Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2014/2015 an der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam im Rahmen des Gesellschaftsrecht Seminars verfasst. Sie beschäftigt sich mit der Verfolgungsrolle des Aufsichtsrats bei Pflichtverletzungen durch den Vorstand, zunächst unter besonderer Berücksichtigung der ARAG/Garmenbeck Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1997. Daran anschließend werden vor allem die in den letzten Jahren wieder neuentfachten Diskussionen hinsichtlich dieser BGH-Entscheidung dargestellt und Bezug nehmend auf das Thema wird gegen Ende der Arbeit ein Lösungsvorschlag für die Rolle des Aufsichtsrats bei der Verfolgung von Pflichtverletzungen durch den Vorstand präsentiert.
Neben dem Steuerrecht gehört das Aktienrecht aufgrund seiner Satzungsstrenge nach § 23 V AktG wohl zu den sich am häufigsten ändernden Rechtsgebieten unserer Rechtsordnung. Denn seit Mitte der 90er Jahre hat das Reformtempo auf dem Gebiet des Aktienrechts deutlich zugenommen. Nicht zuletzt deshalb spricht man seit dieser Zeit auch von einer Aktienrechtsreform in Permanenz.
Einen großen Meilenstein auf dem Weg zu permanenter Reform stellte das 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung der Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) dar. Dieses brachte die für das Organhaftungsrecht bedeutende gesetzliche Kodifizierung der sogenannten „business judgement rule“ für Vorstand und Aufsichtsrat mit sich.
Auch wenn sich diese Permanenz in den letzten Jahren in etwas kleineren Schritten weiter vollzog, so beschäftigte sich etwa der 70. Deutsche Juristentag in diesem Jahr mit der Frage, ob es einer weiteren Reform des Organhaftungsrechts vor dem Hintergrund einer möglicherweise noch zu strengen Organhaftung bedarf. Unter den zahlreichen diskutierten Reformvorschlägen knüpfte man auch an die Durchsetzung der Haftung des Vorstands durch den Aufsichtsrat an. Ob auf diesem Weg der Organhaftung Abhilfe geschafft werden kann, soll in der folgenden Arbeit dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Einführung in das Thema
- II. Gegenstand der Untersuchung und Gang der Untersuchung
- B. Hauptteil
- I. Rechtslage
- 1. Erläuterung der ARAG/Garmenbeck Entscheidung
- a) Erste Stufe der Prüfung des Bestehens und der Durchsetzbarkeit von Schadenersatzansprüchen
- aa) Eigenverantwortliche Prüfung des Aufsichtsrats nach § 111 AktG
- bb) Prozessrisikoanalyse
- cc) Kurze Zusammenfassung der ersten Stufe der Prüfung
- b) Zweite Stufe der Verfolgung der geprüften Ersatzansprüche
- II. Neuinterpretation der Verfolgungsrolle des Aufsichtsrats
- 1. „Neuevangelisten der zweiten Stufe“
- a) Ansicht von Walter Paefgen
- b) Ansicht von Wulf Goette
- 2. Gesetzliche Vereinbarkeit dieser Neuinterpretation
- a) Vereinbarkeit mit Anspruchsverzicht oder Anspruchsvergleich aus § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG
- b) Vereinbarkeit mit § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AktG
- III. Aufweichung der Verfolgungspflicht nach ARAG/Garmenbeck?
- 1. Ansicht von Matthias Casper
- 2. Ansicht von Jens Koch
- 3. Ansicht von Gregor Bachmann
- IV. Bewertung der dargestellten Meinungsbilder
- 1. Anspruchsverfolgung als unternehmerische Entscheidung
- 2. Kritikpunkte an der Anwendung der Business Judgement Rule
- a) Angemessene Informationsgrundlage
- b) Zum Wohle der Gesellschaft
- c) Ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse
- V. Auswirkungen der Erstreckung der Business Judgement Rule auf die Verfolgungsentscheidung des Aufsichtsrats
- VI. Eigene Stellungnahme unter Bezugnahme auf die Einleitung
- VII. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit analysiert die Rolle des Aufsichtsrats bei der Verfolgung von Pflichtverletzungen durch den Vorstand im Rahmen des deutschen Aktienrechts. Sie untersucht die aktuelle Rechtslage im Licht der ARAG/Garmenbeck Entscheidung und analysiert die neuere Rechtsprechung und Literatur zum Thema. Die Arbeit befasst sich insbesondere mit der Frage, ob die Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats durch die Anwendung der Business Judgement Rule aufgeweicht wird.
- Die Rolle des Aufsichtsrats bei der Verfolgung von Pflichtverletzungen durch den Vorstand
- Die ARAG/Garmenbeck Entscheidung und ihre Bedeutung für die Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats
- Die Neuinterpretation der Verfolgungsrolle des Aufsichtsrats durch die Rechtsprechung und Literatur
- Die Anwendung der Business Judgement Rule im Kontext der Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats
- Die Auswirkungen der Business Judgement Rule auf die Verfolgungsentscheidung des Aufsichtsrats
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und beschreibt den Gegenstand und den Gang der Untersuchung. Der Hauptteil behandelt zunächst die Rechtslage im Licht der ARAG/Garmenbeck Entscheidung. Anschließend wird die Neuinterpretation der Verfolgungsrolle des Aufsichtsrats durch die Rechtsprechung und Literatur analysiert. Es werden verschiedene Meinungsbilder zu der Frage, ob die Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats durch die Anwendung der Business Judgement Rule aufgeweicht wird, dargestellt und bewertet. Im nächsten Schritt werden die Auswirkungen der Erstreckung der Business Judgement Rule auf die Verfolgungsentscheidung des Aufsichtsrats untersucht. Die Arbeit schließt mit einer eigenen Stellungnahme unter Bezugnahme auf die Einleitung und einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse.
Schlüsselwörter
Aktienrecht, Aufsichtsrat, Vorstand, Pflichtverletzung, Verfolgungspflicht, ARAG/Garmenbeck Entscheidung, Business Judgement Rule, Rechtsprechung, Literatur, Neuinterpretation, Auswirkungen.
- Quote paper
- Martin Back (Author), 2015, Die Rolle des Aufsichtsrats bei der Verfolgung von Pflichtverletzungen durch den Vorstand, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300470