Die Beratung von Einzelpersonen und Unternehmen auf dem Gebiet des Wirtschaftsstrafrechts wird in der anwaltlichen Praxis immer bedeutender. Neben der Verteidigung in Ermittlungsverfahren und Hauptverhandlung sowie der Compliance-Beratung gerät auch vermehrt die Vertretung der Opfer von Wirtschaftsstraftaten in den Focus der anwaltlichen Beratung. Neben Akteneinsichtsgesuchen gem. § 406e StPO, zivilrechtlichen Arresten und vereinzelten Adhäsionsverfahren werden in Wirtschaftsstrafverfahren vermehrt Anträge auf Zulassung als Nebenkläger gestellt. Dies geschieht nicht durch Individualpersonen, sondern auch durch Unternehmen, die durch Wirtschaftsverbrechen geschädigt wurden. Die Entwicklungen im Wirtschaftsstrafrecht folgen damit der Entwicklung auf dem Gebiet des allgemeinen Strafrechts, wo die Nebenklage auch immer bedeutsamer wird.
Die im Jahr 2009 erfolgte Änderung der Nebenklageberechtigung nach § 395 Abs. 3 StPO hat die Frage aufgeworfen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren außerhalb der in § 395 Abs. 1 Nr. 6 StPO normierten Delikte möglich ist. Der 5. Strafsenat des BGH hat 2012 dazu Stellung genommen. Die vorliegende Arbeit geht unter Einbeziehung dieser Entscheidung dieser Frage nach und soll einen Überblick über die Voraussetzungen und Möglichkeiten der Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren geben.
Die Ausführungen geben zunächst einen Überblick über die historische Entwicklung der Nebenklage und beschreiben die Funktion und Zielrichtung sowie die Motive, die Opfer zum Anschluss als Nebenkläger bewegen. Nach einem kurzen Hinweis auf die Nebenklagemöglichkeit nach § 395 Abs. 1 StPO wird als Schwerpunkt der Arbeit § 395 Abs. 3 StPO und die sich mit dieser Norm befassende Entscheidung des BGH erläutert. Dabei wird aufgezeigt, wer Verletzter i. S. d. § 395 StPO ist und welche wirtschaftsstrafrechtlichen Delikte nebenklagefähig sind. Speziell wird dargestellt, welche besonderen Gründe bei Wirtschaftsstraftaten zu einem prozessualen Schutzbedürfnis führen, das Voraussetzung für einen Nebenklageanschluss nach § 395 Abs. 3 StPO ist. Sodann werden der Anschluss und die Rechte des Nebenklägers beschrieben und auf die Besonderheiten in Wirtschaftsstrafverfahren hingewiesen. Zum Schluss der Arbeit erfolgt ein Vergleich der Nebenklage mit dem Adhäsionsverfahren, wobei auch die Frage erörtert wird, ob neben dem Adhäsionsverfahren überhaupt ein Bedarf für die Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren besteht.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Vorbemerkungen zur Nebenklage
- I. Historische Entwicklung der Nebenklage
- II. Funktion der Nebenklage
- III. Motive für einen Anschluss als Nebenkläger
- C. Nebenklagebefugnis nach § 395 Abs. 1 StPO
- D. Nebenklagebefugnis nach § 395 Abs. 3 StPO
- I. Entscheidung des BGH
- II. Verletzteneigenschaft
- 1. Natürliche Personen
- 2. Juristische Personen
- III. Nebenklagefähige Tatbestände
- 1. Katalogtaten
- 2. Andere rechtswidrige Taten
- 3. Nebenklagefähigkeit wirtschaftsstrafrechtlicher Normen
- a) Vermögensdelikte, insbesondere Betrug und Untreue
- b) Sonstige Delikte des Wirtschaftsstrafrechts
- IV. Prozessuales Schutzbedürfnis
- 1. Besondere Gründe im Rahmen der früheren Rechtslage
- 2. Rechtsprechung des BGH
- a) Körperliche oder seelische Schäden
- b) Abwehr von schweren Schuldzuweisungen
- c) Gravierende Beweisnot
- 3. Weitere Fallgruppen
- a) Massiver wirtschaftlicher Schaden
- b) Massiver Imageverlust
- c) Besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung
- d) Vorliegen eines Regelbeispiels
- 4. Zwischenergebnis
- E. Anschluss als Nebenkläger
- I. Anschlusserklärung
- II. Entscheidung
- F. Rechte der Nebenklage
- I. Anwesenheitsrecht
- II. Teilnahmerechte
- III. Informationsrechte
- IV. Recht auf Verfahrensbeistand
- V. Rechtsmittelbefugnis
- G. Verhältnis der Nebenklage zum Adhäsionsverfahren
- I. Grundlegendes zum Adhäsionsverfahren
- II. Bedeutung des Adhäsionsverfahrens in Wirtschaftsstrafverfahren
- III. Umschwenken auf die Nebenklage
- IV. Bedürfnis der Nebenklage neben dem Adhäsionsverfahren
- H. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beleuchtet die Voraussetzungen und Möglichkeiten der Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren. Sie bietet einen Überblick über die historische Entwicklung der Nebenklage und beschreibt ihre Funktion, Zielrichtung und die Motive, die Opfer zum Anschluss als Nebenkläger bewegen.
- Die Nebenklagebefugnis nach § 395 Abs. 3 StPO und die Entscheidung des BGH
- Die Verletzteneigenschaft im Rahmen der Nebenklage
- Die Nebenklagefähigkeit wirtschaftsstrafrechtlicher Normen
- Das prozessuale Schutzbedürfnis für Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren
- Das Verhältnis der Nebenklage zum Adhäsionsverfahren
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Bedeutung der Nebenklage in der anwaltlichen Praxis im Wirtschaftsstrafrecht hervorhebt.
Im nächsten Kapitel werden die historische Entwicklung und die Funktion der Nebenklage sowie die Motive für einen Anschluss als Nebenkläger betrachtet.
Kapitel C widmet sich der Nebenklagebefugnis nach § 395 Abs. 1 StPO, wobei die Besonderheiten im Zusammenhang mit den in § 395 Abs. 1 Nr. 6 StPO aufgeführten Delikten beleuchtet werden.
Kapitel D behandelt den Schwerpunkt der Arbeit: § 395 Abs. 3 StPO und die Entscheidung des BGH, die sich mit dieser Norm befasst. Es werden die Verletzteneigenschaft, die nebenklagefähigen Tatbestände und das prozessuale Schutzbedürfnis im Detail erläutert.
Kapitel E beschreibt den Anschluss als Nebenkläger und die damit verbundenen Rechte.
In Kapitel F werden die Rechte der Nebenklage, wie Anwesenheitsrecht, Teilnahmerechte, Informationsrechte, Recht auf Verfahrensbeistand und Rechtsmittelbefugnis, näher betrachtet.
Kapitel G vergleicht das Adhäsionsverfahren mit der Nebenklage und untersucht, ob neben dem Adhäsionsverfahren ein Bedarf für die Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren besteht.
Das Fazit der Arbeit fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen und beleuchtet die Praxisrelevanz der Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Aspekten der Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren. Zu den wichtigsten Themen gehören die Nebenklagebefugnis nach § 395 Abs. 3 StPO, die Entscheidung des BGH, das prozessuale Schutzbedürfnis in Wirtschaftsstrafverfahren, die Unterscheidung zwischen Nebenklage und Adhäsionsverfahren sowie die Rechte der Nebenklage.
- Quote paper
- Gereon Conrad (Author), 2014, Die Nebenklage in Wirtschaftsstrafverfahren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304689