Im Rahmen meines Studiums zur Sozialarbeiterin/-pädagogin habe ich im April ein 4-wöchiges Praktikum in der Stiftung Liquo, einer Musterheimer Schuldenberatungsstelle absolviert. Ich habe mich für dieses Praxisfeld entschieden, da sich immer mehr private Haushalte überschulden und somit Schuldnerberatung ein wichtiger Betstandteil der Sozialen Arbeit ist.
"Jetzt kaufen, später zahlen“, diese oder ähnliche Slogan begegnen uns fast täglich und beschreiben das alltägliche Kauf- und Konsumverhalten vieler Menschen. Oft kommen die betroffenen Menschen alleine nicht mehr raus aus der Schuldenfalle. Ausstehende Geldforderungen können nicht mehr beglichen werden, ohne die eigene Grundversorgung zu gefährden. Fast jede Person hat schon einmal Schulden gehabt. Solch eine Lebenssituation ist heute nichts besonderes mehr, das aufnehmen von Krediten gehört heute zum Lebensalltag dazu.
Normalerweise sollte es kein Problem darstellen, diese Schulden in festen Teilbeträgen monatlich zurückzuzahlen. Unvorhersehbare Ereignisse aber verwerfen oftmals den Haushaltsplan. Dann reicht das verfügbare Einkommen nicht mehr aus und Haushalte geraten von der Verschuldung in die Überschuldung. Überschuldung führt in der Regel zu einer Vielzahl von psychosozialen Belastungen und hat meist Auswirkungen auf das gesamte Umfeld des Überschuldeten. Hier wird deutlich, dass bei Überschuldung nicht nur eine finanzielle Beratung notwendig ist, sondern auch eine soziale Betreuung des Überschuldeten. Der Schuldnerberatung in der Sozialen Arbeit kommt hierbei ein entscheidender Stellenwert zu. Hier gilt es, den Blick nicht nur auf die wirtschaftliche Seite zu richten, sondern auch auf das persönliche, familiäre und soziale Umfeld des Verschuldeten mit in den Blick zu nehmen, um dem Klienten bei seiner Gesamtsituation Hilfestellung zu leisten. Diese Tatsache und die Vielschichtigkeit der auftretenden Probleme zeigt, dass die Arbeit der Schuldnerberatung einen wichtigen Platz in der Sozialen Arbeit einnimmt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Institutionsbeschreibung
2.1 Stiftung Liquo
2.2 Arbeitsfeld
2.2.1 Definition
2.2.2 Historischer Rückblick
2.2.3 Gründe die zur Überschuldung führen können
2.2.4 Individuelle Schuldnertypen
2.2.5 Ablauf in der Schuldnerberatung
3 Beschreibung der Tätigkeiten
4 Fallbeschreibung
4.1 Fallanalyse
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Im Rahmen meines Studiums zur Sozialarbeiterin/-pädagogin habe ich im April ein 4 wöchiges Praktikum in der Stiftung Liquo[1], einer Musterheimer[2] Schulden-beratungsstelle absolviert. Ich habe mich für dieses Praxisfeld entschieden, da sich immer mehr private Haushalte überschulden und somit Schuldnerberatung ein wichtiger Bestandteil der Sozialen Arbeit ist.
"Jetzt kaufen, später zahlen“, diese oder ähnliche Slogan begegnen uns fast täglich und beschreiben das alltägliche Kauf- und Konsumverhalten vieler Menschen. Oft kommen die betroffenen Menschen alleine nicht mehr raus aus der Schuldenfalle. Ausstehende Geldforderungen können nicht mehr beglichen werden, ohne die eigene Grundversorgung zu gefährden. Fast jede Person hat schon einmal Schulden gehabt. Solch eine Lebenssituation ist heute nichts Besonderes mehr, das Aufnehmen von Krediten gehört heute zum Lebensalltag dazu.
Normalerweise sollte es kein Problem darstellen, diese Schulden in festen Teilbeträgen monatlich zurückzuzahlen. Unvorhersehbare Ereignisse aber verwerfen oftmals den Haushaltsplan. Dann reicht das verfügbare Einkommen nicht mehr aus und Haushalte geraten von der Verschuldung in die Überschuldung. Überschuldung führt in der Regel zu einer Vielzahl von psychosozialen Belastungen und hat meist Auswirkungen auf das gesamte Umfeld des Überschuldeten. Hier wird deutlich, dass bei Überschuldung nicht nur eine finanzielle Beratung notwendig ist, sondern auch eine soziale Betreuung des Überschuldeten. Der Schuldnerberatung in der Sozialen Arbeit kommt hierbei ein entscheidender Stellenwert zu. Hier gilt es, den Blick nicht nur auf die wirtschaftliche Seite zu richten, sondern auch auf das persönliche, familiäre und soziale Umfeld des Verschuldeten mit in den Blick zu nehmen, um dem Klienten bei seiner Gesamtsituation Hilfestellung zu leisten. Diese Tatsache und die Vielschichtigkeit der auftretenden Probleme zeigt, dass die Arbeit der Schuldnerberatung einen wichtigen Platz in der Sozialen Arbeit einnimmt.
In meinem Praxisbericht möchte ich gerne genauer auf diesen Arbeitsbereich der Schuldnerberatung eingehen. Eine ausführliche Institutionsbeschreibung mit einem genaueren Blick auf das Arbeitsfeld ist unter Punkt 2.0 zu finden.
Unter Punkt 3.0 möchte ich meine gesammelten Erfahrungen und meine Tätigkeiten während des Praktikums genauer beschreiben. Punkt 4.0 ist eine Reflexion, diese umfasst eine von mir ausgewählte Fallbeschreibung und wird nach Burkhard Müller analysiert. Der Praxisbericht endet mit einem Fazit unter Punkt 5.0, diese umfasst eine Reflexion sowie daraus resultierende weitere Auswirkungen für mich und mein Studium.
2 Institutionsbeschreibung
2.1 Stiftung Liquo
Die Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle Stiftung Liquo ist eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts. Sie ist eine gemeinnützige und vom Land Niedersachsen anerkannte Stiftung, die sich das Ziel gesetzt hat, Menschen in wirtschaftlichen Notlagen zu unterstützen. Das heißt, sie ist eine privatrechtlicheStiftung. Die in den §§ 80 ff. BGB geregelte rechtsfähige (oder auch selbständige) Stiftung des bürgerlichen Rechts ist Leitbild aller Stiftungen. Sie kann sowohl dem Gemeinwohl (sog. öffentliche oder gemeinnützige Stiftungen bürgerlichen Rechts) als auch allein Privatinteressen dienen. Hierbei sind private Stiftungen dadurch gekennzeichnet, dass ihr Zweck auf einen Personenkreis begrenzt ist (Betriebsangehörige, Vereine, Familie) oder einem Unternehmen zu Gute kommt. Dagegen begünstigen öffentliche Stiftungen die Allgemeinheit. Anerkannte Zwecke sind hier z.B. Sport, Bildung, Religion, Kunst, Forschung, Wohltätigkeit oder Denkmalpflege (vgl. Wigand 2002: 4+35).
Die Schuldner- und Insolvenzberatung Stiftung Liquo ist in Musterheim und an drei weiteren Orten vertreten. Derzeit arbeiten insgesamt neun Mitarbeiter in der Stiftung Liquo. Diese sind gelernte Sozialpädagogen mit einer Zusatzausbildung zum Schuldner- und Insolvenzberater. Diese Zusatzausbildung ist notwendig um die nötigen rechtlichen Grundlagen und Gesetze zu verstehen und anzuwenden.
Die Räumlichkeiten in Musterheim sind klein und übersichtlich. Die zwei Mitarbeiter haben angrenzende Büros. Es gibt einen kleinen Flur mit Wartebereich, eine Küche und ein Bad. Die Stiftung ist in Musterheim sehr zentral gelegen und somit gut mit Bus und Bahn zu erreichen. Problematisch wird es, wenn man mit einen Pkw anreist, die Parkplätze rund um Stiftung Liquo sind sehr rar.
Stiftungsträger der Stiftung Liquo ist ABES[3]. ABES ist ein innovativer freier Jugendhilfeträger mit Schwerpunkten in ambulanten und teilstationären Jugendhilfeangeboten. Die Hauptstelle von ABES befindet sich in Musterheim.
Die Adressaten, welche die Stiftung Liquo aufsuchen, sind Menschen in wirtschaftlichen Notlagen. Es wird versucht in erster Linie eine geeignete Lösung für die Schuldensituation zu finden. Liquo hilft dabei die derzeitige Schuldensituation genau zu erfassen, außergerichtliche Einigungsversuche mit den Gläubigern zu erzielen und in gravierenden Fällen den Antrag auf ein gerichtliches Insolvenzverfahren zu stellen. Sie nimmt also eine große Tätigkeit in der Beraterrolle und Aktenführung ein.
Leistungsbeschreibung Liquo
In der Leistungsbeschreibung von der Stiftung Liquo geht hervor, dass die Einzelfallarbeit mit den Betroffenen Personen in neun Schritten verläuft. Diese Leistungsbeschreibung soll den professionellen Ablauf, das sogenannte Rahmenkonzept sichern. Des Weiteren ist sie auch ein Leitfaden für die betroffenen Schuldner, diese wissen im Vorfeld, was auf sie zukommt und was von ihnen gefordert wird. Ich möchte das Rahmenkonzept kurz vorstellen.
1. Basisberatung (Anamnese, Problementwicklung, Zielentwicklung) Hierzu gehört die Aufklärung über die Arbeitsweise in der Schuldnerberatung, die Erfassung psychosozialer Probleme und die Erstellung eines Hilfeplanes.
2. Informationsgewinnung In diesem Schritt werden Auskünfte von der Schufa oder z.B. dem Schuldenverzeichnis des Amtsgerichts erfragt.
3. Forderungsüberprüfung und Schuldnerschutz Schuldenunterlagen werden aktualisiert, gegebenenfalls Unterstützungs- angebote für den Schuldner zusammengestellt.
4. Haushaltsberatung Ein Haushaltsplan wird erstellt, bei Bedarf fällt auch eine Ernährungs- beratung unter diesen Punkt.
5. Psychosoziale, präventive Beratung Neben Motivationsarbeit kann gegebenenfalls auch die Vermittlung von zusätzlichen sozialen Beratungsangeboten in Anspruch genommen werden.
6. Regulierung und Entschuldung Hier runter fällt die Verhandlung mit den Gläubigern zwecks eines Regulierungsplanes. Nachbetreuung Diese ist individuell auf den Klienten zugeschnitten
7. Kollegiale Fachberatung
8. Strukturelle Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen/ Institutionen
Auch die Qualitätssicherung bei der Stiftung Liquo ist durch regelmäßige Arbeitskreise (einmal im Monat) gesichert. Regelmäßige Überarbeitung der Leistungsstandards, sowie Supervisionen sollen die Mitarbeiter auf dem neuesten Stand halten und so in ihren Tätigkeitsbereich festigen.
2.2 Arbeitsfeld
2.2.1 Definition
Schuldnerberatung ist heute ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft. Der Schwerpunkt der Arbeit in der Schuldnerberatung liegt neben finanziellen Anliegen auch im hauswirtschaftlichen sowie psychosozialen und pädagogisch-präventiven Bereich.
Es wird davon ausgegangen das Menschen, die sich an eine Schuldnerberatungsstelle wenden, nicht nur finanzielle Probleme haben. Grade durch die Überschuldung kommt es auch oft im privaten Umfeld zu familiären und persönlichen Problemen. Man spricht von einer Überschuldung, wenn die monatlichen Gesamtausgaben höher sind als die monatlichen Einnahmen. (vgl. Groth 1991: 13-18)
Diese Definition lässt sich noch weiter vertiefen. So spricht man z.B. von subjektiver Überschuldung, relativer Überschuldung und absoluter Überschuldung (Insolvenz).
Bei der subjektiven Überschuldung fühlt sich die betroffene Person psychisch und finanziell stark Überfordert, diese Überforderung führt dazu dass die Schulden nicht zurückgezahlt werden können. Die betroffene Person schafft es nicht ihre Schulden zu ordnen und Mahnbriefe werden z.B. ungeöffnet in einer Schublade verstaut.
Bei der relativen Überschuldung ist es der betroffenen Person nicht möglich die Schulden zurück zu zahlen. Trotz Reduzierung ihrer Lebenskosten ist sie nicht in der Lage, fristgerecht die Schulden zu begleichen. Dieses kann durch unvorhergesehene Ereignisse wie z.B. eine Scheidung oder eine schwere Krankheit geschehen.
Die absolute Überschuldung (Insolvenz) besteht, wenn das Einkommen einfach nicht mehr ausreicht, um bestehende Schulden zu bezahlen (vgl. Groth 2011: 7).
Eine weitere ausführliche Definition, welche ich gefunden habe und die mir sehr zusagt, lautet wie folgt:
"Überschuldung liegt bei einem Privathaushalt dann vor, wenn dauerhaft bzw. auf unabsehbare Zeit, nach Abzug der fixen Lebenserhaltungskosten(...), zzgl. Ernährung und sonstigem notwendigen Lebensbedarf(...), der verbleibende Rest des gesamten Haushaltseinkommens nicht ausreicht, um die laufenden Raten für eingegangene Verbindlichkeiten zu decken und somit Zahlungsunfähigkeit eintritt" (Groth 2011: 8).
2.2.2 Historischer Rückblick
Schuldnerberatung war schon immer ein Arbeitsbereich der Sozialen Arbeit. Früher wurde diese Tätigkeit mit Randgruppen wie Obdachlosen oder Straftätern durchgeführt. Man ging davon aus, dass Schulden etwas mit einem persönlichen Defizit zu hätten und das man als normaler Bürger nicht in diese Schuldenfalle geraten könnte. Dieses änderte sich ca. um 1970 rum, die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse änderten sich zu der Zeit drastisch. Die Arbeitslosigkeit bei den Menschen wuchs und das Einkommen verringerte sich. Viele Familien verschuldeten sich durch zu hohe Kreditaufnahmen. Die Tätigkeit in der Schuldnerberatung spielte nun auch eine Rolle für Privatpersonen. Heute ist die Schuldnerberatung in der Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. (vgl. Thomsen 2008: 13-16)
[...]
[1] Name geändert
[2] Ort geändert
[3] Name geändert
- Arbeit zitieren
- Franziska Kraus (Autor:in), 2012, Schuldnerberatung in der Sozialen Arbeit. Ein Praxisbericht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305599
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