Die Begriffe Migrationshintergrund und Alleinerziehend werden in der Literatur, im psychologischen und pädagogischen, sowie im bildungspolitischen Diskurs regelmäßig als Risikofaktor dargestellt (vgl. Leyendecker 2010: 21). D.h. Kinder, die einen Migrationshintergrund aufweisen und/oder aus Familien mit einem Elternteil stammen, werden mit Hilfe von defizitären Risikobeschreibungen stigmatisiert (vgl. Betz/Bischoff 2013: 61), um z.B. finanzielle Ressourcen für wissenschaftliche Forschung sowie Präventions- und Interventionsprogramme zu beantragen. Begründungen, die sich auf herkunftsbedingte Benachteiligung beziehen werden nicht selten mit den schlechten PISA Ergebnissen aus den Jahren 2000 etc. begründet und legitimiert (vgl. Diehm 2012: 52, Stamm 2011: 4, 7). Der kindlichen Entwicklung werden dadurch hemmende Tendenzen zugeschrieben, die im Kontext des Förderbegriffs systematisch aufgegriffen werden, v.a. die Relevanz der frühen Kindheit wird gegenwärtig herangezogen, um ungleichen Startchancen durch kompensatorische Programme zu begegnen (vgl. Kelle/Mierendorff 2013: 9). Derartige Reproduktionen bzw. -konstruktionen von Ungleichheit, die sich auf soziale Gruppen beziehen, bilden damit ein bedeutsames Thema für die Migrationspädagogik.
Der Fokus der vorliegenden Arbeit richtet sein Erkenntnisinteresse darauf, inwiefern zwischen sozialen Gruppen, die als benachteiligt und damit als Risiko und förderbedürftig gelten, unterschieden wird. Mit Hilfe erziehungswissenschaftlicher Dekonstruktion wird der Analyseversuch unternommen, die Begriffe Risiko und Förderung im 14. Kinder- und Jugendbericht zu entschlüsseln. Dabei ist von besonderem Interesse wie die Begriffe in Bezug auf soziale Gruppen eingesetzt bzw. konstruieret werden und anhand welcher Argumentationslinien Defizit- und Risikobeschreibungen legitimiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Sozialkonstruktivismus: Die Definition von Wirklichkeit(en)
- 2. Begriffsdefinition und Zusammenspiel von Risiko, Förderung und kompensatorischer Erziehung
- 3. Berichterstattung von Kinder- und Jugendberichten
- 3.1 Risiko und Förderung im 14. Kinder- und Jugendbericht
- 3.2 Die Konstruktion von Risikogruppen und deren Förderung
- 4. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, wie in der Bildungspädagogik soziale Gruppen, die als benachteiligt gelten, als Risikogruppen und förderbedürftig definiert werden. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse des 14. Kinder- und Jugendberichts, um zu untersuchen, wie die Begriffe Risiko und Förderung im Kontext dieser Berichterstattung konstruiert und angewendet werden.
- Dekonstruktion von Risikobeschreibungen und -konstruktionen in Bezug auf soziale Gruppen
- Analyse des Zusammenhangs zwischen Risiko, Förderung und kompensatorischer Erziehung im Kontext des 14. Kinder- und Jugendberichts
- Kritik des defizitären Blicks auf benachteiligte Gruppen im Bildungswesen
- Untersuchung der Rolle von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Diskursprozesse in der Konstruktion von Risikogruppen
- Diskussion des Zusammenhangs zwischen Sozialkonstruktivismus und der Definition von Wirklichkeit(en) in pädagogischen Kontexten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beleuchtet die problematische Konstruktion von Risikogruppen im Bildungswesen. Dabei werden die Begriffe Migrationshintergrund und Alleinerziehend als Beispiele für Risikofaktoren genannt, die zu Stigmatisierung und Benachteiligung von Kindern führen können. Die Arbeit fokussiert auf den 14. Kinder- und Jugendbericht und untersucht, wie der Begriff der Förderung im Kontext von Risikobeschreibungen verwendet wird.
1. Sozialkonstruktivismus: Die Definition von Wirklichkeit(en): Dieses Kapitel stellt die theoretischen Grundlagen des Sozialkonstruktivismus vor. Der Sozialkonstruktivismus betrachtet die soziale Wirklichkeit als einen dynamischen Prozess, in dem Akteur_innen ihre Sichtweisen und Handlungen auf Basis ihrer Erfahrungen und Interpretationen konstruieren.
2. Begriffsdefinition und Zusammenspiel von Risiko, Förderung und kompensatorischer Erziehung: Dieses Kapitel definiert die Begriffe Risiko, Förderung und kompensatorische Erziehung im Kontext der frühen Bildung und zeigt die Verknüpfung dieser Begriffe auf.
3. Berichterstattung von Kinder- und Jugendberichten: Dieses Kapitel befasst sich mit der Berichterstattung von Kinder- und Jugendberichten im Allgemeinen und analysiert anschließend den 14. Kinder- und Jugendbericht im Detail. Dabei wird auf die Definition von Risikogruppen im Bericht sowie auf die Verwendung der Begriffe Risiko und Förderung eingegangen.
Schlüsselwörter
Sozialkonstruktivismus, Risiko, Förderung, kompensatorische Erziehung, Kinder- und Jugendbericht, Risikogruppen, Stigmatisierung, Benachteiligung, Bildungspädagogik, frühe Hilfen.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2014, Risiko und Förderung. Die Konstruktion von Risikogruppen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299967