Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Phänomen der Low Cost Carrier in Europa und deren Erfolgsgeschichte, die ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika fand. Hierbei wird oftmals aus anschaulichen Gründen auf den europäischen Spitzenreiter Ryanair eingegangen. Darüber hinaus wird regelmäßig der Vergleich zu den traditionellen Fluggesellschaften gesucht, um die Position der Low Cost Carrier zu verdeutlichen.
Bisher ist in der Literatur noch keine einheitliche Definition für den Begriff „Low Cost Carrier“ vorhanden, weshalb im zweiten Kapitel der Versuch unternommen wird, LCC zu erläutern. Anschließend wird auf die Organisation des Luftverkehrs eingegangen, wobei entsprechend dem Titelthema das Hauptaugenmerk auf dem Zusammenschluss der wichtigsten europäischen Billigflieger (ELFAA) gelegt wird. In einem nächsten Teil wird die Historie der LCC erörtert, wobei der Schwerpunkt sowohl auf die Entwicklung in den USA als auch in Europa gelegt wird. In diesem Zusammenhang werden auch die erfolgreichsten europäische Billigfluglinien vorgestellt, wobei auch der deutsche LCC- Markt näher betrachtet wird. Dieses Kapitel, welches die Rahmenbedingungen und die Grundlagen für den weiteren Verlauf dieser Arbeit bildet, wird mit der Erläuterung des langwierigen, in drei Schritten verlaufenden, Prozesses der Liberalisierung abgeschlossen.
Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit einer der zentralen Fragestellungen der vorliegenden Arbeit: Wie können sich Low Cost Carrier die unangefochtene Kostenführerschaft in der Luftverkehrsbranche erarbeiten? Hier ist das vorrangige Ziel, die Gründe des Erfolges aufzudecken. Außerdem wird der Kostenvorsprung, den die LCC gegenüber ihren stärksten Konkurrenten, den traditionellen Fluggesellschaften der NWC haben, anhand der signifikantesten Merkmale des Geschäftsmodells detailliert erläutert. Die Ausführungen enden in einer Zusammenfassung dieser Kostenvorteile.
Das nachfolgenden Kapitel setzt sich mit der Branchenstrukturanalyse und der umkämpften Wettbewerbssituation im Billigflugsegment auseinander. Dazu wird das von Porter entwickelte Five- Forces- Modell verwendet, welches die Attraktivität einer Branche mit Hilfe von fünf Treibkräften beschreibt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Aufbau und Zielsetzung
2. Entstehung und Entwicklung der Billigflugindustrie
2.1 Was sind Low Cost Carrier?
2.2 Staatliche und private Institutionen des Luftverkehrs
2.3 Historie und Entwicklung
2.4 Übersicht über den europäischen LCC Markt
2.5 Aufbau des deutschen LCC Markt
2.6 Der europäische Liberalisierungsprozess des Luftverkehrs
3. Vergleich der Geschäftsmodelle: LCC versus NWC
3.1 Network Carrier
3.2 Abgrenzung beider Modelle anhand der wichtigsten Merkmale
3.2.1 Flugzeugbetrieb
3.2.2 Aktionsraum und Flughäfen
3.2.3 Marketing, Preiskonzept und Vertrieb
3.2.4 Personal
3.2.5 Produkt- und Serviceangebot
3.2.6 Zusammenfassung der Kostenvorteile
4. Externe Branchenstruktur- und Wettbewerbsanalyse nach Porter
4.1 Erläuterungen zur Analyse
4.2 Bedrohung durch neue Markteintritte bzw. Konkurrenten
4.3 Bedrohung durch Substitutionsprodukte
4.4 Verhandlungsmacht der Abnehmer/ Konsumenten
4.5 Verhandlungsstärke der Lieferanten
4.6 Wettbewerber in der Branche
4.7 Schlussfolgerung aus der Branchenstrukturanalyse
5. Auswirkungen von LCC
5.1 Nutzen für Verbraucher
5.2 Nutzen für Flughäfen
5.3 Nutzen für die Region
5.4. LCC und die Auswirkungen auf die Umwelt
6. Zukunftsaussichten der Low Cost Airlines
6.1 Sinkende Kostenvorteile der LCC - die KPMG Studie 2013
6.2. Langstrecke - eine Alternative für LCC?
6.3 Hybrid Carrier
7. Resümee und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Marktanteile der LCC von 2007 bis
Abbildung 2: Aufteilung des Billigflugmarktes in Deutschland
Abbildung 3: Entwicklung des Streckennetzes in Europa
Abbildung 4: Die Freiheiten der Luft
Abbildung 5: Vergleich Point-to-Point vs. Hub-and-Spoke
Abbildung 6: Personalkostenanteile
Abbildung 7: Aufschlüsselung Kostenvorteil von LCC ggü. NWC (Angabe in €Cent/ASK) aus 2004
Abbildung 8: Die Treibkräfte des Branchenwettbewerbs
Abbildung 9: Meistbenutzte Verkehrsmittel zum Erreichen eines Urlaubsziel in Deutschland 2014
Abbildung 10: Geringster Flugpreis der Malev Hungarian Airline vor und nach Eintritt der LCC
Abbildung 11: durchschnittliche Bruttopreise ausgewählter Billigflieger in EUR.
Abbildung 12: Wachstumsraten europäischer Flughäfen 2002/
Abbildung 13: Unterschied der Flugzeugbestuhlung und Kapazitätsauslastung zwischen NWC und LCC
Abbildung 14: Cost per ASK bridge between legacy and low cost carriers by category in 2011
Abbildung 15: Umsatzmöglichkeiten der LCC LHF
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Marktanteile der LCC von 2007 bis 2014
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die kommerzielle Luftfahrt hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert und steht durch ständig wechselnde Marktsituationen im Fokus der Aufmerksamkeit. Seit Mitte der 90er Jahre sind viele unterschiedliche Typen von Fluggesellschaften auf dem Luftverkehrsmarkt aufgetreten. Eines dieser neuen Erscheinung ist das Phänomen der Low Cost Carrier1. Zunächst begann ihre Erfolgsgeschichte Anfang der 70er Jahre in den USA. Dort war es der Pacific Southwest Airline (PSA) und anschließend der Southwest Airline (SWA) vorbehalten, das Fliegen als ein erschwingliches Massenkonsumgut einzuführen. Damit gelten beide Fluggesellschaften noch heute als Pioniere der Billigfluglinien. Aufgrund des großen Erfolges und des raschen Wachstums der LCC, die auch als Billigairline oder No-Frills Airline bezeichnet werden, gelten sie als ein fester Bestandteil der Luftfahrtindustrie. Das simple Geschäftsmodell der Low Cost Carrier basiert auf einer konsequenten Konzentration auf die Kernleistung, den Passagiertransport von A nach B, wobei alle Kosten entlang der Wertschöpfungskette minimiert werden. Das mittlerweile bewährte Modell strebt eine effiziente Kosten- und Preisführerschaft an. Die europäischen Spitzenreiter können gegenüber den traditionellen Fluggesellschaften der Network Carrier2 einen Kostenvorsprung von bis zu 60% erzielen. In Europa war es zunächst die irische Fluggesellschaft Ryanair, die Anfang der 90er Jahre das Geschäftsmodell adaptierte. Nach heutigem Stand ist Ryanair immer noch europäischer Spitzenreiter und ihr profitabler Anteil am Luftverkehrsmarkt steigt seit Jahren kontinuierlich an.
Diese wirtschaftliche Erfolgsgeschichte der Low Cost Carrier wurde allerdings erst durch die Deregulierung des Luftverkehrs, welche Ende der 70er Jahre in den USA eingeleitet und etwa 10 Jahre später in Europa fortgeführt wurde, ermöglicht. Zuvor wurden durch strikte staatliche Regulierungen und teilweise künstlich herbeigeführte Markteintrittsbarrieren zum einen Neugründungen von Fluggesellschaften verhindert und zum anderen freie Entwicklungsmöglichkeiten der existierenden Airlines eingedämmt. Die LCC verzeichnen seit der Liberalisierung einen kontinuierlichen Anstieg am Gesamtflugmarkt und haben die Network Carrier auf der Kurzstrecke, gemessen an den Marktanteilen, längst überholt. Verstärkt wird der Vorsprung der LCC durch die steigende Preissensibilität der Kunden, die eher bereit sind auf Service oder Zusatzleistungen zu verzichten als einen höheren Flugpreis zu zahlen. Aus den genannten Gründen sind es heute die NWC die sich unter Handlungsdruck befinden, um durch Veränderungen ihres Geschäftsmodells zukünftig konkurrenzfähig bleiben zu können.
Nicht nur die Niedrigpreisfluggesellschaften gelten als die Nutznießer dieses Aufschwunges, denn vor allem den Kunden stehen durch die Einführung der LCC eine schier grenzenlose Auswahl an Flugmöglichkeiten zu Niedrigpreise zur Verfügung. Obwohl den Kunden eigentlich klar propagiert wird, welches Geschäftsmodell welchen Service anbietet (LCC oder NWC), lassen neu entstandene Mischformen, wie z.B. die Hybrid Carrier, die Auswahlmöglichkeiten für Kunden nochmals steigen. Darüber hinaus profitieren auch die von den LCC angeflogenen Städte, Regionen und Flughäfen durch das erhöhte Passagieraufkommen.
1.1 Aufbau und Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Phänomen der Low Cost Carrier in Europa und deren Erfolgsgeschichte, die ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika fand. Hierbei wird oftmals aus anschaulichen Gründen auf den europäischen Spitzenreiter Ryanair eingegangen. Darüber hinaus wird regelmäßig der Vergleich zu den traditionellen Fluggesellschaften gesucht, um die Position der Low Cost Carrier zu verdeutlichen.
Bisher ist in der Literatur noch keine einheitliche Definition für den Begriff „Low Cost Carrier“ vorhanden, weshalb im zweiten Kapitel der Versuch unternommen wird, LCC zu erläutern. Anschließend wird auf die Organisation des Luftverkehrs eingegangen, wobei entsprechend dem Titelthema das Hauptaugenmerk auf dem Zusammenschluss der wichtigsten europäischen Billigflieger (ELFAA) gelegt wird. In einem nächsten Teil wird die Historie der LCC erörtert, wobei der Schwerpunkt sowohl auf die Entwicklung in den USA als auch in Europa gelegt wird. In diesem Zusammenhang werden auch die erfolgreichsten europäische Billigfluglinien vorgestellt, wobei auch der deutsche LCC- Markt näher betrachtet wird. Dieses Kapitel, welches die Rahmenbedingungen und die Grundlagen für den weiteren Verlauf dieser Arbeit bildet, wird mit der Erläuterung des langwierigen, in drei Schritten verlaufenden, Prozesses der Liberalisierung abgeschlossen.
Der dritte Abschnitt beschäftigt sich mit einer der zentralen Fragestellungen der vorliegenden Arbeit: Wie können sich Low Cost Carrier die unangefochtene Kostenführerschaft in der Luftverkehrsbranche erarbeiten? Hier ist das vorrangige Ziel, die Gründe des Erfolges aufzudecken. Außerdem wird der Kostenvorsprung, den die LCC gegenüber ihren stärksten Konkurrenten, den traditionellen Fluggesellschaften der NWC haben, anhand der signifikantesten Merkmale des Geschäftsmodells detailliert erläutert. Die Ausführungen enden in einer Zusammenfassung dieser Kostenvorteile.
Das nachfolgenden Kapitel setzt sich mit der Branchenstrukturanalyse und der umkämpften Wettbewerbssituation im Billigflugsegment auseinander. Dazu wird das von Porter entwickelte Five- Forces- Modell verwendet, welches die Attraktivität einer Branche mit Hilfe von fünf Treibkräften beschreibt.
Der rasante Fortschritt und Erfolg der LCC nach der vollständigen Liberalisierung des Luftverkehrs brachte durchaus weitreichende Konsequenzen mit sich. Diese Folgen können weitgehend als positiv bezeichnet werden. So profitieren Reisende von günstigen Flugpreisen und das Auftreten der LCC kurbelt wirtschaftlich neben den Sekundärflughäfen auch den Tourismus an. Im fünften Abschnitt wird deshalb detailliert auf den Nutzen für die Verbraucher die Flughäfen und die Region eingegangen. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels soll verdeutlicht werden, warum LCC der Umwelt weniger schaden als die Network Carrier.
Die Zukunftsaussichten der Low Cost Carrier werden in Kapitel sechs erläutert und bilden den Abschluss des theoretischen Teils dieser Arbeit. In diesem Abschnitt wird unter Anderem auf eine Studie von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG eingegangen, die im Jahre 2013 veröffentlicht wurde und die in der Zukunft von sinkenden Kostenvorteilen der LCC gegenüber den NWC ausgeht. Darüber hinaus sind zwei weitere Trends in der Low Cost Industrie zu beobachten, die in dieser Arbeit eine besondere Beachtung finden sollen. In Asien haben einige Billigfluggesellschaften das Low Cost Geschäftsmodell erfolgreich auf die Langstrecke projizieren können. Dieser Fakt wirft die Frage auf: Ist eine solche Umsetzung auch in Europa mit nachhaltigem Erfolg möglich? Überdies tritt zunehmend eine Mischform zwischen LCC und NWC, die als Hybrid Carrier bezeichnet werden, auf den Luftverkehrsmarkt auf. Nach der Erläuterung des Geschäftsmodells der Hybrid Carrier, wird dieses mit einer SWOT- Analyse bewertet.
Das siebte Kapitel beschließt mit einer kompakten Zusammenfassung und einer möglichen Zukunftsentwicklung für den Markt der Billigflieger.
2. Entstehung und Entwicklung der Billigflugindustrie
2.1 Was sind Low Cost Carrier?
Die Bezeichnung Low Cost Carrier steht für Fluggesellschaften, die Linienflüge im Point-to- Point-System für auffällig niedrige Preise anbieten, wobei sie sich auf Strecken konzentrieren, die ein hohes Verkehrsaufkommen aufweisen. LCC werden häufig auch als No Frills- Fluggesellschaften3, Low Fare Airlines4 oder einfach nur als Billigflieger bezeichnet.5
Das Geschäftsmodell der Low Cost Carrier basiert auf einer Konzentration auf die Kernleistung „Passagiertransport“ von A nach B und strebt eine absolute Kostenführerschaft an. Hierdurch können besonders wettbewerbsfähige Preise angeboten, Marktanteile gewonnen und potenzielle Konkurrenten vom Markteintritt ferngehalten werden. Die LCC reduzieren vor diesem Hintergrund sämtliche Produktions- und Prozessstrukturen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und minimieren alle möglichen Kostenquellen für das Produkt „Flug“. In erster Linie werden die niedrigen Flugpreise durch eine auffallend hohe Flugzeugauslastung, einer kostenreduzierenden Flugzeugflotte, diversen Maßnahmen im Personalbereich und im Vertrieb sowie der Wahl von Sekundärflughäfen ermöglicht. Das Hauptaugenmerk des Geschäftsmodells liegt auf der reinen Transportleistung, sodass sämtliche Zusatz- bzw. Dienstleistungen, die über den Transport hinaus gehen, entweder vollständig eingespart oder dem Kunden entgeltlich zur Verfügung gestellt werden.6 7
Die im Folgenden aufgeführten Merkmale sind kennzeichnend für das typische Geschäftsmodell der Low Cost Carrier8:
- „intensive Flugzeugnutzung
- Buchung über das Internet
- Nutzung kleinerer Flughäfen
- auf eine Mindestanzahl begrenzte Besatzung
- unteres Gehaltsniveau
- geringere gewerkschaftliche Organisiertheit der Mitarbeiter
- nur eine Sitzklasse
- kurze Bodenstandzeiten
- keine Frachtbeförderung
- sehr einfache Flugpreisstrukturen und Preisstrategien
- strenge Ertragsmanagementverfahren
- E-Ticketing
- freie Sitzplatzwahl (zügigerer Einstieg)
- kein kostenloser Bordservice, d.h. Speisen und Getränke sind vom Fluggast zu bezahlen
- keine Anschlussflüge, stattdessen Nonstop-Flüge.“9
Die historische Entwicklung bzw. der Beginn der Erfolgsgeschichte der LCC verlief stufenweise und hatte ihren Anfang zunächst in den Vereinigten Staaten von Amerika. Einige Jahrzehnte später setzte die Fluggesellschaft Ryanair dieses Geschäftsmodell auch in Europa um. Die Fortführung dieses Kapitels befasst sich mit jener Entstehung und ermöglicht darüber hinaus einen Einblick in die Marktsituation der LCC in Europa sowie in Deutschland. Zunächst jedoch wird die Organisation des Luftverkehrs erläutert.
2.2 Staatliche und private Institutionen des Luftverkehrs
Der Luftverkehr kann in zwei Organisationen unterteilt werden. Private und staatliche Institutionen sind sowohl auf nationaler, europäischer oder weltweiter Ebene von hoher Bedeutung. Die staatlichen Einrichtungen besitzen hoheitliche Befugnisse und werden gebräuchlich als Entscheidungsträger im Luftverkehr bezeichnet. Auf der anderen Seite gelten die privaten Organisationen als Einflussträger, die ihre Interessen und Meinungen in der Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen, mit dem Ziel diese zu verwirklichen.10
Die bedeutendsten Entscheidungsträger auf nationaler Ebene sind die Ministerien wie das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), das Luftfahrtbundesamt (LBA) oder weitere Verwaltungs- und Aufsichtsbehörden.11 Die supranationalen Institutionen haben in den letzten Jahren vor allem auf europäischer Ebene zunehmend an Einfluss gewonnen, da sie als Entscheidungsträger unmittelbar Maßnahmen verwirklichen können und ihnen von EU- Regierungen zunehmende Kompetenzen übertragen werden.12 In der EU soll durch staatliche Eingriffe und Einflussnahme vor allem die Sicherheit des liberalisierten Luftverkehrs gewährleistet werden und der Markt vor unseriösen Markteintritten geschützt werden. Hierfür sind u. A. die EU- Kommission, die European Civil Aviation Conference (ECAC) oder die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) zuständig.13
Wie bereits erwähnt, haben private im Gegensatz zu staatlichen Organisationen aufgrund ihrer rechtlichen Stellung keinen unmittelbaren Einfluss auf luftverkehrstechnische Entscheidungen oder Maßnahmen. Jedoch können sie mittelbar auf wichtige Prozesse einwirken, wobei der Einfluss vom Organisationsgrad und der wirtschaftlichen Stärke der jeweiligen Institution festgelegt wird. In Deutschland bestehen diese Einflussträger hauptsächlich aus Parteien und Verbänden. 14 Der einflussreichste ist dabei der Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF), dem alle großen deutschen Fluggesellschaften angehören und der die Interessen seiner Mitglieder vertritt.
Auf europäischer Ebene existieren mehrere private Institutionen, in denen jeweils Fluggesellschaften mit einer gemeinsamen Geschäftsidee zusammengeschlossen sind, die jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit sind. Die traditionellen Airlines wurden bereits aufgrund ihrer längeren Historie von wichtigen Entscheidungsträgern repräsentiert (IATA), wohingegen die schnell wachsende Industrie der Billigflieger noch keine eigene Vereinigung hatte. Im Jahre 2002 realisierten einige LCC, dass sie trotz ihres hohen Marktanteils weder bedeutende Einflussmöglichkeiten auf den Luftverkehr besitzen, noch ein ausreichender Schutz ihrer Interessen gewährleistet ist. Ende des Jahres 2003 gründeten daraufhin zehn Fluggesellschaften aus dem Low- Cost Segment die ELFAA als eine gemeinnützige Organisation. Die ELFAA setzt sich zum Ziel, die europäische Politik und deren Gesetzgebung so zu beeinflussen, dass der anhaltende Wachstum und die Entwicklung der LCC durch einen freien und gleichen Wettbewerb fortgeführt werden kann. Diese mittlerweile starke Position bzw. Einflussstärke soll weiterhin ausgebaut werden, damit die Interessen der Mitglieder bei den verschiedenen europäischen Entscheidungsträgern gefördert werden. Derzeit umfasst die ELFAA zwölf Mitglieder.15
Auf internationaler Ebene ist die International Air Transport Association (IATA) der größte aktive Verband, der weltweite die Interessen seiner Mitglieder vertritt. Die IATA besteht größtenteils aus Network Carrier, die im internationalen Luftverkehr tätig sind. Fluggesellschaften, die ausschließlich im inländischen Luftverkehr fliegen, können lediglich assoziierte Mitglieder werden. Grundsätzlich ist die Mitgliedschaft auf freiwilliger Basis, trotzdem sind derzeit 256 Airlines in der IATA vertreten.16 Die Ziele der IATA umfassen vorwiegend die Interessenvertretung seiner Mitglieder vor öffentlichen und privaten Stellen. Weiterhin fördert die IATA die Zusammenarbeit unterhalb der beteiligten Mitglieder, ist zuständig für Tarifaushandlungen sowie für die Bestimmungen von Beförderungsbedingungen.17
2.3 Historie und Entwicklung
Die Erfolgsgeschichte der Billigflieger begann bereits in den frühen fünfziger Jahren in San Diego, Kalifornien (USA), als Ken Friedkin die Pacific Southwest Airline (PSA) gründete und eine wöchentliche Flugverbindung von San Diego über Burbank nach Oakland anbot. Der erste kommerzielle Flug der Pacific Southwest Airline fand am 6. Mai 1949 mit einem geleasten Flugzeug statt, das Platz für 24 Passagieren bot und für einen günstigen Flugpreis von $15.60 zu erwerben war. Bereits damals beabsichtigte Friedkin mit den niedrigen Preisen, Reisende vom Auto bzw. Zug auf den Flugverkehr umzuleiten.18 Allerdings währte der erste Erfolg nicht lang und so musste die Airline schon Mitte der 1970er- Jahre aufgrund strategischer Fehlentscheidungen und schlechter Investitionen den Flugbetrieb einstellen.19
Das Geschäftsmodell der PSA nahmen sich Rollin W. King und Herb Kelleher zum Vorbild und gründeten im März 1967 auf dieser Basis das Unternehmen Air Southwest Inc., welches anschließend in Southwest Airline (SWA) unbenannt wurde.20 Die Gründer der SWA setzten sich ebenfalls zum Ziel, sämtliche Kosten zu minimieren, um so Fahrpreise anbieten zu können, die günstiger sind als jene für Bus- oder Autofahrten.21 Der erste Flug am 18. Juni 1971 galt als Startschuss für die rasante Erfolgsgeschichte der SWA und führte dazu, dass das U.S. Department of Transportation den Begriff „The Southwest Effect“ auch über die Grenzen Nordamerikas verbreitete.22 Die SWA verteidigt sich im Gegensatz zur Pacific Southwest Airline noch heute erfolgreich auf dem Luftverkehrsmarkt23 und war im Jahre 2009 gemessen am Umsatz (7611.7 Mio. EUR) und an der Passagieranzahl pro Jahr (101.4 Millionen Passagiere) die erfolgreichste Billigflugairline der Welt.24 Um diesen Status zu erreichen, musste die SWA seit ihrer Gründung hauptsächlich staatliche Hindernisse überwinden. Die damaligen strikten Regulierungen der US- Luftfahrtbehörde zwangen die SWA dazu ausschließlich Städte innerhalb Texas anzufliegen. 25 1978 steuerte das U.S.-Bis Zivilluftfahrtsamt Federal Civil Aeronautics (CAB) den inländischen Flugtransport und regelte sämtliche Marktein- und austrittskriterien und legte die Preise für die Leistungen der Fluggesellschaften fest. Darüber hinaus kontrollierte die CAB alle Vereinbarungen, Absprachen und Zusammenschlüsse von Airlines. Erst nach dieser Zeit und mit Unterstützung des Deregulation Acts in den USA26, wurde es der SWA ermöglicht das Streckennetz um die Bundesstaaten New Mexico, Arizona, Kalifornien, Louisiana, Oklahoma und Nevada zu erweitern.27 Die erwähnten Entwicklungen waren maßgeblich daran beteiligt, dass der Erfolg der SWA bis heute anhält.
Als Pionier des Low Cost Geschäftsmodells in Europa gilt die 1985 in Dublin (Irland, United Kingdom) gegründete Fluggesellschaft Ryanair, welche heute die größte europäische Low Cost Fluggesellschaft mit ca. 12.000 Starts im Juli 2014 ist.28 Ryanair profitierte nach der Gründung von einer Vereinbarung zur Liberalisierung des Luftverkehrs zwischen Großbritannien und Irland29. Jene Vereinbarung ermöglichte es Ryanair, mit dem bis dato bestehenden Duopol der British Airways und der Aer Lingus auf der Strecke Dublin-London zu konkurrieren. Dabei betraten sie den Markt mit einem Einstandpreis, der unterhalb der Hälfte dessen der Konkurrenten lag und eröffneten damit den ersten Preiskampf in der europäischen LCC Geschichte.30 Diese Situation änderte sich erst durch die Liberalisierung des europäischen Binnenmarktes im April 1997.31 Ryanair wurde es nun gestattet auch internationale Dienste anzubieten, die bisher strikten nationalen Regelungen unterlagen.32 Dementsprechend eröffnete Ryanair noch in jenem Jahr die ersten vier Strecken ins Ausland: von London Stansted nach Stockholm und Oslo, sowie von Dublin nach Paris und Brüssel.33
2.4 Übersicht über den europäischen LCC Markt
Derzeit sind etwa 50 Low Cost Carrier auf dem europäischen Markt tätig, wobei diese Anzahl durch Übernahmen von Wettbewerbern sowie durch Zurückziehen einiger LCC in den letzten Jahren leicht schwankt. Problematisch gestaltet sich hierbei die Zuordnung von Fluggesellschaften in den Low Cost Bereich, da die äußerst unterschiedliche Gestaltung der Angebote eine präzise Abgrenzung erschwert. „Auf Grund dieser Inhomogenität lassen sich nur wenige eindeutige Abgrenzungskriterien für das Marktsegment Low Cost definieren wie z.B. niedrige Preise, ihre generelle Verfügbarkeit und Direktvertrieb über das Internet.“34
Der europäische Markt ist vor allem von zwei Hauptakteuren geprägt. Die irische Billigfluggesellschaft Ryanair ist die erfolgreichste LCC, gefolgt von Easyjet, die im März 1995 in Luton bei London gegründet wurde.35 Die nachfolgende Tabelle 1 dokumentiert diese Aussage und bezieht sich dabei auf Angaben für eine Woche im Juli 2014. Dementsprechend besitzt Ryanair einen Marktanteil der, gemessen an den angebotenen Sitzplätzen, fast 30% beträgt. Darüber hinaus bietet der Spitzenreiter im Low Cost Segment mehr als doppelt so viele Strecken an wie der größte Konkurrent.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Die 10 größten Low Cost Carrier in Europa36
Der Anteil der LCC am innereuropäischen Luftverkehr steigt kontinuierlich an und betrug im Jahre 2014 bereits 32%. Hauptgrund für diese Entwicklung ist die erfolgreiche Verkehrsgenerierung. Hierbei lassen sich Kunden durch niedrige Flugpreise dazu verleiten eine Reise anzutreten, die sie sonst nicht angetreten oder hierfür andere Verkehrsmittel wie bspw. das Auto oder die Bahn genutzt hätten.37 Aus der Abbildung 1 ist zu entnehmen, dass während des relativ kurzen Betrachtungszeitraum von 2007 bis 2014 der Anteil der LCC um 8% gestiegen ist. Die restlichen 68% der Flüge innerhalb Europas werden durch klassische Linien- und Ferienfluggesellschaften abgedeckt.38 Das Potential des europäischen Luftverkehrsmarkt ist auch den überkontinentalen Fluggesellschaften nicht verborgen geblieben. Daher fliegt die arabische Fluggesellschaft Flydubai Ziele in Europa an.39
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Marktanteile der LCC von 2007 bis 201440
Großbritannien gilt gemessen an der Anzahl der Abflüge weiterhin als das Quell- und Zielland mit mehr als 10 Tsd. Starts pro Woche. Spanien, Italien und Deutschland folgen auf den weiteren Plätzen.41 Bemerkenswert ist, dass der Wettbewerb der Low Cost Carrier auf gleichzeitig beflogenen Strecken noch relativ gering ist. „Von den insgesamt mehr als 7.800 unterschiedlichen Strecken werden 6.969 (89%) von nur einem Low Cost Anbieter bedient.“42 Die europäischen Flughäfen, die das größte Angebot im Low Cost Sektor aufweisen, sind Barcelona (2.026 LCC Starts/Woche) und London-Gatwick (1.657 LCC Starts/Woche).43
2.5 Aufbau des deutschen LCC Markt
Der deutsche Luftverkehrsmarkt ist ähnlich strukturiert wie der Europäische und wird dementsprechend ebenfalls von zwei Hauptakteuren bestimmt. Von den derzeit 22 auf deutschen Flughäfen tätigen Billigfluggesellschaften ist das Low Cost Segment von Air Berlin, gemessen an der Zahl der angebotenen Flüge, mit über 2.200 Starts pro Woche der größte Anbieter. Das entspricht einem Marktanteil von rund 38%. Gefolgt wird Air Berlin von Germanwings, einem Tochterunternehmen der Lufthansa, mit knapp 1.200 Starts pro Woche und einem Marktanteil von 33%. Insgesamt wird der deutsche Markt lediglich durch sieben Low Cost Carrier bestimmt, welche zusammen 93% der Marktanteile besitzen. Nachfolgend wird der Billigflugmarkt in Deutschland mithilfe eines Kreisdiagramm verdeutlicht (Abbildung 2).44
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Aufteilung des Billigflugmarktes in Deutschland45
Seit dem Emporsteigen der Billigflugindustrie wächst nicht nur der Marktanteil der LCC, sondern auch deren Streckennetz wird stetig ausgebaut, was durch Abbildung 3 veranschaulicht wird. Hierbei wurde für jedes Jahr eine Woche im Juli im innerdeutschen und grenzüberschreitenden Verkehr betrachtet. Ein Vergleich von Juli 2013 zu Juli 2014 führt zu einem Anstieg von 9,7% bzw. 64 neuen Routen. Ähnlich wie bei der Betrachtung des europäischen Marktes in Abschnitt 2.4, ist der geringe Wettbewerb unter den Carrier im Low Cost Bereich zu erwähnen. LLC konkurrieren lediglich auf 10% der insgesamt 722 Strecken, die ihren Startflughafen in Deutschland haben.46
Der Flughafen in Frankfurt/ Main ist mit 59,6 Millionen abgefertigter Fluggäste im Jahr 2014 der verkehrsreichste Flughafen Deutschlands.47 Dieser Flughafen spielt jedoch im Low Cost Sektor aufgrund seiner ausgeprägten Drehkreuzfunktion für den klassischen Linienverkehr und den zeitweise ausgelasteten Kapazitäten eine untergeordnete Rolle, sodass nur 2% der Starts von Billigfluggesellschaften durchgeführt werden. Während sich der Flughafen Frankfurt/ Main aus dem Low Cost Segment gänzlich zurückhält, sind Flüghäfen wie bspw. in Dortmund, Lübeck, Memmingen oder Karlsruhe/ Baden-Baden mit einem Anteil von über 90% fast ausschließlich auf den Low Cost Verkehr spezialisiert.48 Die meisten Low Cost Flüge starten in Berlin-Tegel (985 Starts/ Woche).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Entwicklung des Streckennetzes in Europa49
2.6 Der europäische Liberalisierungsprozess des Luftverkehrs
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der europäische Luftverkehr vorwiegend von der Pariser Konvention von 1919 geprägt, die damit als eines der ersten Abkommen in der Geschichte der Luftfahrt angesehen werden kann. Ihr primäres Ziel war eine Vereinheitlichung der internationalen Zivilluftfahrt. Durch die Unterschrift unter die Pariser Konvention wurde jeder Nation „die vollständige und ausschließliche Lufthoheit über ihr Territorium zugesichert“50, unter Zusage eines uneingeschränkte Transitrechts. Unbeteiligten Staaten wurde es daraufhin häufig untersagt, über bestimmte Gebiete zu fliegen und mussten sich folglich dem Souveränitätsprinzip eines anderen Landes beugen.51
Aufbauend auf dem Pariser Abkommen fand im Jahr 1944 in Chicago, USA, die internationale Zivilluftfahrtkonferenz statt, um den Luftverkehr mit einem rechtlichen Rahmen auszugestalten52 und Standards für eine friedliche Entwicklung zu schaffen.53 Das Abkommen von Chicago, welches auch Chicagoer Konvention oder ICAO- Abkommen genannt wird, wurde bereits von 190 Staaten unterzeichnet.54 Ähnlich wie das Pariser stellt auch das Chicagoer Abkommen die Souveränität der Unterzeichnernationen in den Vordergrund55 Art. 1 bezieht sich ausschließlich auf diese Unabhängigkeit: „Die Vertragsstaaten erkennen an, dass jeder Staat über seinem Hoheitsgebiet volle und ausschließliche Lufthoheit besitzt.“56 Eine multilaterale Regelung konnte jedoch, aufgrund unüberbrückbarer Divergenzen einiger Teilnehmerstaaten, auch während der Chicagoer Konvention nicht getroffen werden. Es mussten zwei Zusatzabkommen verabschiedet wurden: die Transit - und Transportvereinbarung. In diesen zusätzlichen Übereinkünften wurden unterschiedliche Verkehrsrechte für die beteiligten Nationen definiert, die als sogenannte „Freiheiten der Luft“ bezeichnet werden.57 Diese Vereinbarungen zählen zu den Wichtigsten des internationalen Luftverkehrs. Da die Verkehrsrechte Voraussetzung für die Aufnahme internationaler Flugverbindungen und den Zugang zu fremden Verkehrsmärkten sind, außerdem zeit- und kostensparende Flugrouten ermöglichen und durch die Bedienung von Teilstrecken zu einer höheren Auslastung führen bzw. den Einsatz größerer Flugzeuge erlauben, sind sie von hohem wirtschaftlichen Wert. Hierbei konnte der Luftraum eines Staates in unterschiedlichem Ausmaße zu Überflug-, Start- und Ladezwecken genutzt werden. Diese Nutzung wird in den verschiedenen Teilfreiheiten der Luft geregelt.58 Von den insgesamt acht Freiheiten der Luft, konnte lediglich über die ersten Beiden, auch als technische Freiheiten bezeichnet, eine multinationale Übereinkunft getroffen werden. Die technischen Freiheiten wurden in der Internationalen Transitvereinbarung festgehalten59 und gelten aufgrund der geringen wirtschaftlichen Bedeutung als unumstritten.60
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Bis zur Chicagoer Konvention 1944 war der Luftverkehr durch unzählige bilaterale Abkommen geprägt. Mit Hilfe der Internationalen Transportvereinbarung und weitreichender Rechte in der grenzüberschreitenden Luftfahrt, sollte der Luftverkehr zwischen mehreren Staaten deutlich vereinfacht werden. 61 In der Internationalen Transportvereinbarung wurden die sog. „kommerziellen Freiheiten“ definiert. Sie gelten als die Voraussetzungen für den gewerblichen Verkehr zwischen zwei Staaten. Veranschaulichung in nachfolgender Abbildung.62
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Freiheiten sechs bis acht entwickelten sich in der Praxis als Folge der Zunahme des internationalen Luftverkehrsaufkommens, das zum Zeitpunkt der Chicagoer Konferenz nicht absehbar war. Die achte Freiheit wird auch als Kabotagerecht bezeichnet, spielt aber in der aktuellen Praxis eine untergeordnete Rolle.63
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Die Freiheiten der Luft64
Die Umsetzung der fünf Freiheiten der Luft scheiterte jedoch aufgrund der geringen Anzahl an teilnehmenden Nationen. Sogar die Vereinigten Staaten von Amerika traten 1946 von der Transportvereinbarung zurück, sodass die getroffenen Absprachen unwirksam wurden. So scheiterte der erste Liberalisierungsprozess des Luftverkehrs. In der Nachkriegszeit wurde daraufhin der Luftverkehr erneut von zahllosen bilaterale Abkommen geprägt.65 Als Folge dieser Entwicklung entstanden in den 1950er und 1960er Jahren sogenannte „Flag- Carrier“. Fluggesellschaften, die sich im staatlichen Besitz befanden und den Schutz der heimischen Regierung genossen.66 Größter Nutznießer der damaligen Marktsituation waren die Flag Carrier. Die bilateralen Abkommen gewährten nämlich lediglich einer Fluggesellschaft die im Abkommen beschlossen Rechte, sodass natürlich die Flag Carrier nahezu jeden Zuschlag für ansprechende Flugrouten erhielten. Die staatseigenen Fluggesellschaften traten somit als Monopolisten auf und konnten jedem potentiellen Wettbewerber vom Luftverkehrsmarkt fernhalten.67
Die Masse an bilateralen Abkommen, die monopolistische Marktsituation und die starke Marktregulierung führten dazu, dass kein freier Wettbewerb geschaffen werden konnte. Der Staat schrieb nicht nur die Preis- und Produktgestaltung vor, sondern regelte ebenfalls die Angebotsmenge sowie die Vertriebspolitik. Darüber hinaus wurde den staatlichen Fluggesellschaften ein gesicherter Handlungsrahmen und Schutz vor einem ruinösen Wettbewerb zugesichert.68 Lange Zeit herrschte die Meinung vor, dass der Wettbewerb im Luftverkehrsbereich ohne diese staatlichen Eingriffe bzw. Regulierungen nicht effizient verlaufen könne. Jene Vorstellung erwies sich in den vergangenen Jahrzehnten jedoch als falsch. Als Folge der Regulierung war der Markt geprägt von überhöhten Preisen, verzerrten Preisstrukturen und einem ineffizienten Qualitätswettbewerb. Trotzdem blieben die Umstände in der Luftverkehrslandschaft bis in die 1970er Jahre unverändert.69
Erst Mitte der 70er Jahre wurden Gespräche in der Europäischen Kommission über die Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs aufgenommen. Die Deregulierung sollte allerdings deutlich schleppender verlaufen als in den USA. Denn anfangs unterstützen nur wenige europäische Staaten (Niederlande, Großbritannien und Luxemburg) eine weitreichende Liberalisierung. Primär war es Großbritannien, das durch marktöffnende Verträge mit anderen europäischen Staaten Handlungsdruck auf die Europäische Gemeinschaft ausübte. 1984 gelang es Großbritannien schließlich durch ein Abkommen mit den Niederlanden einen ersten großen Schritt in Richtung Liberalisierung zu gehen. Jenes Abkommen machte die bis dato bestehenden Regulierungen hinsichtlich des Marktzutritts, Kapazitäten, Streckenwahl und Preisgestaltung zwischen den beiden Staaten unwirksam. Viele andere Staaten jedoch zögerten weiterhin mit der Übertragung luftverkehrspolitischer Kompetenzen, denn sie fürchteten den Verlust monopolistischer Stellungen der staatlichen Fluggesellschaften.70 Die unterschiedlichsten Betrachtungsweisen der europäischen Staaten führten dazu, dass im Ministerrat keine ausreichende Mehrheit zur Umsetzung einer umfassenden Liberalisierungspolitik gewonnen werden konnte. Aus diesem Grund entschlossen sich die EG- Mitgliedstaaten für eine Liberalisierung in drei Schritten.71
[...]
1 im Folgenden als LCC bezeichnet
2 im Folgenden als NWC bezeichnet
3 „no frills“ bedeutet so viel, wie „kein/ohne Schnickschnack“
4 Im Folgenden als LFA bezeichnet
5 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 237
6 Vgl. Pompl/ Schuckert/ Möller (2015), S.6
7 Vgl. Sterzenbach/ Conrady (2003), S. 169 ff.
8 In Abschnitt 3.2 werden diese Faktoren detaillierter beschrieben und gegenüber den traditionellen Fluggesellschaften abgegrenzt.
9 Vgl. Cesur (2007), S. 7
10 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 20
11 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 21 f.
12 Vgl. Schreiber (2006), S. 16
13 Vgl. Köberlein (1997), S. 10 f.
14 Vgl. Schreiber (2006), S. 17
15 Vgl. Elfaa (2015)
16 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 28
17 Vgl. IATA (2015)
18 Vgl. Trinkel (2015)
19 Vgl. Groß/ Schröder (2005), S. 5 ff.
20 Vgl. Lauer (2010), S. 7 ff.
21 Vgl. Reference for Business (2015)
22 Vgl. Southwest Airline (2015b)
23 Vgl. Groß/ Schröder (2005), S. 5 ff.
24 Vgl. Aerosecure (2015)
25 Vgl. Lauer (2010), S. 7 ff.
26 Vgl. Groß/ Schröder (2007), S. 16 f.
27 Vgl. Southwest Airline (2015a)
28 Vgl. Low Cost Monitor (2015), S.7
29 Vgl. Groß/ Schröder (2007), S. 16
30 Vgl. Ryanair (2014)
31 siehe Abschnitt 2.6
32 Vgl. Ryanair (2003)
33 Vgl. Ryanair (2014)
34 Vgl. Low Cost Monitor (2015), S.7
35 Vgl. Easyjet (2015)
36 eigene Darstellung, vgl. Low Cost Monitor (2015), S.15
37 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 235
38 Vgl. Low Cost Monitor (2015), S.8
39 Vgl. Low Cost Monitor (2015), S.7
40 eigene Darstellung, vgl. Low Cost Monitor (2015)
41 Vgl. Low Cost Monitor (2015), S.8
42 Vgl. Low Cost Monitor (2015), S.8 Vgl.
43 Low Cost Monitor (2015), S.8 Vgl.
44 Low Cost Monitor (2015), S.3
45 Vgl. Low Cost Monitor (2015), S.10 Vgl.
46 Low Cost Monitor (2015), S.2 ff.
47 Vgl. Statista (2014)
48 Vgl. Low Cost Monitor (2015), S.5 ff.
49 eigene Darstellung
50 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 39
51 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 39
52 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 32
53 Vgl. Rasch (2015a)
54 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 32
55 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 38
56 Vgl. Transportrecht (2015)
57 Vgl. Arndt (2001), S.16 f.
58 Vgl. Pompl (2002), S. 362 ff.
59 Vgl. Pompl (2002), S. 362 ff.
60 Vgl. Arndt (2001), S.17
61 Vgl. Arndt (2001), S.17
62 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 39
63 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 39
64 eigene Darstellung, vgl. Politikbrief (2015)
65 Vgl. Arndt (2001), S.18
66 Vgl. Conrady/ Sterzenbach (2003), S. 79 f.
67 Vgl. Havel (2009), S. 85 ff
68 Vgl. Pompl (2002), S.10 f.
69 Vgl. Conrady/ Fichert/ Sterzenbach (2013), S. 48
70 Vgl. Doganis (2001), S. 25 ff.
71 Vgl. Pompl (2002), S.41 ff.
- Quote paper
- Maximilian Dominioni (Author), 2015, Low Cost Carrier (LCC) in Europa. Historie, Gegenwart, Zukunftsaussichten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/305291
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