„Die Reichsgründung von 1870/71 und der damit in unmittelbaren Zusammenhang stehende deutsch-französische Krieg haben in Deutschland in den vergangenen hundert Jahren sehr unterschiedliche Würdigungen gefunden, deren Skala von der höchsten Glorifizierung bis zur entschiedensten Verdammung reicht.“
Ausgehend von diesem Zitat möchte ich das Thema der vorliegenden Seminararbeit erläutern. Es behandelt den Gegenstand der Reichsgründung und der Kaiserproklamation 1870/71 aus erinnerungskultureller Sicht.
Dabei werden gegensätzliche Betrachtungsweisen aufgrund der verschiedenen historischen und politischen Umstände der vergangenen Jahre deutlich. Es gilt hier zu untersuchen, wie unterschiedlich die Reichsgründung und damit auch die Figur Bismarcks in der Vergangenheit gesehen wurden bzw. heute gesehen werden. Wie wandelt sich das Bild des „Reichsgründers“? Daneben muss man im Zusammenhang mit der nationalliberalen Bewegung ergründen, wie viel Bismarck wirklich zu verdanken war. Und inwiefern war die Reichsgründung eine „Revolution von oben“?
Zu Beginn wird ein historischer Überblick über die Reichsgründung und die Kaiserproklamation skizziert. Anschließend folgt eine sehr gute zeitgenössische Quelle: Die „Kaiserproklamation in Versailles“ von Anton von Werner, die in mehreren Fassungen existiert. Danach ist der Fokus im Hinblick auf die Erinnerungskultur auf Bismarck gerichtet; ab der Zeit nach seiner Entlassung bis heute. Hierbei liegt der Schwerpunkt in der Zeit vor und während des Ersten und Zweiten Weltkrieges. Etwa ab den 60er Jahren tritt eine entscheidende Wandlung des Bismarckbildes auf, wobei nachfolgend die Modernisierungstheorie und die deutsche Sonderwegsthese kurz thematisiert werden. Abschließend wird auf den neueren Forschungsstand Bezug genommen.
In der verwendeten Literatur treten drei Werke besonders hervor. „Das Bismarckreich. 1871-1890“ von Beate Althammer zeigt Forschungsperspektiven auf und beschreibt detailliert Vorgänge der Epoche aus verschiedenartigen Blickwinkeln. Sehr aufschlussreich für den Kontext der Erinnerungskultur waren die beiden Essays „Bismarck“ von Lothar Machtan und „Versailles“ von Hagen Schulze aus dem Sammelband „Deutsche Erinnerungsorte“.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Reichsgründung und Kaiserproklamation
- 1. Historischer Kontext
- 1.1 Reichsgründung
- 1.2 Kaiserproklamation
- 1.3 Reaktionen
- 2. Erinnerung an die Reichsgründung
- 2.1 Werke von Anton von Werner
- 2.2 Die Rolle Bismarcks vor und während der beiden Weltkriege
- 2.3 Sichtweisen nach 1945
- 1. Historischer Kontext
- III. Schlussteil
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Reichsgründung und Kaiserproklamation von 1871 unter dem Aspekt der Erinnerungskultur. Ziel ist es, die unterschiedlichen Betrachtungsweisen der Reichsgründung und der Rolle Bismarcks im Laufe der Geschichte aufzuzeigen und die Wandlung des Bismarckbildes zu analysieren. Die Arbeit beleuchtet auch den Einfluss der nationalliberalen Bewegung und die Frage, inwieweit die Reichsgründung als "Revolution von oben" betrachtet werden kann.
- Die unterschiedlichen Interpretationen der Reichsgründung im Laufe der Geschichte.
- Die Entwicklung des Bismarckbildes und seine Bedeutung für die Erinnerungskultur.
- Der Einfluss der nationalliberalen Bewegung auf die Reichsgründung.
- Die Frage nach dem Charakter der Reichsgründung als "Revolution von oben".
- Die Rolle der zeitgenössischen Kunst, insbesondere der Werke von Anton von Werner, in der Gestaltung des Geschichtsbildes.
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Seminararbeit ein und erläutert die unterschiedlichen Würdigungen der Reichsgründung von 1870/71 in der deutschen Geschichte, von Glorifizierung bis Verdammung. Sie skizziert die Zielsetzung der Arbeit, die darin besteht, die gegensätzlichen Betrachtungsweisen der Reichsgründung und der Figur Bismarcks aufgrund unterschiedlicher historischer und politischer Umstände zu untersuchen. Die Einleitung beschreibt den Aufbau der Arbeit, beginnend mit einem historischen Überblick, gefolgt von einer Analyse der "Kaiserproklamation in Versailles" von Anton von Werner und einer Betrachtung der Erinnerungskultur an Bismarck von seiner Entlassung bis zur Gegenwart. Besondere Beachtung findet die Entwicklung des Bismarckbildes ab den 1960er Jahren, wobei die Modernisierungstheorie und die deutsche Sonderwegsthese kurz thematisiert werden. Schließlich wird auf den aktuellen Forschungsstand verwiesen. Die Einleitung nennt auch die wichtigsten verwendeten Literaturquellen.
II. Reichsgründung und Kaiserproklamation: Dieses Kapitel bietet zunächst einen historischen Überblick über die Reichsgründung und die Kaiserproklamation. Es beschreibt den Verlauf des Deutsch-Französischen Krieges, die Kapitulation Frankreichs und den Abschluss des Friedens von Frankfurt. Die "Novemberverträge" mit den süddeutschen Staaten und die Rolle Bismarcks bei der Kaiserkrönung Wilhelms I. werden detailliert geschildert. Das Kapitel analysiert die Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles, ihren Kontext und ihre Bedeutung für beide Seiten, Deutschland und Frankreich. Die unterschiedlichen nationalen Empfindungen, die mit diesem Ereignis verbunden waren, werden herausgestellt, ebenso wie die Frage nach dem offiziellen Titel des neuen Kaisers. Der Kapitel behandelt die Kontroverse um die "Wiederherstellung des Reiches" und verbindet die Ereignisse von 1806 und 1871.
Schlüsselwörter
Reichsgründung 1871, Kaiserproklamation, Bismarck, Erinnerungskultur, Deutsch-Französischer Krieg, Nationalliberalismus, Modernisierungstheorie, Deutscher Sonderweg, Anton von Werner, Versailles.
Häufig gestellte Fragen zur Seminararbeit: Reichsgründung und Kaiserproklamation
Was ist der Inhalt dieser Seminararbeit?
Die Seminararbeit untersucht die Reichsgründung und Kaiserproklamation von 1871 im Kontext der Erinnerungskultur. Sie analysiert die unterschiedlichen Interpretationen dieses Ereignisses und die Entwicklung des Bismarckbildes im Laufe der Geschichte. Dabei werden Themen wie der Einfluss der nationalliberalen Bewegung, die Frage nach einer "Revolution von oben" und die Rolle der zeitgenössischen Kunst (insbesondere Anton von Werner) beleuchtet.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf die unterschiedlichen Interpretationen der Reichsgründung im Laufe der Geschichte, die Entwicklung des Bismarckbildes, den Einfluss der nationalliberalen Bewegung, die Frage nach dem Charakter der Reichsgründung als "Revolution von oben" und die Rolle der zeitgenössischen Kunst, insbesondere der Werke von Anton von Werner, in der Gestaltung des Geschichtsbildes.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in drei Kapitel: Eine Einleitung, ein Hauptteil ("Reichsgründung und Kaiserproklamation") und einen Schlussteil. Die Einleitung bietet einen Überblick über die unterschiedlichen Würdigungen der Reichsgründung und skizziert die Zielsetzung der Arbeit. Der Hauptteil analysiert den historischen Kontext der Reichsgründung und der Kaiserproklamation, die Rolle Bismarcks und die Entwicklung des Bismarckbildes. Der Schlussteil fasst die Ergebnisse zusammen.
Wie wird die Reichsgründung historisch eingeordnet?
Die Arbeit liefert einen historischen Überblick über den Deutsch-Französischen Krieg, die Kapitulation Frankreichs, den Frieden von Frankfurt und die "Novemberverträge" mit den süddeutschen Staaten. Sie beschreibt detailliert die Rolle Bismarcks bei der Kaiserkrönung Wilhelms I. und analysiert die Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles, ihren Kontext und ihre Bedeutung für Deutschland und Frankreich.
Welche Rolle spielt Bismarck in der Arbeit?
Bismarcks Rolle ist zentral. Die Arbeit analysiert seine Bedeutung bei der Reichsgründung und Kaiserproklamation und verfolgt die Entwicklung seines Bildes in der Erinnerungskultur von seiner Entlassung bis in die Gegenwart. Die Wandlung des Bismarckbildes wird im Kontext unterschiedlicher historischer und politischer Umstände betrachtet.
Welche Bedeutung hat die Kunst, insbesondere Anton von Werner, für die Arbeit?
Die Arbeit untersucht den Einfluss der zeitgenössischen Kunst, insbesondere der Werke von Anton von Werner (z.B. "Kaiserproklamation in Versailles"), auf die Gestaltung des Geschichtsbildes und die Erinnerungskultur. Werners Darstellung der Reichsgründung und die damit verbundene Glorifizierung werden analysiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Reichsgründung 1871, Kaiserproklamation, Bismarck, Erinnerungskultur, Deutsch-Französischer Krieg, Nationalliberalismus, Modernisierungstheorie, Deutscher Sonderweg, Anton von Werner, Versailles.
Welche Fragen werden in der Arbeit gestellt?
Die Arbeit befasst sich unter anderem mit der Frage nach den unterschiedlichen Interpretationen der Reichsgründung im Laufe der Geschichte, der Entwicklung des Bismarckbildes, dem Einfluss der nationalliberalen Bewegung und dem Charakter der Reichsgründung als "Revolution von oben".
- Quote paper
- Sophie Thümmrich (Author), 2009, Die Reichsgründung und die Kaiserproklamation 1871 unter dem Aspekt der Erinnerungskultur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/304310