20. März 1995, Paris. Lars von Trier lässt vom Rednerpult rote Flugblätter in die Menge der europäischen Filmschaffenden segeln. Gerade wird der hundertste Geburtstag des Films gefeiert, als vier dänische Regisseure mit ihrem Manifest Dogma 95 gegen die künstliche, unrealistische Art der Filmemacherei rebellieren. Sie legen ein zehn Regeln umfassendes Gelübde vor und behaupten, dank dieser Regeln bessere Filme machen zu können.
Von der Filmbranche - von Filmkritikern, anderen Regisseuren - wird das Dogma 95-Manifest sehr unterschiedlich aufgenommen. Die einen verachten das Manifest als arrogantes Luftschloss und naive Spinnerei, während andere es als Befreiung von den alten Regeln und als Innovation der Filmemacherei feiern.
Seit der Verkündung des Manifestes sind zehn Jahre vergangen, in denen rege darüber debattiert wurde, ob die Dogma 95-Ästhetik nun gut oder schlecht sei und ob und inwiefern Dogma 95 zu einer „Weiterentwicklung des filmischen Erzählens“ beigetragen habe. Anstatt Dogma 95 unter dem „Künstler-Genie-Begriff“ zu betrachten, soll der Versuch von Dogma 95 - die Dogma 95-Ästhetik als die bessere Filmästhetik zu verkaufen - als ein „Ringen um Macht“ innerhalb der Filmbranche verstanden werden.
Für diese Untersuchung sollen die Regeln der Kunst (1999) von Pierre Bourdieu als Theorie verwendet werden, die einen Erfolg oder Misserfolg von Kunstwerken durch Kämpfe erklären, die unter Künstlern ausgetragen werden. Eine neue Ästhetik etablieren zu wollen, ist der Machtkampf zwischen verschiedenen Akteuren, die alle um die künstlerische Legitimation kämpfen. In diesem Kampf geht es um Vorherrschaft über die Vorgabe der Ästhetik sowie um Macht über ökonomisches Kapital. Das Ziel der Künstler ist es, eine Position einzunehmen, von der aus dies möglich wird.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Avantgarde: Eine Begriffsdefinition
1.1 Pierre Bourdieu: Wiederkehrender Kampf innerhalb des Feldes
1.2 Peter Bürger et al.: Unwiederholbarer Bruch mit der Institution Kunst
2. Entstehung von Dogma 95
2.1 Die Dogma 95-Brüder
2.2 Künstlerisches Konzept
2.2.1 Proklamation: Hundert Jahre Kino
2.2.2 Manifest
2.3 Kampfansage der Avantgarde
2.3.1 Historie des Manifestes
2.3.2 Strategie der avantgardistischen Positionierung
3. Dogma 95: Die Umsetzung einer Idee
3.1 Zwischen Proklamation und Cannes: 1995 bis 1998
3.2. Finanzierung der Dogma 95-Filme
3.2.1 Produktionsfirmen Zentropa & Nimbus
3.2.2 Institutionelle und staatliche Fördergelder
3.3 Dogma 95-Filme #1 bis #4
3.4 Handkamera- & Videoästhetik: alte Technik, neue Bedeutung
4. Etablierung des Dogma 95-Konzeptes
4.1 Filmpreise
4.1.1 Europa
4.1.2 Amerika
4.2 Die Dogma 95-Regisseure: jetzt „weise Männer“?
4.2.1 Dogma 95-Filme # 5 und # 6
4.2.2 Dogma 95-Zertifikat
4.2.3 Dogma 95-Sekretariat
4.2.4 Einlösung des Dogma 95-Versprechens?
4.2.5 Dänische Dogma 95-Filme der zweiten Generation
4.3 Schließung des Dogma 95-Sekretariats
5. Fazit und Ausblick
Literatur und Quellen
Anhang
Einleitung
20. März 1995, Paris. Lars von Trier lässt vom Rednerpult rote Flugblätter in die Menge der europäischen Filmschaffenden segeln. Gerade wird der hundertste Geburtstag des Films gefeiert, als vier dänische Regisseure mit ihrem Manifest Dogma 95 gegen die künstliche, unrealistische Art der Filmemacherei rebellieren. Sie legen ein zehn Regeln umfassendes Gelübde vor und behaupten, dank dieser Regeln bessere Filme machen zu können.
Von der Filmbranche - von Filmkritikern, anderen Regisseuren - wird das Dogma 95-Manifest sehr unterschiedlich aufgenommen. Die einen verachten das Manifest als arrogantes Luftschloss und naive Spinnerei, während andere es als Befreiung von den alten Regeln und als Innovation der Filmemacherei feiern.
Seit der Verkündung des Manifestes sind zehn Jahre vergangen, in denen rege darüber debattiert wurde, ob die Dogma 95-Ästhetik nun gut oder schlecht sei und ob und inwiefern Dogma 95 zu einer „Weiterentwicklung des filmischen Erzählens“ beigetragen habe.[1] Anstatt Dogma 95 unter dem „Künstler-Genie-Begriff“ zu betrachten, soll der Versuch von Dogma 95 - die Dogma 95-Ästhetik als die bessere Filmästhetik zu verkaufen - als ein „Ringen um Macht“ innerhalb der Filmbranche verstanden werden.
Für diese Untersuchung sollen die Regeln der Kunst (1999)[2] von Pierre Bourdieu[3] als Theorie verwendet werden, die einen Erfolg oder Misserfolg von Kunstwerken durch Kämpfe erklären, die unter Künstlern ausgetragen werden. Eine neue Ästhetik etablieren zu wollen, ist der Machtkampf zwischen verschiedenen Akteuren, die alle um die künstlerische Legitimation kämpfen. In diesem Kampf geht es um Vorherrschaft über die Vorgabe der Ästhetik sowie um Macht über ökonomisches Kapital. Das Ziel der Künstler ist es, eine Position einzunehmen, von der aus dies möglich wird. Die Regeln der Kunst beschreiben die Logik und die Mechanismen der innerhalb eines „Feldes“ stattfindenden Kämpfe in der Kunstproduktion. Alle Positionen, welche die Akteure in diesem Feld einnehmen können, hängen von der Struktur des Feldes und der Verteilung der Kapitalsorten ab.[4] Das „Kampfmittel“ ist das Kapital, über das ein Akteur verfügt. Dieser Besitz von Kapital entscheidet wiederum über die Profite, die ein Akteur erzielen kann.
Ein Feld verfügt über eine bestimmte Ordnung - dessen Struktur von den Gegensätzen der antagonistischen Positionen bestimmt wird.[5] An einem Pol des Feldes befinden sich die „Strenggläubigen“ (die Orthodoxen), am anderen Pol die „Ketzerischen“ (die Häretiker). Die Ansage des Kampfes und damit der Versuch, eine Veränderung innerhalb der Ordnung des bestehenden Feldes herbeizuführen, geht immer von den Neulingen (Avantgarde) aus, die eine distinktive - sich abhebende - Position gegenüber den Arrivierten (Arrieregarde) einnehmen. Um die herrschende Kunst zu verdrängen und selbst in eine Machtposition zu gelangen, handelt die Avantgarde in einer bestimmten Art und Weise, um bei der Verteilung von Kapital (symbolisch und ökonomisch) berücksichtigt zu werden. Die Neulinge verfügen noch über kein (oder wenig) Kapital innerhalb des Feldes und sind folglich noch frei von den Abhängigkeiten der Kunstproduktion und besitzen damit die Handhabe, etwas Gegensätzliches zu proklamieren.
Die Dogma 95-Regisseure haben sich bereits vor der Verkündung ihres Manifestes den Abhängigkeiten der Filmproduktion - und somit den Regeln der Orthodoxie - unterworfen. Demzufolge sind sie keine Avantgarde in dem Sinn mehr, dass sie tatsächlich über keinerlei Zugang zum filmischen Feld verfügen, sondern in dem Sinn, dass sie so agieren, als wären sie Neulinge.
Das Ziel der Arbeit soll sein, das Verhalten und den Verlauf von Dogma 95 aufzuzeigen und innerhalb des filmischen Feldes zu analysieren. Ihre kämpferische Distinktion von der im filmischen Feld etablierten Form der Filmproduktion soll verstanden werden als Versuch, ihre Position innerhalb der Branche zu verbessern. Um sich zu positionieren und durch ihr Handeln in eine Machtposition zu gelangen, verwenden sie bestimmte Argumente. Hier soll sichtbar gemacht werden, welche das sind.
Wie ist die Strategie der Dogma 95-Regisseure, um die neue Ästhetik durchzusetzen? Ein kurzer Überblick: Das erste Kapitel stellt die Herkunft des Begriffs Avantgarde vor und vergleicht Pierre Bourdieus und Peter Bürgers Verständnis von Avantgarden. Die beiden gegensätzlichen Theorien sollen die unterschiedliche Argumentation - hinsichtlich des Streits um die richtige Ästhetik - erklären.
Das zweite Kapitel beschreibt das künstlerische Konzept von Dogma 95 und erläutert die Strategien und die Positionierung von Dogma 95 im filmischen Feld.
Das dritte Kapitel betrachtet die Umsetzung des Dogma 95-Konzeptes: wie versuchen die Regisseure, ihren Anspruch auf künstlerische Freiheit und ihren Kampf um ökonomisches Kapital durchzusetzen: sprich, wer finanziert die Filme? In diesem Kapitel wird auch die Entstehung der Dogma 95-Filme betrachtet: die Verkündung des Dogma 95-Manifestes bis hin zur Premiere des ersten Films drei Jahre später (zwei Jahre bis Drehbeginn).
Im Kapitel vier wird anhand von Filmpreisen untersucht, inwieweit Dogma 95 im filmischen Feld anerkannt wird, das bedeutet, ob Dogma 95 einen Wert akkumulieren kann. Dieses Kapitel beschreibt außerdem die Institutionalisierung von Dogma 95. Die Dogma 95-Brüder zertifizieren - nachdem sie ihre Dogma 95-Filme gedreht und Erfolg damit haben - die Ästhetik der Dogma 95-Filme für die Filme anderer Regisseure. Damit verändert sich der ursprüngliche Anspruch der Neulinge, da sie nun anderen die Ästhetik vorzugeben versuchen.
Formalia: Die Filme werden in Dänisch[6] zitiert, die deutsche Übersetzung wird in Klammern angegeben. Die Literatur zu Dogma 95 ist meist in Englisch verfasst - auch aus dem skandinavischen Raum - und wird so zitiert. Das betrifft sowohl die Forschungs-literatur als auch das Dogma 95-Manifest sowie alle weiteren Veröffentlichungen der Dogma 95-Regisseure zu Dogma 95 (wie Beichten, Gründung des Dogma 95-Sekretariats etc.).[7] Von der deutschen und englischen Bezeichnung abweichend, wird die Bewegung im Dänischen als Dogme 95 benannt.
1. Avantgarde: Eine Begriffsdefinition
Ursprünglich war l’avant-garde [frz.] ein militärischer Terminus für die „Vorhut“. Der Begriff steht für die Vorkämpfer einer Idee,[8] die in der Literatur oder in der Kunst um Fortschritt bzw. Erneuerung kämpfen.[9] Eine Avantgarde beansprucht durch ihren „Vordenker“-Anspruch eine „(...) Exklusivität, Totalität (...) für sich allein, (...) ohne Raum für andere >Avantgarden<“[10]. Im Kampf, ihre Kunst durchzusetzen, proklamiert die Avantgarde ihre Kunst als die einzig Richtige.
Dabei könnte der Gedanke auftauchen, ob der avantgardistische Anspruch per se hinfällig ist, da einer Avantgarde immer neue Avantgarden mit dem gleichen Absolutheitsdenken nachfolgen und sich somit ständig gegenseitig negieren. Um diesen fortwährenden Streit um die richtige Ästhetik einzuordnen, soll im Folgenden die Argumentation des strukturellen Ansatzes (Pierre Bourdieu) dem inhaltlichen Ansatz Peter Bürgers gegenübergestellt werden. Die beiden Erklärungsansätze zur Existenz von Avantgarden zeigen zwei unterschiedliche Bewertungsweisen. Bürgers Theorie geht davon aus, dass es einen zeitlichen Einschnitt innerhalb der Kunsthistorie gibt - eine Veränderung, die von der Avantgarde erzielt wird. Laut Bürger sei dieser einmalig.
Pierre Bourdieu geht hingegen von wiederkehrenden Kämpfen innerhalb eines definierten Feldes der Kunstproduktion aus, die zwischen bereits arrivierten Künstlern und den Neuen - der Avantgarde - stattfinden. Bürger wird der formalen Abgrenzung halber zitiert, da seine Theorie von Avantgarden die klassische Betrachtungsweise darstellt. Bourdieus „Regeln der Kunst“ ist ein davon komplett abweichender Ansatz, dessen Betrachtung auf eine strukturelle Sichtweise zielt – anstatt auf den inhaltlichen Aspekt.
1.1 Pierre Bourdieu: Wiederkehrender Kampf innerhalb des Feldes
Das wiederkehrende Erscheinen von Avantgarden beschreibt Pierre Bourdieu anhand der von ihm entwickelten Feldtheorie. Avantgarden haben bei Bourdieu auch heutzutage noch eine „Existenzberechtigung“, da er deren Bedeutung aus den immer wiederkehrenden Kämpfen um Anerkennung und Macht generiert.[11] Bourdieu bewertet weder den Inhalt noch den Aspekt der Fortschrittlichkeit einer künstlerischen Ästhetik. Entgegen des Vorwurfs, der Bourdieu innerhalb der wissenschaftlichen Diskussion oft entgegengehalten wird, die ästhetische Komponente - „Werkaura“ - völlig außer acht zu lassen und somit „entwertend“ zu sein, wird durch „(...) die wissenschaftliche Analyse der sozialen Bedingungen der Produktion und Rezeption des Kunstwerks (...) die literarische Erfahrung keineswegs >>reduktionistisch<< zerstört, im Gegenteil: sie wird noch gesteigert, denn das >>Schöpferische<< wird nicht bloß evoziert - es wird verstanden.“[12]
Bourdieu will die Logik sichtbar machen und die Regeln beschreiben, nach denen Kunst funktioniert. Kunst existiert für ihn nicht autonom, er erklärt sie als von verschiedenen Faktoren abhängig. Im Feld, dem Raum der Kunstproduktion, treffen unterschiedliche Akteure aufeinander. Ungleiche Kräfteverhältnisse führen innerhalb dieses Feldes durch den Besitz ungleichmäßig verteilter Kapitalsorten (kulturell, ökonomisch, sozial und symbolisch) zu Auseinandersetzungen. Kulturelles Kapital wird von einer Person entweder in Form von Bildung (Fähigkeiten und Wissen) oder durch den Besitz von Kulturgütern (z. B. Bücher, Gemälde) erworben. Ökonomisches Kapital wird in Form von materiellem Besitz erworben. Soziales Kapital resultiert aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe und dem Netz von institutionalisierten Beziehungen des gegenseitigen Kennens und Anerkennens und der damit verbundenen Unterstützung (Ehemalige von Elite-Schulen, Adelsgruppen, politische Parteien etc.). Über symbolisches Kapital verfügt derjenige, der soziale Anerkennung in Form von Prestige oder Renommee erworben hat.[13]
Die Akteure kämpfen darum, entweder in eine bessere Position zu kommen - oder, wenn sie bereits in einer guten Position sind, diese zu sichern. Dabei ringen die Akteure untereinander um Definitionsmacht - d. h. jeder will seine Definition der wahren Zugehörigkeit zum Feld durchsetzen. Die Definitionsmacht besitzt letzten Endes derjenige, der unter den anderen Akteuren des (filmischen) Feldes durchsetzen kann, dass er am besten geeignet ist, eine künstlerische Ästhetik vorzugeben. So sprechen sich die Vertreter der unterschiedlichen Ästhetiken gegenseitig die Legitimation zur Existenz als Künstler ab. Jeder stellt dar, dass er allein der „echte“ Künstler sei.[14] Dabei finden diese Kämpfe „zwischen den Inhabern der polar einander entgegengesetzten Positionen des Feldes“[15] - zwischen Autonomie und Heteronomie der Kulturproduktion statt: die weniger etablierten Akteure (Avantgarde) ringen mit den bereits etablierten Akteuren (Arrieregarde).
Avantgarden und ihr Versuch, eine neue künstlerische Ästhetik zu etablieren, werden von Bourdieu als Versuch angesehen, die bestehende Ordnung innerhalb des Feldes zu zerstören und in eine Machtposition zu gelangen und durch diese Position an ökonomisches Kapital zu gelangen und darüber zu verfügen.[16] So sind die Bekundungen der Avantgarde eine Positionierung auf innerhalb des Feldes entgegengesetzten Seite zur Arrieregarde - und zugleich ein Einsatz in einem fortwährenden Konflikt.[17]
Die Dogma 95-Regisseure sind im Sinne Bourdieus keine reine Avantgarde, da sie bereits über symbolisches und kulturelles Kapital verfügen. Dennoch werden sie im Folgenden als solche eingeordnet, da sie sich als solche verhalten: die geltenden Konventionen ablehnen und angreifen. Sie sind, obwohl ihr Eintritt ins filmische Feld schon gelungen ist, an einer Veränderung der Ordnung im Feld interessiert.
Die in den Regeln der Kunst beschriebenen Strukturierungen für das literarische Feld sollen in ihrer Logik und Begrifflichkeit auf das filmische Feld übertragen werden.[18] Anders als in dem - in den Regeln der Kunst beschriebenen - literarischen Feld herrschen im filmischen Feld aufgrund der höheren Herstellungskosten und des damit einhergehenden höheren ökonomischen Kapitals größere Abhängigkeiten, so dass der Begriff der Autonomie und des autonomen Pols hier mit Vorsicht verwendet werden muss.
1.2 Peter Bürger et al.: Unwiederholbarer Bruch mit der Institution Kunst
Peter Bürgers Theorie der Avantgarde (1974) konstatiert, dass die so genannten historischen Avantgarden am Anfang des 20. Jahrhunderts einen Bruch mit der Institution Kunst vollzogen und damit einen neuen Maßstab gesetzt hätten. In den späten 60er Jahren gelangt diese Form der Avantgardediskussion zu einer Theoriebildung, die zwischen Avantgarde und Moderne einen Wechsel des Denkmusters feststellt und konstatiert, dass die Avantgarde einen grundsätzlichen Bruch mit der Moderne vollzogen habe. Bis dato - vor den historischen Avantgarden - sei die Kunst und mit ihr die künstlerischen Mittel noch an die Gesellschaft gebunden gewesen. Die historischen Avantgarden stellen Kunst als Abbild der gesellschaftlichen Realität und zugleich auch diese Realität in Frage. Es negieren die historischen Avantgarden so die Tradition der Kunst.
Die von den historischen Avantgarden in radikaler Art und Weise vertretene Autonomie der Kunst fordert eine Verbindung von Kunst und Leben ein – und die Aufhebung der von der Lebenspraxis getrennten Ideologie der Kunst in der bürgerlichen Gesellschaft:[19] Frei von künstlerischen Verfahrensweisen, von stilistischen Prinzipien und ihrem gesellschaftlichen Zweck sollen die künstlerischen Mittel autonom und frei verfügbar sein.
Bürgers Theorie zufolge scheitern die historischen Avantgarden, weil die Rückführung der Kunst in die Lebenspraxis und die gesellschaftliche Veränderung nicht gelingt. Nachfolgenden Avantgarden[20] spricht Bürger eine Sinnhaftigkeit ab – der radikale historische Traditionsbruch mit der Institution Kunst sei einmalig und nicht wiederholbar.
2. Entstehung von Dogma 95
Als Lars von Trier 1995 den dänischen Filmwissenschaftler Peter Schepelern anruft, sagt dieser, dass es seit Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre (seit der Nouvelle Vague & dem Oberhausener Manifest) keine Filmmanifeste mehr gegeben habe. Trier erwidert daraufhin, dass es Zeit wäre, etwas Neues zu machen.[21]
Das Dogma 95-Manifest wird zu einem Zeitpunkt verkündet, als Lars von Trier auf den Finanzierungsbescheid für seinen Spielfilm ‘Breaking the waves’ (1996) wartet. Er hat gerade den ersten Teil der Krankenhaus-Fernsehserie ‘Riget’ (Geister[22], 1994) abgedreht und außerdem das Gefühl, dass er „etwas ganz Neues ausprobieren“ müsste.[23] Er kann den jungen Regisseur Thomas Vinterberg für die Idee begeistern. Gemeinsam arbeiten beide ein Manifest aus, das eine künstlerische Grundsatzerklärung sowie zehn Regeln umfasst. Daraufhin suchen sie zwei weitere Mitglieder, die Regisseure Søren Kragh-Jacobsen und Kristian Levring.[24] Grund: „um eine Welle zu kreieren, braucht man nun mal mehrere Beteiligte“[25].
2.1 Die Dogma 95-Brüder
Das Manifest wird von Thomas Vinterberg und Lars von Trier allein verfasst und unterzeichnet. Vor Verkündung ihres Manifestes im Pariser Odéon-Theater werben sie noch die Regisseure Søren Kragh-Jacobsen und Kristian Levring an und bilden gemeinsam die Dogma 95-Brüderschaft (als ‚brotherhood’).
Lars von Trier schließt 1983 sein Studium an der National Film School of Denmark[26] ab. Anfangs dreht er einige Werbefilme, unter anderem den Werbeclip ‘Sauna‘ (1986) für die dänische Boulevardzeitung Ekstra Bladet. Vor der Verkündung von Dogma 95 dreht er die drei Spielfilme der Europa-Trilogie - bestehend aus ‘Forbrydelsens element’ (The Element of Crime, 1984), ‘Epidemic’ (1987) und ‘Europa’ (1991) - und den ersten Teil der Fernsehserie ‚Riget‘[27] (Geister, 1994). Insgesamt gewinnt er den dänischen Filmpreis Bodil[28] drei Mal: 1985 für ‘Forbrydelsens element’, 1992 für ‘Europa’, 1995 für ‚Riget‘. In Cannes gewinnt er 1984 den Grand Prix de la Commission Supérieure Technique für ‘Forbrydelsens element’ und 1991 ebenfalls den Grand Prix de la Commission Supérieure Technique und den Prix du Jury für ‘Europa’. Von Trier bleibt keinem einheitlichen Konzept oder Stil treu, sondern arbeitet immer wieder mit unterschiedlichen Filmtechniken und Provokationen. Die frühen von Trier-Filme sind gekennzeichnet von einem Stil, der „avant-gardist, individualistic, entfant terrible-like“[29] ist. Seine frühen Werke sind „Kunstkino“ - technisch perfekt und stilisiert. Die Technisierung der filmischen Ästhetik erreicht in ‘Europa’ seinen Höhepunkt.[30] In ‘Riget‘ probiert er hingegen eine neue grobkörnige Videoästhetik.[31] Hier zeigt sich schon Lars von Triers Interesse „to (...) escape the oppressive apparatus of the film industry, inclusive of the burdensome financial and artistic expectations“[32]. Bereits vor Dogma 95 experimentiert von Trier schon mit Manifesten.[33] Jeweils vor den Premieren seiner Europa-Trilogie (‘Forbrydelsens element’, ‘Epidemic‘ und ‘Europa‘) verkündet er seine Manifeste 1-3.[34]
Der zweite Dogma 95-Bruder Thomas Vinterberg hat zwei Jahre zuvor die National Film School of Denmark abgeschlossen. Mit 19 Jahren ist er zu Beginn seines Studiums der jüngste Student, der jemals an der National Film School of Denmark angenommen wurde. Zugleich ist der 1969 geborene Vinterberg auch der jüngste der Dogma 95-Brüder. Auszeichnungen innerhalb der Filmbranche kann er mit seinem Abschlußfilm ‘Sidste omgang’ (Letzte Runde, 1993) verzeichnen, dieser gewinnt im gleichen Jahr den Jury Award beim Internationalen Festival der Filmhochschulen (München)[35] und den First Prize beim Student Film Festival (Tel Aviv). Außerdem wird der Film 1994 für den Studenten-Oscar nominiert.[36] Nach seinem Abschluss dreht er die beiden Kurzfilme ‘Slaget på tasken’ (Der Schlag auf die Tasche, 1993) und ‘Drengen der gik baglæns’ (Der Junge, der rückwärts ging, 1993).
Der dritte im Bunde ist Søren Kragh-Jacobsen, der von 1969 bis 1971[37] die Dokumentarfilmklasse der Film and TV School of the Academy of Performing Arts in Prague (FAMU) besucht. Anschließend arbeitet er von 1971 bis 1983 als Drehbuchautor, Produzent und Regisseur beim öffentlich-rechtlichen Danmarks Radio Television (DR TV), wo er Beiträge für das Kinder- und Jugendprogramm sowie mehrere Fernsehfilme bzw. -serien produziert.[38] Von 1978 bis 1991 dreht er sechs Kinder- und Jugendspielfilme. Sein Spielfilmdebüt ist der Jugendfilm ‘Vil du se min smukke navle?’ (Willst du meinen hübschen Bauchnabel sehen? 1978). Sein Film ‘Rubber Tarzan’ (Gummi-Tarzan, 1981) gewinnt den Bodil und 1982 den Unicef-Preis für den besten Kinderfilm auf der Berlinale. Es folgen die Filme ‘Isfugle‘ (Eisvögel, 1983) und ‘Skyggen af Emma’ (Emmas Schatten, 1988), der 1988 den Bodil gewinnt. ‘Guldregn‘ (Goldregen, 1988) und ‘Drengene fra Sankt Petri‘ (Die Jungen von St. Petri, 1991) sind seine letzten beiden Kinder- und Jugendfilme. Als Lars von Trier ihn wegen des Dogma 95-Manifestes anruft, ist er mitten in den Vorbereitungen zu dem Spielfilm ‘Island on Bird Street’ (Die Insel in der Vogelstrasse, 1997).[39]
Das vierte Mitglied der Gruppe von Dogma 95 ist Kristian Levring, der 1988 an der National Film School of Denmark seinen Abschluß im Studienfach editing[40] macht. ‘Et Skud fra hjertet’ (Shot From The Heart,[41] 1986) ist sein Regiedebüt. Danach führt er bei zahlreichen Werbefilm-Produktionen für internationale Firmen wie Carlsberg, Volvo, Peugeot, Microsoft, Coca-Cola und BMW Regie.[42] Ab 1994 ist er Mitinhaber der Werbefilmfirma Blarke Sonne Levring[43].
Alle Dogma 95-Regisseure verfügen über Erfahrung im filmischen Feld. Durch ihre Ausbildung an einer Filmhochschule haben sie kulturelles Kapital in Form von filmkünstlerischen, filmtechnischen und filmgeschichtlichen Kenntnissen und Fähigkeiten erworben. Entscheidend, um im filmischen Feld als Regisseur bzw. Künstler anerkannt zu werden. Weiterhin verfügen sie über kulturelles Kapital, welches sie mit der Anerkennung ihres filmischen Könnens durch den (akademischen) Abschluss erworben haben. Als Ehemalige einer Filmhochschule besitzen sie entsprechendes soziales Kapital, welches sich aus der Zugehörigkeit zu dieser Ausbildungsinstitution und durch gegenseitiges Kennen innerhalb der Filmbranche ergibt. Weiteres, symbolisches Kapital, erlangten sie mit den diversen Ehrungen durch Filmpreise. Die Dogma 95-Brüder befinden sich so vor der Verkündung ihres Dogma 95-Manifestes in einer Position, in der sie über Kapital verfügen können. Zum Zeitpunkt der Verkündung ihres Manifestes haben sie sich innerhalb des Feldes bereits positioniert. Daher sind sie - im eigentlichen Sinn betrachtet - keine Neulinge im filmischen Feld mehr.
Lars von Trier zeigt sich als der Initiator der Gruppe. Er hat bereits Erfahrung mit öffentlichen Erklärungen und dem Aufstellen von Regeln, von dessen positiver Wirkung er überzeugt ist: „I have created rules before, so I think I’ve demonstrated that they can lead to something positive“[44].
Laut Bourdieu spielen im Feld alle beteiligten Akteure im Kampf um Positionen immer nach bestimmten Regeln, die keiner hinterfragt, der am Spiel teilnehmen will, da die Regeln selbst der Zugang zum Spiel sind: So unterwerfen sich alle Akteure dieser Illusio[45]. Verglichen mit den drei anderen Dogma 95-Brüdern verfügt Lars von Trier über das meiste symbolische Kapital (die meisten Filmpreise) und das meiste kulturelle Kapital (die meiste Erfahrung im filmischen Feld). Dadurch ist es ihm auch am ehesten möglich, sich am Spiel - der Illusio - zu beteiligen. Lars von Trier ist mit den Regeln des filmischen Feldes vertraut - da er dessen Gesetzmäßigkeiten genau kennt. Diese Gesetzmäßigkeiten des filmischen Feldes hat er durch seine Rolle des Provokateurs erprobt und oft bis an die Grenzen ausgereizt.
1987, bereits Jahre vor der Verkündung von Dogma 95, erklärt er in einer dänischen Zeitung seine Faszination für die Entwicklung von neuen Filmbewegungen, aus denen etwas Neues hervorgeht:
„It is clear that during great periods, such as The New Wave in France, or new German film (...) a lot of people can (...) become incredibly inspired and a great amount of exiting films can get made. (...) at the present the wave has washed over and we find ourselves up on the beach (...) And the only thing one can do as a film-maker in such a situation is to attempt to reach forward to a new and fruitful period. One must experiment.“[46]
Lars von Trier zeigt seine Lust am Vordenkertum und das Interesse an der Neuinterpretation und Erfindung neuer filmischer Sehgewohnheiten.
Bei der Gründung von Dogma 95 bemüht sich Lars von Trier um eine „eine möglichst bunt zusammmengewürfelte Gruppe“[47]. Er wählt den jungen Vinterberg, weil er denkt, „daß es toll wäre, einen von den Jungen für die Idee zu begeistern“[48]. Kragh-Jacobsen präsentiert den „traditionellen und konventionellen Film“[49] ebenso wie Kristian Levring, der „Werbefilme auf hohem ästhetischen Niveau“[50] gedreht hat. Lars von Trier wählt die Gruppenmitglieder sorgfältig aus.[51] Im Endeffekt vereint die Gruppe vier Regisseure, die ganz unterschiedliche Positionen innerhalb des filmischen Feldes einnehmen: der gegen die konventionelle Ästhetik rebellierende Lars von Trier (Rolle des „Revolutionärs“), dann Kragh-Jacobsen und Levring, die sich an der konventionellen Ästhetik (am heteronomen Pol des Feldes) orientieren und der junge Thomas Vinterberg, der noch in der Entwicklung seiner filmischen Ästhetik ist.
Außerdem laden sie acht weitere arrivierte Regisseure (Francis Ford Coppola, Aki Kaurismäki, Akira Kurosawa, Martin Scorsese, Steven Spielberg, u. a.) ein, sich an Dogma 95 zu beteiligen. Jedoch sagt keiner dieser Regisseure zu.[52] (Kurosawa ist der einzige, der absagt.)[53] Aki Kaurismäki zeigt Lars von Trier nur „den Finger“ und erklärt Dogma 95 als schwachsinnige Idee. Diese eine Bemühung, arrivierte Regisseure des filmischen Feldes „mit ins Boot zu holen“ funktioniert nicht. Der Versuch, zusammen mit anderen Arrivierten des Feldes die Logik des Feldes umzukehren und andere Regeln des Filmemachens zu benennen und zu etablieren, scheitert in dieser frühen Phase.
2.2 Künstlerisches Konzept
Lars von Trier und Thomas Vinterberg datieren ihr Manifest auf den 13. März 1995.[54] Von Trier hat bereits vorab einige Notizen gemacht. Das Manifest verfassen sie jedoch gemeinsam - beide steuern ein paar Regeln bei.[55] Sie überlegen, und greifen auf die konventionelle Art der Filmemacherei zurück, welche das Ziel ihres Angriffs ist: „(...) our system was to take all the things that we would normally do - and ban them.“[56] Innerhalb einer halben Stunde ist das Manifest verfasst,[57] es besteht aus einer Erklärung, was Dogma 95 am konventionellen Filmemachen kritisiert und einem zehn Regeln umfassenden Regelkatalog. Diese zehn Regeln stellen die praktische Anleitung und die Bestimmung einer neuen filmischen Ästhetik dar.
2.2.1 Proklamation: Hundert Jahre Kino
1995 ist das Jahr des hundertsten Geburtstags des Films. Seit der Vorführung des ersten Films durch die Brüder Lumière ist ein Jahrhundert vergangen. Lars von Trier ist zu einer Fachrunde der Filmschaffenden (Le Cinema vers son deuxième siècle)[58] eingeladen, die vom Französischen Ministerium für Kultur und Film im Pariser Odéon-Theater veranstaltet wird. Neben der Feier des hundertsten Geburtstags des Films steht auch die Zukunft des Films zur Debatte.[59] Den Zeitpunkt der Verkündung des Manifestes hat Lars von Trier genau kalkuliert und wollte es gern 1995 ausformuliert haben, da er: „[...] kurz darauf nach Paris zu einem Filmseminar fahren sollte, wo die Situation des europäischen Films im Verhältnis zum amerikanischen diskutiert wurde.“[60] Das Odéon-Theater ist ein historisch bedeutsamer Ort der Pariser Mai-Unruhen 1968.[61]
Dadurch besitzt das Theater ein symbolisches Kapital als Ort für den Kampf zwischen den Machtinhabern (Arrivierten) und denen, die gegen deren die bestehende Ordnung kämpfen (Avantgarde). Lars von Trier weiß genau um diese historische Bedeutung des Odéon-Theaters, denn er sagt, es sei „genau der richtige Ort, um das Dogma 95-Manifest zu präsentieren“[62], in „demselben Theater, das 68 von den Studenten besetzt worden war“[63].
Dass Lars von Trier als Redner zu dieser Veranstaltung zur Feier des 100. Geburtstag in Paris eingeladen wird, lässt sich damit erklären, dass er sich bereits kulturelles Kapital (Regieerfahrung - Wissen über Filmproduktion, Filmhistorie, Experimente mit filmischer Ästhetik und Kenntnis der Branche) angeeignet hat. Durch diesen Habitus[64] hat er eine Position erlangt, wo die Teilnahme am Spiel - an der Illusio - möglich ist. Diese Position gibt ihm die Möglichkeit, Kritik an den bestehenden Werten der Filmbranche zu üben (und von den Akteuren des filmischen Feldes gehört zu werden).[65] Anstatt, wie angekündigt, einen Vortrag über seine „Ansichten über die Hegemonie des amerikanischen Films darzulegen“[66], wirft Lars von Trier am 20. März 1995 rote DIN-A5-Blätter mit dem aufgedruckten Dogma 95-Manifest von der Bühne.[67] Anschließend verliest er das Manifest, verweigert aber jegliche Diskussion darüber - da er dazu von den Dogma 95-Brüdern nicht autorisiert sei.[68]
2.2.2 Manifest
Die künstlerische Grundsatzerklärung auf der Vorderseite des Manifestes beschreibt Dogma 95 als die kämpferische Proklamation und Neudefinition des Filmemachens. Die zehn Regeln auf der Rückseite des Manifests beinhalten die praktische Anleitung für die Umsetzung der Dogma 95-Ästhetik. Die Dogma 95-Brüder benennen ihr Regelwerk als The Vow of Chastity (Keuschheitsgelübde).
2.2.2.1 Grundsatzerklärung (Dogma 95)
Einleitend erläutert der erste Satz, dass Dogma 95 ein Kollektiv von Filmemachern sei und im Frühjahr 1995 in Kopenhagen gegründet wurde.[69] Daraufhin wird das Ziel der Bewegung formuliert, gegen „gewisse Tendenzen“ des gegenwärtigen Filmemachens vorzugehen zu wollen.[70] Den gleichen Ausdruck (gegen „gewisse Tendenzen“ in der Filmbranche vorgehen zu wollen) verwendet Francois Truffaut in seinem Artikel „Une certaine tendance du cinéma francaise“[71]. Dieser erscheint 1954 in der französischen Filmzeitschrift Cahiers du Cinéma und ist prägend für den Angriff der damaligen sogenannten „Szenaristen“ (Arrieregarde) durch die französische Filmbewegung Nouvelle Vague (Avantgarde).[72]
Das Manifest stellt Dogma 95 als eine „Rettungsaktion“[73] dar. Mit der Parole „In 1960 enough was enough! The movie was dead and called for resurrection.“[74] verweist Dogma 95 auf die Forderung der Nouvelle Vague nach einer Erneuerung der Filmästhetik. Mit dem Ausspruch „The goal was correct but the means were not!“[75] wird konstatiert, dass die Umsetzung des Ziels der Nouvelle Vague nicht gelungen sei, da die Filme der Nouvelle Vague nicht zur Veränderung des filmischen Erzählens geführt hätten.[76] Dies liege, so Dogma 95, an dem falschen künstlerischen Konzept der Nouvelle Vague - und an deren Art des Autorenfilm: „The auteur concept was bourgeois romanticism from the very start and thereby ... false!“[77]. Nach der Bezugnahme auf die Nouvelle Vague verkündet Dogma 95, dass für sie Filmemachen nicht individuell sei.[78]
Dogma 95 sagt, dass im Zeitalter der Technologie und dem leichteren Zugang zum Filmemachen die Avantgarde immer wichtiger werden würde.[79] So legitimieren sie sich praktisch selbst. Dogma 95 greift im Anschluss auf die semantische Zuschreibung der Avantgarde zurück und sagt, dass es kein Zufall sei, dass der Begriff mit militärischen Konnotationen verbunden sei.[80] Die Antwort von Dogma 95 laute deshalb „Disziplin“. Ihre Neudefinition von filmischer Ästhetik ziele auf die Uniformierung des Films durch ein Regelwerk. Mit der Aussage, dass der individuelle Film schon von vornherein dekadent sei, begründen sie die Notwendigkeit, die Filme in „Uniformen“ - sprich, in ein Regelwerk - zu packen:[81] „DOGMA 95 counters the individual film by the principle of presenting an indisputable set of rules known as THE VOW OF CHASTITY“[82]. Mit erneuter Bezugnahme auf die Nouvelle Vague („In 1960 enough was enough!“[83] ) folgert Dogma 95, dass „(...) yet since then the use of cosmetics has exploded“[84]. So ziehen sie eine negative Bilanz und das Ziel der Nouvelle Vague, der Ästhetik des „kosmetisierten“[85] Films etwas entgegenzusetzen, als gescheitert.
Provokativ wird die Frage aufgeworfen, was die vergangenen 100 Jahre des Filmemachens gebracht hätten.[86] Dogma 95 sagt, dass Emotionen durch Illusionen vermittelt würden.[87] Diese Emotionen würden durch die individuelle Anwendung von Tricks durch den Künstler (Regisseur) erzeugt.[88] Außerdem werde der Dramaturgie viel zu viel Bedeutung zugemessen und viel zu komplizierte Handlungsschemata geschaffen – dies alles wäre keine „hohe Kunst“![89] Wie nie zuvor erhielten künstliche Action und künstlicher Film die ganze Bewunderung.[90] Das Resultat sei jedoch öde, folgert das Manifest, da nur eine Illusion (von Pathos und Liebe) geschaffen werde.[91] Dogma 95 hingegen verstehe Film nicht als Illusion.[92]
Die heutige Dominanz der Technologie im Film sei die Ursache, dass die „Kosmetik“ des Films über alles andere erhoben würde.[93] Durch diese neuen Technologien würde die „Wahrheit fort gewaschen“ und stattdessen nur Sensation erzeugt.[94]
So seien die Illusionen das einzige, hinter denen sich der aktuelle Film verstecken könne.[95] Dogma 95 verspricht, dem entgegenwirken zu wollen. Die Präsentation ihrer zehn Regeln - The Vow Of Chastity (Keuschheitsgelübde) - sei der erste Schritt dazu.[96]
Klar wird, dass sich das Manifest den gleichen Zielen der Nouvelle Vague verschreibt, die ebenfalls den „künstlichen“ Film bekämpfen und genauso eine neue Natürlichkeit des cineastischen Ausdrucks kreieren wollten.
2.2.2.2 Zehn Regeln (The Vow of Chastity) und ein Versprechen
Das Keuschheitsgelübde (The Vow of Chastity) umfasst zehn Regeln und stellt die konkrete Vorlage - das „Handwerkszeug“ - für die zukünftigen Dogma 95-Filme dar: Es darf nur an Originalschauplätzen mit dort vorhandenen Requisiten gedreht werden (Regel 1)[97]. Musik muss gleichzeitig aufgenommen werden, sie darf nicht eingespielt werden (Regel 2)[98]. Die Kamera muss eine Handkamera sein, sowohl die bewegten als auch die unbewegten Bilder müssen von Hand gedreht werden; die Kamera muss dort sein, wo die Handlung stattfindet und nicht umgekehrt (Regel 3)[99]. Der Film muss in Farbe gedreht werden. Zusätzliches Licht ist nicht erlaubt; falls zu wenig Licht da ist, um eine Szene zu drehen, darf eine einzelne Lampe an der Kamera befestigt werden (Regel 4)[100]. Optische Arbeit und Filter sind verboten (Regel 5)[101]. Der Film darf keine künstliche Handlung beinhalten; sprich Morde, Waffen etc. dürfen nicht vorkommen (Regel 6)[102]. Zeitliche und geografische Distanz ist ebenfalls verboten - der Film muss im „Hier und Jetzt“ spielen (Regel 7)[103]. Es dürfen keine Genre-Filme gemacht werden (Regel 8)[104]. Das Filmformat muss „Academy 35 mm“[105] sein (Regel 9)[106]. Der Regisseur darf nicht genannt werden (Regel 10)[107].
Nach diesen zehn Regeln folgt, dass der Regisseur verspreche, von seinem persönlichen Geschmack Abstand zu nehmen.[108] Er sei nicht länger ein Künstler und schwöre, es zu unterlassen, ein Kunstwerk zu schaffen.[109] Vielmehr solle das Werk als Momentaufnahme betrachtet werden, welches wichtiger als das Ganze sei.[110] Das oberste Ziel sei, die Wahrheit aus den Charakteren und Schauplätzen „herauszupressen“.[111] Der Regisseur schwöre außerdem, dies mit all den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und gleichzeitig auf Kosten des guten Geschmacks zu tun, ohne jegliche ästhetische Überlegungen zu berücksichtigen.[112]
2.3 Kampfansage der Avantgarde
Die Niederlegung einer künstlerischen Absichtserklärung durch ein Manifest ist der Akt einer Avantgarde und stellt ihre Positionierung dar. Es soll die Argumentation von Dogma 95 herausgearbeitet werden, mit der die Dogma 95-Regisseure versuchen, gegen die Arrivierten (zu denen sie eigentlich selbst auch zählen) zu kämpfen und eine neue Ästhetik zu etablieren.
2.3.1 Historie des Manifestes
Manifeste haben als Ausdruck der künstlerischen Auffassung von Avantgarden eine lange Tradition. So bedienen sich bereits die europäischen Avantgarden der 10er, 20er und 30er[113] der Textsorte des Manifestes, „(...) um eine Bewegung zu kreieren, um Skandale zu provozieren oder sich abzugrenzen (...)“[114]. Manifeste sind ein Mittel der Selbstdarstellung der eigenen ästhetischen Prinzipien, durch das die Avantgarde ihr Ziel vermitteln und den Anspruch formulieren kann, die „Vorhut“ zu sein.[115] Auch wenn Manifeste sich in ihren inhaltlichen (ästhetischen) Forderungen unterscheiden, ist die Utopie des Ganzheitsentwurfs doch spezifisch für diese Textsorte.[116]
Ein Manifest stellt die geltenden Wahrnehmungs- und Bewertungskategorien in Frage und gibt der Avantgarde die Möglichkeit, ihre Intention zu verkünden - die Kunst verändern zu wollen. Die sprachlich extreme, kämpferische Ausdrucksweise geht damit einher, es ist der Ausdruck des Aufbegehrens der Avantgarde:
„The manifesto refuses dialogue or discussion; the manifesto fosters antagonism and scorns conciliation. It is univocal, unilateral, singleminded. It conveys resolute oppositionality and indulges no tolerance for the faint hearted (...)“[117].
Mit einem Manifest verbindet sich eine Kampfansage, denn „das subversive Vorgehen der Avantgarde diskreditiert die geltenden Konventionen (...) und lässt die diesen Normen entsprechenden Produkte als überholt und altmodisch erscheinen“[118]. Mit der Verweigerung der traditionellen Sinnstiftung eines Kunstwerkes zielt die Formulierung der neuen künstlerischen Ziele auch auf die Verweigerung der Konvention. Das Manifest dient so dem
[...]
[1] So sind bis heute im englischen und deutschen Sprachraum über Dogma 95 rund 20 Bücher geschrieben worden, die sich ganz oder zu einem großen Teil mit Dogma 95 beschäftigen. Zudem wurden unzählige Aufsätze verfasst und filmische Dokumentationen gedreht. Oft wurde dabei das ästhetische Konzept der Dogma 95-Filme analysiert.
[2] Les règles de l’art. Genèse et structure du champ littéraire [frz.] (1992).
[3] Französischer Soziologe (1930 - 2002).
[4] Vgl. Bourdieu, Regeln, S. 365. Kapital ist anders als im herkömmlichen Sprachgebrauch nicht nur ökonomisches Kapital, bei Bourdieu existiert darüber hinaus die Kapitalsorte des symbolischen und kulturellen Kapitals.
[5] Bourdieu, Regeln, S. 379.
[6] Die deutschen Filme in Deutsch, usw.
[7] Die dänische Literatur ist aufgrund meiner eigenen „Sprachbarriere“ nicht berücksichtigt. Auf Artikel der dänischen Zeitschriften Ekstra Bladet, Politiken und Berlingske Tidende wird aus der Sekundärliteratur zurückgegriffen.
[8] Vgl. Duden, Herkunft, S. 56.
[9] Vgl. Duden, Fremdwörter, S. 97.
[10] Fähnders, Walter, in: Text + Kritik, S. 62.
[11] Auch wenn Avantgarden sehr unterschiedlich hinsichtlich ihrer Vorerfahrung sind, beschreibt Bourdieu fortdauernd geltende Muster, die durch die Regeln der Kunst entstehen.
[12] Vgl. Bourdieu, Regeln, Buchrückseite.
[13] Im vorliegenden Kontext gehe ich von vier Kapitalbegriffen aus. Konträr dazu werden die Kapitalbegriffe in mancher Sekundärliteratur nur in drei Kapitalarten aufgeteilt, wobei dann das symbolische Kapital als Form der drei anderen Kapitalsorten definiert wird.
[14] Vgl. Bourdieu, Regeln, S. 353.
[15] Bourdieu, Regeln, S. 354.
[16] Vgl. Bourdieu, Regeln, S. 204.
[17] Vgl. Bourdieu, Regeln, S. 368.
[18] Jedoch muss auch klar gesagt werden, dass Bourdieu die Theorie der ‘Regeln der Kunst‘ anhand des literarischen Feldes Frankreichs im 19. Jahrhundert entwickelt hat. So ist beispielsweise der Begriff der Autonomie aufgrund der Produktionsbedingungen eines Films so nicht 1:1 auf das filmische Feld übertragbar.
[19] Vgl. hierzu kritische Stimmen zu Bürgers Theoriebildung: >>Theorie der Avantgarde.<< Antworten auf Peter Bürgers Bestimmung von Kunst und bürgerlicher Gesellschaft (1976). Lüdke, W. Martin [Hrsg.].
[20] Bürger benennt diese als ‚Neoavantgarden’ (in den 50er und 60er Jahren).
[21] Peter Schepelern, in: Forst, Laboratorium, TC 43:21-43.46.
[22] Auch: ‘Hospital der Geister‘.
[23] Vgl. Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 175
[24] Anfangs gehört die Dokumentarfilmerin Anne Wivel zu Dogma 95. Nachdem sie zwei Jahre an den Treffen der Bewegung teilgenommen hat, verlässt sie die Gruppe jedoch.
[25] von Trier, in: Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 176.
[26] Den Danske Filmskole, 1966 gegründet. Vierjährige Ausbildung, Teilbereiche: Regie, Kamera, Tontechnik, Schnitt, Produktion und Animation.
[27] ‘Riget‘ (1994) und ‘Riget II‘ (1997); aus je vier Folgen bestehend.
[28] Ältester, seit 1948 jährlich vom dänischen Kritikerverband verliehener Filmpreis, Bedste danske film (Bester dänischer Film des Jahres).
[29] Bondebjerg, in: Bondebjerg/Hjort, Directors, S. 209.
[30] Hjort/MacKenzie, Purity, S. 58. Hier wird Lars von Trier zitiert, dass er es das Technischste fand, was er produziert hat.
[31] „The Kingdom was shot in 16 mm and digital edited, while the colour was manipulated in the copying and colour-grading processes. This gave it the stylised look and feel of video.“ in: Stevenson, Trier, S. 82.
[32] Stevenson, Trier, S. 77.
[33] „All of his major films have been accompanied by manifestos in which a (...) attitude to the state of film art (...) is expressed, often in a polemical and challenging form.“ Vgl. Hjort/MacKenzie, Purity, S. 59.
[34] Vgl. Anhang. Manifeste 1 - 3.
[35] Auch Lars von Trier präsentiert 1982 dort seinem Abschlußfilm ‘Befrielsesbilleder‘ (Bilder der Befreiung, 1982), gewinnt aber keinen den Preis. Lt. Email Zoran Gojic (Presse Internationales Filmfestival der Filmhochschulen München), 31.7.06.
[36] Vgl. www.luebeck.de/filmtage/03/program/filme/131.html, 9.8.06
[37] Wird 1971 von der Schule verwiesen. Vgl. Kelly, Dogme 95, S. 153.
[38] Vgl. Bondebjerg/Hjort, Directors, S. 166.
[39] Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 187.
[40] Schnitt (dt.).
[41] ‘Final Shot‘ (Alternativtitel).
[42] Vgl. www.cinemazone.dk/article.asp?id=163, 9.8.06. Levring gewinnt für auch zahlreiche dänische und internationale Preise. Vgl. www.dfi.dk/english/Danish+films/Directors/DirectorFact.htm?DirID=8055, 9.8.06.
[43] Bei der Firma realisieren auch Thomas Vinterberg und Ole Christian Madsen Werbefilme. Vgl. www.bsl.dk, 16.6.06.
[44] Bondebjerg/Hjort, Directors, S. 222.
[45] Bourdieu, Regeln, S. 360f.
[46] Weekendavisen (28.06.1987), in: Stevenson, Trier, S. 103.
[47] Lars von Trier, in: Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 176.
[48] Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 175f.
[49] Lars von Trier, in: Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 176.
[50] Lars von Trier, in: Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 176f.
[51] Der dänische Regisseur Nils Malmros wird ebenfalls zu Dogma 95 eingeladen, er lehnt jedoch ab.
[52] Vgl. von Trier und Vinterberg, in: ‘The Birth of Dogma‘, TC 12:54-13:10. Auch Kelly, Dogme 95, S. 114.
[53] Vgl. von Trier, in: ‘The Birth of Dogma‘, TC 13:12-13:16.
[54] Sie unterzeichnen es allein, die beiden anderen Dogma 95-Brüder unterzeichnen nicht.
[55] Vgl. Vinterberg, in: ‘The Birth of Dogma‘, TC 4:12-4:16.
[56] Vgl. Vinterberg, in: ‘The Birth of Dogma‘, TC 4:18-4:25.
[57] Lars von Trier: „Manifeste müssen schnell geschrieben werden. (...) Ansonsten verwässern sie und verlieren an Expressivität und Provokation.“ In: Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 175. Thomas Vinterberg: „Als wir die Regeln formulieren, haben wir viel gelacht. (...) Zugleich meinten wir es tief ernst.“ In: Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 99.
[58] Vgl. Hjort/MacKenzie, Purity, S. 27.
[59] Vgl. Stevenson, Trier, S. 102.
[60] Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 177.
[61] Proteste der Studierenden - unter anderem gegen die Schließung einiger Fakultäten der Pariser Universitäten Sorbonne und Nanterre - weiten sich im Mai 1968 zu Kämpfen mit der Regierung aus. Im Verlauf dessen wird auch das Odéon-Theater besetzt und dient als Kommandozentrale zur Planung studentisch politischer Aktionen. An den Ereignissen, die langfristig kulturelle, politische und ökonomische Reformen in Frankreich nach sich ziehen, sind insgesamt einige hunderttausend Menschen beteiligt.
[62] Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 177.
[63] Hallberg/Wewerka, Kontrolle, S. 177.
[64] Vgl. Bourdieu, Regeln, S. 412 & 420. Ist ein System von Dispositionen. (Hier meint es den Platz, der einem Akteur erlaubt wird, innerhalb einer Gruppe einzunehmen).
[65] „Die soziale Identität schließt einen begrenzten Zugang zum Möglichen ein. Je nach dem ihm in Abhängigkeitvon seiner Position zugestandenen symbolischen Kapital wird jedem (...) eine begrenzte Menge legitimer Möglichkeiten eingeräumt (...).“ Vgl. Regeln, Bourdieu, S. 412.
[66] Lars von Trier, in: Hallberg, Kontrolle, S. 177.
[67] Die dänische Presse wird über die Gründung der neuen Bewegung bereits am 13. März (dem Tag der Unterzeichnung) informiert, die das Thema am 18. März in ihrer Berichterstattung aufgreift. Vgl. Stevenson, Trier, S. 102.
[68] Vgl. Kelly, Dogme 95, S. 137.
[69] „DOGMA 95 is a collective of film directors founded in Copenhagen in spring 1995.“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 1-2.
[70] „DOGMA 95 has the expressed goal of countering ‘certain tendencies‘ in the cinema today‘. Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 3-4.
[71] Vgl. Truffaut, in: Kotulla, Film, S. 116.
[72] Die aus fünf jungen Filmkritikern (Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Eric Rohmer, Claude Chabrol und Jaques Rivette) bestehende Filmbewegung hatte Ende der 50er Jahre ebenfalls das Ziel, eine Erneuerung der Filmästhetik zu erwirken.
[73] „Dogma 95 is a rescue action!“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 5.
[74] Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 6.
[75] Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 7.
[76] „Slogans of individualism and freedom created works for a while, but no changes.“ Vgl. Anhang. Dogma 95. Z. 9-10.
[77] Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 13-14.
[78] „To DOGMA 95 cinema is not individual!“ Vgl. Anhang, Dogma 95, Z. 15.
[79] „Today a technological storm is raging, the result of which will be the ultimate democratisation of the cinema. For the first time, anyone can make movies. But the more accessible the media becomes, the more important the avantgarde.“ Vgl. Dogma 95, Z. 15-19.
[80] „It is no accident that the phrase ‘avant-garde‘ has military connotations.“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z 19 - 20.
[81] „Discipline is the answer ... we must put our films into uniform, because the individual film will be dekadent by definition!“ Vgl. Dogma 95, Z. 20-21.
[82] Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 22-23.
[83] Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 24.
[84] Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 25.
[85] Der Vorwurf der künstlichen Filmästhetik war von der Nouvelle Vague gegen die damaligen arrivierten Filmemacher gerichtet - die sogenannten „Szenaristen“ - die im Stil des klassischen Hollywoodkinos (perfektes Licht, kaum sichtbare Schnitte, „Star“-Schauspieler) produzierten und oft Literaturadaptionen als Gegenstand ihrer Filme hatten.
[86] „Is that what the ‚100 years‘ have brought us?“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 27.
[87] „Illusions via which emotions can be communicated?“ Vgl. Dogma 95, Z. 28.
[88] „The ‚supreme‘ task of the decadent film-makers is to fool the audience. Is that what we are so proud of? Illusions via which emotions can be communicated? ... By the individual artist’s free choice of trickery?“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 26-29.
[89] „Predictability (dramaturgy) has become the golden calf around which we dance. Having the characters‘ inner lives justify the plot is too complicated, and not ‘high art‘.“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 30- 32.
[90] „As never before, the superficial action and the superficial movie are receiving all the praise.“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 32-33.
[91] Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 34.
[92] „To Dogma 95 the movie is not illusion!“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 35.
[93] „Today a technological storm is raging of which the result is the elevation of cosmetics to God“. Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 36-37.
[94] „By using new technology anyone at any time can wash the last grains of truth away in the deadly embrace of sensation.“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 37-38.
[95] „The illusions are everything the movie can hide behind.“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 38-39.
[96] „DOGMA 95 counters the film of illusion by the presentation of an indisputable set of rules known as THE VOW OF CHASTITY.“ Vgl. Anhang. Dogma 95, Z. 40-41.
[97] „Shooting must be done on location. Props and sets must not be brought in (if a particular prop is necessary for the story, a location must be chosen where this prop is to be found).“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 4-6.
[98] „The sound must never be produced apart from the images or vice versa. (Music must not be used unless it occurs where the scene is being shot).“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 7-8.
[99] „The camera must be hand-held. Any movement or immobility attainable in the hand is permitted. (The film must not take place where the camera is standing: shooting must take place where the film takes place.“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 9-11.
[100] „The film must be in colour. Special lighting is not acceptable. (If there is too little light for exposure the scene must be cut or a single lamp be attched to the camera).“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 12-14.
[101] „Optical work and filters are forbidden.“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 15.
[102] „The film must not contain superficial action. (Murders, weapons, etc. must not occur.)“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 16-17.
[103] „Temporal and geographical alienation are forbidden. (That is to say that the film takes place here and now.)“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 18-19.
[104] „Genre movies are not acceptable.“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 20.
[105] Dieses Format muss bei Filmfestivals eingereicht werden.
[106] „The film format must be Academy 35 mm.“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 21.
[107] „The director must not be credited.“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 22.
[108] „Furthermore I swear as a director to refrain from personal taste!“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 23.
[109] „I am no longer an artist. I swear to refrain from creating a ‘work‘ (...).“Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 23-25.
[110] „(...) as I regard the instant as more important than the whole.“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 23-25.
[111] „My supreme goal is to force the truth out of my characters and settings.“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 25-26.
[112] „I swear to do so by all the means available and at the cost of any good taste and any aesthetic considerations.“ Vgl. Anhang. The Vow of Chastity, Z. 25-28.
[113] Italienische Futuristen, Dadaisten (Zürich, Paris, Berlin/Köln), französische Surrealisten und deutsche Expressionisten etc.
[114] Asholt/Fähnders, Manifeste, S. XV.
[115] Vgl. Asholt/Fähnders, Manifeste, S. XV.
[116] Vgl. Asholt/Fähnders, Manifeste, S. XVI.
[117] Lyon, Janet, Provocations, S. 9.
[118] Bourdieu, Regeln, S. 401.
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