Die Literatur des Mittelalters kennt viele verschiedene Weiblichkeitsdarstellungen. In der höfischen Epik finden sich mächtige, unnahbar wirkende Frauen neben hingebungsvollen, liebenden, die treu an der Seite ihrer Männer stehen. Legenden erzählen von der Frau als Heiliger und in der Minnelyrik werden die edlen und anziehenden Seiten der Weiblichkeit besungen.
Aus diesem Rahmen der positiven, wenn auch grundsätzlich patriarchalen Betrachtungsweise, sticht die Weiblichkeitsdarstellung in der Gattung Märe hervor.
Denn das Märe, oft als minderwertige Schundliteratur verschrien, beschäftigt sich nicht mit dem erhabenen Geschehen am Adelshof. Es beschäftigt sich vornehmlich mit Sexualität und moralischen Vergehen. Diese Thematik setzt es nicht selten durch Beschreibungen um, die bis ins Obszöne gehen. Mit der abweichenden Thematik geht auch eine andere Darstellung von Weiblichkeit einher. Wo sich in höfischer Literatur die edle, tugendvolle Dame findet, setzt das Märe seinen Fokus auf eine ganz andere Art von Weiblichkeit, die überwiegend negativ konnotiert ist: Hier finden sich z.B. listige und boshafte Frauen, die ihre Männer mit viel Aufwand belügen und betrügen – meist, um sexuelle Befriedigung zu erlangen. Neben diesen stehen als Umkehrung die dummen oder naiven Frauen, die sich durch die List von Männern z.B. um ihre Jungfräulichkeit bringen lassen. Gemeinsam ist diesen verschiedenen Frauenbildern ihre typisierte, kaum individuelle Darstellung. Ich möchte mich in meiner Hausarbeit auf den Stereotyp der „naiven Jungfrau“ fokussieren.
Hierfür habe ich mir zwei Mären ausgesucht, die diesen Frauentypus thematisieren und dabei sogar auf die gleiche Geschichte in unterschiedlicher Darstellung zurückgreifen: „Der Sperber“ und „Das Häslein“, beide von unbekannten Verfassern geschrieben.
Nach einer kurzen Einleitung und Begründung meiner Vorgehensweise möchte ich untersuchen, wie die Darstellung der Protagonistinnen und ihrer Naivität in den Mären funktioniert, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es gibt und was diese für das Gesamtkonzept des Typus „naive Jungfrau“ in beiden Erzählungen bedeutet.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. „Der Sperber“ und „das Häslein“ - ein Vergleich zweier Mären
- 2.1. Erzählverlauf
- 2.2. Darstellung der Protagonistinnen und ihrer Naivität
- 2.3. Perspektivenführung beider Mären und Schlussepisode des „Häslein“
- 3. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die stereotype Darstellung der „naiven Jungfrau“ in zwei mittelalterlichen Mären, „Der Sperber“ und „Das Häslein“, zu untersuchen und zu vergleichen. Dabei sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung der Protagonistinnen und ihrer Naivität aufgezeigt werden, um das Gesamtkonzept des Typs „naive Jungfrau“ in beiden Erzählungen zu analysieren.
- Darstellung der „naiven Jungfrau“ in mittelalterlichen Mären
- Vergleich der Protagonistinnen in „Der Sperber“ und „Das Häslein“
- Analyse der Naivität der Figuren
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung der Weiblichkeit
- Das Gesamtkonzept des Typs „naive Jungfrau“ in beiden Erzählungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und erläutert die Bedeutung des Frauentypus „naive Jungfrau“ in der mittelalterlichen Literatur. In Kapitel 2 werden die beiden Mären „Der Sperber“ und „Das Häslein“ im Vergleich betrachtet. Zuerst wird der Erzählverlauf beider Mären beleuchtet. Anschließend wird die Darstellung der Protagonistinnen und ihrer Naivität analysiert, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten. In diesem Kapitel werden auch die Perspektivenführung in den beiden Mären und die Schlussepisode des „Häslein“ betrachtet.
Schlüsselwörter
Mittelalterliche Literatur, Märe, Weiblichkeitsdarstellung, Stereotyp, „naive Jungfrau“, „Der Sperber“, „Das Häslein“, Vergleich, Naivität, Perspektivenführung, Erzählverlauf, Schlussepisode.
- Quote paper
- Sarah Fromm (Author), 2015, Stereotype Darstellungen der naiven Jungfrau. Vergleich der Mären "Der Sperber" und "Das Häslein", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299735