In dieser Arbeit stehen die Interpretationsmöglichkeiten eines der bekanntesten und gleichzeitig umstrittensten Lieder Heinrichs von Morungen im Zentrum: die facettenreichen Auslegungen der Strophen von "Mir ist geschehen als einem kindelîne".
Es soll in erster Linie um die Frage gehen, ob das bei diesem Lied oft fokussierte Thema des Narzissmus berechtigterweise einen solch hohen Stellenwert einnimmt oder ob es vielleicht sogar besser ohne eine solche Vorentscheidung behandelt werden sollte, indem die Verse nackt und bloß realisiert und ohne etwaiges wahres Vorwissen interpretiert werden.
Um das Ziel meiner Analyse detaillierter zu formulieren, stelle ich vorab folgende Fragen in den Raum: Gibt es genügend wortwörtliche Beweise dafür, dass es sich um den antiken Sagenstoff des selbstverliebten Jünglings – des Narziss – handelt? Oder geht es doch um einen Minnesänger, der seine nicht vorhandene Perfektion in seiner geliebten Minnedame gespiegelt sieht? Existiert überhaupt ein Phänomen der Spiegelung? Wird die Perfektion oder eher das Negative verherrlicht und in den Fokus gerückt? Die letzte von mir beleuchtete – für diese Arbeit immens wichtige – Frage ist, ob dieses Lied im Laufe der Zeit zum Untertan des Narzissmus wurde, indem sich dieser kontinuierlich in die verschiedenen Interpretationen eingeschlichen hat oder ob das Lied die narzisstische Eigenschaft von sich aus mitbringt.
Diese Fragen werde ich am Ende der Ausarbeitung als eine Art Synthese der erlangten Erkenntnisse zu beantworten versuchen. Mehr als von einem Versuch kann hier nicht die Rede sein, da alle Interpretationen – also auch meine – nur eine Möglichkeit, einen Versuch der Liedanalyse von vielen darstellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Inhaltsangabe und Einführung in das Lied "Mir ist geschehen als einem kindelîne" Heinrichs von Morungen
2.2 Verschiedene Interpretationsansätze der Forschung
2.2.1 Andreas Krass: „Der zerbrochene Spiegel“
2.2.2 David Pister: „Schmerzen im Spiegel“
2.2.3 Hans-Herbert Räkel: „Das Lied von Spiegel, Traum und Quell des Heinrich von Morungen (MF 145.1)“
2.2.4 Gyde Callesen: „Zum Narzißmus gezwungen“
2.3 Auswertung der dargestellten Interpretationsansätze
2.4 Eigener Interpretationsvorschlag – Oder: Eine Synthese der nicht-eigenen Erkenntnisse + x
3. Fazit
4. Literaturangaben
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