklung
- 2.2 Der Pflegeprozess als grundlegendes Instrument pflegerischen Handelns
- 2.2.1 Die Informationssammlung
- 2.2.2 Das Erfassen von Problemen und Ressourcen
- 2.2.3 Das Festlegen der Pflegeziele
- 2.2.4 Das Planen der Pflegemaßnahmen
- 2.2.5 Das Durchführen der Pflegemaßnahmen
- 2.2.6 Die Evaluation
- 2.2.7 Anwendung und Ziele des Pflegeprozesses
- 2.3 Die Dokumentation pflegerischer Tätigkeiten
- 2.3.1 Gesetzliche Grundlagen zur Pflegedokumentation
- 2.3.2 Aufgaben und Ziele einer Pflegedokumentation
- 2.3.3 Anforderungen an eine Pflegedokumentation
- 2.3.4 Standardisierte Pflegeplanung – Pro und contra
- 3 Pflegediagnosen – ein Schritt in Richtung Professionalisierung der Pflege
- 3.1 Definition von Pflegediagnosen
- 3.2 Funktionen von Pflegediagnosen in der Pflegepraxis
- 3.3 Pflegediagnosen in Deutschland
- 3.4 Struktur und Arten von Pflegediagnosen
- 3.5 Anwendung von Pflegediagnosen
- 4 Das Modell der Fördernden Prozesspflege von Monika Krohwinkel
- 4.1 Die Aktivitäten und existenziellen Erfahrungen des Lebens
- 4.2 Umsetzung des Pflegemodells und die ABEDL®
- 5 Entbürokratisierung der Pflege in Deutschland
- 5.1 Probleme und Schwierigkeiten in der Praxis der Pflegedokumentation
- 5.2 Die Grundsatzstellungnahme Pflegeprozess und Pflegedokumentation des MDS
- 5.3 Politisches Wirken in Sachen Entbürokratisierung der Pflege
- 5.4 Grundlagen/Voraussetzungen für eine entbürokratisierte Pflegedokumentation
- 5.5 Existierende Projekte zur Vereinfachung der Pflegedokumentation
- 5.5.1 Agnes Karll Institut für Pflegeforschung (AKI), Eschborn: Neues Dokumentationssystem
- 5.5.2 Freistaat Bayern: Projekt zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation
- 5.5.3 Rheinland-Pfalz: Musterdokumentation für die stationäre Pflege
- 5.5.4 Das Hamburger Modell zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation
- 5.6 Exkurs: EDV in der Pflege
- 6 Das Projekt: Optimierung und Entbürokratisierung der Pflegedokumentation in einem Altenpflegeheim
- 6.1 Die Einrichtung: Das Alten- und Pflegeheim Löbichau in Tannenfeld
- 6.2 Kurzüberblick über den Projektablauf
- 6.3 Ergebnisse der Ist-Analyse vor Projektbeginn
- 6.3.1 Die Analyse des verwendeten Dokumentationssystems
- 6.3.2 Die Einsichtnahme in die Bewohnerakten
- 6.4 Die Entwicklung der neuen Formulare
- 6.4.1 Grundsätzliche Überlegungen
- 6.4.2 Die Pflegeanamnese
- 6.4.3 Die Pflegeplanung A
- 6.4.4 Die Pflegeplanung B
- 6.4.5 Der Durchführungsnachweis
- 6.4.6 Die Formulare „Sonstige Maßnahmen“ und „Stuhlgangüberwachung“
- 6.5 Die Implementierung des neuen Systems
- 6.5.1 Vorgehensweise bei der Projektumsetzung
- 6.5.2 Im Verlauf aufgetretene Probleme und deren Lösung
- 6.6 Evaluierung und Gesamtauswertung des Projektes
- 6.6.1 Bewertung des neuen Dokumentationssystems
- 6.6.2 Einsichtnahme in die Bewohnerakten der „Pilotgruppe“
- 6.6.3 Hochrechnung der Zeitersparnis durch die neue Dokumentation
- 6.6.4 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit untersucht die Entbürokratisierung und Optimierung der Pflegedokumentation in einer stationären Altenpflegeeinrichtung. Das Hauptziel ist die Entwicklung und Implementierung eines effizienteren Dokumentationssystems, welches den Arbeitsaufwand reduziert und die Qualität der Pflege verbessert.
- Optimierung der Pflegedokumentation durch Bürokratieabbau
- Verbesserung der Qualität der Pflege durch effizientere Arbeitsabläufe
- Anwendung und Anpassung des Pflegeprozesses
- Einbeziehung des Pflegemodells von Monika Krohwinkel
- Entwicklung und Implementierung eines Pilotprojekts
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Einleitung motiviert die Arbeit durch die Darstellung der Überbürokratisierung in der Pflegebranche und deren negative Auswirkungen auf die Pflegequalität. Sie definiert zentrale Begriffe wie Anamnese, Assessment und Pflegeprozess und legt die Zielsetzung des Pilotprojekts dar, welches die Grundlage der Arbeit bildet.
2 Pflegeprozess und Pflegedokumentation: Dieses Kapitel beleuchtet den historischen Hintergrund und die Entwicklung des Pflegeprozesses und der Pflegedokumentation. Es beschreibt die sechs Phasen des Pflegeprozesses nach Fiechter und Meier, die Aufgaben und Ziele der Pflegedokumentation sowie die gesetzlichen Grundlagen und Anforderungen an ein effizientes Dokumentationssystem. Der Abschnitt diskutiert auch die Vor- und Nachteile standardisierter Pflegeplanungen.
3 Pflegediagnosen – ein Schritt in Richtung Professionalisierung der Pflege: Dieses Kapitel definiert Pflegediagnosen, ihre Funktionen in der Pflegepraxis und deren Anwendung in Deutschland. Es analysiert verschiedene Klassifizierungen von Pflegediagnosen, insbesondere die NANDA-Klassifizierung, und deren Struktur und Arten. Die Anwendung von Pflegediagnosen und deren Bedeutung für die Qualitätssicherung werden diskutiert.
4 Das Modell der Fördernden Prozesspflege von Monika Krohwinkel: Das Kapitel beschreibt das Modell der Fördernden Prozesspflege von Monika Krohwinkel, welches auf den 13 Aktivitäten und existenziellen Erfahrungen des Lebens (AEDL) basiert. Es erläutert die Umsetzung des Modells im Pflegeprozess und betont die Bedeutung von Ressourcen und Fähigkeiten des Pflegebedürftigen für eine aktivierende und ganzheitliche Pflege.
5 Entbürokratisierung der Pflege in Deutschland: Dieses Kapitel analysiert Probleme und Schwierigkeiten in der Praxis der Pflegedokumentation, die Grundsatzstellungnahme des MDS und das politische Wirken zur Entbürokratisierung. Es stellt verschiedene existierende Projekte zur Vereinfachung der Pflegedokumentation vor (AKI, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hamburg) und diskutiert Voraussetzungen für eine entbürokratisierte Pflegedokumentation. Ein Exkurs behandelt die Rolle der EDV in der Pflege.
6 Das Projekt: Optimierung und Entbürokratisierung der Pflegedokumentation in einem Altenpflegeheim: Dieses Kapitel beschreibt detailliert das Pilotprojekt zur Optimierung und Entbürokratisierung der Pflegedokumentation in einem Altenpflegeheim. Es umfasst eine Ist-Analyse des bestehenden Systems, die Entwicklung neuer Formulare (Pflegeanamnese, Pflegeplanung A und B, Durchführungsnachweis, „Sonstige Maßnahmen“, „Stuhlgangüberwachung“), die Implementierung des neuen Systems und dessen Evaluierung. Die Ergebnisse der Pilotphase, einschließlich der Hochrechnung der Zeitersparnis, werden präsentiert.
Schlüsselwörter
Entbürokratisierung, Pflegedokumentation, Pflegeprozess, Pflegediagnosen, NANDA, Monika Krohwinkel, AEDL, Qualitätsmanagement, Altenpflege, Pilotprojekt, Zeitersparnis, Bewohnerorientierung, Ganzheitlichkeit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Diplomarbeit: Optimierung und Entbürokratisierung der Pflegedokumentation in einem Altenpflegeheim
Was ist das Thema der Diplomarbeit?
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Entbürokratisierung und Optimierung der Pflegedokumentation in einer stationären Altenpflegeeinrichtung. Das Hauptziel ist die Entwicklung und Implementierung eines effizienteren Dokumentationssystems, welches den Arbeitsaufwand reduziert und die Qualität der Pflege verbessert.
Welche Aspekte der Pflegedokumentation werden behandelt?
Die Arbeit behandelt verschiedene Aspekte der Pflegedokumentation, darunter den Pflegeprozess, Pflegediagnosen (inkl. NANDA-Klassifizierung), das Modell der Fördernden Prozesspflege nach Monika Krohwinkel (mit den Aktivitäten und existenziellen Erfahrungen des Lebens - AEDL), gesetzliche Grundlagen und Anforderungen an die Dokumentation, sowie existierende Projekte zur Entbürokratisierung.
Welche Methodik wurde angewendet?
Die Arbeit basiert auf einem Pilotprojekt in einem Alten- und Pflegeheim. Es wurde eine Ist-Analyse des bestehenden Dokumentationssystems durchgeführt, neue Formulare entwickelt und implementiert, und anschließend eine Evaluierung mit Hochrechnung der Zeitersparnis vorgenommen.
Welche Probleme der Pflegedokumentation werden angesprochen?
Die Arbeit beschreibt die Überbürokratisierung in der Pflegebranche und deren negative Auswirkungen auf die Pflegequalität. Konkrete Probleme in der Praxis der Pflegedokumentation werden analysiert, und Lösungsansätze werden im Rahmen des Pilotprojekts entwickelt und evaluiert.
Welche konkreten Ergebnisse wurden erzielt?
Das Pilotprojekt resultierte in der Entwicklung eines neuen, effizienteren Dokumentationssystems. Die Evaluierung zeigte eine Zeitersparnis, die durch die Hochrechnung auf das gesamte Heim übertragen wurde. Die Arbeit präsentiert detaillierte Ergebnisse der Ist-Analyse, der Formular-Entwicklung und der Implementierungsphase.
Welches Pflegemodell wird in der Arbeit berücksichtigt?
Die Arbeit bezieht das Modell der Fördernden Prozesspflege von Monika Krohwinkel mit ein, welches auf den 13 Aktivitäten und existenziellen Erfahrungen des Lebens (AEDL) basiert. Die Umsetzung dieses Modells im Pflegeprozess wird erläutert.
Welche Rolle spielt die EDV in der Arbeit?
Die Arbeit enthält einen Exkurs zur Rolle der EDV in der Pflege und diskutiert deren Potenzial zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation, obwohl das Pilotprojekt selbst keine umfassende EDV-Lösung implementiert.
Welche Projekte zur Entbürokratisierung werden vorgestellt?
Die Arbeit stellt verschiedene existierende Projekte zur Vereinfachung der Pflegedokumentation vor, darunter Projekte des Agnes Karll Instituts für Pflegeforschung (AKI), des Freistaats Bayern, von Rheinland-Pfalz und das Hamburger Modell.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant für die Arbeit?
Schlüsselbegriffe sind: Entbürokratisierung, Pflegedokumentation, Pflegeprozess, Pflegediagnosen, NANDA, Monika Krohwinkel, AEDL, Qualitätsmanagement, Altenpflege, Pilotprojekt, Zeitersparnis, Bewohnerorientierung, Ganzheitlichkeit.
Wo finde ich detailliertere Informationen zum Aufbau der Arbeit?
Das Inhaltsverzeichnis der Arbeit bietet einen detaillierten Überblick über die einzelnen Kapitel und Unterkapitel. Die Zusammenfassung der Kapitel gibt eine prägnante Übersicht über den Inhalt der einzelnen Abschnitte.
- Quote paper
- Kati Strobel (Author), 2009, Entbürokratisierung und Optimierung der Pflegedokumentation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/306251