<<Das Licht aus dem Osten hat die Gesamtkirche erleuchtet, seitdem über uns „ein aus der Höhe aufstrahlendes Licht“ (Lk 1,78), Jesus Christus, unser Herr, erschienen ist, den alle Christen als Erlöser des Menschen und Hoffnung der Welt anrufen.>>
(Papst Johannes Paul II., Orientale Lumen 1)
Die Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor bedeutet für die ostkirchliche Theologie nicht nur ein Höhepunkt der Offenbarung der Gottheit Jesu, sondern auch eine der wichtigsten Erfahrungen der Jünger: als das „wie die Sonne strahlende“ Licht des Angesichts Christi sie erleuchtete, würden sie für eine Zeitspanne gewürdigt, die Herrlichkeit der Gottheit Jesu zu schauen. Die palamitisch orientierte, ostkirchliche Theologie betrachtet dieses Ereignis als Krönung des geistlichen irdischen Lebens. Die Verklärungsgeschichte offenbart uns das Ziel des menschlichen Lebens: es ist das Erreichen der Vergöttlichung, die in der Schau des ungeschaffenen Lichtes und in der Kommunion mit diesem Licht besteht. Auf dem Gipfelpunkt seines asketisch-mystischen Weges kann der Mensch - in einer mystischen, übersinnlichen und übergeistlichen Erfahrung - die Schau Gottes im (Tabor)Lichte als ausschließliches Gnadengeschenk Gottes erhalten. Das Taborlicht ist also das Leitbild für diese göttliche und vergöttlichende Lichterfahrung, in der das Ziel der geistlichen Bestrebungen des Menschen, seine „Vergöttlichung“, seine mystische Vereinigung mit Gott, erfüllt wird. Die gesamte byzantinische Spiritualität ist gekennzeichnet vom Streben nach der Seelenruhe, um zur Teilhabe am göttlichen Licht zu gelangen. In diesem Kontext ist die Verklärungsgeschichte ein Bild menschlicher Suche nach der geistlichen Vollkommenheit.
Das Thema Taborlicht, d.h. das Licht des göttlichen Antlitzes Jesu bei seiner Verklärung auf dem Berg, kehrt bei den byzantinischen Theologen ständig wieder, denn es bildet „den Schlussstein ihrer Lehren über die Schau Gottes“ und über die Vergöttlichung des Menschen. Eine entscheidende Rolle spielte dieses Thema bei dem so genannten Hesychastenstreit. Der hl. Gregor Palamas stütze sich bei seinem Versuch, die mystische Kontemplation und die Erfahrungen der Mönche vom Heiligen Berg Athos (Hesychasten) zu rechtfertigen, auf die biblischen Verklärungsgeschichte. Somit wurde das Taborlicht zum Knotenpunkt des Palamismus , der in den Publikationen zeitgenössischer orthodoxen Theologen eine wichtige, sogar die entscheidende Rolle spielt.
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Einleitung
- I. KAPITEL: Exegetische Perspektiven über die Verklärung Jesu
- I.1 Historische Rekonstruktion
- I.1.1 Traditionskritik
- I.1.2 Quellenwert
- I.1.2.1 Die apokryphen Berichte
- I.1.2.2 Die Verklärung Jesu im Neuen Testament außerhalb der Synoptiker
- I.1.2.3 Die synoptischen Berichte
- I.2 Analyse der synoptischen Berichte
- I.2.1 Das Rahmengeschehen bei der Verklärung Jesu
- I.2.1.1 Die Zeitangabe
- I.2.1.2 Der Ort der Verklärung
- I.2.1.3 Der Zweck der Bergsteigerung und die Auswahl der drei Jünger
- I.2.2 Die persönliche Verklärung Jesu
- I.2.3 Die Erscheinung der Gestalten der „Elija mit Mose“ und die Reaktion des Petrus
- I.2.4 Die Stimme Gottes aus der leuchtenden Wolke und die Reaktion der Jünger
- I.2.5 Der Ausklang der Verklärung und das Schweigegebot
- I.3 Die theologischen Bedeutungen der biblischen Berichte über die Verklärung Jesu
- II. KAPITEL: Die Sinndeutungen des Taborlichtes in der Patristik
- II.1 Das Taborlicht als Manifestation der Gottheit Jesu
- II.1.1 Eine Offenbarung der Gottheit Jesu
- II.1.2 Die Beziehung des Taborlichtes mit der Unsichtbarkeit und mit der Unerkennbarkeit Gottes
- II.2 Das Taborlicht als eine eschatologische Epiphanie
- II.2.1 Das Taborlicht und die Herrlichkeit der Auferstehung
- II.2.2 Das Taborlicht als eine Vorwegnahme der Parousia
- II.3 Das Taborlicht und seine Konsequenzen für die Spiritualität
- II.3.1 Der Aufstieg durch Askese und Erleuchtung zur Gottesschau
- II.3.2 Die Erleuchtung als eine mystische Gabe Gottes
- II.3.3 Das Taborlicht und die Vergöttlichung des Menschen
- II.3.4 Die Schau Gottes als Ziel des mystischen Lebens
- III. KAPITEL: Das Taborlicht und Vergöttlichung des Menschen in der palamitisch - ostkirchlichen Spiritualität
- III.1 Das Taborlicht durch den Palamismus in der heutigen ostkirchlichen Spiritualität
- III.1.1 Hesychastenstreit als historischer und ideologischer Kontext für die Entfaltung des Palamismus
- III.1.2 Die Unterscheidung zwischen dem Wesen und den Energien in Gott
- III.1.2.1 Die absolute Transzendenz des göttlichen Wesens
- III.1.2.2 Die teilbaren, göttlichen Energien
- III.1.3 Das Taborlicht ist eine göttliche Energie
- III.2 Die mystische Lichtserfahrung der Jünger bei der Verklärung Jesu
- III.3 Die Grunddimensionen der Vergöttlichung der Menschen in der palamitischen Theologie
- III.3.1 Schöpferisch-anthropologische Dimension
- III.3.2 Christologische Dimension
- III.3.3 Pneumatologisch - energetische Dimension
- III.3.4 Asketisch-mystische und soteriologische Dimensionen
- III.3.5 Ekklesiologische und sakramentale Dimensionen
- III.3.6 Eschatologische Dimension
- IV. KAPITEL: Das Taborlicht und seine Relevanz für die christliche Spiritualität
- IV.1 Vergleichende Analyse und ihre Bedeutung für die Ökumene
- IV.2 Das Taborlicht als Leitbild des menschlichen Strebens nach der Gotteserfahrung
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Lizentiatsarbeit analysiert die Bedeutung des Taborlichtes in der palamitisch-ostkirchlichen Spiritualität. Sie untersucht den historischen und theologischen Kontext der Verklärung Jesu und beleuchtet die verschiedenen Deutungen des Taborlichtes in der Patristik und in der Theologie des Heiligen Gregor Palamas.
- Die exegetische Rekonstruktion des Ereignisses der Verklärung Jesu
- Die verschiedenen Deutungen des Taborlichtes in der Patristik und in der palamitischen Theologie
- Die Bedeutung des Taborlichtes für die Vergöttlichung des Menschen
- Die Relevanz des Taborlichtes für die christliche Spiritualität und die Ökumene
- Das Taborlicht als Leitbild des menschlichen Strebens nach der Gotteserfahrung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel widmet sich der exegetischen Analyse der biblischen Berichte über die Verklärung Jesu. Es beleuchtet die historische Rekonstruktion des Ereignisses und untersucht die verschiedenen Interpretationen der synoptischen Berichte. Das zweite Kapitel behandelt die Deutungen des Taborlichtes in der Patristik. Es zeigt, wie das Taborlicht als Manifestation der Gottheit Jesu, als eschatologische Epiphanie und als Quelle der Vergöttlichung des Menschen gedeutet wurde. Das dritte Kapitel fokussiert auf die Bedeutung des Taborlichtes in der palamitisch-ostkirchlichen Spiritualität. Es erläutert die Theologie des Heiligen Gregor Palamas und die Unterscheidung zwischen dem Wesen und den Energien in Gott. Außerdem werden die Grunddimensionen der Vergöttlichung des Menschen in der palamitischen Theologie erörtert. Das vierte Kapitel analysiert die Relevanz des Taborlichtes für die christliche Spiritualität und die Ökumene. Es zeigt, wie das Taborlicht als Leitbild des menschlichen Strebens nach der Gotteserfahrung dienen kann.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Arbeit umfassen: Verklärung Jesu, Taborlicht, palamitische Theologie, Vergöttlichung, Gotteserfahrung, Spiritualität, Ökumene, Hesychasmus, göttliche Energien, Mystik, Askese.
- Quote paper
- Adin Pop (Author), 2004, Die Bedeutung des Taborlichtes in der palamitisch-ostkirchlichen Spiritualität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29864