Über eine Milliarde Menschen auf der Erde sprechen mehr als eine Sprache. Auf den Philippinen beispielsweise müssen die Menschen drei Sprachen beherrschen, um in allen gesellschaftlichen Bereichen agieren zu können (vgl. Dulay et. al. 1982, S. 9). Sie müssen dafür die Nationalsprache Philippinisch sprechen, eine der 87 lokalen Volkssprachen und Englisch oder Spanisch (ebd.). Um ein Beispiel aus dem
europäischen Umkreis zu wählen kann man das Land Luxemburg heranziehen, welches drei offizielle Amtssprachen besitzt: Deutsch, Französisch und Luxemburgisch (vgl. Cenoz/Genesee 1998, S. 8). Aufgrund dieser drei Landessprachen wurde ein trilinguales Bildungssystem entwickelt, dass sich Stufenweise auf alle Unterrichtsfächer überträgt (ebd.). Eine Vielzahl weiterer Länder weist dieses Phänomen von Mehrsprachigkeit ebenfalls auf. In den meisten
Ländern, darunter auch Deutschland, ist das Erlernen einer weiteren Sprache in der Schule verpflichtend. Das Englische wird in Deutschland bereits von der Grundschule an unterrichtet. Je nach Wahl der Schulfächer im Verlauf der
Schullaufbahn können optional weitere Sprachen wie Französisch oder Spanisch zu der englischen Sprache hinzukommen. So gesehen können auch deutsche
Staatsbürger, die vorab ausschließlich die deutsche Sprache beherrschen, im Verlauf ihrer Schulkarriere mehrsprachig werden. Die stetig zunehmende Multikulturalität in
Deutschland lässt jedoch erahnen, dass viele Menschen in Deutschland aufgrund von Migration bereits mehr als nur eine Sprache beherrschen. Dies ist auch bei mir persönlich der Fall. Aufgrund der Herkunft meiner Eltern, die aus Polen stammen,
wurde ich bilingual mit Deutsch und Polnisch erzogen. Ich vertrete die Ansicht, dass diese Bilingualität einen großen Einfluss auf meinen Erwerb von weiteren Sprachen in der Schule hatte. Deswegen möchte ich im Verlauf dieser Arbeit untersuchen, ob und in wie weit sich monolinguale Kinder von bilingualen Kindern beim Fremdsprachenlernen unterscheiden. Um sich dieser Diskussion zu nähern, müssen vorab zahlreiche Begriffe definiert und erläutert werden. Der erste Teil der Arbeit
beschäftigt sich deshalb zunächst mit dem Begriff des Bilingualismus. Anschließend wird ein besonderes Augenmerk auf die bilinguale Erziehung gelegt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Begrifflichkeiten
- 2.1 Muttersprache und Erstsprache
- 2.2 Zweitspracherwerb und Fremdsprachenlernen
- 3. Einführung in das Thema Bilingualismus
- 3.1 Monolingualismus
- 3.2 Bilingualismus
- 3.2.1 Gesellschaftlicher und individueller Bilingualismus
- 3.2.2 Versuch einer Definition des Bilingualismus
- 3.2.3 Forschungsstand
- 3.2.4 Formen des individuellen Bilingualismus
- 4. Rahmenbedingungen für eine bilinguale Entwicklung
- 4.1 Alter: Die „kritische Periode“
- 4.2 Familiensituation
- 4.3 Strategien bilingualer Erziehung
- 4.3.1 Eine Person - Eine Sprache
- 4.3.2 Umwelt- und Familiensprache
- 5. Erwerb einer Tertiärsprache
- 5.1 Zum Begriff Mehrsprachigkeit
- 5.2 Komplexität der Drittspracherwerbsforschung
- 5.3 Erwerbsszenarien
- 5.4 „Multi-Competence“
- 5.5 Das dynamische Modell des Multilingualismus
- 6. Introspektion
- 6.1 Der Forschungsansatz der Introspektion
- 6.2 Sprachbiografie
- 6.3 Analyse der Introspektionsergebnisse
- 6.3.1 Verlauf der bilingualen Erziehung
- 6.3.2 Einstellung und Motivation auf das Erlernen von Sprachen
- 7. Resultierende Konsequenzen des Bilingualismus auf das Fremdsprachenlernen
- 7.1 Sprachbewusstsein
- 7.2 Metalinguistisches Bewusstsein
- 7.3 Kognitive Entwicklung
- 7.4 Einfühlsame zwischenmenschliche Kommunikationsfähigkeit
- 7.5 Differenzierte Denkweisen und Kreativität
- 7.6 Intelligenz
- 7.7 Motivation und Einstellung
- 7.8 Persönlichkeitsentwicklung
- 8. Abschließende Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Einfluss bilingualer Erziehung auf den Fremdsprachenlernerfolg im Vergleich zu monolingualer Erziehung. Ziel ist es, herauszufinden, ob und inwieweit sich Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen zeigen.
- Definition und Abgrenzung von Begriffen wie Muttersprache, Erstsprache, Bilingualismus und Mehrsprachigkeit.
- Analyse verschiedener Modelle und Theorien des Bilingualismus und Mehrsprachigkeitserwerbs.
- Untersuchung der Rahmenbedingungen für eine bilinguale Entwicklung (Alter, Familiensituation, Erziehungsstrategien).
- Introspektive Betrachtung der eigenen Sprachbiografie und deren Einfluss auf den Fremdsprachenlernerfolg.
- Analyse der Auswirkungen von Bilingualismus auf verschiedene sprachliche Fähigkeiten und kognitive Entwicklung.
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein, indem sie die weltweite Verbreitung von Mehrsprachigkeit und den verpflichtenden Fremdsprachenunterricht in Deutschland beleuchtet. Die persönliche Sprachbiografie der Autorin, die bilingual aufgewachsen ist, motiviert die Untersuchung möglicher Unterschiede im Fremdsprachenlernen zwischen monolingual und bilingual erzogenen Kindern. Der Aufbau der Arbeit wird skizziert, mit Fokus auf die Definition von Begriffen, die Analyse bilingualer Erziehung, den Erwerb einer Tertiärsprache, eine Introspektion und die Untersuchung resultierender Konsequenzen von Bilingualismus auf das Fremdsprachenlernen.
2. Begrifflichkeiten: Dieses Kapitel definiert und differenziert zentrale Begriffe wie Muttersprache und Erstsprache. Es wird betont, dass diese Begriffe oft synonym verwendet werden, aber "Erstsprache" nur dann zutrifft, wenn keine andere Sprache zuvor erworben wurde. Der simultane Bilingualismus, bei dem zwei Sprachen von Geburt an erworben werden, wird als doppelter Erstspracherwerb beschrieben.
3. Einführung in das Thema Bilingualismus: Dieses Kapitel differenziert zwischen Monolingualismus und Bilingualismus, wobei verschiedene Formen des individuellen Bilingualismus und der aktuelle Forschungsstand beleuchtet werden. Der gesellschaftliche und individuelle Aspekt des Bilingualismus wird diskutiert, mit dem Ziel, eine umfassende Definition des Bilingualismus zu liefern.
4. Rahmenbedingungen für eine bilinguale Entwicklung: Der Einfluss des Alters ("kritische Periode"), der Familiensituation und verschiedener Strategien bilingualer Erziehung auf die sprachliche Entwicklung wird in diesem Kapitel analysiert. Die Kapitel beleuchten die Bedeutung von Faktoren wie Alter des Spracherwerbs und die Rolle der Familie im Sprachunterricht und deren Strategien.
5. Erwerb einer Tertiärsprache: Dieses Kapitel erweitert den Fokus über den Bilingualismus hinaus auf den Erwerb einer dritten Sprache (Tertiärsprache). Es befasst sich mit dem Begriff der Mehrsprachigkeit, der Komplexität der Drittspracherwerbsforschung, verschiedenen Erwerbsszenarien, dem Konzept der "Multi-Competence" und dem dynamischen Modell des Multilingualismus. Es untersucht die Herausforderungen und Möglichkeiten beim Erlernen einer dritten Sprache, aufbauend auf dem Verständnis von Bilingualität.
6. Introspektion: Hier wird der Forschungsansatz der Introspektion vorgestellt und die eigene Sprachbiografie der Autorin analysiert. Die Analyse der Introspektionsergebnisse soll erste Vermutungen über Unterschiede im Fremdsprachenlernen zwischen monolingual und bilingual erzogenen Kindern liefern, um diese in weiteren Kapiteln zu überprüfen.
Schlüsselwörter
Bilingualismus, Monolingualismus, Fremdsprachenlernen, Mehrsprachigkeit, Erstspracherwerb, Zweitspracherwerb, Tertiärspracherwerb, Sprachentwicklung, kognitive Entwicklung, Introspektion, Sprachbiografie, Sprachbewusstsein, Metalinguistisches Bewusstsein.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Bilingualismus und Fremdsprachenlernen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den Einfluss bilingualer Erziehung auf den Erfolg beim Fremdsprachenlernen im Vergleich zu monolingualer Erziehung. Das Hauptziel ist es, herauszufinden, ob und wie sich die beiden Gruppen unterscheiden.
Welche Begriffe werden definiert und abgegrenzt?
Die Arbeit definiert und differenziert zentrale Begriffe wie Muttersprache, Erstsprache, Bilingualismus und Mehrsprachigkeit. Besonders wird der Unterschied zwischen Muttersprache und Erstsprache erläutert und der simultane Bilingualismus als doppelter Erstspracherwerb beschrieben.
Welche Modelle und Theorien werden analysiert?
Die Arbeit analysiert verschiedene Modelle und Theorien des Bilingualismus und Mehrsprachigkeitserwerbs. Sie beleuchtet verschiedene Formen des individuellen Bilingualismus und den aktuellen Forschungsstand.
Welche Rahmenbedingungen für eine bilinguale Entwicklung werden untersucht?
Der Einfluss des Alters ("kritische Periode"), der Familiensituation und verschiedener Strategien bilingualer Erziehung (z.B. "Eine Person - Eine Sprache", Umwelt- und Familiensprache) auf die sprachliche Entwicklung wird analysiert.
Wie wird der Erwerb einer dritten Sprache (Tertiärsprache) behandelt?
Die Arbeit erweitert den Fokus auf den Erwerb einer dritten Sprache. Sie befasst sich mit dem Begriff der Mehrsprachigkeit, der Komplexität der Drittspracherwerbsforschung, verschiedenen Erwerbsszenarien, dem Konzept der "Multi-Competence" und dem dynamischen Modell des Multilingualismus.
Welche Rolle spielt die Introspektion in dieser Arbeit?
Die Arbeit nutzt die Introspektion als Forschungsansatz. Die eigene Sprachbiografie der Autorin wird analysiert, um erste Vermutungen über Unterschiede im Fremdsprachenlernen zwischen monolingual und bilingual erzogenen Kindern zu liefern.
Welche Konsequenzen des Bilingualismus auf das Fremdsprachenlernen werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die Auswirkungen von Bilingualismus auf verschiedene sprachliche Fähigkeiten (Sprachbewusstsein, metalinguistisches Bewusstsein) und die kognitive Entwicklung (Denkweisen, Kreativität, Intelligenz), sowie Motivation, Einstellung und Persönlichkeitsentwicklung.
Welche Kapitel enthält die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Begrifflichkeiten, Einführung in das Thema Bilingualismus, Rahmenbedingungen für eine bilinguale Entwicklung, Erwerb einer Tertiärsprache, Introspektion, Resultierende Konsequenzen des Bilingualismus auf das Fremdsprachenlernen und abschließende Zusammenfassung und Fazit. Jedes Kapitel wird detailliert zusammengefasst.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Bilingualismus, Monolingualismus, Fremdsprachenlernen, Mehrsprachigkeit, Erstspracherwerb, Zweitspracherwerb, Tertiärspracherwerb, Sprachentwicklung, kognitive Entwicklung, Introspektion, Sprachbiografie, Sprachbewusstsein, Metalinguistisches Bewusstsein.
Wo finde ich einen detaillierten Inhaltsverzeichnis?
Ein detailliertes Inhaltsverzeichnis mit allen Unterkapiteln ist im Hauptteil der Arbeit enthalten.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, den Einfluss bilingualer Erziehung auf den Fremdsprachenlernerfolg im Vergleich zu monolingualer Erziehung zu untersuchen und etwaige Unterschiede aufzuzeigen.
- Quote paper
- Helena Buhl (Author), 2015, Unterschiede zwischen monolingual und bilingual erzogenen Kindern beim Fremdsprachenlernen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/303257