Eins der Ziele des Berliner Bildungsprogramms ist es, dass Kinder sich ihrer selbst bewusst werden und eigeninitiativ handeln . Werden Stellenbeschreibungen oder gar
Kontaktanzeigen näher untersucht, so wird schnell festgestellt, dass unsere Gesellschaft starke und vor allem selbstbewusste Persönlichkeiten verlangt. Bedenkt man die hierarchischen Strukturen im Arbeits- und Familienleben Mitte des 20. Jahrhundert, so ist dies für unsere Gesellschaft ein gewaltiger Fortschritt. Zudem ist wissenschaftlich bewiesen, dass ein gesundes Selbstwertgefühl die Lebensqualität eines Menschen positiv beeinflusst. Meiner Meinung nach wird gerade dieses Ziel von vielen Pädagogen immer wieder aus den Augen verloren. Gehorsam, Regeln und Strafen schränken das Kind in
der Entwicklung seines Selbstwertgefühls häufig ein.
Während eines Praktikums erlebte ich mit einem zweijährigen Mädchen eine Situation, welche mich sehr nachdenklich machte und ausschlaggebend für diese Facharbeit war.
Die Situation fand während des Mittagessens statt. Zum Nachtisch wurde ein Obstteller herumgereicht, von dem sich alle Kinder selbstständig nehmen durften. E. griff nach
einer Weintraube und wurde dabei von der Erzieherin sofort ermahnt, dass sie diese ohnehin nicht essen würde. E. entschied sich dennoch für die Weintraube. Als die anderen Kinder nach und nach den Tisch verließen, saß sie noch immer mit dieser Weintraube am Tisch. Sie probierte immer wieder die Weintraube zu essen, konnte sich aber nicht überwinden. Die Erzieherin war mittlerweile sehr verärgert und sagte zu E.
im barschen Ton: „Du bleibst so lange am Tisch bis du diese Weintraube gegessen hast“. E. war nun sichtlich verängstigt. Die Begründung der Erzieherin lautete: „Sie muss
endlich lernen, dass sie nicht machen kann, was sie will. Erst zugreifen, dann wegschmeißen. Woanders verhungern Kinder.“ Nun saß ich da mit der zweijährigen E. und ihrer Weintraube. Ich versuchte mich in ihre Lage zu versetzen. Der Gedanke, jemand würde mich zwingen etwas zu essen, was ich nicht mag oder einfach nicht möchte, löste Unbehagen in mir aus. Nach ein paar Minuten löste ich den Konflikt, in dem
ich E. zulächelte, ihre Weintraube entsorgte und der Erzieherin erzählte, was sie hören wollte. Ich wage zu bezweifeln, dass E. sich aufgrund dieser Situation zu einem
egoistischen, verschwenderischen Menschen entwickelt, welcher nicht in der Lage ist, sich in die Gesellschaft zu integrieren. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsbestimmungen
- Die Entwicklung des Selbstwertgefühls
- Merkmale gesunden Selbstwertgefühls
- Das Bild vom Kind
- Kindliche Integrität
- Der Drang nach Kooperation
- Die Rolle des Pädagogen
- Entwicklungsfördernde Aspekte in der pädagogischen Praxis
- Entwicklungshemmende Aspekte in der pädagogischen Praxis
- Die pädagogische Haltung
- Erziehungsstile und ihre Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl
- Selbstreflexion in der pädagogischen Arbeit
- Regeln und Grenzen als persönliche Botschaft
- Schlüsselsituationen in der pädagogischen Praxis
- Die Eingewöhnung
- Mahlzeiten
- Schlaf- und Ruhephasen
- Pflege
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Facharbeit befasst sich mit der Bedeutung des Selbstwertgefühls in der frühen Kindheit. Sie untersucht, wie sich das Selbstwertgefühl entwickelt, welche Merkmale ein gesundes Selbstwertgefühl ausmachen und wie Pädagogen die Entwicklung des Selbstwertgefühls fördern können. Darüber hinaus werden die Auswirkungen verschiedener Erziehungsstile auf das Selbstwertgefühl des Kindes beleuchtet.
- Die Entwicklung des Selbstwertgefühls in der frühen Kindheit
- Die Rolle des Pädagogen bei der Förderung des Selbstwertgefühls
- Entwicklungsfördernde und -hemmende Aspekte in der pädagogischen Praxis
- Der Einfluss von Erziehungsstilen auf das Selbstwertgefühl
- Schlüsselsituationen in der pädagogischen Praxis, die das Selbstwertgefühl beeinflussen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Relevanz des Selbstwertgefühls in der heutigen Gesellschaft und stellt die Situation dar, die den Anstoß für diese Facharbeit gab. Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Definition wichtiger Begriffe wie Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Kapitel 3 untersucht die Entwicklung des Selbstwertgefühls in den ersten Lebensjahren und die Rolle der Bezugspersonen. Kapitel 4 widmet sich den Merkmalen eines gesunden Selbstwertgefühls. Kapitel 5 betrachtet das Bild vom Kind aus Sicht der Integrität und des Drangs nach Kooperation. Kapitel 6 analysiert die Rolle des Pädagogen und die Bedeutung von Entwicklungsfördernden und -hemmenden Aspekten in der pädagogischen Praxis. Kapitel 7 befasst sich mit der pädagogischen Haltung, Erziehungsstilen und der Selbstreflexion in der pädagogischen Arbeit. Kapitel 8 untersucht Schlüsselsituationen in der pädagogischen Praxis, wie die Eingewöhnung, Mahlzeiten, Schlaf- und Ruhephasen und die Pflege.
Schlüsselwörter
Selbstwertgefühl, Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, Entwicklung des Kindes, Pädagogische Praxis, Erziehungsstile, Bindungserfahrungen, Kindliche Integrität, Kooperation, Selbstreflexion.
- Quote paper
- Doreen Kleingünther (Author), 2015, Das Gefühl, wertvoll zu sein. Die Bedeutung des Selbstwertgefühls in der frühen Kindheit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/299491