Margarethe Mitscherlich vertrat diese Auffassung im Jahr 1985, zu einer Zeit, als die Soldaten des Zweiten Weltkrieges in ihren Uniformen im Gedächtnis und auf Fotographien noch recht präsent waren. Ihre Aussage schien zu bestätigen, welches Geschlecht der Krieg besitzt: Ein männliches - wie der Kriegsgott Mars eben auch. Das breite Allgemeinverständnis gipfelte darin, den Krieg als „Sache der Männer“ und den Frieden als „Angelegenheit von Frauen“ anzusehen.
Unübersehbar ist, dass die institutionalisierte Macht, Kriege anzuordnen und zu führen, auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch überwiegend in der Hand von Männern liegt: bei Staatsoberhäuptern, Generälen, Vertretern internationaler Organisationen und Wirtschaftsunternehmen. Einer der Gründe dafür mag sein, dass seit der Entstehung des Begriffs „Nation“ die Definition von „Krieg“ und „Militär“ eng mit den Attributen „Mann“ und „Männlichkeit“ verknüpft ist. Den Frauen wurde der so genannte „private“ Bereich von „Haushalt“ und „Familie“ zugewiesen – und die Rolle der zivilen Opfer, zu deren vorgeblichem „Schutz“ oder „Befreiung“ Kriege geführt werden müssten.
Von den Institutionen kollektiver Gewaltausübung wurden Frauen im Regelfall ausgeschlossen. Brisant wird dieser Ausschluss vor allem dann, wenn man bedenkt, dass sich an den Militärdienst, der durch die Einführung der Wehrpflicht für Männer große Bedeutung gewann, häufig der Status als „Staatsbürger“ band. Indem das Geschäft des Kriegführens zu einer Angelegenheit erklärt wurde, die Männern vorbehalten war, konnten Frauen aus der neu entstandenen „Gesellschaft der Staatsbürger“ und zentralen Bereichen politischer Macht ausgegrenzt werden. „Die ‚Nation in Waffen’ wurde als männlich dominierter Raum konstruiert“.
Dabei ist der Ausschluss von Frauen aus Armeen keineswegs eine historische Konstante. Bis ins 19. Jahrhundert hinein sind Frauen als aktive Bestandteile europäischer (Söldner-)Heere nachzuweisen. Frauen in Männerkleidern sind als Soldatinnen bekannt und berühmt geworden – man denke nur an Jeanne d’Arc, die „Jungfrau von Orléans“.
Inhaltsverzeichnis
- Front und „Heimatfront“ – zwei getrennte Bereiche?
- Frauen, die an der Heimatfront „ihre Pflicht erfüllen“?
- Ambivalent waren auch die Ansichten von Autorinnen, die von 1914 bis 1918 Literatur zum Thema „Krieg“ produzierten.
- Frontsoldaten als „Familienoberhäupter“ und „Alleinverdiener“?
- Frauen, die öffentlich gegen das Regime protestieren?
- Frauen jenseits der „Heimatfront“?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Rolle von Frauen im Ersten Weltkrieg, insbesondere den Vergleich zwischen ihrer Tätigkeit an der Heimatfront und dem traditionellen Bild der Frau als friedlich und häuslich. Es wird analysiert, inwiefern die totale Mobilisierung die traditionellen Geschlechterrollen beeinflusste und wie Frauen zu aktiven Teilnehmerinnen der Kriegsgesellschaft wurden.
- Die Veränderung traditioneller Geschlechterrollen im Ersten Weltkrieg
- Der Beitrag von Frauen zur Kriegswirtschaft und -fürsorge
- Frauenproteste und politische Partizipation während des Krieges
- Die Ambivalenz der weiblichen Einstellung zum Krieg
- Frauen in nicht-traditionellen Kriegsrollen (Medizin, Pflege, etc.)
Zusammenfassung der Kapitel
Front und „Heimatfront“ – zwei getrennte Bereiche?: Dieses Kapitel legt den Grundstein der Untersuchung, indem es die traditionelle Vorstellung vom Krieg als ausschließlich männliche Domäne hinterfragt und die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichende Beteiligung von Frauen an kriegerischen Auseinandersetzungen beleuchtet. Der Erste Weltkrieg als ein Wendepunkt wird eingeführt, in dem die totale Mobilisierung die strikte Trennung zwischen Front und Heimat auflöst und Frauen in die Kriegsmaschinerie integriert.
Frauen, die an der Heimatfront „ihre Pflicht erfüllen“?: Dieses Kapitel analysiert die vielfältigen Beiträge von Frauen zur Kriegsanstrengung an der Heimatfront. Es zeigt, wie Propaganda und staatliche Initiativen Frauen für die Kriegsfürsorge mobilisierten, von der Herstellung von „Liebesgaben“ bis hin zur Arbeit in Kriegsküchen und -fabriken. Die Ambivalenz der Motive wird hervorgehoben: Patriotismus, soziale Verantwortung und die Hoffnung auf politische Anerkennung (Wahlrecht) spielten eine Rolle. Der Text beleuchtet auch die Kritik an der unbezahlten „Liebesarbeit“ und den Wettbewerb mit erwerbslosen Frauen in staatlich geförderten Werkstätten.
Ambivalent waren auch die Ansichten von Autorinnen, die von 1914 bis 1918 Literatur zum Thema „Krieg“ produzierten.: Hier wird die ambivalente Haltung von Schriftstellerinnen im Ersten Weltkrieg untersucht. Zwar lehnten sie den Krieg oft ab, doch gleichzeitig hegten viele den Wunsch, zum Vaterland beizutragen, sei es durch Unterstützung an der Heimatfront oder durch das „Opfer“ ihrer Angehörigen. Das Kapitel illustriert die Spannungen zwischen Pazifismus und nationalistischem Engagement.
Frontsoldaten als „Familienoberhäupter“ und „Alleinverdiener“?: Das Kapitel konfrontiert das bürgerliche Ideal der Geschlechterkomplementarität mit der sozialen Realität. Es zeigt, wie die traditionelle Rollenverteilung von Männern als Alleinverdiener und Frauen als Hausfrauen im Ersten Weltkrieg zusammenbrach. Die wirtschaftliche Not aufgrund der Inflation und des Lebensmittelmangels zwang Frauen zur Erwerbsarbeit, wodurch sie faktisch die Rolle des Familienoberhauptes übernahmen. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die den traditionellen Geschlechterrollen Rechnung tragen sollten, hatten oftmals den gegenteiligen Effekt.
Frauen, die öffentlich gegen das Regime protestieren?: Dieses Kapitel behandelt die öffentlichen Proteste von Frauen, hauptsächlich aus der Unterschicht, gegen den Hunger und die schlechte Versorgung während des Krieges. Die Proteste werden nicht nur als Reaktion auf die Notlage dargestellt, sondern auch als Akt politischer Partizipation. Die breite Unterstützung für die Protestierenden und die zurückhaltende Reaktion der Behörden unterstreichen den Wandel des Frauenbildes und die Anerkennung ihrer Ansprüche als Staatsbürgerinnen.
Frauen jenseits der „Heimatfront“?: Abschließend wird die aktive Teilnahme von Frauen an Kampfhandlungen, über die traditionellen Rollen an der Heimatfront hinaus, beleuchtet. Der Wunsch von Frauen, am Krieggeschehen teilzunehmen, wird anhand von Beispielen illustriert. Der Fokus liegt auf den Frauen, die in medizinischen Berufen, der Krankenpflege, im Bürodienst und in der Diplomatie tätig waren. Die Arbeit von Ärztinnen und Krankenschwestern an der Front und im Inland wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Erster Weltkrieg, Heimatfront, Frauen, Geschlechterrollen, Kriegswirtschaft, Kriegsfürsorge, Propaganda, politische Partizipation, soziale Proteste, Arbeiterinnen, Ärztinnen, Krankenschwestern.
Häufig gestellte Fragen zu: Die Rolle der Frauen im Ersten Weltkrieg
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Rolle der Frauen im Ersten Weltkrieg, insbesondere den Vergleich zwischen ihrer Tätigkeit an der Heimatfront und dem traditionellen Bild der Frau als friedlich und häuslich. Sie analysiert, wie die totale Mobilisierung die traditionellen Geschlechterrollen beeinflusste und wie Frauen zu aktiven Teilnehmerinnen der Kriegsgesellschaft wurden.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit der Veränderung traditioneller Geschlechterrollen, dem Beitrag von Frauen zur Kriegswirtschaft und -fürsorge, Frauenprotesten und politischer Partizipation, der ambivalenten weiblichen Einstellung zum Krieg und Frauen in nicht-traditionellen Kriegsrollen (Medizin, Pflege etc.).
Wie wird die Trennung zwischen Front und „Heimatfront“ betrachtet?
Das erste Kapitel hinterfragt die traditionelle Vorstellung vom Krieg als ausschließlich männliche Domäne und beleuchtet die Beteiligung von Frauen an kriegerischen Auseinandersetzungen. Der Erste Weltkrieg wird als Wendepunkt dargestellt, in dem die totale Mobilisierung die strikte Trennung zwischen Front und Heimat auflöst.
Welche Rolle spielten Frauen an der Heimatfront?
Das zweite Kapitel analysiert die vielfältigen Beiträge von Frauen an der Heimatfront, von der Herstellung von „Liebesgaben“ bis zur Arbeit in Kriegsküchen und -fabriken. Es hebt die Ambivalenz der Motive hervor (Patriotismus, soziale Verantwortung, Hoffnung auf politische Anerkennung) und beleuchtet die Kritik an unbezahlter „Liebesarbeit“.
Wie wird die Haltung von Schriftstellerinnen zum Krieg dargestellt?
Das dritte Kapitel untersucht die ambivalente Haltung von Schriftstellerinnen. Sie lehnten den Krieg oft ab, hegten aber gleichzeitig den Wunsch, zum Vaterland beizutragen, sei es durch Unterstützung an der Heimatfront oder durch das „Opfer“ ihrer Angehörigen. Es werden die Spannungen zwischen Pazifismus und nationalistischem Engagement illustriert.
Wie veränderte sich die Rolle von Männern und Frauen in der Familie?
Das vierte Kapitel zeigt, wie die traditionelle Rollenverteilung von Männern als Alleinverdiener und Frauen als Hausfrauen im Ersten Weltkrieg zusammenbrach. Die wirtschaftliche Not zwang Frauen zur Erwerbsarbeit, wodurch sie faktisch die Rolle des Familienoberhauptes übernahmen.
Gab es öffentliche Proteste von Frauen?
Das fünfte Kapitel behandelt öffentliche Proteste von Frauen, hauptsächlich aus der Unterschicht, gegen den Hunger und die schlechte Versorgung. Die Proteste werden als Reaktion auf die Notlage und als Akt politischer Partizipation dargestellt.
Welche Rollen übernahmen Frauen jenseits der „Heimatfront“?
Das letzte Kapitel beleuchtet die aktive Teilnahme von Frauen an Kampfhandlungen über die traditionellen Rollen hinaus, beispielsweise in medizinischen Berufen, der Krankenpflege, im Bürodienst und in der Diplomatie.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Erster Weltkrieg, Heimatfront, Frauen, Geschlechterrollen, Kriegswirtschaft, Kriegsfürsorge, Propaganda, politische Partizipation, soziale Proteste, Arbeiterinnen, Ärztinnen, Krankenschwestern.
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- Marion Luger (Author), 2007, Front und „Heimatfront“. Zwei getrennte Bereiche? Brüchige Grenzen am Beispiel von Frauen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305487