Das Internet ist für behinderte und nicht behinderte Menschen gleichermaßen eine Bereicherung und Qualitätsverbesserung im Leben. Viele Internetseiten sind jedoch für behinderte Menschen nicht zugänglich. Genauso wie beim nicht behindertengerecht gebauten Bahnsteig, sind behinderte Menschen bei einigen Internetseiten auf die Hilfe von nicht behinderten Menschen angewiesen. Der Gesetzgeber hat diesen Missstand erkannt und deshalb das „Behinderten Gleichstellungsgesetz“ (BGG) geschaffen, in dem die gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens in der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben ist. § 11 BGG legt fest, dass eine Rechtsverordnung zu erlassen ist, in der definiert wird, wie Träger der öffentlichen Gewalt ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen zu gestalten haben, damit diese barrierefrei sind. Diese Rechtsverordnung wurde „Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz„ (BITV) genannt.
In dieser Diplomarbeit zeige ich zunächst Barrieren, auf die behinderte Menschen im Internet treffen. Die aus diesen Problemen entstandenen internationalen Gesetze, Verordnungen und Empfehlungen werden ebenfalls beleuchtet. Der Werdegang der BITV wird in einem eigenen Kapitel behandelt. Hierzu führte ich ein Interview mit Alfons Törkel in Bonn, der maßgeblich an der Formulierung der BITV mitgewirkt hat. Zum Abschluss zeige ich, wie eine bestehende Internetpräsenz anhand von Anforderungen aus der BITV überprüft und geändert werden kann. Die Kapitel sind so angeordnet, dass sie vom Problem bis zur Lösung reichen.
Inhaltsverzeichnis
1 Nutzung des Internets von Menschen mit Behinderungen
1.1 Definition des Begriffes „Behinderung“
1.2 Umfrage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
1.3 Einteilung der Behinderungen
1.3.1 Sehbehinderungen
1.3.2 Hörbehinderungen
1.3.3 Körperbehinderungen
1.3.4 Lernbehinderungen
1.3.5 Geistige Behinderungen
1.4 Mythos „Otto Normaluser“
2 Assistive Technologien für behinderte Menschen
2.1 Hilfsmittel für sehbehinderte und blinde Menschen
2.1.1 Vorlesesoftware
2.1.2 Bildschirmlupe
2.1.3 Braillezeile
2.2 Hilfsmittel für behinderte Menschen mit motorischen Störungen
2.2.1 Spracheingabe
2.2.2 Touchpad
2.2.3 Trackball
3 Internetbarrieren
3.1 Frames
3.2 Zeichengröße
3.3 Alternative Beschreibungen
3.4 Grafiken
3.5 Nicht persistente Navigation
3.6 Tabindex
3.7 Tabellen
3.8 Layoutraster/Layouttabellen
3.9 Formulare
3.10 Linkversammlungen
3.11 Geräteabhängige Eingabegeräte
3.12 Accesskeys definieren
3.13 Unverständliche Sprachausgabe
3.14 Akronyme
3.15 PopUp-Fenster
3.16 Eingebettete Objekte
3.17 Java
3.18 Automatische Weiterleitung
3.19 Nur Textdarstellung
4 Software für die Evaluation von Internetseiten
4.1 Browser
4.1.1 Internet Explorer
4.1.2 Lynx
4.1.3 Opera
4.2 Validatoren
4.2.1 Bobby
4.2.2 Wave
4.2.3 W3C-Validatoren
4.2.4 Barrierefinder.de
5 Internationale Gesetze, Standards und Empfehlungen
5.1 Internationale Empfehlungen des W3C und der WAI
5.1.1 WeBContent Accessibility Guidelines (WCAG) 1.0
5.1.2 WeBContent Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0
5.1.3 Authoring Tool Accessibility Guidelines (ATAG) 1.0
5.1.4 User Agent Accessibility Guidelines (UAAG) 1.0
5.2 USA
5.2.1 The Americans with Disabilities Act (ADA)
5.2.2 Section 508 of Rehabilitation Act
5.3 eEurope 2002
5.4 Bundesrepublik Deutschland - BGG
5.4.1 Zielvereinbarungen
5.4.2 Verbandsklagerecht
5.4.3 Barrierefreie Informationstechnik
5.5 Bundesrepublik Deutschland - Landesgesetzgebungen
6 Die BITV
6.1 Vom BGG zur BITV
6.2 Sachlicher Geltungsbereich
6.3 Fristen
6.4 Prüfen von Internetpräsenzen
6.5 Überprüfung und Anpassung der BITV
6.6 Fazit
7 Anwendung anhand der Anlage zur BITV
7.1 Evaluation des Projekts „Hörbuch“
7.2 Anforderung 1
7.2.1 Bedingung 1.1
7.2.2 Bedingung 1.2
7.2.3 Bedingung 1.3
7.2.4 Bedingung 1.4
7.3 Anforderung 2
7.3.1 Bedingung 2.1
7.4 Anforderung 3
7.4.1 Bedingung 3.1
7.5 Anforderung 4
7.5.1 Bedingung 4.1
7.6 Anforderung 5
7.6.1 Bedingung 5.1
7.6.2 Bedingung 5.2
7.7 Anforderung 6
7.7.1 Bedingung 6.1
7.7.2 Bedingung 6.2
7.7.3 Bedingung 6.3
7.8 Anforderung 7
7.8.1 Bedingung 7.1
7.9 Anforderung 8
7.10 Anforderung 9
7.10.1 Bedingung 9.1
7.11 Anforderung 10
7.12 Anforderung 11
7.12.1 Bedingung 11.3
7.13 Anforderung 12
7.13.1 Bedingung 12.1
7.14 Anforderung 13
7.15 Anforderung 14
7.15.1 Bedingung 14.1
7.16 Überprüfungsergebnis
8 Ergebnisse und Ausblick
9 Literaturverzeichnis
9.1 Bücher
9.2 Artikel
9.3 Studien
9.4 Hochschulveröffentlichungen
9.5 Gesetze, Richtlinien, DIN-Normen und Empfehlungen
9.6 Interviews
10 Abkürzungsverzeichnis
11 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Anhang A
Anhang B
Anhang C
Anhang D
1 Nutzung des Internets von Menschen mit Behinderungen
In diesem Kapitel ist zunächst dargelegt, wie in der Bundesrepublik Deutschland der Begriff „Be- hinderung“ definiert ist. Im Anschluss daran wird anhand statistischer Daten von mir gezeigt, welche Arten der Behinderungen existieren und welche Anteile diese in Bezug zu allen als be- hindert registrierten Menschen in der Bundesrepublik Deutschland ausmachen. Welche Behin- dertengruppen das Internet wie und zu welchem Zweck benutzen, wird im letzten Abschnitt die- ses Kapitels aufgezeigt.1 2
1.1 Definition des Begriffes „Behinderung“
Definition der Behinderung nach § 2, Kapitel 1, Art. 1, SGB3 IX :
„Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.“
Damit eine Behinderung festgestellt werden kann, muss zunächst ein Antrag auf Vorliegen einer Behinderung sowie deren Grad bei dem zuständigen Versorgungsamt gestellt werden. Bei einer Mehrfachbehinderung ist die Gesamtauswirkung maßgeblich. Der „Grad der Behinderung“ (GdB) wird in Zehnergraden abgestuft. Die Skala reicht von 20 bis 100. Bei einem Grad von über
50 gilt die Person als schwerbehindert. Das Versorgungsamt stellt dann einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis aus.4
Personen, die einen Grad der Behinderung von weniger als 50, jedoch mindestens von 30 haben, können einem Schwerbehinderten gleichgestellt werden, wenn sie aufgrund ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen Arbeitsplatz nicht erlangen oder behalten können. Die Gleichstellung erfolgt durch das zuständige Arbeitsamt.5
In Tabelle 1 auf Seite 2 ist zu sehen, dass die Anzahl der behinderten Menschen in der Bundesrepublik Deutschland stetig ansteigt. Zwischen 1997 und 2001 ist die Zahl behinderter Menschen um fast 100.000 gestiegen. Zu beachten ist, dass fast 2/3 aller schwerbehinderten Menschen über 60 Jahre und älter sind.
Tabelle 1: Entwicklungen der Anzahl der Schwerbehinderungen von 1997 bis 20016 Schwerbehinderte Menschen am Jahresende *
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Die häufigsten Behinderungen in der Bundesrepublik Deutschland7
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aus Tabelle 2 schließe ich, dass Menschen mit geistigen und seelischen Behinderungen, Funktionseinschränkungen der Extremitäten, Blindheit, Sehbehinderungen und zerebralen Störungen am ehesten Probleme bei der Nutzung eines Computers und damit auch des Internets haben. Zusammen sind dies etwa 50% (ca. 3,3 Millionen)8 aller behinderten Menschen in der Bundesrepublik Deutschland. Allerdings ist die Anzahl behinderter Menschen, die an einem Computerarbeitsplatz arbeiten, wesentlich geringer. Das hat u.a. die folgenden Gründe:
- Je später eine Behinderung auftritt, desto weniger sind betroffene Menschen bereit, ihre Behinderung anzunehmen und sich darauf einzustellen (zum Beispiel durch das Erler- nen der Blindenschrift).9
- Vielfach ist die Möglichkeit nicht gegeben, dass behinderte Menschen überhaupt an ei- nem Computerarbeitsplatz arbeiten können. Wenn zum Beispiel spezielle und meistens teure Geräte angeschafft werden müssen, die von der Krankenkasse nicht voll finanziert werden.10
1.2 Umfrage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie
Zurzeit existiert keine mir bekannte repräsentative Umfrage in der Bundesrepublik Deutschland, die darüber Auskunft gibt, wie viele behinderte Menschen am Internet partizipieren. Jedoch befragte das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vom 24.09.2001 bis zum 24.11.2001 über 3.300 Personen in einer Online-Umfrage zu dem Schwerpunkt „behinderte Menschen in Ausbildung und Beruf“. Von den befragten Personen waren 37% nicht behindert und 63% behindert. Die Tabellen und Abbildungen in diesem Kapitel entstammen alle dieser Umfrage.11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Behinderungsarten der befragten behinderten Personen
Auffällig an den Zahlen in Abbildung 1 ist, dass fast 18% eine Lernbehinderung angegeben haben. Zu den Sehbehinderungen gehören Menschen mit Farbwahrnehmungsschwächen genauso wie blinde Menschen. Diese Gruppe ist mit etwa 12% vertreten. Lediglich 3% der befragten Per- sonen geben eine Schädigung der Muskulatur an. Es muss aber beachtet werden, dass nur Per- sonen befragt wurden, die im Arbeitsleben stehen. Insofern kann diese Zahl auch aussagen, dass nur relativ wenige Menschen mit motorischen Störungen einen Arbeitsplatz finden, da sehr oft umfangreiche und auch kostenintensive Umrüstungen am Arbeitsplatz vorgenommen werden müssen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Internetkenntnisse der befragten behinderten Personen
In Abbildung 2 fällt auf, dass Menschen mit einer Sehschädigung das Internet sehr oft nutzen.
Die letzten beiden Plätze werden von Menschen mit einer Lernbehinderung oder einer geistigen Behinderung belegt. Im Vergleich von Abbildung 2 mit Abbildung 1 fällt auf, dass Menschen mit einer Lernbehinderung, welche die größte Gruppe der Behinderungen in dieser Umfrage ausmachen, kaum im Internet surfen.
Interessant ist auch, welche „barrierefreien Angebote“ sich behinderte Menschen im Internet wünschen:
Tabelle 3: Bedarf an Internet-Angeboten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
An erster Stelle sind Kontaktmöglichkeiten aufgeführt. Über die Hälfte der befragten Personen wünschen sich mehr Informations-Angebote. Für den Handel ist interessant, dass über die Hälfte der befragten Personen mehr Reiseangebote und fast die Hälfte der befragten Personen mehr Einkaufsmöglichkeiten wünschen.
Zu den Vorteilen des Internets geben alle behinderten und nicht behinderten Menschen mit fast 77% Alltagserleichterungen an. Die Online-Umfrage des Bundesministeriums für Wirtschaft zeigt auch, dass sowohl behinderte wie auch nicht behinderte Menschen die gleichen Vorlieben im Internet zeigen.
Tabelle 4: Vorteile des Internets
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zu beachten ist, dass auch das Schreiben und Empfangen von E-Mails zur Benutzung des Inter- nets gehören. Leider wurden zu diesem Thema keine Fragen gestellt. Jedoch wurden 1999 in den USA Menschen nach den Gründen befragt, weshalBsie das Internet benutzen. 74% gaben dabei an, dass sie das Internet zur Abfrage und zum Senden von E-Mails oft bzw. sehr oft nut- zen. DeshalBist davon auszugehen, dass 2/3 der behinderten Menschen den Informationsaus- tausch per E-Mail tätigen.12
Die in Tabelle 4 dargestellten Daten zeigen auf, wie wichtig es ist, dass behinderte und nicht behinderte Menschen gleichermaßen einen möglichst barrierefreien Zugriff auf Informationen im Internet haben.
1.3 Einteilung der Behinderungen
In diesem Kapitel werden die am häufigsten vorkommenden Behinderungen und die damit ver- bundenen Probleme in Bezug auf die Nutzung eines Computerarbeitsplatzes vorgestellt. Aus- führlich werden die Arten von Behinderungen behandelt, mit denen der Zugriff auf das Internet besonders schwierig ist, da z. B. besondere Hilfsmittel in Form von Vorlesesoftware (für blinde Menschen) oder Eingabegeräten13 (bei motorischen Behinderungen) notwendig sind. Das Einteilen von Behinderungen in Gruppen ist sehr schwierig, da auch Mehrfachbehinderungen (z. B.
Taubblinde) vorkommen. Während eines Interviews zum Thema „barrierefreie Informationstech- nik-Verordnung“ (BITV) sagte mir Alfons Törkel: “[…] wir sind sehr schnell darauf gekommen, dass man den Kreis der Behinderten nicht regeln kann“. Diese Aussage steht im Kontext zu ei- ner Anfrage an das Bundesministerium des Innern, eine Zertifizierung für Internetseiten14 nach der BITV zu vergeben. Hierzu hätten aber „alle“ Behinderungen erfasst werden müssen, was sich als unmöglich erwies.15
1.3.1 Sehbehinderungen
Sehbehinderte Menschen verfügen über eine Beeinträchtigung des Sehvermögens, das entweder durch eine verminderte Sehschärfe oder durch ein reduziertes Gesichtsfeld16 beeinträchtigt wird. Beim so genannten „Tunnelblick“ engt sich das Gesichtsfeld immer weiter ein, bis nur noch die Mitte des Gesichtsfeldes wahrgenommen wird.
Abbildung 3: Eingeschränktes Gesichtsfeld, Tunnelblick17
Menschen mit Tunnelblick arbeiten sehr oft mit einer Vergrößerungssoftware, um am Internet partizipieren zu können. Aufgrund des eingeschränkten Gesichtsfeldes benötigen sie jedoch wesentlich länger, um eine Internetseite erfassen zu können. Lauftexte oder Animationen können sie nur schwer erfassen oder bemerken sie gar nicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Lichtwahrnehmung bei ca. 1 % Sehkraft18
Als blind gelten Personen, deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 be- trägt.19 Dies bedeutet, dass eine Wahrnehmung von 2% und weniger als blind definiert wird. Bei 2% Restsehvermögen haben die betroffenen Personen meistens nur noch Hell-/Dunkel-Wahr- nehmungen, wie in Abbildung 4 simuliert ist. Wichtig ist für diesen Personenkreis, dass sich der Text vom Hintergrund einer Internetseite deutlich abhebt, damit der Kontrast möglichst hoch ist. Blinde Menschen können das Internet sehr oft nur über eine Braillezeile (siehe Kapitel 2.1.3, S.14) oder/und den Einsatz einer Vorlesesoftware (siehe Kapitel 2.1.1, S.13) nutzen. Lauftexte, Animationen oder andere Visualisierungen können sie überhaupt nicht wahrnehmen.
Eine weitere Art der Sehbehinderung ist die Farbblindheit.20 Eine leichte Form ist die so genannte Rot-/Grünschwäche.21 Bei diesen Arten der Sehbehinderung ist eine Nutzung des Internets in den meisten Fällen unproblematisch. Lediglich visuelle Inhalte, die zur Nutzung wichtig sind, können problematisch werden. Zum Beispiel, wenn in einem Text alle Links22 mit roter Farbe hinterlegt sind und wichtige Textauszüge mit Grün hinterlegt sind, kann es vorkommen, dass ein Nutzer mit Rot-/Grünschwäche beide Farben als identisch wahrnimmt.23
1.3.2 Hörbehinderungen
Von einer hochgradigen Schwerhörigkeit wird gesprochen, wenn der Hörverlust zwischen 60 bis 80 dBliegt. Der Begriff Taubheit ist so definiert, dass ein Hörverlust von über 90% vorliegt. Als gehörlos werden Menschen bezeichnet, die von Geburt an bzw. bis zum SpracherwerB(i.d.R. vor dem 5. Lebensjahr) ertaubt sind.24
Die Probleme, auf die schwerhörige bzw. gehörlose Menschen im Internet treffen, sind überwie- gend animierte Inhalte wie Filme und Videos, die ohne Untertitelung nicht oder nur ansatzweise zu verstehen sind. Wenn während einer audiovisuellen Animation der Nutzer beispielsweise aufgefordert wird, eine Schaltfläche oder einen Link anzuklicken, damit die nächste Seite einer Internetpräsenz angezeigt werden kann, wäre das eine Barriere für hörbehinderte Menschen.25
1.3.3 Körperbehinderungen
Die Gruppe der körperbehinderten Menschen ist keine homogene Gruppe. Unter Körperbehinde- rung sind vielmehr alle Behinderungen zusammengefasst, die zu einer körperlichen Beeinträch- tigung führen. Dies können Probleme mit dem Bewegungsapparat, Schädigungen des zentralen Nervensystems, Schädigungen der Muskulatur, Wachstumsstörungen (Kleinwüchsigkeit), Mul- tiple Sklerose, Querschnittslä hmungen, Verluste von Gliedmaßen oder innere Krankheiten sein.26
Nach Tabelle 2 auf Seite 3 zählen Funktionseinschränkungen der Extremitäten und Funktionseinschränkungen an Wirbelsäule und Rumpf mit zusammen 29% zu der größten Gruppe aller erfassten Behinderungen in der Bundesrepublik Deutschland. Es ist durchaus möglich, dass einige der durch diese Behinderung betroffenen Menschen am Internet ohne externe Hilfen teilnehmen können, andere hingegen aufgrund motorischer Störungen nur über besondere Eingabehilfen27 am Internet partizipieren können.28
1.3.4 Lernbehinderungen
Unter einer Lernbehinderung versteht man eine „mangelnde Fähigkeit, die Lerninhalte der nor- malen Grundschule zu erfassen; meist verbunden mit einem IQ von 60-80.“29 Diese Definition zeigt, dass eine Lernbehinderung nicht einfach zu diagnostizieren ist. Im Allge- meinen jedoch werden Kinder als lernbehindert bezeichnet, die hinter den intellektuellen Fähigkeiten gleichaltriger Kinder liegen. Eine Form der Lernbehinderung ist die Legasthenie30, die auch Schreib-/Leseschwäche genannt wird.31
Die Probleme, auf die Menschen mit einer Lernbehinderung im Internet treffen, sind oft Verständnisschwierigkeiten. Da sie oft nur eingeschränkt Informationen langfristig speichern können, ist eine gut strukturierte Informationsaufbereitung von Vorteil. Immer wiederkehrende einfa- che Symbole für bestimmte Elemente einer Internetpräsenz (Site)32 können sich als vorteilhaft erweisen.
1.3.5 Geistige Behinderungen
Bei der Gruppe der geistig behinderten Menschen33 kann eine genaue Eingrenzung nicht vorge- nommen werden. Auch die Ausprägung ist oft unterschiedlich. So kann eine Person, die zu die- ser Gruppe gezählt wird, durchaus alltägliche Abläufe anhand von Symbolen oder Schriftzeichen bewältigen. Andere Personen hingegen sind auf eine permanente Betreuung angewiesen, ohne die sie hilflos wären.34
Anforderungen zu definieren, wie Internetseiten für diese Behinderungen barrierereduziert zu gestalten sind, ist aufgrund der weiten Definition für eine geistige Behinderung nur schwer zu beschreiben. Sicher kann aber anhand einer einfachen Navigation und mit Hilfe von Symbolen schon einiges erreicht werden.35
1.4 Mythos „Otto Normaluser“
„Der Glaube, dass die meisten Web-User so wie wir selbst sind, reicht aus, in jedem durchschnittlichen Meeting von Webdesignern einen Verkehrskollaps auszulösen. Aber dahinter liegt ein anderer Glaube, der noch hinterlistiger ist: Der Glaube, dass die meisten Web-User überhaupt mit irgendetwas oder irgendjemandem zu verglei- chen sind.“36
Das, was Steve Krug in diesem Zitat zum Ausdruck bringt, gilt für alle Menschen, oBbehindert oder nicht. Jeder Mensch geht anders an das Internet heran. Seiten, die dem einen leicht fallen, sind für den anderen kaum zu verstehen. Auch die Vorstellung über die perfekte Navigation vari- iert von Mensch zu Mensch. Den „Standarduser“ gibt es meiner Meinung nach nicht. DeshalBwirken Internetseiten auf behinderte Menschen, die unter der gleichen Behinderung leiden, auch anders. Bei einem Besuch im „Landesbildungszentrum für Blinde“ in Hannover (LBZB)37 konnte ich mich selbst davon überzeugen, als mir blinde Jugendliche jeweils ihre Lieblingsseite vorge- stellt haben. Jeder stellte eine andere Internetseite vor und erklärte mir auch, weshalBihm diese Seite so gefällt.
Während eines Vortrages zum Thema „barrierefreie Informationen aus dem Web“38 wurde das Auditorium befragt, wie eine Internetseite aussehen sollte. Ein taubstummer Besucher sagte (bzw. übermittelte per Tastatur), dass er gerne viele bunte Elemente auf einer Internetseite haben möchte, die auch animiert sein sollen. Ein blinder Besucher jedoch stellte fest, dass er mit diesen Elementen nichts anfangen könne.
Es ist deshalBeine Illusion anzunehmen, dass für „Behinderungen“ ein Patentrezept existiert, mit dem alle Seiten einer Internetpräsenz gestaltet werden müssen, um diese barrierefrei zu gestalten. Jeder „Behinderte“ ist ein Individuum (weshalBich auch immer von „behinderten Men- schen“ schreibe). Sie auf eine Eigenschaft zu reduzieren wie der „Blinde“ oder die „Taube“ ist nicht korrekt. Damit will ich jedoch nicht ausdrücken, dass es keine Möglichkeiten gibt, Webde- signern Empfehlungen zu geben, wie Internetseiten technisch zu gestalten sind, um Barrieren zu reduzieren. Die meisten Barrieren im Internet treten zumeist in Form von schlampiger Program- mierung auf. Blinde Menschen z. B. arbeiten sehr oft mit Vorleseprogrammen, die den Inhalt einer Internetseite aufbereiten und vorlesen. Ein Bild auf einer Internetseite kann eine solche Software nicht vorlesen. Stattdessen benötigt sie Informationen zum Bild, die vorgelesen werden können. Es gibt durchaus Möglichkeiten, Internetseiten so zu gestalten, dass diese gleicherma- ßen für behinderte und nichtbehinderte Menschen zu nutzen sind, ohne dass Anpassungen an spezielle Behinderungen vorgenommen werden müssen. Dies wird auch als „Universelles De- sign“ bezeichnet. Bei meinem Besuch im LBZBwurde mir von blinden Jugendlichen mehrfach gesagt, dass man eigene Seiten nur für blinde Menschen als diskriminierend empfindet. Außer- dem bestünde die Angst, dass solche Seiten nur einmal erstellt würden, um dann nie wieder aktualisiert zu werden.
2 Assistive Technologien für behinderte Menschen
Unter assistiven Technologien versteht man „Software oder Hardware, die speziell entwickelt wurde, um behinderten Menschen bei ihren täglichen Aktivitäten zu helfen. Assistive Technologien sind z. B. Rollstühle, Lesegeräte, Geräte zum Greifen usw. Gängige assistive Technologien im Bereich der Vermittlung von Internetinhalten sind Screenreader [Vorlesesoftware, Anm. d Verf.] , Bildschirmlupen, Sprachgeneratoren und Spracheingabe -Software, die in Verbindung mit graphischen Desktop-Browsern […] eingesetzt werden. Assistive Hardware-Technologien sind u.a. alternative Tastaturen und Zeigegeräte.“39
In diesem Kapitel stelle ich verschiedene assistive Technologien anhand von Programmen (Software) und Eingabegeräten (Hardware) vor, die in ihrer jeweiligen Kategorie sehr verbreitet sind. Ich habe mich auf die Beschreibung von Hilfsmitteln für sehbehinderte und blinde Menschen und Menschen mit motorischen Behinderungen beschränkt, da diese Behinderungen am problematischsten sind, um einen Bildschirmarbeitsplatz nutzen zu können.
Abbildung 5: Technische Hilfsmittel, die von behinderten Menschen verwendet werden
Bei einer Umfrage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie40 im Jahre 2001 wur- den behinderte Menschen danach befragt, oBsie technische Hilfsmittel einsetzen und wenn ja, welcher Art diese Hilfsmittel sind. Über 30% der Befragten gaben an, Hilfsmittel zu verwenden. In Abbildung 5 ist zusammengestellt, welche assistiven Technologien am häufigsten zum Ein- satz kommen.41
2.1 Hilfsmittel für sehbehinderte und blinde Menschen
Sehbehinderte und blinde Menschen bedienen den Computer über eine angeschlossene Tastatur. Die Maus setzen meistens nur sehbehinderte Menschen ein, die den Mauszeiger noch wahrnehmen können. Damit sie überhaupt an einem Computer arbeiten können, müssen sie in Erfahrung bringen, was gerade auf dem Bildschirm ausgegeben wird. Hierzu stehen ihnen verschiedene Hilfsmittel zur Verfügung, die fast alle softwarebasiert sind.
2.1.1 Vorlesesoftware
Blinde bewegen sich im Internet meistens mit einer Vorlesesoftware. Hierzu zählen „Voice Browser“ und „Screenreader“.42 Eine solche Vorlesesoftware ist der Voice Browser „Home Page Reader“43 (HPR) von IBM, der für 142 Dollar bzw. 140 Euro im Handel angeboten wird. Diese Software liest eine Internetseite dem Anwender vor. Um dem Nutzer Unterscheidungsmöglich- keiten zwischen Links, Grafiken, Aufzählungen und anderen Auszeichnungen44 zu geben, wer- den diese mit verschiedenen Stimmen und unterschiedlichen Sprachtempi ausgegeben.45 In einem extra Fenster können die auf der Internetseite enthaltenen Links angezeigt werden. Das ist vorteilhaft, wenn der Nutzer genau weiß, auf welche andere Seite der Internetpräsenz er zugreifen will. Es wäre umständlich, wenn er sich trotzdem die Internetseite vorlesen lassen müsste, bis endlich der richtige Link kommt.
„JoBAccess With Speech“ (JAWS) ist eine weitere Software, mit der Internetseiten vorgelesen werden. JAWS ist eine Komplettlösung, die sämtliche Ein- und Ausgaben unter Windows analysiert und per Sprache ausgibt. JAWS liest auch Menüs (z. B. von Word) oder den Inhalt von Fehlermeldungen vor. Mit diesem Programm ist es dem blinden Nutzer möglich, nicht nur im Internet zu arbeiten, sondern auch autark, also ohne fremde menschliche Hilfe, mit dem Computer zu arbeiten. JAWS ist als Vorlesesoftware sehr weit verbreitet, vor allem in den USA. Dies hängt auch damit zusammen, dass in den USA eine Braillezeile46 für blinde Menschen i.d.R. nicht von einer Krankenkasse bezahlt wird. DeshalBist JAWS eine Alternative, um überhaupt mit einem Computer und einem Betriebssystem wie z. B. Windows arbeiten zu können.47 Trotzdem, auch JAWS kostet in Europa zwischen 1.600 und 2.900 E uro.48
Bei meinen Beobachtungen von Blinden, die sich mit einer Vorlesesoftware im Internet bewegen, stellte ich fest, dass diese die Sprechgeschwindigkeit der Vorlesesoftware teilweise so schnell eingestellt haben, dass ich nichts mehr verstehen konnte.
2.1.2 Bildschirmlupe
Mit Hilfe einer Software-Bildschirmlupe können sich sehbehinderte Nutzer Areale auf dem Bild- schirm in einer starken Vergrößerung ansehen. Bei den meisten Lupen wird der Bereich um den Mauszeiger vergrößert dargestellt. Microsoft bietet die Softwaresammlung Powertoys49 an, in welcher die „Microsoft Bildschirmlupe“ enthalten ist. Diese Lupe kann bis zum Faktor zehn ver- größern. Das Programm ist kostenlos erhältlich und wird deshalBauch oft eingesetzt.
Abbildung 6: Die Bildschirmlupe von Microsoft ist kostenlos
Für sehbehinderte Menschen, die noch Hell-/Dunkel-Wahrnehmungen50 haben, kann die Farbdarstellung invertiert werden. Zusätzlich ist es möglich, dass die Lupe automatisch dem Textcursor folgt. Dies ist z. B. für die Kontrolle der Eingabe von URL-Adressen nützlich.
2.1.3 Braillezeile
Der Franzose Loise Braille entwickelte 1825 die nach ihm benannte Brailleschrift. Bei dieser speziell für Blinde entwickelten Schrift wird ein Punktmuster in eine Matrix gestanzt, welche aus drei Zeilen mit jeweils zwei Spalten besteht. Es sind somit 64 Zeichen (26 ) innerhalBder Matrix darstellbar.51
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Brailleschrift, wie sie für Bücher verwendet wird52
Es existiert eine erweiterte Version der Brailleschrift, die speziell für die Anwendung mit dem Computer entwickelt worden ist. Mit dieser Version können 256 Zeichen (28 ) dargestellt werden. Spezielle Braille-Ausgabegeräte (so genannte Braillezeilen) arbeiten mit ausfahrbaren Stiften, welche die einzelnen Zeichen darstellen. Insgesamt sind 40 bzw. 80 Felder (1 Feld = 1 darstellbares Zeichen) nebeneinander auf der Braillezeile angebracht. Der blinde Nutzer überstreicht diese Zeile mit einem Finger, um den Text zu lesen.53
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 8: Ein Braille-Ausgabegerät54
Seitdem der so genannte Unicode55 eingeführt worden ist, reichen 256 Zeichen jedoch nicht mehr aus. Der Unicode, der bisher 49.194 Zeichen56 umfasst, soll es ermöglichen, weltweit Do- kumente in allen Sprachen austauschen zu können, ohne dass erst eine Zeichenkonvertierung innerhalBder landesspezifischen Zeichensätze erfolgen muss. Um diesen Zeichensatz darstel- len zu können, müsste eine 16 Punkt Brailleschrift entwickelt werden. Allerdings ist es fraglich, oBblinde Menschen insgesamt 49.194 Zeichen identifizieren wollen und können. In Deutschland hat ein blinder Mensch Anspruch auf eine Braillezeile, die ihm von der Kranken- kasse gestellt werden muss. Allerdings hat er nur den Anspruch auf eine 40 Zeichen umfassen- de Braillezeile.57
Eine 40 Zeichen Braillezeile kostet etwa 4.500 Euro, die 80 Zeichen Version etwa 10.000 E uro.58
Oft wird eine Kombination von Vorlesesoftware und Braillezeile von blinden Menschen genutzt. Mit Hilfe dieser Methode können Internetseiten sehr schnell erfasst werden. Allerdings muss auch angemerkt werden, dass nur etwa 20% aller blinden Menschen in Deutschland die Blindenschrift beherrschen.59
Dies bedeutet, dass 80% nur im Internet surfen können, wenn sie eine Vorlesesoftware oder eine menschliche Hilfe in Anspruch nehmen.
2.2 Hilfsmittel für behinderte Menschen mit motorischen Störungen
Menschen mit motorischen Störungen sind meistens in der Lage, sich mit einem Browser Inter- netseiten ansehen zu können. Das Problem besteht bei dieser Gruppe in der Bedienung der Eingabegeräte, wie der Computermaus oder der Tastatur. Die Positionierung der Maus auf einen Link kann zu einer unüberwindbaren Barriere werden. Wenn es unmöglich ist, über die Tastatur Eingaben zu tätigen, dann kann der behinderte Mensch auch keine URL eingeben.
2.2.1 Spracheingabe
Mit einer Spracheingabe ist eine Spracherkennung verbunden, die auf die Stimme des Nutzers abgestimmt wird. Der Nutzer gibt über ein Headset Befehle über ein Mikrofon ein. Heutige Pro- gramme zur Spracherkennung, wie beispielsweise ViaVoice von IBM, können über 90% der eingegeben Anweisungen und Texte ohne Fehler verstehen. Über eine Spracherkennung kann auch die Bedienung der Tabulatortaste emuliert werden. Hierdurch ist es möglich, durch eine Internetseite zu navigieren und dabei von einem Link zum nächsten zu springen oder in einem Formular die einzelnen Eingabefelder anzuspringen. Es ist auch möglich, zwischen Befehlsmo- dus und dem Texteingabemodus umzuschalten, um z. B. eine URL eingeben zu können. Ein Befehl kann z. B. „Starte Explorer“ sein, um den Internet Browser von Microsoft zu starten.60
2.2.2 Touchpad
Ein Touchpad dient als Mausersatz. Es handelt sich um eine berührungsempfindliche, meist rechteckige Fläche. Auf dieser Fläche kann mit einem Stift oder mit den Fingern der Mauszeiger auf dem Bildschirm bewegt werden. Es ist somit möglich, dass Menschen, die ihre Hände nicht mehr einsetzen können, über einen Stift, den sie im Mund führen, den Mauszeiger bewegen. Um Mausklicks zu emulieren, gibt es verschiedene Lösungen. Oft sind zwei Mikroschalter am Touchpad angebracht, über welche die linke bzw. die rechte Maustaste emuliert werden.61
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Ein Touchpad mit zwei Eingabetasten62
2.2.3 Trackball
Bei einem Trackball handelt es sich im Prinzip um eine „umgedrehte“ Maus. Die Mauskugel wird direkt mit Hilfe der Finger bewegt. Besonders Personen, die Probleme mit der Feinmotorik haben, können mit einem stationären Eingabegerät wie dem Trackball den Mauszeiger besser auf dem Bildschirm ausrichten, als wenn sie mit der Computermaus arbeiten müssten.63
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Ein Trackball, der als Mausersatz zum Einsatz kommt64
3 Internetbarrieren
Die in diesem Kapitel vorgestellten Probleme wurden während meiner Gespräche mit blinden Menschen im LBZBimmer wieder erwähnt und auch vorgeführt. Diese Probleme wurden bei der Erarbeitung der BITV berücksichtigt und werden dort explizit aufgeführt. DeshalBwird zu jedem Problem, das in der BITV unter Priorität 1 genannt wird, auf die daraus resultierende Anforderung in der BITV verwiesen.
In diesem Kapitel werden Barrieren dargestellt, die in der Hauptsache für blinde und sehbehinderte Menschen problematisch sind. Es handelt sich dabei um Probleme, die es sehr schwer machen, überhaupt etwas Sinnvolles über eine Internetseite zu erfahren. Zumeist kann die Vorlesesoftware keine Informationen aus der Seite einer Internetpräsenz herauslesen, die der Nutzer verwenden kann, um weitere Seiten der Präsenz aufzusuchen. Die aus diesen Problemen resultierenden Bedingungen werden im Kapitel 7 auf Seite 58 vorgestellt. Ebenfalls im Kapitel 7 wird anhand des Internet-Projekts „Hörbuch“ gezeigt, wie mit Hilfe von HTML65 in der Version 4 Barrieren einer Internetseite abgebaut werden können.
Alle Internetseiten, die in einem Browser dargestellt werden, sind in HTML geschrieben. Aus diesem Grund werden zu einigen Problemen auch Lösungsansätze in Form von HTML- Kodefragmenten skizziert. Es wird jedoch exemplarisch nur jeweils ein Tag beschrieben, um Problem und Lösung aufzuzeigen. Die Auszeichnungssprachen HTML und XML66 „basieren auf der in der ISO-Norm 8879 festgelegten SGML (Standard Generalized Markup Language). Sie dienen, in ihren spezifischen Anwendungsgebieten, zur logischen Beschreibung von Inhalten, zum Datenaustausch oder zur Definition weiterer Auszeichnungssprachen.“67
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11: So sieht ein blinder Mensch das Internet
Abbildung 11 zeigt, wie ein blinder Mensch das Internet wahrnimmt. Um überhaupt Informationen zu erhalten, wird das Gehör und eventuell der Tastsinn von blinden Menschen genutzt. Mit dem Gehör kann die Sprachausgabe der Vorlesesoftware wahrgenommen werden. Wenn der Nutzer die Brailleschrift beherrscht und ein dementsprechendes Gerät angeschlossen ist, dann können über den Tastsinn zusätzlich Informationen „abgegriffen“ werden.
3.1 Frames
BITV: Bedingung 12.1 (Kapitel 7.13.1, Seite 68)
Jeder Frame68 69 ist eine eigenständige HTML-Seite. DeshalBist es möglich, jeden Frame ein- zeln in einem Browser zu betrachten. Damit verschiedene Frames im Browser angezeigt wer- den, muss ein so genanntes Frameset definiert werden. In diesem Frameset wird jedem Frame ein bestimmtes Areal innerhalBder Internetseite zugewiesen. Wenn eine Internetseite mit einem Frameset von einer Vorlesesoftware, wie z. B. JAWS, analysiert wird, dann versucht JAWS, die Frames zu linearisieren. Ein Frame nach dem anderen wird dem Nutzer vorgelesen. Sehr oft ist eine Internetseite in verschiedene Bereiche eingeteilt: Ein Navigationsframe, in dem Links zu
anderen Seiten der Internetpräsenz enthalten sind, ein Inhaltsframe, in dem die verschiedenen Seiten einer Internetpräsenz dargestellt werden und ein statischer Frame, der zum Beispiel das Logo der Firma enthält. Sehr oft werden die einzelnen Frames nicht korrekt benannt. In Tabelle 5 wird dies aufgezeigt. Wenn Frames nur mit „Frame 1“, „Frame 2“ usw. benannt werden, weiß der blinde Nutzer zunächst nicht, wie der Frameaufbau organisiert ist. Er muss sich alle Frames vorlesen lassen, bis er z. B. den Link zum Onlineshop endlich gefunden hat. Wird hingegen der Frame gleich richtig benannt, dann kann der Nutzer das Vorlesen des Frames „Inhalt“ und des Frames „Anschrift“ überspringen.70
Tabelle 5: Framearten und deren sinnvolle Benennung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kodierungsbeispiel:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wichtig ist auch der <noframe>-Abschnitt, über den definiert wird, wie die Internetseite dargestellt werden soll, wenn der Browser die Anzeige von Frames nicht unterstützt. So ist es möglich, auch ohne Frames eine Internetseite darstellen zu können.
3.2 Zeichengröße
BITV: Bedingung 3.4 (Priorität 2, deshalBnicht in Kapitel 7 beschrieben, jedoch in Anhang Bnachzulesen.)
Gerade sehbehinderte Menschen stellen in ihrem Browser die Größe der darzustellenden Zei- chen auf sehr groß ein. Über diese Einstellung können sie die Benutzung einer Bildschirmlupe71 oft abwenden. Leider werden nicht auf jeder Internetseite die Zeichen vergrößert dargestellt, selbst wenn dies im Browser eingestellt worden ist. Dies liegt daran, dass der Programmierer der Internetseite die vergrößerte Darstellung durch die Verwendung von festen Zeichengrößen72 unterdrückt.
Abbildung 12: Links eine Internetseite in normaler-, rechts mit vergrößerter Zeichendarstellung
In Abbildung 12 ist die Internetpräsenz des „Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen“73 dargestellt. Auf den ersten Blick erfüllt sie die Forderung nach einer variablen Zeichengröße. Jedoch haben nicht die Einstellungen im Browser diese Veränderung bewirkt, sondern das mehrmalige Klicken auf die [ + ] - Schaltfläche.74 Leider musste nach jedem Klick erst wieder das Fenster in die rechte untere Ecke über die beiden Ziehbalken verschoben werden, damit die [ + ] - Schaltfläche wieder sichtbar wurde.
Kodierungsbeispiel:
Feste Zeichengröße: Variabel Zeichengröße:
style="font-size:6pt"75 style="font-size:6em"76
3.3 Alternative Beschreibungen
BITV: Bedingung 1.1 (Kapitel 7.2.1, Seite 59)
Für viele HTML-Tags können alternative Beschreibungen (<Alt>-Attribute) verwendet werden, um auch blinden Nutzern die Möglichkeit zu geben, etwas über Grafiken, JAVA-Applets77 oder Eingabefelder zu erfahren. Der alternative Text sollte wenn möglich keine redundanten Informationen enthalten, die im Text der Internetseite schon genannt worden sind.
Kodierungsbeispiel mit alternativem Text:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für längere Texte wird der <longdesc>-Tag78 empfohlen, der auf eine Internetseite im HTML- Format verweist, in welcher die Beschreibung enthalten ist. Diese Internetseite wird von einer Vorlesesoftware wie JAWS oder dem HPR automatisch geladen und vorgelesen. Es ist aller- dings darauf zu achten, dass der <longdesc>-Tag von älteren Browsern wie dem Internet Explorer vor Version 4.0 nicht unterstützt wird, wodurch nicht sehende Nutzer einen Nachteil haben. DeshalBsollte auf alle Fälle auch das <Alt>-Attribut mit einer Kurzform belegt wer- den.79
Kodierungsbeispiel:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.4 Grafiken
BITV: Bedingung 1.1, Bedingung 1.2 und Bedingung 2.1 (Kapitel 7.2.1, Seite 59ff.)
Beim Einbinden von Grafiken ist besonders darauf zu achten, dass jede Grafik mit einem alternativen Text versehen wird, der den Inhalt der Grafik beschreibt.80
Beim Schreiben von Alternativtexten für Bilder sollte folgendes beachtet werden:
1. Wenn zu einem Bild ein Artikel gehört, dann ist es sehr unschön, wenn der Artikeltext auch für die Bildbeschreibung verwendet wird.
2. Vollkommen unsinnig ist es, dem Bild einen alternativen Text wie „picture.jpg“ zu geben.
Den Nutzer interessiert es nicht, unter welchem Namen der Webdesigner dieses Bild abgespeichert hat.
3. Wenn ein Bild für Layoutzwecke benutzt wird, dann ist der alternative Text zwar als Attribut81 anzugeben, aber nicht auszufüllen. Layoutbilder, auch „Spacer“ genannt, werden genutzt, um einzelne Elemente der Internetseite genau ausrichten zu können.
Kodierungsbeispiel für leeres <ALT>-Attribut:
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Wird der Alternativtext leer gelassen, dann wird er beispielsweise von JAWS nicht vor- gelesen. Fehlt hingegen das <ALT>-Attribut komplett, liest JAWS den Bildnamen vor. Im Kodebeispiel also „images/tele.gif“, was sich nicht nur unschön anhört, sondern auch verwirrt.
4. Viele Internetseiten bestehen aus einer einzigen Grafik, die in mehrere Teile aufgeteilt ist. Diese so genannten „Slices“ werden nacheinander in den Browser des Nutzers geladen und wieder zu einem Bild zusammengesetzt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 13: Eine Internetseite, die aus einem Bild besteht, das in Slices zerlegt worden ist82
1. Bei einem Bild aus Slices sollte nur ein Slice mit einem alternativen Text versehen we r- den. Am besten der Slice, der zuerst auf den Rechner des Kunden geladen wird. Wichtig ist auch, dass ein Slice keinen graphischen Text beinhaltet, der für das Verständnis der Internetseite wichtig ist. Ist dies doch der Fall, dann sollte der <longdesc>-Tag benutzt werden, um den Inhalt des Bildes zu beschreiben. Ist das Bild selbst als Link definiert, dann muss darauf geachtet werden, dass auch ein nicht sehender Mensch diesen Link bedienen kann.
Grafiken sollten Inhalte der Internetseite ergänzen. Wenn die Grafik allerdings notwendig ist, um den Inhalt der Internetseite überhaupt verstehen zu können, dann ist es wichtig, auf die Belange von Menschen mit Farbblindheit Rücksicht zu nehmen. Wenn in einem Bild beispielsweise wichtige Hervorhebungen in einem zarten Rot gemacht worden sind, dann können Menschen mit einer Rot-/Grünschwäche diesen Farbton eventuell gar nicht wahrnehmen.
3.5 Nicht persistente Navigation
BITV: Bedingung 13.3 (Priorität 2, deshalBnicht in Kapitel 7 beschrieben, jedoch in Anhang Bnachzulesen.)
Die Navigation soll dem Nutzer immer anzeigen, wo er sich gerade befindet. Das kann dadurch erreicht werden, dass die Navigation zunächst in verschiedene Bereiche unterteilt wird.83 Auf der Internetseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)84 sind die einzelnen Nachrich- tensparten auf der Internetseite aufgeführt. Wird z. B. innerhalBder Sparte „Wirtschaft“ ein weite- res Thema ausgewählt, dann erscheint auf der Internetseite der komplette Navigationspfad.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 14: Navigationsbeispiel auf der Homepage der FAZ
Wenn ein Internetauftritt zentral erstellt wird, dann ist die Navigation meistens auch für jede Internetseite gleich. Problematisch wird es hingegen, wenn jede Abteilung einen eigenen Auftritt im Internet gestaltet. Verlinkt werden die Seiten oft über ein gemeinsames Portal.85 Auch im öffentlichen Bereich, z. B. bei Hochschulen, gestalten einzelne Fachbereiche den eigenen Internetauftritt meistens selbst. Die dadurch entstehende Inkonsistenz in der Navigation ist nicht nur für sehbehinderte und blinde Menschen problematisch. Schließlich müssen sie für jeden Fachbereich ein neues Navigationskonzept erlernen.
3.6 Tabindex
BITV: Bedingung 9.4 (Priorität 2, deshalBnicht in Kapitel 7 beschrieben, jedoch in Anhang Bnachzulesen.)
Es ist möglich, sich durch Internetseiten zu navigieren, ohne dabei die Maustaste betätigen zu müssen. Mit der Tabulatortaste sind fast alle Objekte zu aktivieren. Selbst die einzelnen Regio- nen einer Imagemap86 können angewählt werden. Die Auswahl erfolgt i. d. R. über die Eingabe- taste. Im Normalfall können alle Objekte einer Internetseite angewählt werden. Bei Formularen ist es jedoch sinnvoll, den Tabindex selbst festzulegen, damit z. B. erst das Beschriftungsfeld und dann das eigentliche Eingabefeld über die Tabulatortaste angesprungen werden.87
Kodierungsbeispiel:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.7 Tabellen
BITV: Bedingung 5.1 und Bedingung 5.2 (Kapitel 7, Seite 63)
Tabellen sind für blinde Nutzer problematisch, da sie jede Tabelle, welche die Vorlesesoftware linearisiert88, zu einem mentalen Modell wieder zusammensetzen müssen. Die Gestaltung von Tabellen ist sehr einfach. Soll die Tabelle aber auch sinnvoll vorgelesen werden, dann müssen bei der Gestaltung ein paar Regeln beachtet werden. Während meiner Gespräche im LBZBhabe ich mir einige Tabellen von der Software JAWS vorlesen lassen. Dabei konnte ich feststellen, dass die Tabellen umso unverständlicher waren, je umfangreicher sie wurden. Für blinde Nutzer stellen Tabellen und besonders Layouttabellen89 elementare Hürden beim Benutzen des Inter- nets dar.
Tabelle 6: Beispieltabelle, die linearisiert werden kann
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kodierungsbeispiel zu Tabelle 6:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Tabelle wird von JAWS wie folgt vorgelesen:
„summary: In der Tabelle sind die Personen aufgeführt, die eine Einladung zum Seminar erhalten haben.
Name: Meier Strasse: Kurtstr. 10 Ort: Hannover Beruf: Student
Name: Mahlmann Strasse: Rubinstr. 3 Ort: Bonn Beruf: Malermeister“
Wichtig bei der Gestaltung einer Tabelle ist die Verbindung der Spaltenköpfe mit den einzelnen Zellen. Die Verbindung erfolgt über eine ID, die jedem Spaltenkopf über den <TH>-Tag zugewiesen wird. InnerhalBdes <TD>-Tags wird dann die ID als Attribut in headers zugewiesen. Damit erkennt die Vorlesesoftware, welchen Tabellenkopf sie vorlesen muss, bevor sie die dazugehörige Tabellenzelle vorliest.
Der <summary>-Tag wird vom Browser nicht dargestellt. Er wird aber von vielen Vorleseprogrammen erkannt und auch vorgelesen.90
3.8 Layoutraster/Layouttabellen
BITV: Bedingung 5.3 und Bedingung 5.4 (Priorität 2, deshalBnicht in Kapitel 7 beschrieben, jedoch in Anhang Bnachzulesen.)
„If a WeBsite is constructed using tables (and thousands are), the blind user can easily become confused. Why? Because screen readers are only capable of rea- ding lines of information from left to right. They cannot distinguish or interpret a WeBpage designed with tables and loaded with different information sets in different ta- ble cells or embedded tables with multiple table columns and rows. From the visual user´s perspective (as well as the graphics designer´s), this may appear to be the only way to place objects or text on a WeBpage exactly where he or she wants them. However, this is neither the proper use of the HTML table syntax nor the only way to specify locations on a WeBpage. Style sheets are a better method.”91
Layouttabellen enthalten meistens keine Linien und sind damit für den Nutzer als solche nicht zu erkennen. Viele Webdesigner schwören auf solche Layouttabelle n, da sie mit ihnen ein „starres“, nicht variables Layout gestalten können. Egal, oBdas Browserfenster 800x600 oder 1280x1024 Pixel darstellt, das Layout verändert sich nicht. Der Nachteil einer Layouttabelle besteht darin, dass die Vorlesesoftware diese Tabelle erst linearisieren muss.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 15: Linearisierung einer Layouttabelle92
Wird z. B. ein Artikel über drei Tabellenzellen gezogen, ist das Vorlesen dieses Artikels für eine Vorlesesoftware problematisch. In Abbildung 15 wird rechts die Tabelle des „Deutschland Por- tals“ so gezeigt (linearisiert), wie sie von einer Vorlesesoftware dem Nutzer präsentiert wird. Anstatt nur eine Begrüßung in der ausgewählten Sprache auszugeben, werden alle Begrüßun- gen in Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch und Russisch ausgegeben. Dies hängt damit zusammen, dass bei der Linearisierung auch „versteckte“ Tabelleneinträge angezeigt werden. Layouttabellen können durchaus barrierefrei gestaltet werden. Allerdings wird dabei sehr viel Disziplin von den Webdesignern gefordert.
3.9 Formulare
BITV: Bedingung 10.2 (Priorität 2, deshalBnicht in Kapitel 7 beschrieben, jedoch in Anhang Bnachzulesen.)
Formulare werden auf vielen Internetseiten eingesetzt, um z. B. Anfragen zu ermöglichen, Bestellungen aufzugeben oder Informationen anzufordern. Bei der Gestaltung von Formularen sollte nicht nur an die Bedürfnisse von behinderten Nutzern gedacht werden.
Auch nicht behinderte Menschen werden oft verwirrt vor Formularen stehen, wenn z. B. die Ein- gabereihenfolge sehr unlogisch ist. DeshalBsollten Formulare über den <Fieldset>-Tag93 gruppiert werden. Pro Zeile sollte auch nur ein Eingabefeld mit der dazugehörigen Beschriftung vorhanden sein. Wichtig ist auch, dass die Beschriftung vor dem Eingabefeld steht und nicht umgekehrt. Eine Vorlesesoftware würde erst das Eingabefeld und dann die Beschreibung lesen, was den blinden Nutzer verwirrt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 16: Ein schlechtes Beispiel für eine Formulargestaltung
Über die Internetpräsenz vom Otto-Versand94 können Kataloge angefordert werden. Das Formu- lar hierzu in Abbildung 16 ist für blinde Nutzer nicht verständlich, da die Beschriftungen teilweise für jeweils zwei Formularfelder zusammengefasst worden sind. Natürlich muss zu diesem Bei- spiel gefragt werden, oBein sehender Benutzer das Formular versteht. Ich glaube, dass dies der Fall ist. Es ist aber möglich, das Formular so zu belassen, wie es ist, wenn in den Eingabefeldern ein „Blindtext“ eingetragen ist (Abbildung 17), der von der Vorlesesoftware ausgegeben wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 17: Ein Kompromissvorschlag für die Formulargestaltung95
3.10 Linkversammlungen
BITV: Bedingung 12.3 (Priorität 2, deshalBnicht in Kapitel 7 beschrieben, jedoch in Anhang Bnachzulesen.)
Die Kapitelüberschrift ist korrekt. Einige Internetseiten, gerade die von Nachrichtensendern, erinnern oft an eine Versammlung von Links. Dies hängt sicher auch mit der Adaption einer gedruckten Tageszeitung auf eine Internetpräsenz zusammen. Auf der Portalseite werden die Schlagzeilen untergebracht. Dann gibt es noch Kurzmeldungen zu einigen Gebieten, wie Wirtschaft, Lokales oder Sport.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18: Beispiel von Rubriken einen Online-Tageszeigung96
Der sehende Nutzer wählt die Rubrik selektiv aus. Er überspringt Rubriken, die er nicht lesen will, z. B. die Rubrik „Überregionales“. Der blinde Nutzer hingegen hat die se Möglichkeit nur, wenn die einzelnen Rubriken von der Vorlesesoftware übersprungen werden können. Hierzu müssen die einzelnen Rubriken zusammengefasst sein. Dies kann auf mehreren Wegen ge- schehen. Wird eine Tabelle für das Layout verwendet, dann können einzelne Zellen mit Hilfe des <Span>-bzw. des <DIV>-Tag97 zu einer logischen Einheit zusammengefasst werden. Dann ist es auch dem blinden Nutzer möglich, eine Rubrik mit Hilfe der Tabulatortaste zu überspringen. Da es für eine Gruppierung viele Möglichkeiten unter HTML 4 gibt, wird auf die Darbietung eines Kodierungsbeispiels verzichtet.
Man muss sich immer vor Augen halten, wie ein blinder Nutzer auf einer Internetseite navigiert. Ich habe mit blinden Nutzern gesprochen und sie beim Surfen beobachtet. Dabei konnte ich zwei Szenarien beobachten:
1. Der blinde Nutzer wusste genau, wonach er sucht. In diesem Fall ließ er sich die Inte r- netseite bis zu einem bestimmten Link vorlesen. Zum Beispiel bis „E-Mail abfragen“ vor- gelesen wurde. Dieser Link wurde dann direkt ausgewählt.
2. Der blinde Nutzer wollte sich informieren. In diesem Fall ließ er sich die Internetseite komplett vorlesen und merkte sich Links, die er anspringen wollte. Nun musste er aber wieder zu den gewünschten Links schalten. Oft kam hierfür die Tabulatortaste zum Ein- satz, wenn die Links gruppiert waren. Sehr oft aber musste bei einer ungruppierten In- ternetseite erneut alles vorgelesen werden, bis ein Link wieder erkannt wurde, der dann ausgewählt wurde.
Es ist auch möglich, einzelne Nachrichten, die auf einer Internetseite abgebildet sind, zu über- springen. Hier gilt das gleiche Prinzip, das auch beim Überspringen einer Rubrik angewendet werden kann. Für den blinden Nutzer hat dies den Vorteil, dass er sich eine Schlagzeile vorlesen lässt. Interessiert ihn dieser Artikel nicht, kann er einfach mit der Tabulatortaste zum nächsten Artikel weiterschalten.
[...]
1 gem. § 19. Abs. 6 der Prüfungsordnung
2 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Art. 3, Abs.3, Satz 3
3 Sozialgesetzbuch
4 Schwerbehindertengesetz (SchwbG), § 4
5 Schwerbehindertengesetz (SchwbG), § 2
1 Einschl. Impfschaden
2 Einschl. Wege- und Betriebswegeunfall
6 Quelle: Statistisches Bundesamt (2003), Zugriff: 16.09.2003, URL: http://www.destatis.de/basis/d/solei/soleitab11.htm 2
7 Quelle: Statistisches Bundesamt (2003), Zugriff: 09.09.2003, URL: http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2003/ p0630085.htm, auch: http://www.digitale-chancen.de/iob/grafisch/netscape/umfrage/ergebnisse/ergebnisse.txt
8 Wichtig sind Probleme mit den Händen, weshalBich bei „Funktionseinschränkungen der Extremitäten“ nur 7% berück- sichtigt habe.
9 Sozialportal, Zugriff: 17.08.2003, URL: http://www.sozialportal.de/Dateienprogramme/sehen.html
10 Vgl. SGBIX , § 31
11 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie , Zugriff: 24.09.2003, URL: http://www.digitale-chancen.de/iob/grafisch/netscape/umfrage/index.html
12 Harris Umfrage, Stand: 21.02.2001, URL: http://www.harrisinteractive.com/harris_poll/index.asp?PID=221
13 Def. lt. BITV Anlage (Teil 2): „Ermöglicht die Interaktion mit dem elektronischen Medium. Beispiele für Eingabegeräte sind Tastaturen, Computer-Mäuse, Blindenschriftgeräte, Kopfstäbe oder Mikrophone.“
14 „Internetseite“ wird oft auch als „Webseite“ bezeichnet. Da im Internet beide Begriffe eingesetzt werden, wird in dieser Dipl.-Arbeit von mir der Begriff „Internetseite“ verwendet.
15 Vgl. Törkel (2003), Interview
16 „Summe aller Seheindrücke, die ohne Augenbewegungen gleichzeitig wahrgenommen werden können.“, Vereinigung kontaktlinsenanpassender Augenärzte, Zugriff: 15.09.2003, Quelle: http://www.augenkontakt.at/lexikon/g-2.html
17 Quelle: Beratung und Schule für sehgeschädigte Kinder und Jugendliche, Zugriff: 14.09.2003, URL: http://www.blinden-sonnenberg.org/sehprobleme/index.htm
18 Quelle: Beratung und Schule für sehgeschädigte Kinder und Jugendliche, Zugriff: 14.09.2003, URL: http://www.blinden-sonnenberg.org/sehprobleme/index.htm
19 Gesetz über die Hilfen für Blinde und Gehörlose, in der Fassung vom 17.12.1997, § 1, Art. 1
20 „Achromatopsie, die ‚totale Farbenblindheit’, d.h. die Wahrnehmung nur farbloser Bilder (wie vom Normalsichtigen im Dämmerlicht); als Teilerscheinung der erblichen Zapfenblindheit (‚Achromasie’) oder Folge einer erworbenen Störung im Sehapparat (Zapfen-Farbenblindheit, Monochromasie).“ Quelle: Roche Online Lexikon Medizin, Stand 1999, URL: http://www.gesundheit.de/roche/ro00000/r272.html
21 Rot-/Grünschwäche ist eine „angeborene, rezessiv-geschlechtsgebunden erbliche (bei ca. 4% der männl.), graduell verschiedene Farbensinnstörung für Rot u. Grün (Rotblindheit, Grünblindheit); diese Farben werden ‚unbunt’ als Grautöne gesehen (GelBu. Blau aber farbig).“ Quelle: Roche Lexikon Medizin, Stand 1999, URL: http://www.gesundheit.de/roche/ro00000/r272.html
22 Die korrekte Bezeichnung lautet Hyperlink. Jedoch hat sich der Begriff Link im Internet etabliert. Def. lt. BITV Anlage (Teil 2): „Verweis in einem elektronischen Dokument auf ein beliebiges Verweisziel. Das Verweisziel kann sich in jeder über den elektronischen Datenaustausch erreichbaren Quelle befinden.“
23 Vgl. Hellbusch (2001), S.17
24 Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen und der Schwerhörigen e.V., Zugriff: 14.09.2003, URL: http://www.deutsche-gesellschaft.de/hoerschaedigung.html
25 Deutsche Behindertenhilfe - Aktion Mensch e.V., Einfach für alle, Stand: 30.05.2003, URL: http://www.accessibility.de/artikel/zugaenglich
26 Prof. Dr. Hans Stadler, Zugriff: 14.09.2003, URL: http://service.dkf.de/reha/rehabuch/text/koerperb.htm
27 Vgl. Kapitel 2.2, S.16ff.
28 Zugang für alle, Zugriff: 14.09.2003, URL: http://www.access-for-all.ch/new/d_auswirkungen.html
29 Roche Online Lexikon Medizin, Stand 1999, URL: http://www.gesundheit.de/roche/ro20000/r22199.html
30 „Legasthenie: mangelndes Sinnverständnis für Gelesenes; meist als Schwäche im Erlernen des Lesens, d.h. Unfähig- keit, Buchstaben zu Silben bzw. Silben zu Wörtern zusammenzufügen; dadurch meist auch Rechtschreibschwierigkeiten mit Reihenfolgenumstellung u. gestaltliche Buchstabenverwechslung“. Quelle: Roche Online Lexikon Medizin, Stand 1999, URL: http://www.gesundheit.de/roche/ro20000/r22015.html
31 Lexikon der Lernschwierigkeiten/Lernbehinderung, Stand: 2107.2003, URL: http://www.solex.li/lexikon/lern.htm
32 Die Begriffe Site und Seite werden sehr häufig als Synonyme füreinander verwendet, was jedoch nicht korrekt ist. Im Bezug auf das Internet beinhaltet eine „Site“ alle Seiten einer Internetpräsenz. DeshalBverwende ich in dieser Diplomarbeit den Begriff Internetpräsenz anstatt Site.
33 „mangelnde Fähigkeit (…) zur Erfüllung der intellektuellen Normen (z. B. normale Schulbildung); auch Bez. für die damit verbundene Beeinträchtigung der selbständigen Lebensführung, die durch entsprechende Eingliederungshilfen (Rehabi- litation) gemindert werden kann(…).“Quelle: Quelle: Roche Online Lexikon Medizin, Stand 1999, URL: http://www.gesundheit.de/roche/ro12500/r13212.html
34 Prof. Dr. Heinz Mühl, Zugriff: 15.09.2003, URL: http://195.185.214.164/rehabuch/deutsch/p182.htm
35 Vgl. Kapitel 1.3.4, S.9
36 Vgl. Krug (2000), S.136
37 LBZB, Stand: 03.09.2003, URL: http://www.lbzb.de
38 Der Vortrag fand am 17.06.2003 an der Fachhochschule Hannover im Rahmen des „Studium Generale“ statt.
39 Def. lt. BITV Anlage (Teil 2)
40 Siehe Kapitel 1.2, S.3
41 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Zugriff: 24.09.2003, URL: http://www.digitale-chancen.de/iob/grafisch/netscape/umfrage/index.html
42 Ich habe Voice Browser sowie Screenreader unter dem Schlagwort „Vorlesesoftware“ zusammengefasst.
43 IBM, Home Page Reader, Zugriff: 11.09.2003, URL: http://www-3.ibm.com/able/solution_offerings/hpr.html
44 Siehe Kapitel 7.3.1, S.61: Markup-Sprache
45 In Anlage C befindet sich eine CD, auf der eine Sprachausgabe dem IBM Home Page Reader aufgezeichnet worden ist. Diese CD kann in jedem handelsüblichen CD-Spieler angehört werden.
46 Siehe Kapitel 2.1.3, S.14
47 Krupinski (2003), Interview
48 Freedom Scientific JAWS, Zugriff: 11.09.2003, URL: http://www.freedomsci.de/prod01.htm
49 Microsoft, PowerToys, Zugriff : 11.09.2003, URL: http://www.microsoft.com/windowsxp/pro/downloads/powertoys.asp
50 Vgl. Kapitel 1.3.1, S.7f.
51 Vgl. Khalisch, Brailleschrift, Stand: 16.12.2003, URL: http://www.kahlisch.de/phd/anh_a.htm
52 Bildquelle: Die Braille, Stand: 03.2000, URL: http://www.bics.be.schule.de/son/wir-in-berlin/kiez/dialog/braille/braille.htm
53 Braille, Stand: 17.05.2003, URL: http://www.braille.ch
54 Bildquelle: FH Gießen, Stand: 10.09.2002, URL: http://www.fh-giessen.de/bliz/infrastruktur/computer.htm
55 Ein Kodierungssystem nach ISO/IEC 10646
56 Vgl. Selfhtml, Stand 2001, URL: http://selfhtml.teamone.de/inter/unicode.htm
57 BSG, Urteil vom 16.04.98 (B3 KR 6/97 R)
58 Vgl. Window-Eyes, Zugriff: 12.09.2003, URL: http://www.windoweyes.de/preis
59 DBSV, Statistiken von 1995, URL: http://www.dbsv.org/infothek/Statistik.htm
60 Vgl. IBM, ViaVoice, Zugriff: 12.09.2003, URL: http://www-3.ibm.com/software/speech/de, Die Software kostet zwischen 50 - 200 Euro, je nach Funktionsumfang und Version.
61 Vgl. Computerhilfen.de, Zugriff: 12.09.2003, URL: http://www.computerhilfen.de/magazin_wasist_touchpad.php3
62 Quelle: Poika Isokoski, Zugriff: 12.09.2003, URL: http://www.cs.uta.fi/~poika/chi2002_paper/ b_w_easycat
63 Vgl. Mausersatz, Zugriff: 12.09.2003, URL: http://schulen.eduhi.at/spzfreistadt/mausersatz.htm
64 Quelle: Design of Tests, Zugriff: 13.09.2003, URL: http://www.cs.uta.fi/~poika/g/node8.html
65 Hyper Text Markup Language
66 Extensible Markup Language
67 Def. lt. BITV Anlage (Teil 2), Glossar
68 W3C/WAI: Index of the HTML 4 Attributes W3C, Zugriff: 02.09.2003, URL: http://www.w3.org/TR/html401/present/ frames.html#edef-FRAMESET
69 Def. lt. BITV Anlage (Teil 2): „Definierbare Segmente, die den Anzeigebereich eines Browsers aufteilen. Jedes Anzeigesegment kann eigene Inhalte enthalten.“
70 Vgl. Paciello (2000), S.79
71 Vgl. Kapitel 2.1.2, S.14
72 Im Internet Explorer als „Schriftgrad“ bezeichnet.
73 Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Zugriff: 06.09.2003, URL: http://www.behindertenbeauftragter.de/standpunkte
74 Auch Button genannt.
75 Die feste Einheit pt steht für Punkt.
76 Die variable Einheit em bezieht sich auf die Schriftgröße relativ zur Normalgröße des kleinen m der Schriftart selbst.
77 Vgl. Kapitel 3.17, S.37
78 Long description = eine ausführliche Beschreibung
79 Vgl. Paciello (2000), S. 90
80 Vgl. Kapitel 3.3, S.21
81 Def. lt. BITV Anlage (Teil 2): „Befehle in Programmiersprachen können zusätzliche Angaben zur Beschreibung des Befehls in Form von Attributen enthalten. Diese Attribute können durch Wertangaben näher bestimmt werden.“
82 Enigma, Bücher, Zugriff: 09.09.2003, URL: http://www.enigmatic.de
83 Vgl. Krug (2000), S.74ff.
84 FAZ, Wirtschaft, Zugriff: 09.09.2003, URL: http://www.faz.net.net
85 „Ein Internetportal ist eine Website die einen ‚Eingang’ auf viele weitere Seiten darstellt und eine Übersicht über die aktuellen Themen und Kategorien einer Seite bietet“. Quelle: Computerlexikon, Zugriff: 14.09.2003, URL: http://www.computerlexikon.com
86 Def. lt. BITV Anlage (Teil 2): „Verweis-sensitive Graphiken; Graphiken, die in Regionen mit zugeordneten Aktionen unterteilt wurden. Die Betätigung einer aktiven Region löst eine Aktion aus.“
87 Vgl. W3C/WAI (1999), Index of the HTML 4 Attributes, Zugriff: 09.09.2003, URL: http://www.w3.org/TR/html401/interact/forms.html#adef-tabindex
88 Def. lt. BITV Anlage (Teil 2): „Ein Verfahren der Tabellendarstellung, bei der die Inhalte der Zellen zu einer Folge von Absätzen werden. Die Absätze erscheinen in derselben Reihenfolge, in der die Zellen im ursprünglichen Dokument definiert sind.“
89 Siehe: Kapitel 3.8, S.26
90 Vgl. Paciello (2000)
91 Paciello (2000), S.78
92 Das Deutschland-Protal, Zugriff: 09.09.2003, URL: http://www.deutschland.de
93 Vgl. W3C/WAI (1999), Forms in HTML documents, Zugriff: 10.09.2003, URL: http://www.w3.org/TR/html401/interact/forms.html#edef-FIELDSET
94 Otto-Versand, Zugriff: 10.09.2003, URL: http://www.otto.de
95 Es handelt sich bei der Graphik um eine Montage.
96 Westdeutsche Zeitung, Zugriff: 09.09.2003, URL: http://www.wz-newsline.de, Zur besseren Visualisierung ist die Navigationsleiste nebeneinander in drei Bereiche montiert worden.
97 Vgl. W3C/WAI (1999), The global structure of an HTML document, Zugriff: 09.09.2003, URL: http://www.w3.org/TR/html401/struct/global.html#h-7.5.4
- Arbeit zitieren
- Andreas Petrausch (Autor:in), 2003, Die BITV - Von der Entwicklung bis zur Anwendung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30615
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