Unter dem seit September 1931 im Land Braunschweig amtierenden NSDAP-Innen- und Volksbildungsminister und späteren Ministerpräsidenten Dietrich Klagges und seinen Gefolgsleuten Friedrich Alpers und Friedrich Jeckeln begann schon früh die gewalttätige Herrschaft des Nationalsozialismus.
Mit massivem Terror der ihm bedingungslos ergebenen, parallel zur Polizei aus der SA bzw. SS rekrutierten sog. „Hilfspolizei“ wurden die Abgeordneten anderer Parteien zum Mandatsverzicht oder Übertritt in die NSDAP gezwungen.
Die Strukturen von SPD und KPD wurden zerschlagen.
Überfallkommandos der "Hilfspolizei" fuhren in Ortschaften des Landes Braunschweig, in denen die Arbeiterparteien bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 noch eine Mehrheit erhalten hatten. Diese Orte sollten – mit einem Polizeiausdruck gesprochen – "überholt" werden, d.h. politische Gegner wurden schwer misshandelt und festgenommen. Um dem Terror zu entgehen, flohen NS-Gegner teilweise in die Wälder; Frauen und Kinder versorgten sie heimlich mit Nahrung.
Lutter am Barenberge und Langelsheim gehörten zu den ersten „überholten“ Orten der Nordharzregion (Schlüter 2013a,b). Am 27. März 1933 wurde Langelsheim von einem Braunschweiger SS-Rollkommando überfallen. Anhand einer Liste wurden etwa 40 Personen aus ihren Wohnungen geholt und in der Kegelbahn des Gasthauses Bokenmüller z.T. extrem brutal misshandelt. August Grotehenne, Sozialdemokrat und aktiver Gewerkschafter, starb am Morgen des nächsten Tages an diesen Folterungen.
Auch der Langelsheimer SPD-Landtagsabgeordnete und Gewerkschafter Heinrich Siems wurde ein Opfer der Naziterrors – er wurde mehrfach inhaftiert, kam 1944 in das KZ Sachsenhausen und starb 1945 im KZ Bergen-Belsen (Schlüter 2013a).
Eine Spurensuche nach den Opfern des Nationalsozialismus in der Region Langelsheim - Lutter
Die NS-Zeit in Langelsheim und Lutter – wie der Terror begann
Unter dem seit September 1931 im Land Braunschweig amtierenden NSDAP-Innen- und Volksbildungsminister und späteren Ministerpräsidenten Dietrich Klagges und seinen Gefolgsleuten Friedrich Alpers und Friedrich Jeckeln begann schon früh die gewalttätige Herrschaft des Nationalsozialismus. Mit massivem Terror der ihm bedingungslos ergebenen, parallel zur Polizei aus der SA bzw. SS rekrutierten sog. „Hilfspolizei“ wurden die Abgeordneten anderer Parteien zum Mandatsverzicht oder Übertritt in die NSDAP gezwungen. Die Strukturen von SPD und KPD wurden zerschlagen. Überfallkommandos der "Hilfspolizei" fuhren in Ortschaften des Landes Braunschweig, in denen die Arbeiterparteien bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 noch eine Mehrheit erhalten hatten. Diese Orte sollten – mit einem Polizeiausdruck gesprochen – "überholt" werden, d.h. politische Gegner wurden schwer misshandelt und festgenommen. Um dem Terror zu entgehen, flohen NS-Gegner teilweise in die Wälder; Frauen und Kinder versorgten sie heimlich mit Nahrung.
Lutter am Barenberge und Langelsheim gehörten zu den ersten „überholten“ Orten der Nordharzregion (Schlüter 2013a,b). Am 27. März 1933 wurde Langelsheim von einem Braunschweiger SS-Rollkommando überfallen. Anhand einer Liste wurden etwa 40 Personen aus ihren Wohnungen geholt und in der Kegelbahn des Gasthauses Bokenmüller z.T. extrem brutal misshandelt. August Grotehenne, Sozialdemokrat und aktiver Gewerkschafter, starb am Morgen des nächsten Tages an diesen Folterungen. Auch der Langelsheimer SPD-Landtagsabgeordnete und Gewerkschafter Heinrich Siems wurde ein Opfer der Naziterrors – er wurde mehrfach inhaftiert, kam 1944 in das KZ Sachsenhausen und starb 1945 im KZ Bergen-Belsen (Schlüter 2013a).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Opfer der „Überholaktion“ am 27. März 1933 in Langelsheim (aus Bein 2000)
Ende April 1933 waren alle andersdenkenden Mandatsträger ausgeschaltet – die NSDAP verkündete den ersten "rein nationalsozialistischen" Landtag.
Die Erinnerung an August Grotehenne und Heinrich Siems halten zwei Langelsheimer Straßennamen aufrecht.
Rüstungswirtschaft im Harzraum und in Langelsheim
In der Harzregion gab es während des Dritten Reiches eine Vielzahl von Rüstungsbetrieben und kriegswichtigen Zulieferbetrieben. Prädestiniert durch seine strategisch-geografisch günstige Lage in der Mitte des Deutschen Reiches, das vor Kriegsbeginn brachliegende industrieerfahrene Arbeitskräftepotential dieser Region und nicht zuletzt die guten Tarnungsmöglichkeiten für die neuen Rüstungsbetriebe entwickelte sich im und rund um den Harz ein Schwerpunkt der nationalsozialistischen Rüstungsproduktion.
Allein im Bereich der heutigen Landkreise Göttingen, Holzminden, Osterode, Goslar und Northeim arbeiteten während des 2. Weltkrieges über 140 Betriebe an knapp 40 Standorten für die Rüstungsindustrie. Etwa ein Viertel dieser Firmen stellten chemische Vorprodukte oder Sprengstoffe her. Im Harz befanden sich aber nicht nur kriegswichtige Betriebe der Chemie- und der Metallverarbeitungsbranche. Hinzu kamen strategisch wichtige Anlagen wie die Harzer Erzbergwerke und Metallhütten oder der Fliegerhorst Goslar. Kriegswichtige Betriebe im Industrieraum Langelsheim waren z.B.:
- Chemische Werke Harz-Weser GmbH in Langelsheim (Aktivkohleproduktion, schwerpunktmäßig für Gasmaskenfilter; heute Heubach GmbH)
- Chemische Werke Minerva in Langelsheim (Sprengstoffproduktion)
- Hans-Heinrich-Hütte (Lithiumprodukte für Wehrmacht und Luftwaffe; heute Chemetall GmbH)
- Herzog-Julius-Hütte (kriegswichtiger Hüttenbetrieb; heute PPM Pure Metals GmbH)
- Mitteldeutsche Sprengstoffwerke (Miedziankit) GmbH Langelsheim (enge Verbindung zu IG Farben AG und DAG, Herstellung von Gesteinssprengstoffen; heute MSW Chemie GmbH)
- Paul Uhlig Metallwarenfabrik (Blech- und Stanzteile für Flugzeugmotoren; heute Uhlig Rohrbogen GmbH)
- Silberhütte Lautenthal (kriegswichtiger Hüttenbetrieb)
- Wifo Langelsheim = I.G. Säurefabrik (Produktion und Lagerung von hochkonzen-trierter Salpetersäure (HOKO) für das Sprengstoffwerk Tanne in Clausthal-Zellerfeld).
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- Quote paper
- Dr. Friedhart Knolle (Author), 2015, Eine Spurensuche nach den Opfern des Nationalsozialismus in der Region Langelsheim-Lutter, Nordharz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/301423
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