Die Chancengleichheit gehört in der modernen, westlichen Gesellschaft offiziell zu einem erstrebenswerten Grundwert. Als Wertevorstellung und zugleich politische Forderung wird damit die Auffassung vertreten, dass „allen Menschen die gleichen Möglichkeiten für die Entfaltung der eigenen Fähigkeiten zu gewähren“ (Hillmann 2007: S. 120) sei. Erziehung und Bildung sollen dahingehend ausgerichtet werden, dass, getreu dem Leitsatz ‚Erfolg durch Leistung‘, bei genügend Anstrengung, ein jeder die identische Aussicht auf Wohlstand, Aufstieg und Führungspositionen hat. Eine Bildungsreform folgt auf die nächste, nur um endlich mehr Chancengleichheit zu schaffen.
Dass diese nichtsdestotrotz faktisch nicht gegeben ist, deckt unter anderem der französische Soziologe Pierre Bourdieu in seinem Buch ‚Die Illusion der Chancengleichheit‘ auf. (vgl. Graf von Kruckow 1972) In diesem Werk setzt sich Bourdieu kritisch mit dem Bildungswesen in Frankreich auseinander und zeigt auf, dass dieses die Unterschiede zwischen den Individuen nicht aufhebt, sondern vielmehr weiter manifestiert.
Auch diese Hausarbeit setzt sich mit dem französischen Bildungssystem auseinander und verabschiedet sich von dem Trugbild der Chancengleichheit. Anhand der Leitfrage „Wie reproduziert sich die französische Elite?“ wird herausgearbeitet, dass keineswegs lediglich Fleiß und Leistung die Grundvoraussetzungen sind, die einem jeden Zugang zu Erfolg und Spitzenpositionen verschaffen. Dazu werden zuvörderst Bourdieus Konzepte der verschiedenen Kapitalsorten und des Habitus erläutert, um die gesellschaftlichen Selektionsmechanismen zu veranschaulichen, die sich vor allem im Verborgenen und unbewusst abspielen. Anschließend werden die speziellen Elitebildungseinrichtungen, die ‚Grandes Ecoles‘, und die dazugehörigen Vorbereitungsklassen, die ‚Classes Preparatoires‘, genauer betrachtet und anhand der Studien des Elitesoziologen Michael Hartmann ermittelt, inwiefern diese in der Elitenreproduktion eine Rolle spielen.
Inhaltsverzeichnis
- Prolog
- Elite
- Definition der Elite
- Kritische Elitesoziologie: Elite und Klassen
- Werkzeuge der kritischen Elitesoziologie
- Die Kapitalsorten
- Objektives Kapital
- Subjektives Kapital
- Sozialer Raum und Klassen
- Der Habitus
- Die Kapitalsorten
- Einführung in das französische Bildungssystem
- Das französische Bildungssystem als Legitimation der Elite
- Ansätze zur Untersuchung des französischen Bildungssystems
- Ein zweigeteiltes System
- Die, Classe prépatatoire aux Grande Ecole'
- Die französischen Elitehochschulen
- Die entscheidende Aufnahmeprüfung –,Concours d'entrée'
- Die Sozialstruktur der Grandes Ecoles
- Die hervorragende Ausbildung der, Grandes Ecoles'
- Weihe
- Forschung an den, Grandes Ecoles'
- Die französische Elite: Exklusive Besetzung der Spitzenpositionen
- Verwaltung und,Grands Corps'
- Pantouflage
- Politik
- Wirtschaft
- Ein perfektioniertes System
- Verwaltung und,Grands Corps'
- Fazit
- Quellen
- Online-Quellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Reproduktion der französischen Elite im Bildungssystem. Sie hinterfragt das gängige Bild der Chancengleichheit und analysiert, wie die Elite ihren Einfluss sichert.
- Die Rolle des französischen Bildungssystems in der Elitenreproduktion
- Die Bedeutung der „Grandes Ecoles“ und „Classes Preparatoires“ für die Elitenbildung
- Die Relevanz von Bourdieus Kapitalsorten und Habitus für die Analyse gesellschaftlicher Selektionsmechanismen
- Die Rolle von Leistung und Fleiß bei der Elitenbildung
- Die Auswirkungen der Elitenreproduktion auf die französische Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Prolog: Der Prolog führt in die Thematik der Chancengleichheit ein und stellt die These auf, dass das französische Bildungssystem die Unterschiede zwischen den Individuen verstärkt, anstatt sie zu nivellieren.
- Elite: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Elite und beleuchtet verschiedene historische und aktuelle Ansätze zur Elitenforschung.
- Werkzeuge der kritischen Elitesoziologie: Die kritische Elitesoziologie nach Pierre Bourdieu wird vorgestellt, wobei die Kapitalsorten und der Habitus als zentrale Werkzeuge zur Analyse der gesellschaftlichen Selektionsmechanismen erläutert werden.
- Einführung in das französische Bildungssystem: Das französische Bildungssystem wird im Hinblick auf seine Rolle in der Legitimation der Elite analysiert. Verschiedene Ansätze zur Untersuchung des Systems werden vorgestellt.
- Ein zweigeteiltes System: Dieses Kapitel beleuchtet die „Classes Preparatoires“ und die „Grandes Ecoles“ als zentrale Institutionen der französischen Elitenbildung.
- Weihe: Die Rolle der „Grandes Ecoles“ in der Forschung und der Vermittlung von Elitewissen wird beleuchtet.
- Die französische Elite: Exklusive Besetzung der Spitzenpositionen: Die exklusive Besetzung von Spitzenpositionen in Verwaltung, Politik und Wirtschaft durch Absolventen der „Grandes Ecoles“ wird analysiert.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit den Themen Elitenreproduktion, Bildungssystem, Frankreich, Pierre Bourdieu, Kapitalsorten, Habitus, „Grandes Ecoles“, „Classes Preparatoires“, Chancengleichheit, Leistung, Selektion, soziale Ungleichheit.
- Quote paper
- Tobias Schneider (Author), 2013, Untersuchung der verborgenen Selektionsmechanismen im französischen Bildungssystem, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295700