Die Arbeit setzt sich kritisch mit dem von Leibniz konzipierten dreistufigen Naturrechtssystem auseinander, wie er es bereits ab ca.1667 in seinen frühen Schriften, Fragmenten und Briefen dargelegt hat.
Zur Erläuterung dieses Systems soll in einem ersten Schritt nachgezeichnet werden, aus welchen Motiven heraus Leibniz versucht, eine neue Rechtsordnung zu begründen. Dazu sind seine verschiedenen Kritikpunkte am bestehenden Römischen Recht aufzeigen, aber auch darzulegen, was er an diesen überlieferten positiven Rechtsnormen befürwortet. Als Ergebnis seiner Betrachtungen entsteht für Leibniz die Notwendigkeit von Reformen der Rechtswissenschaft.
Seiner Konzeption nach geht es darum, die gesamte Jurisprudenz auf ein wissenschaftliches Fundament zu stellen und zu diesem Zweck seine in der kombinatorischen ars inveniendi entwickelte Methode für die Rechtskenntnis fruchtbar zu machen. Da Leibniz der Auffassung ist, dass ein großer Teil des geltenden Römischen Rechts nicht im Widerspruch zum Naturrecht steht, zielt er darauf, eben diesen Sätzen des positiven Rechts eine neue Gestalt zu geben und sie mit den Elementen des Naturrechts vereinbar zu setzen.
Zur Erläuterung des Leibniz’schen Naturrechtsbegriffs wird zunächst seine Auseinandersetzung mit den traditionellen Naturrechtskonzeptionen vorgestellt und aufgezeigt, dass Leibniz die vielfältigen und teilweise heterogenen Konzepte seiner Vorgänger über sein eigenes System miteinander zu vereinbaren sucht. Dabei wendet er sich scharf gegen eine Säkularisierung des Naturrechts und versucht, eine allgemeine Lehre von der natürlichen Gerechtigkeit zu entwickeln. Diese Bestimmung der Gerechtigkeit findet er schließlich in der "Liebe der Weisen" (caritas sapientis), die das oberste Prinzip seiner Naturrechtslehre bildet.
Das Naturecht hat aber im Verhältnis zum positiven Recht nur einen subsidiären Geltungscharakter, der sich in der Leibniz’schen Vorstellung einer Regelungshierarchie der Rechtssysteme niederschlägt. Bei dieser hierarchischen Ordnung aus positivem Recht und Naturrecht beginnt der juristische Entscheidungsprozess auf der untersten Stufe des positiven Rechts – dem Gemeinderecht – und durchläuft systematisch die Regelungshierarchie bis zur höchsten Stufe des Naturrechts – der Pietät.
Im letzten Abschnitt der Arbeit werden abschließend die drei Stufen des Leibniz’schen Naturrechts – das strenge Recht, die Billigkeit und die Pietät – näher erläutert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Konzeption einer neuen Rechtsordnung
- Das Römische Recht - Kritik und Zustimmung
- Methodik und Ziele
- Fazit
- Das Naturrecht
- Die traditionellen Naturrechtskonzeptionen
- Gerechtigkeit, Eigennutz und öffentlicher Nutzen
- Gerechtigkeit ist die Liebe der Weisen (caritas sapientis)
- Fazit
- Naturrecht und positives Recht
- Das Verhältnis zwischen positivem Recht und Naturrecht
- Die Subsidiaritätshierarchie der Rechtssysteme
- Fazit
- Die drei Stufen des Naturrechts
- Strenges Recht (ius strictum)
- Billigkeit (aequitas)
- Pietät (pietas)
- Fazit
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert das dreistufige Naturrechtssystem von Leibniz und untersucht, wie er eine neue Rechtsordnung auf Basis des Naturrechts konzipiert. Dabei wird beleuchtet, wie Leibniz das Römische Recht kritisiert und gleichzeitig seine positiven Aspekte hervorhebt. Die Arbeit beleuchtet auch Leibniz' Bemühungen, die Rechtswissenschaft auf ein wissenschaftliches Fundament zu stellen und seine Methode der kombinatorischen Ars inveniendi in die Rechtskenntnis zu integrieren.
- Leibniz' Kritik am Römischen Recht und seine Suche nach einer neuen Rechtsordnung
- Die Bedeutung des Naturrechts für Leibniz' Rechtsphilosophie
- Leibniz' Konzept der Gerechtigkeit als "Liebe der Weisen" (caritas sapientis)
- Das Verhältnis zwischen positivem Recht und Naturrecht in Leibniz' System
- Die drei Stufen des Leibniz'schen Naturrechts: Strenges Recht, Billigkeit und Pietät
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt das dreistufige Naturrechtssystem von Leibniz vor. Kapitel 2 analysiert Leibniz' Konzeption einer neuen Rechtsordnung, wobei seine Kritik am Römischen Recht und seine Suche nach einem festen Fundament für die Rechtswissenschaft im Vordergrund stehen. Kapitel 3 beleuchtet Leibniz' Naturrechtsbegriff, seine Auseinandersetzung mit traditionellen Konzeptionen und seine Definition der Gerechtigkeit als "Liebe der Weisen". Kapitel 4 untersucht das Verhältnis zwischen positivem Recht und Naturrecht in Leibniz' System, insbesondere die Subsidiaritätshierarchie der Rechtssysteme. Kapitel 5 erläutert die drei Stufen des Leibniz'schen Naturrechts: Strenges Recht, Billigkeit und Pietät. Die Zusammenfassung fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Naturrecht, Leibniz, Römisches Recht, Gerechtigkeit, "Liebe der Weisen" (caritas sapientis), positives Recht, Subsidiaritätshierarchie, Strenges Recht, Billigkeit, Pietät, ars inveniendi, Rechtsphilosophie, Rechtswissenschaft.
- Quote paper
- Helga Spriestersbach (Author), 2013, Der Begriff des Naturrechts bei Leibniz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299704