Neue Medien, und insbesondere die Computer- und Internetnutzung haben in den letzten Jahrzehnten stetig an Bedeutung gewonnen und sind aus der heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. Grund dieser zunehmenden Dynamik ist der technologische Wandel und deren Einfluss auf die Kommunikationsverhältnisse der Gesellschaft (Mikos 2012, S.41). Die daraus resultierende Schnelllebigkeit der Medienwelt
ist ein prägendes Merkmal des aktuellen Jahrhunderts. Einhergehend damit kommt es zu einer Digitalisierung und globalen Vernetzung, aber auch einer Kommerzialisierung
der Medienangebote (Ring, Pöttinger & Kupser 2012, S.150). Neben der Medialisierung und Digitalisierung des Alltages herrscht außerdem ein Strukturwandel in der Gesellschaft vor, der durch eine zunehmende Alterung der Bevölkerung
gekennzeichnet ist (Doh 2011, S.1). Im Rahmen der Arbeit wird sich ausschließlich auf den Strukturwandel in Deutschland bezogen, gleichwohl diese Veränderungen auch global in verschiedenen Nationen zu beobachten ist.
Die veränderte Altersstruktur und der demografische Wandel bedingen sich untereinander und führen zu einer veränderten Sichtweise auf die Lebensphase Alter (Backes & Clemens 2013, S.31). „Vor dem Hintergrund des sich verändernden Altersaufbaus unserer Gesellschaft hat das Interesse an den individuellen und gesellschaftlichen Ressourcen älterer Menschen spürbar zugenommen.“ (Kruse 2012, S.15)
Bei einer ersten Betrachtung aus demographischer Sicht wird die Nutzung der neuen Medien insbesondere der jungen Generation zugeordnet. Der technologische Wandel wirkt sich aber nicht nur auf die jungen und/oder im Berufsleben stehenden Menschen aus, sondern auch auf die demografisch wachsende Gruppe der Seniorinnen und Senioren. Denn Menschen jeder Generation nutzen seit jeher das Modernisierungsangebot, welche der industrielle Fortschritt mit sich bringt und auch das Internet macht vor einem Viertel der deutschen Bevölkerung mit einem Alter von über 65 Jahre nicht halt. Die Zeit nach der Ausübung des Berufes nimmt auf Grund
demografischer Veränderungen einen immer größeren Zeitraum in der Lebensspanne ein. Vor allem der Anteil der über 80-Jährigen Menschen ist von einer hohen Zunahme gekennzeichnet, was sich mittelfristig noch weiter verstärken wird (Tesch-Römer, Wurm, Hoff, Engstler & Motel-Klingebiel 2006, S.12). [...]
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Medien, Bildung und Senioren
2.1 Senioren, Alter und Altern
2.1.1 Altersbegriff
2.1.2 Physiologische und psychologische Veränderungen bei Senioren
2.1.3 Aktivität im Alltag von Senioren
2.1.4 Bedeutung des erfolgreichen Alterns
2.2 Senioren und Bildung
2.2.1 Bildungsvoraussetzungen von Senioren
2.2.2 Bedeutung von Bildung im Seniorenalter
2.3 Senioren und Medien
2.3.1 Medienkompetenz
2.3.2 Computer- und Internetnutzung bei Senioren
2.3.3 Nutzungsstudien
3 Empirie
3.1 Forschungsmethoden
3.1.1 Aspekte des qualitativen Interviews
3.1.2 Episodisches Interview
3.2 Erhebungsverfahren
3.2.1 Nicht-standardisierter Leitfaden
3.2.2 Forschungsfeld
3.2.3 Interviewverlauf
3.3 Datenauswertung
3.3.1 Transkription
3.3.2 Inhaltsanalyse
4 Ergebnisdarstellung
4.1 Kategorien
4.2 Vorkenntnisse der Senioren
4.2.1 Berufliche Nutzung
4.2.2 Private Nutzung vor Renteneintritt
4.3 Nutzungsprofil von Senioren
4.3.1 Zweck der Nutzung
4.3.2 Aktivität im Internet
4.3.3 Generationszugehörigkeit
4.3.4 Stellenwert
4.4 Computerbezogene Medienkompetenz bei Senioren
4.4.1 Umgang mit Unsicherheiten und Angst bei der Nutzung
4.4.2 Bedienbarkeit
4.4.3 Zeitmanagement
4.5 Bildungswunsch im Rahmen der Computer- und Internetnutzung
4.5.1 Ansprechpartner
4.5.2 Schulung
5 Zusammenfassung und Fazit
Literaturverzeichnis
Anlage 1: Leitfaden
Anlage 2: Interviewtranskripte
Anlage 3: Einzelanalyse der Interviewtranskripte
Anlage 4: Paraphrasierung, Generalisierung und erste Reduktion
Anlage 5: zweite Reduktion
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Ausschnitt aus inhaltsanalytischer Zusammenfassung. Quelle: Anlage 4.; eigene Darstellung
Abb.2: erhobene Kategorien und Subkategorien; eigene Darstellung
1 Einleitung
Neue Medien, und insbesondere die Computer- und Internetnutzung haben in den letzten Jahrzehnten stetig an Bedeutung gewonnen und sind aus der heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. Grund dieser zunehmenden Dynamik ist der technologi- sche Wandel und deren Einfluss auf die Kommunikations-verhältnisse der Gesell- schaft (Mikos 2012, S.41). Die daraus resultierende Schnelllebigkeit der Medienwelt ist ein prägendes Merkmal des aktuellen Jahrhunderts. Einhergehend damit kommt es zu einer Digitalisierung und globalen Vernetzung, aber auch einer Kommerziali- sierung der Medienangebote (Ring, Pöttinger & Kupser 2012, S.150). Neben der Medialisierung und Digitalisierung des Alltages herrscht außerdem ein Strukturwan- del in der Gesellschaft vor, der durch eine zunehmende Alterung der Bevölkerung gekennzeichnet ist (Doh 2011, S.1). Im Rahmen der Arbeit wird sich ausschließlich auf den Strukturwandel in Deutschland bezogen, gleichwohl diese Veränderungen auch global in verschiedenen Nationen zu beobachten ist.
Die veränderte Altersstruktur und der demografische Wandel bedingen sich unterei- nander und führen zu einer veränderten Sichtweise auf die Lebensphase Alter (Ba- ckes & Clemens 2013, S.31). „Vor dem Hintergrund des sich verändernden Alters- aufbaus unserer Gesellschaft hat das Interesse an den individuellen und gesell- schaftlichen Ressourcen älterer Menschen spürbar zugenommen.“ (Kruse 2012, S.15)
Bei einer ersten Betrachtung aus demographischer Sicht wird die Nutzung der neu- en Medien insbesondere der jungen Generation zugeordnet. Der technologische Wandel wirkt sich aber nicht nur auf die jungen und/oder im Berufsleben stehenden Menschen aus, sondern auch auf die demografisch wachsende Gruppe der Senio- rinnen und Senioren. Denn Menschen jeder Generation nutzen seit jeher das Mo- dernisierungsangebot, welche der industrielle Fortschritt mit sich bringt und auch das Internet macht vor einem Viertel der deutschen Bevölkerung mit einem Alter von über 65 Jahre nicht halt. Die Zeit nach der Ausübung des Berufes nimmt auf Grund demografischer Veränderungen einen immer größeren Zeitraum in der Lebens- spanne ein. Vor allem der Anteil der über 80-Jährigen Menschen ist von einer hohen Zunahme gekennzeichnet, was sich mittelfristig noch weiter verstärken wird (Tesch- Römer, Wurm, Hoff, Engstler & Motel-Klingebiel 2006, S.12).
Einhergehend mit den Möglichkeiten der neuen Medien ergibt sich die Frage ihrer effizienten Nutzung. „Ältere Menschen nutzen Medien nicht nur passiv, sondern haben stark ausgeprägte Informationsinteressen.“ (Bonfadelli 2009, S.165; Hervor- hebung i.O.) Und es wäre sicherlich vermessen anzunehmen, dass die umfassende Nutzung des Internet den Jungen vorbehalten ist. Ein wesentlicher Vorteil der jünge- ren Generation liegt darin, dass sie die Nutzung von Computer und Internet bereits in der Familie, in der Schule, aber auch im Beruf lernen können und dort permanent kompetente Gesprächspartner zur Verfügung stehen, was für Senioren oft nicht der Fall ist. „Zukünftige Generationen älterer Menschen werden auch weiterhin häufig allein im eigenen Haushalt wohnen (Singularisierung), allerdings unterscheiden sich die Trends für Männer und Frauen.“ (Tesch-Römer et al. 2006, S.11; Hervorhebung i.O.).
Wie Senioren den Computer und das Internet in ihrem Alltag nutzen und was sie dafür brauchen, soll in dieser empirischen Arbeit untersucht werden. Die Hauptfragestellung lautet demnach: Wie nutzen Senioren den Computer und das Internet in ihrem Alltag und was brauchen sie dafür? Dafür werden fünf Senioren mittels Einzelinterviews befragt. Die Form der qualitativen Befragung erlaubt, die Senioren in ihrem natürlichen Umfeld anzutreffen und zu befragen.
Das folgende zweite Kapitel wird die Aspekte Medien, Bildung und Senioren be- trachten, welche theoretische Grundlagen der Arbeit darstellen. Das dritte Kapitel dieser Arbeit beschreibt die empirische Untersuchung und die verwendeten Techni- ken. Es werden episodische Interviews anhand einer nicht standardisierten Befra- gung von Senioren durchgeführt. Die mit Tonband aufgezeichneten Interviews wer- den transkribiert und mittels Zusammenfassung nach Mayring inhaltlich analysiert.
Die daraus ermittelten Kategorien werden im vierten Kapitel dargestellt und ausgewertet. Anhand der Interviews der befragten Senioren werden Art und Weise der Nutzung von Computer und Internet sowie auftretende Schwierigkeiten und Probleme dargestellt. Daraus werden Bildungsbedarf und potenzielle Bildungskonzepte für Senioren für die erfolgreiche Nutzung von Computer und Internet abgeleitet. Im fünften Kapitel folgen eine Zusammenfassung und das Fazit der Arbeit.
2 Medien, Bildung und Senioren
Medien, Bildung und Senioren sind Schlagworte, die prägend für die heutige Zeit sind. Heutige Senioren sind ganz unterschiedlich im Laufe ihres Lebens mit neuen Medien in Kontakt gekommen. Dabei sind Medien, wie das Internet, bereits „vom neuen, jungen Medium zum etablierten Medium für nahezu alle Altersgruppen geworden“ (van Eimeren & Frees 2012, S.362).
Bildung ist nicht begrenzt auf eine Lebensphase zu betrachten, sondern ein ganz- heitlicher Lernprozess über die gesamte Lebensspanne. Bildung soll auch bei Seni- oren erworbene Kompetenzen sichern und kompetentes Handeln fördern (Bubolz- Lutz, Gösken, Kricheldorff & Schramnek 2010, S.13), damit die Senioren aktiv und selbstbestimmt ihr Leben gestalten können (Nuissl 2009a, S.7). Im nachfolgenden Kapitel werden die Begriffe Medien, Bildung und Senioren untersucht und interde- pendent betrachtet.
2.1 Senioren, Alter und Altern
Bei näherer Betrachtung des Themas Alter und Altern, stößt man immer wieder auf den Begriff des demographischen Wandels. Dieser ist gekennzeichnet durch ein Altern von oben (Erhöhung der Lebenserwartung) und ein Altern von unten (Gebur- tenrückgang) (Hoffmann, Menning & Schelhase 2009, S.26; Kruse & Wahl 2010, S.30; Doh 2011, S.1). Entsprechend dieser Theorie wird Mitte des 21. Jahrhunderts ein Drittel der Gesamtbevölkerung durch ältere Menschen repräsentiert sein (Hoff- mann et al. 2009, S.21). Die Soziologie stellt hierbei Alter biographisch beeinflusst, d.h. durch im Lebensverlauf gemachte Erfahrungen, dar. Der Übergang in den Ru- hestand ist dabei ein Marker des Alters (Tesch-Römer & Wurm 2009, S.9), gekenn- zeichnet „durch geringere Vergesellschaftungsprozesse, also Einbindungen in ge- sellschaftliche Gruppen und Institutionen“ (Tesch-Römer & Wurm 2009, S.9).
Der Begriff der Senioren hat den Begriff der Alten in der Gesellschaft weitestgehend abgelöst und findet zunehmend Verwendung im deutschen Sprachgebrauch. Das lateinische Wort senior, was „der Ältere“ bedeutet unterliegt keiner allgemeingültigen rechtlichen Definition (Deutscher Bundestag 2008, S.5), sondern umfasst eine hete- rogene Gruppe, die sich hinsichtlich „Alter, Geschlecht, Bildung, Gesundheitszu- stand, Mobilität, sozialer und beruflicher Lage, Lebensumfeld, verfügbarer Zeit, Le- benserfahrungen, Kompetenzen und Interessen“ (Stadelhofer & Marquard 2004, S.10) voneinander unterscheiden.
Aufgrund von Erwerbslosigkeit oder -minderung, wie Vorruhestand, Altersteilzeit und Arbeitslosigkeit gehen immer mehr Menschen vor dem gesetzlich geregelten Ren- teneintrittsalter in den Ruhestand (Faltermaier, Mayring, Saup & Strehmel 2002, S.165; Tesch-Römer & Wurm 2009, S.10). Bis 2020 werden schätzungsweise 40% der älteren Menschen keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen (Tippelt 2008, S.7). Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff Senioren für Personen verwendet, die aufgrund von Renteneintritt oder Ruhestand nicht mehr berufstätig sind.
2.1.1 Altersbegriff
Die Begriffe Alter und Altern beinhalten keine genauen nummerischen Angaben darüber, wann Alter bzw. Altern beginnt oder endet. Alter ist eine Lebensphase ne- ben Kindheit, Jugend und Erwachsensein und erst das Durchlaufen der Lebenspha- sen über das gesamte Leben wird als dynamischer Prozess des Alterns bezeichnet. Die Lebensphase Alter erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte und ist geprägt vom Wunsch nach einem aktiven Altern (Deutscher Bundestag 2012, S.1). Grundlage ist die Herkunft des Wortes alt, was sich vom indogermanischen Wortstamm „al“ ablei- tet und Prozesse des Wachsens und Reifens bezeichnen (Kruse & Wahl 2010, S.1).
Feste Altersgrenzen gibt es nicht (Malwitz-Schütte 2000, S. 11). Sie liegen je nach Quelle bei 60/65-85 Jahre bzw. ab 80/85 Jahren (vgl. Baltes 2004, Tesch-Römer & Wurm 2009). Die WHO legt den Altersbeginn auf 65 Jahre fest und der Bundesaltenplan definiert ältere Menschen ab 60 Jahre. Die Gerontologie unterteilt die Lebensphase Alter in ein drittes und viertes Lebensalter, da es im vierten Lebensalter zu massiven physischen und psychischen Verlusten kommen kann (Tesch-Römer & Wurm 2009, S.10). Wie die Lebensphasen unterliegen auch das dritte und vierte Lebensalter keiner festen Altersgrenze „ab der bestimmte Entwicklungen mit Gewissheit stattfinden“ (Tesch-Römer & Wurm 2009, S.10).
Der Mensch durchlebt in den einzelnen Lebensphasen einen differenzierten Altern- sprozess (Backes & Clemens 2013, S.14) „ohne klare Zeitpunkte, ohne fest definier- te Einschnitte und Zäsuren, aber mit Übergängen“ (Malwitz Schütte 2000, S.11). Diese Übergänge sind geprägt von subjektiven Erlebnissen (Kruse & Wahl 2010, S.7) und „abhängig von der Interaktion objektiver und subjektiver Faktoren“ (Mal- witz-Schütte 2000, S.13).
Sie beinhalten geistigen und körperlichen Abbau ebenso, wie „Kompensation von Verlusten, Kompetenzerweiterung oder Wachstum der Persönlichkeit“ (Faltermaier et al. 2002, S.166).
Sozialwissenschaftlich wird Alter mit Integration, aber auch Isolation in sozialen Netzwerken und das Vertreten von bestimmen Werten und Haltungen (Fiehler & Thimm 1998, S.8) beschrieben. Dabei geht es „um den Grad der Teilhabe am ge- sellschaftlichen Leben oder den Rückzug aus sozialen Rollen (z.B. der Erwerbstä- tigkeit) und gesellschaftlich geprägten Verhaltensmustern (z.B. nach dem Auszug der Kinder aus der gemeinsamen Wohnung).“ (Thieme 2008, S. 34). Letztlich hat der Altersbegriff nur eine begrenzte Aussagekraft darüber wie ‚alt‘ jemand ist oder sich fühlt und betrachtet den Menschen vorwiegend anhand gesetzlicher und ge- sellschaftlicher Regelungen (z.B. Eintritt ins Rentenalter oder Zeitpunkt von Vorsor- geuntersuchungsempfehlungen) (Rothermund & Wentura 2007, S.541).
2.1.2 Physiologische und psychologische Veränderungen bei Senio- ren
Senioren unterscheiden sich auf Grund zahlreicher Entwicklungen und Erfahrungen von jungen Menschen (Martin & Kliegel 2010, S.15). Dabei ist das Alter „nicht nur eine biologische Unabänderlichkeit, sondern auch ein mentaler, also geistiger Vor- gang“ (Fuchsberger 2011, S.8). Altern umfasst körperliche, psychische, soziale und gesellschaftliche Veränderungen (Backes & Clemens 2013, S.14), die aber nicht gleichzeitig mit inkompetentem Handeln einhergehen (Kruse & Wahl 2010, S.42f.). Dennoch herrschen Unterschiede bei Senioren gegenüber jüngeren Menschen vor. Während im dritten Lebensalter, durch die medizinischen und technologischen Neu- erungen, ein immer länger durch Gesundheit geprägtes Altern möglich ist, nehmen im vierten Lebensalter gesundheitliche Beeinträchtigungen zu (Baltes 2004).
Es gibt eine Vielzahl von altersabhängigen physiologischen Veränderungen, die aber nicht automatisch mit Krankheit gleichzusetzen sind (Tesch-Römer & Wurm 2009, S.8). Die Veränderungen im Alter gehen mit einer Beeinträchtigung funktionaler Gesundheit einher und können die Alltagsbewältigung und eigenständige Lebensführung im Alter beeinflussen (Menning & Hoffmann 2009, S.62).
Über 50 % der Menschen in der dritten Lebensphase geben Aktivitätseinschränkun- gen an, im vierten Lebensalter sind es über 80 % (Menning & Hoffmann 2009, S.63). Funktionale Beeinträchtigungen betreffen dabei vor allem das Hören, Sehen und die Mobilität.
Während aus physiologischer Perspektive Altern mit Verlusten einhergeht, verän- dert sich der Mensch aus psychologischer Sicht im Alter mehrdimensional (Tesch- Römer & Wurm 2009, S.8). Neben einer biologisch bedingten Abnahme der mecha- nischen (fluiden) Intelligenz, welche Wahrnehmungs-, Denk- und Lernprozesse meint, bleibt die pragmatische (kristalline) Intelligenz in Form von Erfahrungs- und Wissensbeständen stabil und kann sich auch steigern (Tesch-Römer & Wurm 2009, S.8; Smith & Baltes 2010, S.249). Voraussetzung ist, dass Menschen altersspezi- fisch erworbene Wissens- und Handlungsstränge pflegen und nutzen (Baltes & Bal- tes 1994, S.11). Der Mensch altert aber nicht nur im biologischen Sinne, sondern auch „in Abhängigkeit von Außenstimulation/äußeren Einflüssen wie auch von eige- nen Willensanstrengungen /dem eigenen Lebensstil“ (Bubolz-Lutz et. al 2010, S.67). Trotz aller Veränderungsprozesse im Alter können ältere Menschen „aus Situatio- nen der Schwäche, Vulnerabilität und Krankheiten neue Einsichten gewinnen“ (Bal- tes 2004). Denn sie „sind Experten in der Lebensbewältigung und der Lebensdeu- tung“ (Baltes 2004).
2.1.3 Aktivität im Alltag von Senioren
Bereits in den 1960iger Jahren wurde die Bedeutung von Aktivitäten in der nachberuflichen Phase hervorgehoben. „The older person who ages optimally is the person who stays active and who manages to resist the shrinkage of his social world.” (Havinghurst et al. 1969; zit. n. Doh 2011, S.57)
Erwachsene haben demnach auch nach ihrer beruflichen Tätigkeit das Bedürfnis ihr Leben autonom und aktiv zu gestalten.
„Die ältere Generation wird aufgrund ihres soliden Gesundheitszustandes immer aktiver und will sich auch in der Nacherwerbsphase aktiv in die Gesellschaft einbringen.“ (Deutscher Bundestag 2008, S.1) Dabei können sie ihre Alltagszeit selbst strukturieren, was zur Übernahme neuer Aufgaben, aber auch zu Orientierungslosigkeit bis hin zu Identitätsfragen führen kann (Burzan 2007, S.133).
Mit Eintritt der Rente als Übergang in die Lebensphase des Alters kommt es zu einer Abnahme beruflich bedingter Sozialkontakte (Malwitz-Schütte 2006, S.4). Neben kleiner werdenden Netzwerken und monetärer Verschlechterung kann es zu ungewohnt viel Freizeit kommen.
Ergebnisse der Generali Altersstudie zeigen, dass die 65 bis 85-Jährigen ihr Leben auf einer Skala von 0 bis 10 bei durchschnittlich 7,1 und somit als aktiv und sehr abwechslungsreich bewerten (Generali Zukunftsfonds 2012, S.133).
Bei einer näheren Betrachtung lassen sich Unterschiede zwischen den Befragten festmachen. Die Skaleneinschätzung nimmt mit zunehmendem Alter ab und auch der Grad der Schulbildung (höhere Schulbildung höhere Skalenangabe), das Haus- haltsnettoeinkommen (mehr Einkommen höhere Skalenangabe) und vor allem der Gesundheitszustand (bessere Gesundheit höhere Skaleneinschätzung) haben ent- scheidenden Einfluss auf die Bewertung. Weitaus weniger Einfluss haben die Woh- nortgröße und das Vorhandensein von Kindern bzw. Enkelkindern (vgl. Generali Zukunftsfonds 2012).
2.1.4 Bedeutung des erfolgreichen Alterns
Jede Phase im Alternsprozess hält für den Menschen bestimmte Entwicklungsauf- gaben und Herausforderungen bereit (Ring et al. 2012, S.150). „Erfolgreiches Altern ist ein kontinuierlicher Prozess des Ausbalancierens von Gewinnen und Verlusten, des Formulierens von Zielen, der Entwicklung von Strategien, um diese Ziele zu erreichen und der Fortentwicklung der eigenen Identität.“ (Baltes 1993; zit. n. Ryan & Kwong See 1998, S. 57)
Ob Altern erfolgreich ist, lässt sich nicht anhand einzelner Kriterien beurteilen, son- dern hängt von objektiven und subjektiven Aspekten des Lebens ab. Dabei wird das „Individuum mit lebenslaufspezifischen Anforderungen und Belastungen in den Blick genommen“ (Kühnert & Niederfranke 1993, S.88; zit. n. Backes & Clemens 2013, S.184). Subjektive Gesundheit kann als potenzielles Kriterium für die körperliche Gefühlslage von Senioren verstanden werden und meint das individuelle Erleben der eigenen Gesundheit, welches mit zunehmendem Alter zwar abnimmt, aber weit weniger als der objektiv medizinisch diagnostizierte physische oder psychische Zu- stand (Wurm, Lampert & Menning 2009, S.79). „Während unsere Gesellschaft struk- turell altert, fühlen sich die Älteren heute bis zu zehn Jahre jünger. Dieses positive Gefühl hat Auswirkungen auf alle Lebensbereiche.“ (Meister 2012, S.10) In der Ge- nerali Altersstudie trifft das auf mehr als 50% der sich im dritten Lebensalter befind- lichen Menschen zu (Generali Zukunftsfonds 2012, S.33).
Die „Herstellung einer Gleichgewichtslage zwischen den Bedürfnissen des Individu- ums und den Anforderungen der jeweiligen Lebenslage“ (Baltes & Baltes 1990; zit.n. Malwitz-Schütte 2000, S.22) spielen dabei eine entscheidende Rolle. Gerade die Selbstwirksamkeit durch aktive Handlungsimpulse „wird von den meisten älteren Menschen als eine Quelle subjektiv erlebter Zugehörigkeit wie auch von Sinnerle- ben, von positiven Gefühlen, von Lebensqualität verstanden.“ (Kruse & Wahl 2010, S.39)
Die Möglichkeit lebenslauftypischen Veränderungen (als solche wird der Übergang in den Ruhestand gewertet) zu begegnen und entwicklungsbedingt „Gewinn-Verlust Bilanzen und damit verbundenen adaptiven Leistungen“ (Doh 2011, S.79) zu be- gegnen bietet das SOK Modell nach Baltes & Baltes. Ausgangsüberlegung ist, dass es bestimmte Bedingungen gibt, die „das Wesen des Alter(n)s kennzeichnen“ (Bal- tes & Baltes 1994, S.28). Neben einer zunehmenden Individualisierung im Alter kommt es zu verminderten biologischen Entwicklungs- und Kapazitätsreserven so- wie zu einer Kultur des Alterns, was bedeutet, dass Senioren durch im Lebensver- lauf erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten Stärken für das Altern gewinnen kön- nen (Baltes & Baltes 1994, S.28f.)
Die mit Selektion und Kompensation einhergehende Optimierung soll trotz „Funkti- onsverlusten und Einschränkungen Handlungskompetenz und ein stabiles Funkti- onsniveau erhalten […], was zu einem positiven Selbstbild und einem hohen subjek- tiven Wohlbefinden beiträgt“ (Doh 2011, S.79). Mit Optimierung ist gemeint, dass der Mensch seine körperlichen und geistigen Reserven mobilisieren kann damit diese zu einer „Steigerung und Aufrechterhaltung des Funktionsniveaus und zu Entwicklungsgewinnen“ (Freund 2007, S.368) beitragen. Der Zugang zu vorher nicht zugänglichen Ressourcen muss geschaffen werden und sich dabei auf bestimmte Fertigkeiten und Fähigkeiten beschränken (Freund 2007, S.368). Senioren definie- ren Ziele, die zu ihrer veränderten Lebenssituation passen und beeinflussen „somit Richtung, Ziel und Ergebnis von Entwicklung“ (Doh 2011, S.79).
Die Kompensation soll einen möglichen Ressourcenverlust auffangen und das Funktionsniveau aufrechterhalten (Freund 2007, S.369). Das kann „vermehrte Übung, Anstrengung und Zeitverlust“ (Doh 2011, S.79) bedeuten. Letztlich sind neben gesellschaftlichen Bemühungen, auch individuelle Anstrengungen notwendig (Baltes & Baltes 1994, S.30).
2.2 Senioren und Bildung
In den letzten Jahren wandelte sich das stark an Defiziten orientierte Altersbild hin zu einem auf Kompetenzen ausgerichtetes Altersbild (Bubolz-Lutz 2012, S.10). Schon Studien Anfang der 1980er haben gezeigt, dass ein intellektueller Abbau ab einem bestimmten Alter empirisch nicht belegbar ist (Schaie 1984, S.231). Lernen und Bildung sind nicht an Altersgrenzen gebunden, sondern können als Grundbe- standteil des gesamten Lebens angesehen werden. Bildung ist dabei nicht nur Wis- sensvermittlung, sondern soll die Senioren befähigen, sich aktiv mit Inhalten zu be- fassen, um ihr Handeln reflektieren zu können, Möglichkeiten und Grenzen zu erfah- ren und neuen kulturellen, sozialen und technischen Anforderungen kompetent zu begegnen (Kruse 2011, S.831).
Senioren sind in der Lage, ihre „Kompetenz und Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter erhalten zu können“ (Nuissl, 2009b, S.96). Sie wollen die zunehmend länger werdende Altersphase aktiv gestalten und den veränderten Herausforderungen ihres Alltages begegnen. Individuelle Bildung und Weiterbildung sind elementar für eine aktive Gestaltung dieser Lebensphase (Malwitz-Schütte 2006, S.1). Das Ausmaß der aktiven Teilhabe ist biografisch beeinflusst und es lassen sich Unterschiede in Abhängigkeit gemachter Bildungserfahrungen feststellen. Weitere Faktoren wie Gesundheit, Lebensstil, soziale Schicht, und persönliche Situation spielen dabei eine ebenso bedeutende Rolle (Malwitz- Schütte 2006, S.6).
2.2.1 Bildungsvoraussetzungen von Senioren
So heterogen die Gruppe der Senioren ist, so individuell sind auch die gemachten Bildungserfahrungen. Bildungsbezogene Einstellungen und Handhabungen können bei Senioren in Abhängigkeit der Bildungsbiografie sehr unterschiedlich sein. Wäh- rend 41 % der Computer und Internetnutzer der 65 bis 85-Jährigen eine hohe Schulbildung haben, sind lediglich 6% mit einfacher Schulbildung Computer- bzw. Internetnutzer (Generali Zukunftsfonds 2012, S.141)1. Der Lernhabitus, entstanden aus gemachten Erfahrungen in der Kindheit und Jugend, ist „entscheidend für die Bildungsmotivation und für die Bildungsaktivitäten in späteren Lebensjahren“ (Kruse 2011, S. 831). Das erworbene Lernverhalten im Jugend- und frühen Erwachsenen- alter bleibt über die Lebensspanne erhalten und ist ein wichtiger Faktor für selbstge- steuertes Lernen (Malwitz-Schütte 2000, S.17ff.).
Senioren haben bereits vielfältige Lernprozesserfahrungen gemacht und sich indivi- duelles Fachwissen und Alltagskompetenzen aneignen können. Sie sind somit in vielen Bereichen zu Experten geworden. Die heutigen älteren Menschen weisen ein höheres Bildungsniveau auf als frühere Kohorten, was die Bedeutung des lebens- langen Lernens noch weiter herausstellt (Bubolz- Lutz et al. 2010, S.97). Dennoch stehen Senioren mit dem Wegfall beruflicher Anforderungen vor neuen veränderten Aufgaben, denen sie begegnen müssen und wo sie gleichzeitig gefordert sind, ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln. „Bildungsarbeit mit Menschen nach der beruflich und familiär gebundenen Zeit erfüllt eine wichtige Funktion in Bezug auf die Gestal- tung der langen Lebensphase Alter.“ (Bubolz-Lutz et al. 2010, S.9; Hervorhebung i.O.) Es spielen dabei nicht nur formale und non-formale Angebote eine Rolle, son- dern gerade informelles Lernen, welches sich auf „Lernprozesse in Alltagssituatio- nen außerhalb klassischen Bildungsinstitutionen in allen Lebensbereichen bezieht“ (Kruse 2011, S.829), ist von besonderer Bedeutung.
2.2.2 Bedeutung von Bildung im Seniorenalter
Bildung im Alter wird immer mehr zur Notwendigkeit, um dem technischen Fort- schritt und den Auswirkungen der Globalisierung begegnen „und an demokratischen Entscheidungs- und Entwicklungsprozessen qualifiziert teilnehmen zu können“ (Malwitz-Schütte 2006, S.2). Bildung und Weiterbildung, auch im Seniorenalter, bie- ten hierbei Möglichkeiten, sich den unterschiedlichen Lebensbedingungen anzupas- sen und diese aktiv zu gestalten (Bubolz-Lutz et al. 2010, S.14). Andererseits brin- gen Senioren auch ihr Wissen und Fertigkeiten als Ressourcen in den Bildungspro- zess mit ein und partizipieren so an der Gesellschaft. Die Teilhabe „setzt unabhän- gig vom Lebensalter die Fähigkeit und Bereitschaft voraus, Neues zu lernen“ (Kruse 2008, S.9) und wird so zu „einem Prozess ständiger Bemühungen um eine immer wieder neu notwendig werdende Balance und Neuorientierung“ (Bubolz-Lutz et al. 2010, S.9).
Gerade für ältere Menschen birgt die freie Gestaltung im Sinne der Selbststeuerung und Selbstregulierung von Lern- und Reflexionsprozessen Vorteile für die Bewälti- gung von Lebensereignissen (Bubolz-Lutz 2000, S.68ff.). Sie können frei von äuße- ren Zwängen entscheiden, was und wieviel sie lernen. Das kann positive Gefühle, aber auch Unsicherheit und Angst hervorbringen. Die nicht vorgegebene Gestaltung der Bildung und die damit einhergehende freie Wahl müssen in den Bildungsange- boten berücksichtigt werden. Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit der Wah- rung einer selbstständigen Lebensführung, z.B. bei Nutzung kultureller Angebote, der Möglichkeit zu Reisen und der Kontaktpflege persönlich oder über verschiedene Medien. Senioren sind in der Regel nicht von den gleichen äußeren Zwängen ab- hängig wie Berufstätige, was entsprechend in den Bildungsangeboten berücksichtigt werden kann.
2.3 Senioren und Medien
In der langen Lebensphase der nachberuflichen Zeit stehen Senioren vor der Herausforderung, ihren Alltag zu planen und zu gestalten (Malwitz-Schütte 2006, S.1). Faktoren wie eingeschränkte Mobilität bestimmen durch Wohn- und Lebensumstände und der zunehmende Fokus auf die eigene Gesundheit können an Bedeutung zunehmen. Medien können dabei eine entlastende und kompensatorische Funktion menschlicher Fähigkeiten einnehmen (Doh 2011, S.76).
Grundsätzlich lassen sich bei Medien tagesaktuelle (Fernsehen, Hörfunk, Tageszei- tung und Internet) und nicht-tagesaktuelle (Zeitschriften, Bücher, Videokassetten) Medien unterscheiden (vgl. Reitze & Ridder 2006). Das Internet hat gegenüber an- deren tagesaktuellen Medien eine nachrangige Bedeutung für Informationszwecke über das Zeitgeschehen bei den über 65-Jährigen, auch wenn eine stetige Zunah- me bei der Nutzung zu verzeichnen ist (Generali Zukunftsfonds 2012, S.159). Bei der Alltagsgestaltung steht die Computer- bzw. Internetnutzung an 15. Stelle (Gene- rali Zukunftsfonds 2012, S.138). Aber von einer weiteren Steigerung ist auszuge- hen, „denn die heutigen 50 bis 64-Jährigen […] nutzen bereits heute mit 70 Prozent mehrheitlich das Internet“ (Generali Zukunftsfonds 2012, S.159).
Für den Grad der Bedeutung ist es entscheidend, wann man im Lebensverlauf mit den Medien in Kontakt gekommen ist, wie man sich deren Nutzung angeeignet hat und zu welchen Zwecken sie genutzt werden (Mikos 2012, S.42). Aus diesen Erfah- rungen resultiert eine individuelle Medienbiographie und Medienkompetenz, die sich abhängig von den sozialen Kontexten des Lebens entwickelt (Mikos 2012, S.42).
2.3.1 Medienkompetenz
Medienkompetenz wird im Rahmen der Medienpädagogik als Teil kommunikativer Kompetenz verstanden, welche die soziale Realität anhand der medialen Kommuni- kation mitgestaltet (Ring et al. 2012, S.150). Die Vermittlung der Medienkompetenz zielt hierbei nicht nur darauf ab, den Umgang mit den Medien zu ermöglichen, son- dern auch den Einsatzbereich von Medien kritisch zu hinterfragen (Hillebrand & Lange 1996, S.24). Medienkompetenz beschreibt entsprechend nicht nur den tech- nischen Umgang, sondern auch die Fähigkeit „Medien zu handhaben und sich im- mer wieder neue Qualifikationen selbstständig aneignen zu können, sich in der Me- dienwelt zurechtzufinden und sich selbstbestimmt und verantwortungsvoll darin zu bewegen, Medieninhalte aufzunehmen, zu verarbeiten, zu verstehen und sie ange- messen einzuschätzen, und schließlich gestalterisch in den Medienprozess einzu- greifen“ (Forum Info 2000 1998, S.10, zitiert nach Stadelhofer 2000, S.257). Es stellt somit einen bedeutenden Baustein dar, um am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Leben teilzuhaben (Kempf 2004, S.40).
Die Nutzung der Medien besteht zum einem aus der Rezeption der produzierten Nachrichten und zum anderen aus der Möglichkeit selbst Inhalte zu produzieren (Baake 1996, S. 113). Es ist dabei von großer Bedeutung den Nutzen einzelner Multimediaangebote zu hinterfragen und den Gebrauch nach Relevanz und Seriosität abzuwägen (Stadelhofer 2000, S.257). Zu einem kompetenten Medienumgang zählt auch der reflexive und kritische Umgang mit den eigenen zeitlichen und finanziellen Ressourcen (Stadelhofer 2000, S.257).
„Medienkompetenz - im Sinne einer kritisch-reflexiven Nutzung von Medien, der eigenen aktiven und kreativen Gestaltung von Medien sowie der Fähigkeit, Medien- entwicklungen einschätzen und beurteilen zu können, ist somit für alle Generationen eine wichtige Voraussetzung für gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe.“ (Ring et al. 2012, S.150)
2.3.2 Computer- und Internetnutzung bei Senioren
Der Computer als Offline-Medium und das Internet als Online-Medium ermöglichen neue Wege „des schnellen und effizienten Austauschs und der kreativen Verarbei- tung von Informationen“ (Stadelhofer 2000, S.256). Datenerhebungen zeigen eine Zunahme der Internetnutzung über alle Altersphasen hinweg (vgl. Generali Zu- kunftsfonds 2012; van Eimeren & Frees 2012; Reitze & Ridder 2006). Während 1997 9,1% der Berufstätigen und 0,5% der Senioren/Rentner/nicht Berufstätigen gelegentlich das Internet nutzen, sind es 2012 90,7% der Berufstätigen bzw. 44,7% der Senioren/Rentner/nicht Berufstätigen (van Eimeren & Frees 2012, S.363).
Der Grund für die Nutzung von Computer und Internet ist bei jedem Menschen un- terschiedlich. Anders als teilweise bei jüngeren Generationen sehen Senioren das Internet nicht als puren Zeitvertreib an, sondern es muss einen Sinn und Zweck er- füllen. „Surfen um des Surfens willen interessiert die Älteren nicht.“ (Stadelhofer & Marquard 2004, S.14) Das sollte insbesondere bei Medienangeboten für Senioren im Internet berücksichtigt werden. Warum Senioren mit dem Computer arbeiten, kann unterschiedliche Gründe haben. Bonfadelli (2009, S.163f.) beschreibt einige Aspekte, die als Vorteile der Internetnutzung gewertet werden können: Kommunika- tion (per Mail und Chat), Information (Teilhabe am öffentlichen Geschehen), Orien- tierung (Themen des persönlichen Interesses, Hobbys, Gesundheitsfragen), Service (Erleichterung bei Erledigungen, z.B. Einkaufen, Reisen Bank), Weiterbildung (in der Nacherwerbsphase) und Partizipation (aktive Teilnahme am öffentlichen-virtuellen Diskursen durch Chats und Foren). Neben dem instrumentellen Gebrauch des Computers steht vor allem der soziale Aspekt im Vordergrund (Vollbrecht 2009, S.26). „Die Großelterngeneration eignet sich Computerwissen und -praxis an, um mit der Enkelgeneration thematisch verbunden zu bleiben.“ (Vollbrecht 2009, S.26)
Im Zuge der Globalisierung und dem Aufbrechen eines klassischen Lebens an einem Ort über mehrere Generationen, kann die Internetnutzung ferner ein Gefühl von Zugehörigkeit und Teilnahme ermöglichen. Unabhängig von Wohnort und körperlicher Mobilität „überzeugen die vielen technischen, aber auch inhaltlichen Vorteile des Internet“ (Bonfadelli 2009, S.163). Die Erhaltung der Selbstständigkeit auch bei physischer Einschränkung sowie die Aufrechterhaltung intellektueller, kommunikativer und sozialer Kompetenzen (Stadelhofer 2000, S.257) sind demnach immanente Aspekte der Computer- und Internetnutzung.
2.3.3 Nutzungsstudien
Die wachsende Zunahme der Computer- und Internetnutzer, auch bei Senioren, bewirkt eine stärker werdende Beschäftigung mit Phänomenen bezüglich dieser Nutzergruppe. In den vergangenen Jahren wurden diverse Studien mit unterschiedlichen Studienschwerpunkten durchgeführt. Aufgrund des begrenzten Umfanges dieser Arbeit werden beispielhaft zwei Studien näher vorgestellt, aus denen auch Ergebnisse in dieser Arbeit aufgegriffen werden.
Die ARD/ZDF Online Studie ist eine Survey-Untersuchung, die als KohortenAnalyse angelegt wird. Es erfolgen Querschnittsuntersuchungen, welche immer eine bestimmte Generation betreffen (Schäffer 2009, S. 36).
Die Kohorten Analyse untersucht bestimmte Bevölkerungsgruppen, die durch zeitliche Merkmale wie gleicher Geburtsjahrgang gekennzeichnet sind.
Die Studie wird seit 1997 jährlich durchgeführt und umfasst Personen ab 14 Jahren. Ein Ergebnis dieser Studie ist, dass das Alter in Bezug auf die dazu gehörige Generation nichts über den Gebrauch von Medien sowie dessen Erfahrungen im Umgang mit Medien aussagt (Schäffer 2012, S.33). Um detaillierte Informationen über gemachte Erfahrungen zu erhalten, ist es sinnvoll, mittels qualitativen Zugang danach zu forschen (Schäffer 2012, S.34).
Eine weitere Studie ist die Generali Altersstudie, die erstmalig, ebenfalls mittels einer Kohorten-Analyse, Veränderungen im Medienverhalten der 65 bis 85-Jährigen genauer untersucht. Die Studie bringt empirische Befunde hervor, die „der politischen Diskussion über die Chancen und Risiken des demografischen Wandels wertvolle Anstöße geben“ (Generali Zukunftsfonds 2012, S.14) können.
Denn auch in der Politik nimmt die Mediennutzung von Senioren einen immer höheren Stellenwert ein. Geplante Projekte sollen „dazu beitragen, die digitale Spaltung zu überwinden“ (Koaliationsvertrag 2013, S.142).
3 Empirie
Im nachfolgenden Kapitel werden die verwendeten Forschungsmethoden, das Erhebungsverfahren und die Datenauswertung beschrieben und es werden im Wesentlichen die Erfassung, das Transkribieren und die Analyse der empirischen Daten dargestellt. Die Auswertung der Ergebnisse erfolgt dann in Kapitel 4.
3.1 Forschungsmethoden
Der Untersuchungsgegenstand, die Computer- und Internetnutzung im Alltag, wird durch einen qualitativen Zugang erforscht. Das bedeutet, dass individuelle Eindrü- cke und Situationsschilderungen erfasst werden, um möglichst authentische, in- tersubjektiv nachvollziehbare und beliebig reproduzierbare Daten zu erhalten (Lam- nek 2010, S.301). Dazu werden Interviews geführt, die anschließend ausgewertet werden, um „die manifesten und latenten Inhalte des Materials in ihrem sozialen Kontext und Bedeutungsfeld zu interpretieren, wobei vor allem die Perspektive der Akteure herausgearbeitet wird“ (Bortz & Döring 2006, 329). Ziel ist es, durch Inter- pretationstechniken zu „typisierenden Aussagen und über diese zu theoretischen Konzepten über Konstellationen der sozialen Wirklichkeit“ (Lamnek 2010, S.317) zu gelangen.
3.1.1 Aspekte des qualitativen Interviews
Das Interview findet als Einzelinterview und face-to-face statt, da es gilt, eine ver- trauensvolle Gesprächsbasis herzustellen und der Befragte sich ausschließlich auf seine Erzählsituationen konzentrieren kann. Der Befragte hat die Möglichkeit seine Wirklichkeitsdefinitionen (Lamnek 2010, S.317) über die Computer- und Internetnut- zung im Alltag mitzuteilen. Das Prinzip der Offenheit ist dadurch gegeben, dass das Interview nicht standardisiert oder vorstrukturiert ist (Lamnek 2010, S.318). Der In- terviewer stellt hauptsächlich Fragen und der Befragte antwortet. Dadurch entsteht eine asymmetrische Kommunikation, indem die Antworten des Befragten den grö- ßeren Gesprächsanteil im Interview ausmachen (Lammnek 2010, S.306). Die Fra- ge-Antwort Konstellation ist im qualitativen Interview nicht starr, so dass ein Ge- spräch stattfindet, in dem sich der Befragte wohl und nicht unter Druck gesetzt fühlt.
Durch offene, nicht strukturierte Fragen ist dem Befragten die Möglichkeit gegeben, selbst die Breite und Tiefe der Erzählungen (Lamnek 2010, S.307) zu bestimmen. Dadurch ist die Interviewdauer zeitlich nicht begrenzt und der Interviewer kann sich in die Situationen des Befragten einfühlen.
[...]
1 Personen mit hoher Schulbildung=mind. Fachhochschulreife; Personen mit mittlerer Schulbildung=Realschul- oder Hauptschulabschluss mit Berufsausbildung; Personen mit einfacher Schulbildung=höchstens Hauptschul- abschluss ohne Berufsausbildung (Generali Zukunftsfonds 2012, S.586)
- Arbeit zitieren
- Antje Haim (Autor:in), 2014, Mediale Bildung im Seniorenalter. Die Bedeutung der Computer- und Internetnutzung im Alltag, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301463
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