Die vorliegende Examensarbeit „Religiöse Fachbegriffe als interkulturelles Problem im Schulunterricht“ befasst sich mit vielfältigen Aspekten der Bibelübersetzungen. Der Hauptakzent basiert auf der teilweise nicht präzisen Übersetzung der religiösen Begriffe und der daraus entstehenden Problematik für die Lehrkräfte bei der korrekten Weitervermittlung der Religionsgeschichte. Die Thematik wird unter mehreren Gesichtspunkten betrachtet und von formalen Komponenten bis zur praktischen Arbeit, angesichts des interkulturellen Kontextes, in den Grundschulen ausgelegt.
Vorerst liegt der Schwerpunkt darauf, sich mit der Übersetzung allgemein sowie mit den verschiedenen Übersetzungstypen zu befassen. Die Übersetzung als Prozess wird vorgestellt, ebenfalls werden einige Grundgedanken über die Art und Weise einer guten Übersetzung festgehalten. Als Option wird die Vorgehensweise der christlichen Organisation Wycliff präsentiert.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Aspekte allgemeiner Übersetzung
2.1 Christliche Organisation Wycliff
2.2 Was macht eine gute Bibelübersetzung aus?
2.3 Übersetzungstypen
3 Bibelübersetzung
3.1 Luthers Bibelübersetzung
3.2 Die Lutherbibel / Die Schrift
3.3 Subjektive Fehlübersetzungen
3.3.1 Schalom
3.3.2 Tora
3.3.3 HERR
3.3.4 JHWH
3.3.5 Adam und Eva
3.3.6 Propheten
3.3.7 Jungfrau
3.3.8 Vater unser
3.3.9 „Auge um Auge – Zahn um Zahn“
3.3.10 Die letzten Worte Jesu
3.3.11 Gott / Elohim
3.3.12 Engel
3.3.13 Seele
3.3.14 Liebe
4 Die Relevanz der Bibel im Religionsunterricht
4.1 Religionspädagogischer Ansatz der Bibeldidaktik
4.2 Vielfältigkeit der Kinderbibel
4.2.1 Anne de Vries „Die Kinderbibel: Die Worte der Heiligen Schrift für Kinder erzählt“
4.2.2 Anneliese Pokrandt „Die Elementarbibel“
4.3 Interreligiöses Lernen als Chance
5 Parallelen und Unterschiede in der Bibel und dem Koran
5.1 Die Glaubensinhalte des Islam
5.2 Der Mensch als Geschöpf Gottes
5.3 Mensch als Sünder
5.4 Die Analogie zwischen Jesus und Koran
5.5 Jesus und Maria im Koran
5.6 Die Zehn Gebote
5.7 Speisevorschrift
5.8 Polygynie und Überlegenheit des Mannes
5.9 Verschleierung der Frau
5.10 Koranspezifische Gebote
5.11 Propheten in Bibel und Koran
5.11.1 Abraham
5.11.2 Mose
5.11.3 Mohammed
5.11.4 Die Prophetenlegenden
5.12 Die Trinität aus der Sicht des Islam
5.13 Weitere Besonderheiten
5.14 Dialog zwischen Christentum und Islam
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Wer seinen Gott verloren hat, der kann ihn in diesem Buche finden. Und wer ihn nie gekannt, dem weht hier entgegen der Odem des göttlichen Wortes.“[1]
Die vorliegende Examensarbeit „Religiöse Fachbegriffe als interkulturelles Problem im Schulunterricht“ befasst sich mit vielfältigen Aspekten der Bibelübersetzungen. Der Hauptakzent basiert auf der teilweise nicht präzisen Übersetzung der religiösen Begriffe und der daraus entstehenden Problematik für die Lehrkräfte bei der korrekten Weitervermittlung der Religionsgeschichte. Die Thematik wird unter mehreren Gesichtspunkten betrachtet und von formalen Komponenten bis zur praktischen Arbeit, angesichts des interkulturellen Kontextes, in den Grundschulen ausgelegt.
Vorerst liegt der Schwerpunkt darauf, sich mit der Übersetzung allgemein sowie mit den verschiedenen Übersetzungstypen zu befassen. Die Übersetzung als Prozess wird vorgestellt, ebenfalls werden einige Grundgedanken über die Art und Weise einer guten Übersetzung festgehalten. Als Option wird die Vorgehensweise der christlichen Organisation Wycliff präsentiert.
In dem folgenden Kapitel gilt es präzise auf die Bibelübersetzung einzugehen. Explizit werden „Die Lutherbibel“ und „Die Schrift“ eingeführt, da Martin Buber/Franz Rosenzweig und Martin Luther zu den wichtigsten Vertretern der biblischen Schrift angehören. Darauf folgend wird der Aspekt auf spezifische Begriffe in der Bibel gelenkt; diese werden genau untersucht und aus der Sicht verschiedener Übersetzungen betrachtet.
Das Kapitel „Die Relevanz der Bibel im Religionsunterricht“ erörtert vorerst allgemein die Signifikanz der Bibel bzw. Kinderbibel im Religionsunterricht. Das Themengebiet spezialisiert sich auf die Bibeldidaktik und auf den richtigen Umgang mit der Bibel seitens der Lehrer sowohl wie der Schüler. Als Beispiel dafür wurden „Die Kinderbibel“ von Anne de Vries und „Die Elementarbibel“ von Anneliese Pokrandt ausgewählt und verglichen. Die Problematik wird schlussendlich auf das Gebiet des interreligiösen Lernens umgeleitet, das als Chance und Möglichkeit gesehen wird, um die einzelnen Religionen miteinander zu verbinden und vertraut zu machen.
Aufgrund der islamischen Religion als der zweitgrößten Konfession nach dem Christentum in Deutschland bietet es sich an, genau diese als Vergleichsoption für die Parallelen und Unterschiede zur Bibel zu untersuchen. Dafür werden sowohl mehrere Sinneinheiten als auch prägnante Personen als Beispiel angegeben und bearbeitet.
Die Relevanz dieser Examensarbeit erschließt sich daraus, die komplexen und gravierenden Bestandteile der Bibelübersetzung zu erkunden und ihrer Vielfältigkeit im Bezug auf die Ursprungsquellen auf den Grund zu gehen. Der Ausgangspunkt ist es, die Position einer zukünftigen Lehrkraft zu ermitteln, indem man sich mit den bestehenden Problematiken auseinandersetzt und versucht diese zu einem positiven sowie produktiven Endergebnis abzuwandeln. Diese Thematik ist sowohl aktuell als auch relevant für die richtige Vermittlung der Bibelgeschichten im Religionsunterricht. Im Hinblick auf die zunehmenden diversen Konfessionen in deutschen Grundschulen ist es sinnvoll, sich mit dem Aspekt des interreligiösen Lernens zu befassen, um primär das allgemeine Vorwissen zu bestärken, sowie die Kulturen und Religionen zu verinnerlichen. Es geht darum, ein Verständnis bei den Schülern und Schülerinnen für die jeweils andere Religion zu fördern, sowie eine Brücke zwischen den vorhandenen Religionen zu errichten.[2]
2 Aspekte allgemeiner Übersetzung
„Im Grunde ist alles Reden Übersetzung“[3] ; indem man übersetzt, strebt man den Inhalt und den Sinn des übersetzten Textes möglichst original getreu an die Leser zu vermitteln. Es ist eine essentielle Aufgabe, eine möglichst neutrale und objektive Übersetzung zu erarbeiten. Bei den meisten Übersetzungen ist jedoch zu beobachten, dass sehr viel subjektive Interpretation des Autors mit in die Übersetzung einfließt. Dieser Aspekt ist allerdings unumgänglich, da im Prozess jeder Übersetzung der Autor seine Persönlichkeit, den Geist der Zeit und das Interesse des Publikums in Einem verknüpft. Es sind mehrere Bestandteile, die in einer qualitativ wertvollen Übersetzung einfließen.
Im Vergleich zu den früheren Zeiten kann heute nicht jeder die Profession des Übersetzers ausüben. In jedem spezifischen Bereich, in jedem Fachgebiet sind andere besondere Sprachkenntnisse gefragt. In unserem Jahrhundert kann man sich nicht für eine professionelle Übersetzung der Heiligen Schrift bewerben, ohne eine bestimmte Ausbildung dafür ausgeübt zu haben.
Die Herangehensweise, wie man bestimmte Literaturarten in eine andere Sprache umwandelt, bringt unterschiedliche Übersetzungsstrategien mit sich. Als Beispiel sei hier der Bereich Jura genannt, denn in dieser Sphäre muss die Übersetzung Punkt für Punkt exakt sein, sodass bei dieser Schreibweise kein Platz für Interpretationen bleibt, zumal der Inhalt akkurat übersetzt werden muss. Literarische Übersetzer haben dagegen viel mehr Freiheit in ihrer Arbeit. Sie dürfen ihre Leidenschaft für die Sprache ausleben und können beispielsweise Ausdrücke durch Zitate berühmter Leute betonen. Es würde keinen Sinn machen, einen literarischen Text an einen z.B. technischen Übersetzer zu übermitteln. In diesem Fall ist nicht die Wissensvermittlung von Bedeutung, sondern mehr die Form, der Stil und Inhalt sowie eine Vermittlung der Liebe für die Sprache.
Dasselbe gilt für den Bereich der Theologie. Um die Fertigkeit zu erlangen, die Heilige Schrift übersetzen zu können, muss man heutzutage nicht nur Sprachkenntnisse für die Ursprungssprachen, wie Hebräisch und Griechisch, besitzen, sondern auch allgemeine theologische und historische Ausbildung, ebenso wie ein kulturelles Wissen. Biblische Texte unterliegen ihrem jeweiligen historischen und kulturellen Kontext und spiegeln diese in ihrer Sprache und Gattung wieder. Bei der Analyse bzw. der Übersetzung biblischer Texte ist es von Vorteil den sogenannten „Sitz im Leben“ zu bestimmen, welcher zum Beispiel der Frage nachgeht, welche Intention der Text verfolgt und für welche Adressatengruppe dieser bestimmt ist.
Bisweilen gibt es verschiedene Volksgruppen, die immer noch keinen Zugang zum Wort Gottes in schriftlicher Form, in ihrer Heimatsprache haben. Damit die Botschaft in den Herzen der Menschen auch ankommt, wäre die erste grundlegende Aufgabe, diese Texte in ihrer Muttersprache zu repräsentieren.
Die Bibelübersetzung trägt in sich mehr als nur wortgetreue Übersetzung, sie hat die Funktion, den Menschen mit ihrer Botschaft dem Herzen zu berühren, sodass sich diese in ihrer Muttersprache mit den Bibeltexten vertraut und verstanden fühlen.
2.1 Christliche Organisation Wycliff
Eine christliche Organisation,[4] namens Wycliff, setzt sich dafür ein, dass auch Menschen aus den weniger repräsentierten Volksgruppen in unserer Welt eine gerechte und frei zugängliche Form der Bibel, wie es fast in jedem Land ein Normalfall ist, erhalten, die theologisch und sprachwissenschaftlich korrekt erscheint. Die sogenannte Organisation hat sich zum Ziel gemacht, alle Kulturen der Erde zumindest mit dem Neuen Testament, wenn nicht gar der gesamten Bibel, in ihrer jeweiligen Sprache zu versorgen. 150 deutsche MitarbeiterInnen in 35 verschiedenen Ländern arbeiten zusammen im Team mit den Einheimischen. Die einheimischen Vertreter der örtlichen Sprache und Übersetzer werden dafür ausgebildet, zusammen mit den Theologen aus Europa die richtige Bibelauslegung für andere verfügbar zu machen.
Die Aktion „Die Bibel in allen Sprachen dieser Welt“ beschreibt zehn allgemeine Schritte für die praktische Vorgehensweise. Ohne das Grundverständnis des Ursprungstextes erreicht man kein zufriedenstellendes Ergebnis. Zunächst wird der Ausgangstext gründlich studiert, welcher das Fundament bildet, auf dem aufgebaut wird. Die einheimischen Übersetzer formulieren dann den Erstentwurf, der von dem gesamten Team geprüft wird und der Frage nachgeht, ob die Aussagen der Bibelstellen richtig wiedergegeben wurden. Die Korrektur wird von mehreren MitarbeiterInnen durchgeführt, dabei ist ein gutes Sprachgefühl gefragt. Die nächste Kontrollgruppe sind die Einheimischen, die an der Übersetzung dieser Stellen nicht beteiligt waren, um Verständnisschwierigkeiten auszuschließen. Als Weiteres finden mehrere Überprüfungen durch die erfahrenen Berater statt. Das Grundziel dabei ist die genaue Übertragung der Idee des Verfassers zu schaffen. Die letzten Schritte bestimmen den Probedruck und das Layout.
Eine besondere Herausforderung für die Übersetzer ist die Sprachunterschiede zu finden, die für das Verständnis des gesamten Textes gravierende Bedeutung tragen können. Wenn es also eine Kultur gibt, in der Schafe überhaupt nicht bekannt sind, kann man das Gleichnis vom verlorenen Schaf gar nicht präzise übersetzen, weil es keiner verstehen würde. Man muss nach einem Gleichnis aus der Kultur suchen, das die Botschaft bzw. die Aussage des Textes genauso deutlich macht.
2.2 Was macht eine gute Bibelübersetzung aus?
Für eine gelungene Übersetzung ist es relevant, den Schreibstil des Originaltextes beizubehalten. Die literarischen Formen wie Poesie, Prophetie, Erzählung und Ermahnung sollen sich in der übersetzten Ausgabe der biblischen Texte wiederfinden, weil ein spezieller literarischer Charakter diesen Formen innewohnt und somit zum Wesen biblischer Literatur beiträgt. Wirkung und Bedeutung des Ursprungstextes sollen soweit wie möglich erhalten bleiben.
Der dahinterstehende Kontext soll ebenso wahrheitsgetreu reproduziert werden. Historische Tatsachen und Ereignisse dürfen nicht verzerrt dargestellt werden. Dabei ist es zu beachten, dass man von politischen, ideologischen und sozialen Interpretationen fernbleibt. Der professionelle Übersetzer darf seine Lebenseinstellung und Einsicht in seiner Reproduktion nicht widerspiegeln lassen.
Ein weiterer Grundstein einer guten Übersetzung ist die Sprachstruktur. Nicht selten unterscheiden sich die Grammatik und der Satzbau der verschiedenen Sprachen dermaßen, dass die einzelnen Ausdrücke, um den Leser auf den Grundgedanken der Geschichte zielführend zu leiten, verändert werden müssen. Dafür sollten nur die zuverlässige Quelltexte in Originalsprache, mittels vertrauenswürdiger Übersetzungen in den anderen Sprachen, benutzt werden.
2.3 Übersetzungstypen
Im Zusammenhang mit der Bibelübersetzung unterscheidet man diverse Übersetzungstypen. Schleiermacher bietet vier Typen für die folgenden Bereiche an: für den ästhetischen Gebrauch, für den Schulgebrauch, für den philologischen Gebrauch und für den kritischen Leser.[5] Dazu vertritt er selbst die Stellung: „Aber das muss von einem jeden Herausgeber gefordert werden, dass er den Leser von der Tendenz und den Grundsätzen seines Verfahrens in Kenntnis setze.“[6]
In der Literatur findet man zahlreiche Variationen und Benennungen, wie z.B. Mischtypen, für die vorgestellten Übersetzungstypen von Schleiermacher, dennoch unterscheidet man allgemein zwischen der „wörtlichen“ und der „sinngetreuen“ Übersetzung, was ziemlich deutlich die Zielstellung beider Strategie ins Licht bringt. Beide Arten der Übersetzung haben Vorteile und Nachteile, von denen einige im Folgenden aufgelistet werden.
Bei der wörtlichen Übersetzung werden die Ausdrücke und Konstruktionen möglichst auf die gleiche Weise wiedergegeben, was die übersetzten Texte zum Studieren besser geeignet macht, da z.B. die Exegese ermöglicht wird, ohne dass man die Grundsprachen lernen muss. Da demensprechend viel Grundwissen benötigt wird, um die Texte zu verstehen, sind solche Übersetzungen für Erstleser nicht empfohlen. Diese Art der Übersetzung lässt Missverständnisse und Fehldeutungen durch unverstandene Begriffe und Wendungen leicht zu. Die poetischen Texte können selbstverständlich nicht mehr als solche erkannt und im Sprachrhythmus gelesen werden.
Dabei muss man in Betracht ziehen, dass eine wörtliche Übersetzung im literarischen Sinne nicht annähernd möglich ist, da eine Sprache und das Wort an sich viel mehr vermittelt als die eigentlichen Buchstaben. Auch wenn die Übersetzung des Wortes an sich nicht immer original getreu sein mag, so ist es von großer Relevanz den wesentlichen Sinn des Geschriebenen weiter fließen zu lassen. Ein Wort wird eben nicht nur durch ein Wort ersetzt, sondern muss die ganze Idee, die dahinter steckt, repräsentieren. Würde man einen Text Wort für Wort übersetzen, so würden in den meisten Fällen nicht adäquate Sätze entstehen, die keinen Gesamtkontext erschließen.
Die sinngetreue Übersetzung ist wiederum sehr angenehm für erstes Lesen, man kann fast alles gleich beim Lesen verstehen und einen größeren Überblick über das Geschriebene bekommen. Der Inhalt soll möglichst unversehrt wiedergegeben werden, aber mit den besten Ausdrucksmitteln der Übersetzungssprache. Leider können dadurch die Einseitigkeiten entstehen, sodass die Mehrdeutigkeit mancher biblischen Texte verloren geht.
Eine Übersetzung soll das, was in ihrer Sprache und Kultur gesagt werden sollte, den Lesern der anderen Sprachen und Kultur sinngetreu überliefern. Die sinngetreue Übersetzung wird in zwei Unterpunkte gegliedert. Zum einen die wirkungstreue Übersetzung, die versucht, „[...] die Aussage des Ausgangstextes möglichst sinngetreu in die Denkweise und Kultur der neuen Sprache hinüberzutragen“[7]. Zum anderen die strukturgetreue Übersetzung, die darauf basiert, den Leser „[...] mit den Möglichkeiten ihrer Sprache in die Denkwelt und Kultur des Ausgangstextes“[8] zu führen. Als Exempel sollen zur Anschauung zwei Autoren herangezogen werden, die sich mit der Bibelübersetzung beschäftigt haben. Martin Luther greift in seiner Übersetzung zu der Variante der wirkungstreuen Übersetzung. Im Gegensatz dazu arbeiten Martin Buber und Franz Rosenzweig mit der strukturgetreuen Übersetzung. So unterschiedlich die Verfahren sind, so unterschiedlich sind auch die endgültigen Ergebnisse. Daraus resultiert, dass man diverse Möglichkeiten hat, den Inhalt des Grundgedankens des ursprünglichen Textes in die zu übersetzende Sprache zu übertragen. Jedoch tritt bei beiden Varianten das Problem auf, dass gewisse Bestandteile unbewusst verloren gehen. Somit übernimmt jeder Übersetzer die Verantwortung, den ursprünglichen Text wahrhaftig und sinngemäß für seine Leser zugänglich zu gestalten.
3 Bibelübersetzung
In der Übersetzungsgeschichte ist zu beobachten, dass die Bibelübersetzung ständig aktualisiert wurde. Daher stellt sich die Frage nach der Effizienz der mehrfach bearbeiteten biblischen Texte.
Einer der Gründe besteht darin, dass sich Sprachen mit der Zeit verändern. Heutzutage wird Bibel von neuem auf die Sprachen übersetzt, die bereits eine Übersetzung der Heiligen Schrift besitzen. Es wird angestrebt, eine maximale Genauigkeit zu erreichen. Zu diesem Zweck wird die Arbeit gewöhnlich den Muttersprachlern und den erfahrenen Sprachwissenschaftlern aufgetragen. Die Muttersprachler können den Text lebendiger wirken lassen, so dass das für einen unerfahrenen Leser nicht nach einer erzwungenen Wiedergabe, sondern nach einem literarischen Text klingt. Für einen modernen Leser soll die Bibel genau so ausdrucksvoll sein, wie für die Menschen, die sie zum ersten Mal vor mehr als zwei Tausend Jahren auf Griechisch gelesen haben.
Die Bibel ist das meist verkaufte und übersetzte Buch auf der Welt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass zahlreiche Theologen und Wissenschaftler sich über die Jahrhunderte hinweg mit der „korrekten“ Übersetzung beschäftigt haben. Schon seit dem siebten Jahrhundert vor Christus befasst sich erhebliche Anzahl von Theologen in der christlichen Welt mit der Übersetzung der Bibel. Im achten Jahrhundert nach Christus wurde die Bibel erstmalig auch ins Deutsche übersetzt.
Eine der relevanten Problematiken der Bibelübersetzung ist der zeitliche Abstand zur Entstehungszeit der Bibel, der eine historische, soziale und kulturelle Distanz schafft. Der Übersetzer muss besonnen sein, sich auf die tote Sprache der Urtexte sowie auf eine für ihn neuartige, altertümliche Denkweise einzulassen, um die Botschaft der Bibel zu verstehen und seinen zukünftigen Lesern zugänglich zu machen.
Der Übersetzer muss als „Brückenbauer“ zwischen einer vergangenen Kultur und der heutigen Denkweise fungieren. Darüber hinaus sollte bei einer Übersetzung auf das Prinzip der Kommunikation geachtet werden. Dabei darf man die sprachlichen Eigenheiten der Adressaten nicht aus dem Blick verlieren. Das heißt, wichtig sind hierbei vor allem zeitgenössische Syntax, Semantik und Stilistik. So musste sich ein Übersetzer früher an den regionalen Dialekt halten, um vielen Lesern ein Bibelstudium zu ermöglichen. Heutzutage ist es von hoher Relevanz, die Bibel in die Alltagssprache zu übersetzen, um einen möglichst großen Leserkreis zu erreichen.
Das Ergebnis der Bibelübersetzung ist also immer abhängig von der jeweiligen Motivation, dem Umfang der Übersetzung, der Zielgruppe, der Religion des Übersetzers und seinem Glauben sowie seinem Sprachstil und der Art der Übersetzungstheorie, die der Übersetzung zugrunde gelegt wurde.
Im Allgemeinen charakterisiert man die Bibel nach den Übersetzungstheorien. Zum einen gibt es den strukturtreuen oder ausgangsorientierten Ansatz[9]. Hier sollen Wortwahl und Syntax des Urtextes strukturtreu wiedergegeben werden. Der Leser soll den Text so studieren können, als wenn er die Ursprache beherrsche, allerdings muss er zwangsläufig auch bereit sein, sich über den Text hinaus mit der Historie und den einschlägigen Begriffen zu beschäftigen. Den dafür erforderlichen Aufwand kann der Übersetzer in Grenzen halten, indem er Anmerkungen und Erläuterungen hinzufügt. Der Nachteil einer derartigen Übersetzung ist jedoch, dass die Zielsprache durch das wörtliche Herangehen an den Urtext häufig umgelenkt wirkt und teilweise sogar unverständlich sein kann.
Zum anderen gibt es den wirkungstreuen oder zielorientierten Ansatz[10], bei dem die beabsichtigte Wirkung des Urtextes im Mittelpunkt steht; hier soll eine „engste natürliche Äquivalenz“[11] geschaffen werden, das heißt, die inhaltliche Übereinstimmung ist wichtiger als die formale. Durch die dabei notwendige sprachliche Freiheit ist das Ergebnis dieser Übersetzung jedoch stark von den theologischen Ansichten des Übersetzers abhängig. Mischungen aus beiden Theorien werden sinntreuer oder gemischter Ansatz genannt. In der Regel sind sie ein Kompromiss zwischen beiden Typen, bei denen keine der beiden Theorien bevorzugt wird.
3.1 Luthers Bibelübersetzung
Martin Luther wurde nach dem Reichstag zu Worms 1521 aufgrund der drohenden Reichsacht entführt. Vasallen des Kurfürsten Friedrich des Weisen überfielen die Gruppe um Luther, die sich auf der Heimreise vom Reichstag befand, und brachten ihn zu seinem eigenen Schutz auf die Wartburg. Hier lebte er inkognito als Junker Jörg in ärmlichen Verhältnissen und nutzte die erzwungene Muße zum Schreiben. So entstanden in der Folgezeit neben der Bibelübersetzung zahlreiche weitere Schriften.
Innerhalb von nur elf Wochen übertrug er während der nächsten Zeit das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche. Als Vorlage dienten ihm dabei das griechische Exemplar von Erasmus von Rotterdam und die Vulgata, die Übersetzung der Bibel ins Lateinische. 1534 vollendete er schließlich unter Mithilfe von Wittenberger Kollegen mit der Übersetzung des Alten Testamentes das, was wir heute die Lutherbibel nennen. Mit seiner Übersetzung machte Martin Luther als erster den einfachen Menschen, dem Großteil des deutschen Volkes, biblische Inhalte zugänglich, indem er diese nicht nur in die deutsche Sprache sondern auch vor allem in eine zeitgenössische Sprache übertrug; dadurch trieb er unter anderem auch die Entwicklung der deutschen Sprache voran.
Weniger bekannt ist, dass zu diesem Zeitpunkt bereits einige Übersetzungen der Bibel ins Deutsche existierten.
Die letzte Fassung der Bibelübersetzung von Luther wurde mit der Zeit immer schwieriger zu lesen, da sich nicht nur Sprache, Grammatik und Rechtschreibung änderten, sondern auch der Wortgebrauch. Damit wurden Revisionen nötig. Dies ist jedoch nicht besonders außergewöhnlich, denn schon Luther unterzog seine Bibel immer wieder erneuten Revisionen, um sie verständlicher und seinen Lesern besser zugänglich zu machen. Das heutige NT ist aber immer noch zu 60% von Luthers Sprache geprägt. Die Lutherbibel entstand, Luthers Revisionen mit eingerechnet, in einem Zeitraum von insgesamt 24 Jahren. Luther selbst sprach jedoch nie vom Übersetzen, sondern bevorzugte den Begriff des „Dolmetschen“, da dabei wirkliches Verstehen möglich gemacht werde. Erst wenn dieser Prozess vollendet ist, hört Dolmetschen auf[12]. Seine Übersetzung hat „nicht nur die frömmigkeitspraktische, sondern auch die kirchenhistorische Wahrnehmung derart beeindruckt, dass alle anderen deutschen Bibelübersetzungen, die es davor, daneben oder danach gegeben hat, zu untergeordneten Randphänomenen marginalisiert worden sind“[13].
3.2 Die Lutherbibel / Die Schrift
„Die Lutherbibel“ und „Die Schrift“ sind zwei der bedeutendsten Bibelübersetzungen. Die Lutherbibel wurde 1534 von Martin Luther vollendet und wird in der Liturgie der evangelischen Kirche bis heute verwendet. „Die Schrift“ wurde von Franz Rosenzweig in anfänglicher Zusammenarbeit mit Martin Buber 1938 fertig gestellt und orientierte sich teilweise an Luther.
Das Übersetzungsprinzip, das Luther wählte, war nach Schleiermacher in erster Linie die Bewegung des Textes hin zum Leser. Auf der einen Seite wollte Luther deshalb in seiner Übersetzung der deutschen Sprache treu bleiben, die das Volk spricht; deswegen verwendet er die Art und Weise, wie diese Sprache funktioniert und gesprochen wird, aus dem aktuellen Sprachgebrauch. Auf der anderen Seite bestand er an einigen Stellen auf Wörter, die den hebräischen näher waren, obwohl sie sich im Deutschen nicht so gut in den Text einfügen ließen, was zu einer Verfremdung des Deutschen führte. Rosenzweig und Buber versuchten im Gegensatz zu Luthers Prinzip einen Mittelweg zu finden: den Text inhaltlich und geistlich so verständlich wie möglich für den Leser zu machen und dabei trotzallem den Gehalt des fremden Sprachbewusstseins zu bewahren. Sie wollten nach Schleiermachers Übersetzungsprinzipien beide Bewegungen in Gang bringen: der Text sollte sich zum Leser hin bewegen und umgekehrt, der Leser sollte sich auch zum Text bewegen. Rosenzweig entschuldigt Luther in seiner einseitigen Bewegung durch den Umstand, dass er einer der ersten Übersetzer auf dem Gebiet des Übersetzens gewesen sei.
Im Gegensatz zur Individualität einer Übersetzung steht ihre Unabdingbarkeit. Luther weist auch auf die Selbstreferenz einer Übersetzung hin: die Art der (deutschen) Sprache und der Glaube selbst erforderten seine Übersetzung. Rosenzweigs Auffassung zum Glauben kann mit der Auffassung Luthers verknüpft werden. Er sieht den Glauben als Grund für ein anderes Lesen und Vermitteln der Bibel in der Gegenüberstellung zu Luthers Überlieferung.
Ein wichtiges Argument für die neuen Auslegungsabsichten sind an dieser Stelle wieder die Veränderungen, die sich im Laufe der Jahrhunderte zwischen Luthers und Rosenzweigs Epochen in der Gesellschaft vollzogen. Rosenzweig war sich dessen bewusst, da er direkt ausdrückt, dass jeder Einzelne Übersetzer immer an seinen aktuellen Sprachkreis gebunden ist. Der Übersetzer durfte sich nach Rosenzweig nicht an seine eigene Sprache binden, weil nicht das Sprachgefühl eines Einzelnen über die Bibelübersetzung entscheiden sollte. Von Luther dachte er, dass dieser weder hebräisch noch deutsch, sondern lateinisch beim Übersetzen gedacht habe. So gesehen hat dieser sich also nicht an seine Muttersprache gebunden. Luther selbst pochte aber darauf, dass er nicht lateinisch oder griechisch, sondern deutsch reden und übersetzen wollte. Diese Aussage ließe wieder erschließen, dass seine Bindung zu der deutschen Sprache die engste war. Aus diesem Grund versuchten Rosenzweig und Buber den Mittelweg zu finden und sich weder an die eine noch an die andere Sprache zu binden.
3.3 Subjektive Fehlübersetzungen
„Der ideale Übersetzer ist ein Brückenbauer, der seine Pfeiler auf beiden Ufern hat, und hüben wie drüben ebenso heimisch und vertraut ist. Da jedoch jeder Bibelübersetzer seinem Text sein eigenes Vor-Verständnis, Vor-Urteil und Vor-Stellungen entgegenbringt, gibt es keine objektive oder „wertfreie“ Übersetzung, umso mehr also die Bibel die Gefühlswelt keiner ihrer Leser unberührt zu lassen vermag“[14]
Pinchas Lapide macht damit verständlich, dass keine Übersetzung ohne ein bestimmtes voreigenommenes Denken praktiziert werden kann. Jeder Übersetzer bringt einen bestimmten kulturellen und sozialen Anteil seiner Zeit sowie ein bestimmtes Gedankengut seines Publikums mit, welchem er, seine Übersetzung verständlich zu verfassen, bedacht ist. Eine Übersetzung ist in der Mehrzahl der Fälle ein subjektiver Prozess und bringt den Dolmetscher dazu, unumgänglich ein Stück vom eigenen Selbst und seinem Verständnis einfließen zu lassen. Der Sinn der Übersetzung kann unter diesen Umständen nicht korrekt wiedergegeben werden oder gar ganz aus der Sicht des Lesers geraten. Folglich ist doch das erste und bedeutendste Buch der Welt, die Bibel, mehrfach auf unterschiedlichste Art und Weise von ihren Übersetzern interpretiert und ausgelegt worden. Dabei kann der eigentliche Sinn und Zweck des Buches, das Moses für sein Volk Israels verfasst hat, durch die mehrfach aufeinander ausgelegte Übersetzung an gewissen Abschnitten und Passagen falsch aufgefasst werden.
„ Es muss bedacht werden, dass bei der Aneignung der Hebräischen Bibel durch das Christentum ein gewichtiger Aspekt ausgeklammert wurde: Mit dem hebräischen Bibeltext hat die christliche Tradition nur die Hälfte des Bestands aufgegriffen; ohne die lebendige jüdische Tradition ist der Text unvollständig. Er bedarf der mündlichen Tradition als Auslegungshilfe, um nicht sprachlos zu werden wie Dokumente untergegangener Kulturen. Die so enteignete Bibel ist daher, übertragen in einen anderen Zusammenhang, sinnentfremdet.“[15]
Untersuchungen haben erwiesen, dass sich in der Vulgata Fehlübersetzungen häufen, z.B. wenn es um Frauen geht. Hierbei wird deutlich, dass Hieronymus, Verfasser der Vulgata, eindeutig seine negativen Einstellungen, die breit dokumentiert worden sind, im Zusammenhang mit der Frauenrolle hat einfließen lassen[16]. Weiterhin lässt sich das Problem der Fehlübersetzung auf den deutschen Sprachgeist und die erfüllte Übertragung der Heiligen Schrift ins Deutsche durch Martin Luther ausführen. Die Religionswissenschaft geht davon aus, dass Martin Luther zu seiner deutschen Übersetzung die Septuaginta verwendet hat. „Was ihm [...] jedoch zum Fallstrick wurde, ist die Vieldeutigkeit hebräischer Schlüsselworte.“ [17]
Im weiteren Verlauf soll anhand von einigen biblischen Hauptbegriffen aufgeführt werden, wie facettenreich die Übersetzungen interpretiert und dokumentiert worden sind.
3.3.1 Schalom
Das Wort „Schalom“ eignet sich vorzugsweise für den Einstieg in die Thematik der Fehlübersetzung der Fachbegriffe in der Bibel. Laut Lapide bedeutet das Wort „Schalom“ nicht nur Frieden (Jes 27,5)[18], sondern auch „...Gedeihen, Unversehrtheit, Wohlergehen, Freude, Versöhnung, Wahrheit, Gemeinschaft und Harmonie.“[19] „Frieden ist nur ein der Bestandteile von ‚Schalom‘, dessen ganze Bedeutungsbreite in keinem deutschen Einzelwort versprachlicht werden kann.“[20] Der hebräische Begriff „Schalom“ ist kaum in ein Wort zu erfassen, da es im Hebräischen die Ganzheit aller beständigen Teile in einem umschließt und vereint. Das ist die Ganzheit der Seele und des Leibes des menschlichen Daseins, das innig mit dem Universum verflochten ist und in einer Symbiose zu betrachten ist. Der Kern der Bedeutung trägt mehr in sich als das, auf Griechisch übersetzte, „eirene“, das Nicht-Krieg oder Waffenstilstand bezeichnet, weder noch der „pax“ der Römer, der als Ordnungsmacht oder Siegesvertrag verstanden wird.[21]
3.3.2 Tora
Ebenfalls ist die Übersetzung des Wortes „Tora“ als „Gesetz“ sowohl von Martin Luther als auch von seinen Vorgänger falsch interpretiert worden. In seiner richtigen Übersetzung bedeutet das Wort „Tora“ Lehre oder Weisung. Dieses Wort soll mehr als eine Frohbotschaft empfunden werden, als eine Art positiver Begleitung durch das Leben, durch die man immer wieder positive Kraft schöpfen kann. Für die Juden ist die Tora seit Generationen ein Buch der Freude, der himmlischen Liebe und der heiligen Gotteslehre. Betrachtet man im Vergleich dazu das Wort „Gesetz“, so wie es in die anderen Sprachen übersetzt wurde, vermittelt es eine gewisse Strenge. Die Menschen neigen dazu das Wort „Gesetz“ als etwas Negatives aufzufassen, als würde eine Bestrafung folgen, wenn man diesem nicht gehorcht. So kann es z.B. dazu führen, dass vor allem Kinder oder Jugendliche die Bibel von vorne rein als eine Art strenges Buch, das keine Freiräume zur eigenen geistlichen Entfaltung lässt, wahrnehmen. Daraus folgen schließlich anfängliches Desinteresse und die unbewusste negative Einstellung. In Anbetracht dieses Aspektes kristallisiert sich heraus, wie wichtig eine korrekte Übersetzung ist, die dem eigentlichen Sinn des Wortes treu unterliegt.
3.3.3 HERR
In der Lutherübersetzung wird der Gottesname mit „HERR“ wiedergegeben. Zwar schreibt Luther das Wort „HERR“ in Großbuchstaben, um so den Gott von dem männlichen Herrn abzugrenzen. Jedoch weist das Wort „HERR“ dem Gott eine männliche Rolle zu. Somit werden alle weiteren Handlungen des HERRN mit einem männlichen Relativpronomen ergänzt. „Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft geführt habe.“ (Ex 20,2 )[22] Allerdings ist das hebräische Relativpronomen „aschär“ nicht geschlechtlich determiniert. Die männliche Rollenzuweisung beeinflusst von Grund auf das Gedankengut des Lesers, in dem plausiblen Beispiel für diese Arbeit – eines Grundschulkindes, und vermittelt eine falsche Vorstellung seines Wesens. Indirekt weist das Wort „HERR“ auf eine ungerechte Verteilung der Geschlechterrollen hin. In diesem Fall gehen junge Leser davon aus, dass Allerwelt von einem Mann erschaffen wurde. Die Frauenrolle gerät dabei aus dem Sichtfeld. Von Gott sollte in männlichen wie in weiblichen Bildern gesprochen werden. Anhand des Beispiels „Gott, sie schenke uns Ihre Zuneigung und segne uns. Er lasse sein Antlitz leuchten bei uns.“[23] (Ps 67,2) erkennt man, dass Gott beiden Geschlechtern zugeordnet werden kann. Frauen und Männer sind gleichberechtigte Ebenbilder Gottes.
3.3.4 JHWH
An dieser Stelle ist es von Bedeutung sich näher mit dem Tetragramm JHWH zu befassen. Die ursprüngliche Aussprache des Gottesnamens ist unklar. Er besteht aus den vier Konsonanten יהוה bzw. jhwh und wird deswegen Tetragramm (griech. „Vier-Buchstaben“) genannt. Wobei es keine Sicherheit über die Aussprache des Tetragramms gibt und diese rein hypothetisch ist. Aus Respekt vor dem Heiligtum dieses Namens wird die Aussprache im Judentum gemieden. Es wird an der Stelle von „JHWH“ das Wort „adonaj“ eingesetzt. Es stamm aus dem hebräischen „àdo´n“, das man mit „Herr“ übersetzt. Die jüdischen Schriftgelehrten wollten vermeiden, dass man beim Vorlesen „aus Unachtsamkeit“ JHWH vorlas, wie es in dem Alten Testament geschrieben stand. So griffen sie zu einem Winkelzug und ergänzten die vier Konsonanten des Wortes „JHWH“ durch die Vokale des Wortes „adonaj“, damit derjenige, der aus der Tora vorliest, daran erinnert wird, „adonaj“ vorzulesen.[24] Durch diese Ersetzung neigen die Menschen dazu, unbewusst etwas Ungreifbares zu personifizieren. So steht doch in dem zweiten Buch Mose geschrieben: „Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde.“ (Ex 20,4) Es ist bemerkenswert, dass der Mensch bestrebt ist, alles Existierende in einen gewissen vorgefertigten Rahmen anzupassen. Wie kann man so etwas Mächtiges und Geheimnisvolles, wie die Göttliche Existenz, mit einem Wort beschreiben wollen. Die Bibel ist aber nun mal geschrieben und darf als Heilige Schrift nicht korrigiert werden, seit Jahrhunderten ringen zahlreiche Übersetzer mit der richtigen Vermittlung des Heiligen Namens.
3.3.5 Adam und Eva
Folglich sollte man sich mit dem Namen „Adam“ befassen, den JHWH als den ersten Menschen erschaffen hat. Hierbei gehen die Meinungen der Theologen und Wissenschaftler weitgehend auseinander. Anhand der Bibelstelle „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie.“ (Gen 1,27) bietet es sich an, auf die verschiedenen Aspekte, Übersetzungen und Mythen rund um den Namen Adam einzugehen.
Der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mühlheim-Oberhausen Reuven Konnik erläutert, dass „Adam nach der Erklärung der mündlichen Lehre eine Verbindung aus den Buchstaben ‚Aleph‘ und ‚Dam‘ ist. Das ‚Aleph‘ steht für das göttliche, sowie im Namen Gottes ‚Elohim‘ (am Anfang auch ein Aleph). Und ‚Dam‘ wird als Blut übersetzt und steht für das physische, materielle. Somit ist Adam eine Verbindung zwischen dem göttlichen, der Seele und dem Materiellen, dem Körper. ‚Adama‘ bedeutet im Hebräischen ‚Erde‘.[25]
Im Vergleich zu der Übersetzung im Genesis 1,27 werden im hebräischen Text die Worte „sakar-u-nekeba” als Adjektive verwendet und bedeuten damit „männlich und weiblich”. „Die korrekte Übersetzung müsste also heißen: ‚männlich und weiblich schuf er sie‘. Hier wird offensichtlich der Mensch als ein androgynes Wesen (griechisch: aner = Mann, gyne = Weib) beschrieben, das zugleich grundsätzlich seinem Schöpfer entspricht.“[26] Daraus erschließt sich, dass zu Anfang Adam ein ganzheitlicher Mensch sein sollte, der noch nicht der Polarität der Geschlechter unterliegt und in ein Gegensatzpaar (Gen 2,21) aufgespalten ist. Er ist noch eins mit allem und umschließt alle Elemente der Existenz in sich. Nach der vollzogenen Entnahme der „Rippe“ Adams entsteht die Aufhebung der Androgynität, dem Mann wird sein weiblicher Anteil genommen, woraus eine Frau ohne männliche Anteile entsteht. Ein interessanter Aspekt im Zusammenhang mit der Entnahme der „Rippe“ Adams ist, dass das hebräische Wort „zela“ zwar mit „Rippe“ übersetzt werden kann, diese Übersetzung jedoch nur dann zulässig, wenn man das biblische Bild geringschätzig interpretiert. Im Wörterbuch findet man für den Begriff צֶלָע bzw. zela die Übersetzung: Rippe, Seite, Seitenraum, Anbau. Es wird deutlich, dass bei der Betrachtung diverser Bibelstellen das Wort „zela“ meist mit „Seite“ etwa der Lade (Ex 25,12) oder die „Längsseite“ eines Altars (Ex 27,7), aber auch die „Seite“ = “Flanke“ eines Berges (2 Sam 16,13) verwendet wird. Weiterhin hat die griechische Übersetzung ein Wort gebraucht, das eindeutig „Seite“ heißt „pleura“. Professor Hans Schindler-Bellamy sagt aus, dass der Bibel-Bericht prophezeit, dass Eva nicht aus Adams Rippe gefertigt wurde, sondern dass sie von seiner Seite genommen wurde. [27] Somit sind Eva und Adam gleichberechtigte Partner eines Ganzen und als Mann und Frau gleichwertig.
Erst in der Vulgata von Hieronymus in Gen 2 liest man das Wort für „Rippe“ „costa“. Diese Übersetzung entsteht möglicherweise dadurch, dass Hieronymus gegenüber den Frauen negativ eingestellt war.[28] Eventuell lässt sich daraus erschließen, dass Hieronymus in seiner Deutung, dass die Frau aus der Rippe des Mannes geschaffen war, die Tatsache, dass die Frau dem Mann gegenüber vollkommen gleichberechtigt, da sie eigentlich aus seiner Seite geschaffen wurde, in seinem Sinne zu manipulieren versuchte. Prof. Dr. Pinchas Lapide führt aus: „[...] Er aber nahm sie aus Adams Seite, weil Er sie zu Adams gleichberechtigter Gefährtin bestimmt hat – auf dass sie beide Seite an Seite den Lebensweg beschreiten und vollenden mögen.“[29]
Einem Dialog mit dem Rabbiner Mendelson Mordechai Yehudit aus der Synagoge Karlsruhe vom August 2014 zur Folge ist Adam allgemein männlich und weiblich. Laut Talmud hat JHWH Adam und Eva als einen Menschen erschaffen und sie erst zum späteren Zeitpunkt in zwei „Teile“ getrennt.[30]
Ebenfalls kommentiert Reuven Konnik die Frage nach der Rolle der Frau in der Tora folgendermaßen: „Über die erste Frau, Chava (Eva) steht es, dass Sie ein ‚Ezer kenegdo‘ (Gen 2,20) ist. Das heißt wörtlich übersetzt ‚ein Helfer gegen ihn‘. Doch ein Helfer kann nicht gegen dich sein und deswegen erklären unsere Weisen, dass wenn der Mann es durch sein hohes moralisches Handeln verdient, dann erst wird die Frau zu einem Helfer/Partner. Wenn der Mann es nicht verdient, dann ist sie gegen ihn. Die Frau ist ein gleichgestellter Partner für den Mann und trägt die gleiche Verantwortung wie er. Im Judentum gab es nie Chauvinismus, weil die Tora nie die jüdische Frau in eine unterdrückte Position gestellt hat.
Die Rolle der Frau im Judentum ist enorm vielschichtig. Durch die mündliche Tora wird uns überliefert, dass alle Vormütter (Sara, Rivka, Rachel, Leah) Prophetinnen waren. Außerdem werden die folgenden auch als Prophetinnen im Talmud ausdrücklich erwähnt: Chana, Dvorah, Miriam, Esther, Avigail und Hulda.“
3.3.6 Propheten
Das weit verbreitete Bild, welches Bibelleser von Propheten haben, ist das eines Hellsehers mit vieldeutigen Prognosen über die Zukunft.[31] Allerdings wird das Präfix „pro-„ des griechischen Wortes „prophetes“ als „im Namen von“ oder „anstelle von“ übersetzt. Das hebräische Wort נָבִיא bzw. nāvi’ wird mit dem griechischen Wort „prophetes“ übersetzt. „So wird Aaron als ‚Prophet des Mose‘ bezeichnet. Die Feststellung, dass Mose nicht besonders redegewandt war, lässt sich seinem Kommentar entnehmen: „Siehe, ich bin ungeschickt zum Reden!“ (Ex 6,30); also benötigt er einen Propheten, der für ihn sprach.“[32]
Die Propheten waren gewandte Redner, ihre Berufung war es das Gewissen des Volkes wach zu rütteln, das Gute zu erwecken, das Volk zur Umkehr und zu gewissen Denkanstößen zu bewegen, somit auch Kritik auszuüben und dem Volk zu einer kritischen Weltanschauung zu verhelfen. Sie waren lediglich Kundgeber Gottes, aber konnten keine feststehende Zukunft voraussagen.[33]
[...]
[1] Heine, Heinrich zitiert nach Lapide, Pinchas: In: Ist die Bibel richtig übersetzt? Gütersloher Verlagshaus. 1986. S. 40
[2] Es ist anzumerken, dass bei der Vorbereitung dieser Arbeit im Bezug auf den sprachlichen Mangel der hebräischen und arabischen Sprache Schwierigkeiten entstanden sind.
[3] Lapide, Pinchas: Ist die Bibel richtig übersetzt? Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1986.
[4] http://www.wycliff.de
[5] vgl.: Gross, Walter: Bibelübersetzung heute – Geschichtliche Entwicklungen und aktuelle Anforderungen. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2000. S.123f
[6] F.D.E. Schleiermacher zitiert von W. Gross, 2000. S.123
[7] Klaiber, Walter; Rösel, Martin: Streitpunkt Bibel in gerechter Sprache. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2008. S.15
[8] ebd.
[9] vgl. Groß, 2000. S. 130f
[10] vgl. ebd., S. 133-137
[11] Meurer, Siegfried: Eine Bibel – viele Übersetzungen. Stuttgart: Evang. Bibelwerk, 1978. S. 13
[12] vgl. Groß, 2000. S. 95f
[13] ebd., S. 95
[14] Lapide, 1986. S. 15
[15] Kwasman Tuviah zitiert nach Lohrbächer Albrecht et al. In: Was Christen vom Judentum lernen können: Anstöße, Materialien, Entwürfe. Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag, 2006. S. 83.
[16] vgl. Leutzsch, Martin: Dimensionen gerechter Bibelübersetzung. In: Kuhlmann, Helga: Die Bibel - übersetzt in gerechte Sprache? Grundlagen einer neuen Übersetzung. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2005. S.21
[17] Lapide, 1986, S.21
[18] Die Bibel. Einheitsübersetzung. Altes und Neues Testament. Stuttgart: Katholische Bibelanstalt GmbH, 1980. Im Folgenden werden die Fußnoten nur zu den von dieser Bibel abweichenden Versionen hinzugefügt.
[19] Lapide, 1986, S.21
[20] ebd. S.55
[21] vgl. ebd., S.54
[22] Luther, Martin: Die Bibel. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1991.
[23] Bail, Ulrike: Wenn Gott und Mensch zur Sprache kommen... In: Kuhlamnn, Helga (Hrsg.): Die Bibel - übersetzt in gerechte Sprache? Grundlagen einer neuen Übersetzung. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2005. S. 69
[24] vgl. Langebein, Walter-Jörg: Lexikon der biblischen Irrtümer. Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag GmbH, 2006. S. 191-192
[25] Hervorgegangen aus der schriftlichen Konversation vom September- Oktober 2014
[26] http://stiftung-rosenkreuz.org/blog/der-androgyne-mensch-noch-einmal-vom-menschenbild-jakob-bohmes/
[27] vgl. Langbein , 2006, S.131
[28] vgl. Leutzsch, Martin: Dimensionen gerechter Bibelübersetzung. In: Kuhlmann, Helga (Hrsg.): Die Bibel - übersetzt in gerechte Sprache? Grundlagen einer neuen Übersetzung. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2005. S.21
[29] Langebein, 2006, S.131
[30] Hervorgegangen aus der mündlichen Konversation vom August 2014
[31] vgl. ebd., S. 124
[32] Langbein , 2006, S. 125
[33] vgl. Lapide, 1986, S. 51
- Quote paper
- Marina Krasnovskaya (Author), 2015, Religiöse Fachbegriffe als interkulturelles Problem im Schulunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/300361
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