Asien und Europa, Orient und Okzident – vermeintliche Gegensätze, die den europäischen Blick auf die restliche Welt bis heute prägen. Vom ersten Aufglimmen der Idee eines christlichen Abendlandes bis zum Kalten Krieg steht die Unterscheidung zwischen Ost und West einem friedlichen Miteinander im Wege. Umso erstaunlicher scheint es da, dass ausgerechnet ein Reisender des 18. Jahrhunderts geschafft haben soll, woran selbst heutige Forscher allzu oft scheitern: Die eigene Meinung außen vor zu lassen und die fremde Kultur mit unvoreingenommenem Blick zu studieren. Die Rede ist von Carsten Niebuhr, einem norddeutschen Mathematiker und Geographen, dessen Beschreibung seiner Expedition in den Orient 1761 bis 1767 trotz ihres Alters noch immer wie ein Paradebeispiel wertneutraler Forschungsarbeit wirkt.
Die wissenschaftlichen Leistungen Niebuhrs, sein genaues Auge und seine Offenheit gegenüber den orientalischen Kulturen haben ihm gerade in akademischen Kreisen viel Ruhm und Respekt eingebracht. Denn im Gegensatz zu den meisten Reiseberichten, in denen streng zwischen exotischer Fremde und vertrauter Heimat unterschieden wird, durchbricht Niebuhr in seiner Reisebeschreibung nach Arabien immer wieder diese Dichotomie und beeindruckt durch Vorurteilsfreiheit und Objektivität. Doch nichtsdestotrotz ist auch Niebuhr ein Kind seiner Zeit, dessen Werk im historischen Kontext gesehen werden muss. Ziel dieser Arbeit ist es daher, Carsten Niebuhrs Reisebeschreibung zu kontextualisieren und seine vermeintlich objektive Beschreibung der erforschten Völker kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus soll erörtert werden, inwieweit sein Bericht von den zeitgenössischen Diskursen beeinflusst wurde. Im Zentrum steht dabei die Beurteilung Niebuhrs als Vertreter eines Orientalismus im Sinne Saids, also der diskursiven Konstruktion des Orients als homogene, exotische, aber auch dem Westen untergeordnete Region.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorbemerkungen
- Zur Quelle: Reiseberichte als historisches Zeugnis
- Zum Autor: Carsten Niebuhr
- Zur Reise: Der Verlauf der Expedition
- Fremde Völker und Kulturen
- Forschungsmethodik
- Die Darstellung des Fremden
- Türken und Araber, Osmanen und Muslime
- Carsten Niebuhrs Umgang mit Religionen
- Niebuhr als Protestant
- Darstellung anderer Religionen
- Carsten Niebuhr als Orientalist
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit Carsten Niebuhrs Reisebeschreibung nach Arabien und analysiert seine Darstellung fremder Kulturen und Religionen im Kontext des 18. Jahrhunderts. Ziel ist es, seine vermeintlich objektive Beschreibung kritisch zu hinterfragen und die Einflüsse zeitgenössischer Diskurse zu erörtern.
- Die Einordnung von Reiseberichten als historische Quellen
- Die Darstellung fremder Kulturen und Religionen im 18. Jahrhundert
- Die Analyse von Carsten Niebuhrs Forschungsmethodik
- Die Einordnung Niebuhrs in das Orientalismuskonzept Saids
- Die Auswirkungen von Niebuhrs Werk auf die europäische Öffentlichkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und erläutert die Forschungsfrage. Die Vorbemerkungen befassen sich mit dem Genre der Reiseberichte, der Biografie von Carsten Niebuhr sowie dem Verlauf seiner Expedition. Im Kapitel "Fremde Völker und Kulturen" wird die Forschungsmethodik Niebuhrs analysiert und seine Darstellung der Begegnung mit Türken und Arabern untersucht. Im folgenden Kapitel wird Niebuhrs Umgang mit Religionen im Kontext seiner protestantischen Identität betrachtet. Die Arbeit schließt mit einer Einordnung Niebuhrs in das Orientalismuskonzept Saids sowie in die Diskurse seiner Zeit.
Schlüsselwörter
Carsten Niebuhr, Reisebericht, Arabien, Orient, Orientalismus, Forschungsmethodik, Fremdkultur, Religion, Geschichte, 18. Jahrhundert, Diskurs, Objektivität, Repräsentation.
- Quote paper
- Julius Burghardt (Author), 2013, Reisen im Geist der Aufklärung. Eine kritische Beurteilung von Carsten Niebuhrs "Reisebeschreibung nach Arabien", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295527