“Den Teil des Personenverkehrs, der durch den regelmäßig wiederkehrenden Weg zwischen
Wohnung und Arbeitsstätte (Berufsverkehr) bzw. Ausbildungsstätte (Ausbildungsverkehr)
verursacht wird, faßt man unter dem Sammelbegriff ‚Pendelverkehr’ (oder auch nur
‚Pendeln’) zusammen. Dabei spielt es keine Rolle, welches und ob überhaupt ein
Verkehrsmittel genutzt wird.“ (Boustedt 1975, S. 188) Die besonders hervorzuhebenden Kennzeichen des Pendelverkehrs sind nach Boustedt, dass er arbeitstäglich einmal, zu weitgehend gleichen Tageszeiten und zwischen den gleichen
Ausgangs- und Zielpunkten stattfindet. Mit der industriellen Lebensweise vollzog sich ein sozialer Wandel. So waren häusliche
Wohnung und Arbeitsstätte nun getrennt, was zu der Notwendigkeit führte die Distanz
zwischen diesen Orten zu überwinden. Jene Distanz ist auf zweierlei Möglichkeiten zu
überwinden. Zum einen durch Wanderung und zum anderen durch Pendelverkehr. Somit ist
zu erkennen, dass Wandern und Pendeln sehr eng miteinander verknüpft sind. Klingbeil
stellte fest, dass das Pendeln durch zwei unterschiedliche Aspekte ausgelöst werden kann.
Den der Vorstellung von einem besseren Arbeitsort und den der Vorstellung von einem
besseren Wohnort. (Klingbeil 1969, S. 109) Historisch gesehen, war es zuerst das Streben
nach einem besseren Arbeitsort, das die Bevölkerung zum Pendeln (oder Wandern bewegt
hat. Hauptverursacher, dass das Pendeln als Alternative zur Wanderung genutzt wurde, waren die
Fortschritte im Bereich der Verkehrs- und Kommunikationsmittel. So gelangten die
Menschen im ländlichen Raum nun zu Informationen über Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten
in städtischen Zentren. Außerdem wurde ermöglicht, dass eine große Zahl von Personen täglich in relativ kurzer Zeit und vergleichsweise preisgünstig längere Wege zwischen Wohnung und Arbeits- bzw. Ausbildungsstätte zurücklegen konnte. Die folgende
Abbildung stellt schematisch die Zusammenhänge zwischen Wanderung und Pendeln im zeitlichen Verlauf dar. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Historische Entwicklung
1.1. Zu Begriff und Entstehung des Pendelns
1.2. Frühe Veränderungen im Transportwesen und ihre Auswirkungen
1.3. Veränderungen der Wirtschaftsstruktur und Pendelverkehr
1.4. Individualverkehr und Suburbanisierung
1.5. Die Situation in der Dritten Welt
2. Typisierung von Pendlern und Struktur von Pendlerräumen
2.1. Gliederung des Pendelverkehrs nach formalen Kriterien
2.2. Autochthone und allochthone Pendler
2.3. Strukturtypen von Pendlerräumen
3. Die Dynamik von Pendlerräumen
3.1. Intensitäts- und Distanzveränderungen
3.2. Richtungsveränderungen
3.3. Der Einfluss von Raumordnungs- und Stadtentwicklungspolitik
3.4. Zukünftige Entwicklungstendenzen
Verzeichnis der verwendeten Literatur
1. Historische Entwicklung
1.1. Zu Begriff und Entstehung des Pendelns
“Den Teil des Personenverkehrs, der durch den regelmäßig wiederkehrenden Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Berufsverkehr) bzw. Ausbildungsstätte (Ausbildungsverkehr) verursacht wird, faßt man unter dem Sammelbegriff ‚Pendelverkehr’ (oder auch nur ‚Pendeln’) zusammen. Dabei spielt es keine Rolle, welches und ob überhaupt ein Verkehrsmittel genutzt wird.“ (Boustedt 1975, S. 188)
Die besonders hervorzuhebenden Kennzeichen des Pendelverkehrs sind nach Boustedt, dass er arbeitstäglich einmal, zu weitgehend gleichen Tageszeiten und zwischen den gleichen Ausgangs- und Zielpunkten stattfindet.
Mit der industriellen Lebensweise vollzog sich ein sozialer Wandel. So waren häusliche Wohnung und Arbeitsstätte nun getrennt, was zu der Notwendigkeit führte die Distanz zwischen diesen Orten zu überwinden. Jene Distanz ist auf zweierlei Möglichkeiten zu überwinden. Zum einen durch Wanderung und zum anderen durch Pendelverkehr. Somit ist zu erkennen, dass Wandern und Pendeln sehr eng miteinander verknüpft sind. Klingbeil stellte fest, dass das Pendeln durch zwei unterschiedliche Aspekte ausgelöst werden kann. Den der Vorstellung von einem besseren Arbeitsort und den der Vorstellung von einem besseren Wohnort. (Klingbeil 1969, S. 109) Historisch gesehen, war es zuerst das Streben nach einem besseren Arbeitsort, das die Bevölkerung zum Pendeln (oder Wandern bewegt hat.
Hauptverursacher, dass das Pendeln als Alternative zur Wanderung genutzt wurde, waren die Fortschritte im Bereich der Verkehrs- und Kommunikationsmittel. So gelangten die Menschen im ländlichen Raum nun zu Informationen über Ausbildungs- und Arbeitsmöglich-keiten in städtischen Zentren. Außerdem wurde ermöglicht, dass eine große Zahl von Personen täglich in relativ kurzer Zeit und vergleichsweise preisgünstig längere Wege zwischen Wohnung und Arbeits- bzw. Ausbildungsstätte zurücklegen konnte. Die folgende Abbildung stellt schematisch die Zusammenhänge zwischen Wanderung und Pendeln im
zeitlichen Verlauf dar.
Phase 1 spiegelt die Fußgänger-stadt wieder, die durch Zuwan-derung aus dem Umland ge-kennzeichnet ist. Da Verkehrs-mittel nur ungenügend oder gar nicht vorhanden waren, kann von Pendeln hier noch nicht die Rede sein – anders bei Phase 2. Hier entwickelte sich der Pendelverkehr über kurze Dis-tanzen bei einer Fortsetzung der Zuwanderung aus dem Umland.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Schematische Darstellung der Zusammenhänge zwischen Wanderung und Pendeln im zeitlichen Verlauf Quelle: Wheeler (1971, S 121)
Durch weitere Fortschritte im Verkehrswesen weitete sich das Pendlereinzugsgebiet aus und die Zuwanderung aus dem Umland schwächte ab – zu erkennen bei Phase 3. Die Revolution im Transport- bzw. Verkehrswesen war es also, die letztendlich den Pendelverkehr durch Stadt-Umland-Wanderung intensivierte (Phase 4).
Auch die neuen industriellen Zentren führten zu einer räumlichen Trennung von Wohnen und Arbeiten, wobei sich die Entfernungen zwischen Industriestandorten u. Wohnbereichen nach Gegebenheiten der pedestrian city (Abb. 2) richten mussten. Bei dieser Darstellung ist deutlich zu erkennen, dass die Verteilung der Bevölkerung stark auf das Vorhandensein bzw. auch Quantität und Qualität des Verkehrsmittels angewiesen ist. Beim Bau der ersten Eisenbahnlinien zum Beispiel siedelte sich die Bevölkerung an deren Linien an, da sie das wesentliche Transportmittel zur Arbeitsstätte widerspiegelte. Mit der Einführung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) folgte ein stärkeres peripheres Wachstum der Städte und das daraus folgende wirtschaftliche Wachstum der Städte begünstigte letztendlich auch einen steigenden Wohlstand (O’ Brien 1982).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 Schematische Darstellung der Stadtentwicklung in Abhängigkeit von Veränderungen der Verkehrstechnologie
Quelle: Daniels & Warres (1980, S. 3)
1.2. Frühe Veränderungen im Transportwesen und ihre Auswirkungen
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts führte man erstmals Pferdebusse ein, denen nicht viel später Pferdestraßenbahnen folgten, die eine höhere Transportkapazität besaßen. Diese Phase
bezeichnet Muller als walking/horsecar era (Muller 1986, S.10).
In etwas der gleichen Zeit versuchte man auch die Dampfmaschine einzuführen, jedoch wiesen diese noch technische Probleme bzw. erhebliche Lärm- u. Schmutzbelastung auf. Ebenfalls die bekannten cable cars (San Francisco) konnten sich zum benannten Zeitpunkt nicht durchsetzen, da ihre Geschwindigkeit zu gering und die Baukosten zu hoch waren.
Der Beginn des Eisenbahn zeitalters (1830) brachte zunächst keine Verbesserung des innerstädtischen Transportsystems, da die Eisenbahn nur dem Verkehr zwischen den Städten diente und die Benutzung für Ottonormalverbraucher noch nicht erschwinglich war. Erst mit der Einführung spezieller Tarife für Berufstätige (Ende des 19. Jahrhunderts) nutzten mehr Personen den Eisen- und Straßenbahnverkehr. Folglich nahmen die Pendeldistanzen deutlich zu und das Eisenbahnnetz wurde weiter ausgebaut. Dies sollte ursprünglich die regionale Wirtschaft begünstigen. Vielmehr begünstigte es aber eher die Abwanderung und den Pendel-verkehr. Die Ausdehnung der Pendlereinzugsbereiche schritt weiter voran.
Es waren vor allem technische Verbesserungen und Neugestaltungen des Tarifsystems (neben der Erweiterung des Streckennetzes), die dem Pendelverkehr zum Durchbruch verhalfen.
Die Einführung der elektrischen Straßenbahn hingegen führte zu einem entscheidenden Fortschritt im innerstädtischen Personenverkehr. Sie war das erste wirkliche Massenverkehrs-mittel, da ihr Betrieb verhältnismäßig billig und die Fahrpreise niedrig waren. Sie revolutio-nierte somit innerhalb weniger Jahre das innerstädtische Verkehrssystem in den meisten Städten Europas und Nordamerikas. Durch die Erhöhung der Reisegeschwindigkeit vollzog sich ein Flächenwachstum der Städte auf mehr als das Doppelte im Vergleich zur pedestrian city (Lehr 1961, S. 59).
Das Fahrrad ist im übrigen als Verkehrsmittel erst seit 1887 in seiner heutigen Form gebräuchlich.
In großen Städten wurde die elektrische Eisenbahn später durch verschiedene Systeme des rapid transit ergänzt, weil mit diesen die Vorteile von Straßen- und Eisenbahnen kombiniert werden konnten. So besaßen sie elektrischen Antrieb, mehrere Wagen, eigene und kreuzungs-freie Bahnkörper und eine größere Geschwindigkeit
Nachdem 1890 London die Untergundbahn seiner Infrastruktur hinzufügte, folgten auch andere Metropolen (Berlin 1902). Die U- und S-Bahnen begünstigten die sektorenförmige Erweiterung der großen Städte und es entstanden Subzentren um den Bahnhöfen. Allerdings
verlangten sie auch hohe Investitionen, die den Einsatz dieser Verkehrsmittel nicht mehr wirtschaftlich machten. Somit waren sie in den späten 20er und 30er Jahren kaum noch in Bau. Erst später, beim Aufkommen großer Verkehrsprobleme entwarf man eine Neuplanung des Einsatzes von U-Bahnen.
In den Städten mit leistungsfähigen öffentlichen Verkehrsmitteln vollzog sich nun eine Bevölkerungsverlagerung aus dem ehemals dicht besiedelten Kern in die Außenbereiche. London hatte 1851 beispielsweise noch 128.000 Einwohner im Stadtkern und konnte 1911 nur noch 20.000 Einwohner in der City aufweisen (Lehr 1961, S.60).
Als letztes wäre auch noch der vermehrte Einsatz von Autobussen zu nennen, der zur weiteren Verdichtung des innerstädtischen Verkehrsnetzes beitragen konnte.
1.3. Veränderungen der Wirtschaftsstruktur und Pendelverkehr
Durch den Ausbau der Nahverkehrsmittel konnten die Wanderungen über kurze Distanzen durch das Pendeln ersetzt werden. Vor allem die Verbesserung der Verkehrsanbindung war es, die die Aufgabe des Wohnstandortes bei einem Arbeitswechsel überflüssig machte, denn nun war tägliches (anfangs wöchentliches, monatliches) Pendeln möglich.
Bevor die Wirtschaftsstruktur durch den Pendelverkehr veränderte, arbeitete die Bevölkerung im Umland überwiegend im primären Sektor. Mit der Zunahme der Pendelwanderung erfolgte kein sprunghafter Übergang von einer agrarischen zu einer nicht-agrarischen Beschäftigung. Viele nutzten die Beschäftigung nebenberuflich weiter - entweder selbst nach Feierabend oder aber mit Hilfe der Frau. Mit der Zeit jedoch stieg der wirtschaftliche Wohlstand und die „Doppelexistenz“ wurde als nicht mehr tragbar empfunden - die Landwirtschaft wurde aufgegeben.
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- Arbeit zitieren
- Matthias Röppenack (Autor:in), 2004, Pendelwanderung als berufs- und ausbildungsorientierte Bewegung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/30490
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