Die vorliegende Masterarbeit setzt sich mit einer Analyse der Qualitätsinfrastruktur in der zentralafrikanischen Region der Großen Seen auseinander. Den regionalen Schwerpunkt machen die einander benachbarten Länder Ruanda, Burundi und die Demokratische Republik Kongo (DRK) aus. Zwischen den immerwährenden Konflikten im Osten der DRK und dem Rohstoffhandel mit Zinn, Wolfram, Coltan und Gold werden seit einigen Jahren Zusammenhänge hergestellt. Mit der Einführung des Dodd-Frank Gesetzes im Jahr 2010 wurde mit dem Ziel transparenter Handelsbeziehungen starker Druck auf die Regierung der DRK und dessen Anrainern ausgeübt. Zur Vermeidung eines Handelsboykottes wurden innerhalb von kurzer Zeit gesetzliche Gegenmaßnahmen ergriffen, deren Erfolg bis heute ausgeblieben ist.
Das Konzept der Qualitätsinfrastruktur kann als Grundvoraussetzung jeglicher Teilhabe am globalen Wohlstand und Fortschritt gelten. Durch die negativen Auswirkungen der internationalen Anforderungen trifft auf sämtliche GLR Länder der Umkehrschluss zu. Als möglicher Erklärungsansatz für die Misserfolge der staatlichen Eigeninitiativen wird in dieser Ausarbeitung die vorhandene Qualitätsinfrastruktur untersucht. Der Schwerpunkt dieser Analyse liegt dabei auf der Zertifizierung im Kleinbergbau. Diese stellt ein systematisches Instrument der Qualitätsinfrastruktur zur Überprüfung und Bewertung der Herkunft und Lieferketten von Mineralien dar.
Zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Thematik wird im zweiten Kapitel zunächst die länderspezifische ökonomische, soziale und ökologische Bedeutung des Bergbausektors dargestellt. Diesem Abschnitt folgt eine Erörterung der Anforderungen auf internationaler Ebene sowie den daraus resultierenden Umsetzungsinitiativen innerhalb der GLR. Aufgrund der Relevanz für die gesamte GLR wird hierbei ein Schwerpunkt auf den Regionalen Zertifizierungsmechanismus gesetzt. Eine allgemeine Beschreibung des Konzeptes „Qualitätsinfrastruktur“ wird in Kapitel Drei gegeben. Im Anschluss wird im vierten Kapitel der individuelle Umsetzungsstand der QI in Kombination mit möglichen Optimierungsansätzen näher betrachtet. Ausgehend hiervon werden im fünften Kapitel Möglichkeiten zur Zertifizierung im Kleinbergbau untersucht.
Aus den Erkenntnissen der vorherigen Kapitel schlussfolgernd werden im Fazit Forschungsfragen beantwortet, welche in dieser Arbeit untersucht wurden.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Anhangsverzeichnis:
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Länderinfo
2.1 Bedeutung Bergbau
2.1.1 Weltwirtschaftliche Bedeutung
2.1.2 Ökonomische Bedeutung des Bergbausektors
2.1.2.1 Ruanda
2.1.2.2 Burundi
2.1.2.3 Demokratische Republik Kongo
2.1.3 Soziale und ökologische Bedeutung des Bergbausektors
2.1.4 Zwischenfazit
2.2 Anforderungen auf internationaler Ebene
2.2.1 Die OECD Sorgfaltsanforderungen
2.2.2 Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act
2.2.3 Europäische Verordnungen
2.3 Umsetzungsinitiativen
2.3.1 Die Internationale Konferenz der Region der Großen Seen
2.3.1.1 Gesetzliche Rahmenbedingungen und Formalisierung
2.3.1.2 Der regionale Zertifizierungsmechanismus
2.3.1.3 Kritische Betrachtung der Initiative
2.3.2 BGR Certified Trading Chains
2.3.3 ITRI Tin Supply Initiative
3. Qualitätsinfrastruktur
3.1 Elemente von Qualitätsinfrastruktursystemen
3.1.1 Normung
3.1.2 Metrologie
3.1.3 Prüfwesen
3.1.4 Akkreditierung
3.1.5 Zertifizierung und Konformitätsbewertung
3.2 Das QI System im RZM
3.3 Zwischenfazit
4. Qualitätsinfrastruktur in der GLR
4.1 East African Community
4.1.1 Qualitätsinfrastruktur in Ruanda
4.1.2 Qualitätsinfrastruktur in Burundi
4.1.3 Probleme bei der QI Umsetzung in Ruanda und Burundi
4.2 Southern African Development Community
4.2.1 Qualitätsinfrastruktur in der DRK
4.2.2 Probleme bei der QI Umsetzung in der DRK
4.3 Zusammenführung der Ergebnisse
4.4 Stärkung von Qualitätsinfrastrukturkapazitäten in der GLR
4.4.1 Verbesserungsmaßnahmen im Bereich der Metrologie
4.4.2 Verbesserungsmaßnahmen im Bereich der Akkreditierung
4.5 Anreize zur Stärkung der Qualitätsinfrastruktur
5. Zertifizierung im ASM
5.1 Zertifizierung von Handelsketten
5.2 Ablauf einer Zertifizierung
5.3 Umsetzbarkeit einer Zertifizierung
5.4 Kosten von Zertifizierungssystemen
6. Fazit
Literatur
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zusammensetzung der aus Ruanda exportierten Güter
Abbildung 2: Zusammensetzung der aus Burundi exportierten Güter
Abbildung 3: Zusammensetzung der aus der DRK exportierten Güter
Abbildung 4: Länderspezifische Einkommensklassen
Abbildung 5: RZM Gerüst
Abbildung 6: System der Qualitätsinfrastruktur
Abbildung 7: Teilhabe der EAC Länder in den technischen Komitees der ISO
Abbildung 8: Portfolioanalyse QI Kooperationspotential
Abbildung 9: Verortung der Zertifizierung im Konzept der QI
Anhangsverzeichnis:
Anhang 1: Ores, slag and ash
Anhang 2: All products Rwanda
Anhang 3: All products Burundi
Anhang 4: All products DRC
Anhang 5: Ores, slag and ash Rwanda
Anhang 6: Ores, slag and ash Burundi
Anhang 7: Ores, slag and ash DRC
Anhang 8: Karte der Region der afrikanischen großen Seen
Anhang 9: Weltmarkt Produzenten Tantals
Anhang 10: Regionale Ausstattung im Kleinbergbau [in Prozent]
Anhang 11: Länderspezifische Entwicklung der Erzexporte im Zeitverlauf
Anhang 12: Lessons learned aus dem Kimberley Prozess
Anhang 13: EITI Anforderungen
Anhang 14: ICGLR Anforderungen CoC System
Anhang 15: CTC Prinzipien
Anhang 16: Lerneffekte
Anhang 17: Bewertungskriterien CTC Compliance
Anhang 18: Interview mit Herrn Dr. Schütte, 02.08.2012
Anhang 19: Länder der EAC (grün)
Anhang 20: Metrologie Ruanda
Anhang 21:Zertifizierungsschema in der GLR
Anhang 22: Ehrenwörtliche Erklärung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kennzahlen Einfluss
Tabelle 2: HDI und Pro Kopf Einkommen / Monat
Tabelle 3:Due Diligence Kosten/Tonne
1. Einleitung
Die vorliegende Masterarbeit setzt sich mit einer Analyse der Qualitätsinfrastruktur in der zentralafrikanischen Region der Großen Seen auseinander. Den regionalen Schwerpunkt machen die einander benachbarten Länder Ruanda, Burundi und die Demokratische Republik Kongo (DRK) aus. Zwischen den immerwährenden Konflikten im Osten der DRK und dem Rohstoffhandel mit Zinn, Wolfram, Coltan und Gold werden seit einigen Jahren Zusammenhänge hergestellt. Mit der Einführung des Dodd-Frank Gesetzes im Jahr 2010 wurde mit dem Ziel transparenter Handelsbeziehungen starker Druck auf die Regierung der DRK und dessen Anrainern ausgeübt. Zur Vermeidung eines Handelsboykottes wurden innerhalb von kurzer Zeit gesetzliche Gegenmaßnahmen ergriffen, deren Erfolg bis heute ausgeblieben ist.
Das Konzept der Qualitätsinfrastruktur kann als Grundvoraussetzung jeglicher Teilhabe am globalen Wohlstand und Fortschritt gelten. Durch die negativen Auswirkungen der internationalen Anforderungen trifft auf sämtliche GLR Länder der Umkehrschluss zu. Als möglicher Erklärungsansatz für die Misserfolge der staatlichen Eigeninitiativen wird in dieser Ausarbeitung die vorhandene Qualitätsinfrastruktur untersucht. Der Schwerpunkt dieser Analyse liegt dabei auf der Zertifizierung im Kleinbergbau. Diese stellt ein systematisches Instrument der Qualitätsinfrastruktur zur Überprüfung und Bewertung der Herkunft und Lieferketten von Mineralien dar.
Zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Thematik wird im zweiten Kapitel zunächst die länderspezifische ökonomische, soziale und ökologische Bedeutung des Bergbausektors dargestellt. Diesem Abschnitt folgt eine Erörterung der Anforderungen auf internationaler Ebene sowie den daraus resultierenden Umsetzungsinitiativen innerhalb der GLR. Aufgrund der Relevanz für die gesamte GLR wird hierbei ein Schwerpunkt auf den Regionalen Zertifizierungsmechanismus gesetzt. Eine allgemeine Beschreibung des Konzeptes „Qualitätsinfrastruktur“ wird in Kapitel Drei gegeben. Im Anschluss wird im vierten Kapitel der individuelle Umsetzungsstand der QI in Kombination mit möglichen Optimierungsansätzen näher betrachtet. Ausgehend hiervon werden im fünften Kapitel Möglichkeiten zur Zertifizierung im Kleinbergbau untersucht. Aus den Erkenntnissen der vorherigen Kapitel schlussfolgernd werden im Fazit Forschungsfragen beantwortet, welche in dieser Arbeit untersucht wurden.
Zu diesen Forschungsfragen zählen:
FF1) Wie wirkt sich der Einfluss des Bergbausektors auf Ruanda, Burundi und die Demokratische Republik Kongo aus?
FF2) Wie wirken sich internationale Anforderungen auf die gesetzliche Struktur des betrachteten Bergbausektors aus?
FF3) Aus welchen zentralen Elementen setzt sich das Konzept der Qualitätsinfrastruktur zusammen und wie kann es von den Ländern zielgerichtet eingesetzt werden?
FF4) Auf welchem Niveau befindet sich die Qualitätsinfrastruktur in den betrachteten Ländern und wie lässt es sich verbessern?
FF5) Welche Rolle nimmt das Instrument der Zertifizierung in diesem Kontext ein?
2. Länderinfo
Der regionale Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf den drei Ländern Ruanda, Burundi und der DRK. Diese befinden sich alle (s. Anhang 8) in der zentralafrikanischen Region der Großen Seen (Great Lakes Region, GLR). Die GLR setzt sich aus den Ländern Ruanda, Burundi, östlichen Teilen der DRK, Uganda, Tansania und Kenia zusammen1. Mit einer Bevölkerungsanzahl von mehr als 170 Millionen Menschen2 gehört die Region zu den am dichtesten besiedelten der Welt.
Übereinstimmend werden alle drei Länder von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 3 (OECD) und dem B undes m inisterium für wirtschaftliche Z usammenarbeit und Entwicklung 4 (BMZ) als Entwicklungsländer klassifiziert. Für diesen Begriff gibt es nach dem BMZ keine einheitliche Definition sondern nur charakteristische Merkmale. Zu diesen zählen unter anderem ein geringes Pro Kopf Einkommen, eine schlechte Gesundheitsinfrastruktur, niedrige Bildungsstandards und eine hohe Arbeitslosigkeit5.
Die GLR ist reich an mineralischen Rohstoffen und stellt das Zentrum der im afrikanischen Kleinbergbau produzierten Rohstoffe dar. Zu diesen gehören insbesondere Tantal, Zinn und Wolfram (in der folgenden Ausarbeitung als „Konfliktmineralien“ bzw. „3T Rohstoffe“6 bezeichnet7 ). Sie werden zu großen Teilen (s. Abschn. 2.1) in der Region gefördert und gehandelt. Die diesen Rohstoffen zugrunde liegenden Lieferketten und Transaktionen stehen weltweit in einem Zusammenhang mit der Finanzierung bewaffneter Auseinandersetzungen und der damit einhergehenden Destabilisierung der Region. In der DRK profitieren seit mehr als 20 Jahren8 bewaffnete Gruppierungen und die Armee von der Gewinnung, dem Handel und Schmuggel mit den Konfliktrohstoffen.
Alleine 2013 sind circa 450 Zwischenfälle auf den kongolesischen Rohstoffsektor registriert worden9. Die Konsequenzen dieser Missstände werden überwiegend von der lokalen Bevölkerung sowie den anrainenden Staaten getragen.
2.1 Bedeutung Bergbau
Die Konfliktrohstoffe werden weltweit hauptsächlich im artisanalen (handwerklichen) Kleinbergbau gefördert. Dieser Sektor stellt nach der Landwirtschaft einen der größten Beschäftigungszweige dar. Aufgrund ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften eignen sich die Rohstoffe für den Abbau in dieser Form des Bergbaus: Ein aufwendiges chemisches Verfahren zur Gewinnung und Extraktion ist nicht notwendig; die hohe Dichte und Trägheit ermöglichen ohne großen Schulungsaufwand eine einfache Unterscheidung zu anderen Rohstoffen. Insbesondere in der GLR dominiert der artisanale Kleinbergbau den semi- bzw. industriellen Bergbau. Die Rohstoffextraktion erfolgt dabei primär unter unkontrollierten Bedingungen sowie unter Missachtung zentraler Arbeitsstandards. Soziale und ökologische Aspekte wie Altersvorsorge oder Nachhaltigkeit besitzen aktuell eine nachgeordnete Relevanz.
In den folgenden Abschnitten wird - orientiert an den drei Säulen der Nachhaltigkeit
- der Bergbausektor der drei Länder hinsichtlich ökonomischer, sozialer und ökologischer Aspekte analysiert, um Aussagen über dessen Bedeutung treffen zu können.
2.1.1 Weltwirtschaftliche Bedeutung
Aufgrund seiner vielfältigen und großen Rohstoffvorkommen nimmt die D.R.Kongo eine größere Bedeutung für die Weltmarktversorgung ein als Ruanda oder Burundi. Signifikante Anteile der Weltmarktproduktion von Kobalt, Kupfer, Diamanten, Tantal und Zinn stammen aktuell aus dem zentralafrikanischen Land10. Von großer Bedeutung (s. Anhang 9) für die weltweite Versorgung mit dem Hightech-Rohstoff Tantal sind darüber hinaus Ruanda und Burundi. Fast die Hälfte des weltweit produzierten Tantals11 stammt aus allen drei fokussierten Ländern der GLR.
Der schwer substituierbare Rohstoff ist besonders für die Elektronikindustrie von großer Bedeutung, da er dort eine starke Miniaturisierung ermöglicht. Tantal wird12 darüber hinaus als kritischer Rohstoff klassifiziert: Während der weltweite Bedarf kontinuierlich ansteigt ist eine Ausweitung der Förderung nicht möglich. Insbesondere für die deutsche Wirtschaft ist Tantal von hoher strategischer Bedeutung. Für 2030 wurde im Auftrag der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ein Bedarf an Tantal prognostiziert13, der nicht mehr erfüllt werden kann und zu Versorgungsengpässen und deutlichen Preissteigerungen führen wird. Vor diesem Hintergrund kann den drei fokussierten Ländern hinsichtlich der Gewährleistung einer langfristigen Versorgung mit Tantal eine zentrale Bedeutung beigemessen werden.
2.1.2 Ökonomische Bedeutung des Bergbausektors
Um Aussagen über die ökonomische Bedeutung und die wirtschaftliche Leistung des Bergbausektors tätigen zu können, wird in den folgenden Unterabschnitten zunächst das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Referenz herangezogen. Zu diesem wird der länderspezifische Export in ein Verhältnis gesetzt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei der Exportanteil von strategischen 3T Rohstoffen, deren Lieferketten ein hohes Konfliktpotential darstellen. Da aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (s. Abschn. 2.2 ff.) der Import von Rohstoffen aus der GLR in großen Teilen der Welt an hohe Auflagen geknüpft ist, werden abschließend die wichtigsten Hauptimporteure aufgeführt.
2.1.2.1 Ruanda
Das BIP Ruandas beläuft sich laut Weltbank im Jahr 2013 auf circa 7.451.677.749 US Dollar14. Durch Exporte wurde ein Umsatz von 620.469.000 US Dollar15 erzielt. Gemessen am BIP ergibt dies einen Anteil von 8,33 Prozent des Gesamtwertes aller Güter, die 2013 hergestellt wurden.
Zu den Hauptimporteuren ruandischer Erzexporte zählen die Länder Tansania (84 Prozent), Uganda (8,7 Prozent) die vereinigten Arabischen Emirate, Tokelau und Kenia (6,3; 0,8 und 0,2 Prozent)16. Somit wird mehr als 90 Prozent des gesamten Erzexportvolumens an unmittelbar benachbarte Länder verkauft. In Abbildung 1 wird die Zusammensetzung der aus Ruanda exportierten Güter aufgeschlüsselt.
Abbildung 1: Zusammensetzung der aus Ruanda exportierten Güter17
Einen großen Anteil - bezogen auf das Exportvolumen - machen Kaffee- (8,32 Prozent) und Teeexporte (9,92 Prozent) aus. Unter die Position „Else“ fallen hauptsächlich Lebensmittel wie beispielsweise Milch, Reis oder Bier. Den größten Exportanteil machen mit circa 36 Prozent „Ores, slag und ash“18 aus; es handelt sich ausschließlich um Zinn, Tantal und Wolfram.
2.1.2.2 Burundi
2013 summiert sich das BIP Burundis auf 2.718.232.385 US Dollar19. Dies entspricht lediglich etwa 36 Prozent des ruandischen BIPs - bei einer annähernd vergleichbaren Bevölkerungsdichte und -anzahl. 7,68 Prozent20 des burundischen BIPs wird durch den Export generiert, dessen Zusammensetzung in der folgenden Abbildung 2 dargestellt wird.
Hauptsächlich wird an Hong Kong (39,1 Prozent), Belgien (33 Prozent), China, Singapur, Uganda und die Niederlande (15,9; 4,3; 3,1 und 2,2 Prozent)21 exportiert.
Abbildung 2: Zusammensetzung der aus Burundi exportierten Güter22
Deutlich wird in Abbildung 2 der verhältnismäßig geringe Anteil von circa drei Prozent der Erze am Export. Ein möglicher Erklärungsansatz hierfür ist der relativ junge Bergbausektor Burundis; bezüglich der Arbeitsabläufe hat sich noch keine Routine etabliert und die Abbaugebiete sind in großem Maße unorganisiert. Zu den offiziellen Hauptexportgütern Burundis zählen Gold (58 Prozent), Kaffee (14 Prozent) und Tee (7 Prozent)23.
2.1.2.3 Demokratische Republik Kongo
Mit einem BIP von 30.629.191.170 US Dollar24 weist die DRK im Vergleich zu Ruanda und Burundi die größte Produktivität auf. Der Einfluss der Exporte auf das BIP ist mit 16,79 Prozent25 mehr als doppelt so groß wie der Ruandas oder Burundis. Die wichtigsten Importländer für die DRK sind mit 88 Prozent die Volksrepublik China, Malaysia und Kasachstan (6 und 1,9 Prozent)26.
Abbildung 3: Zusammensetzung der aus der DRK exportierten Güter27
Der Einfluss der Erze auf das Exportvolumen beschränkt sich 2013 auf lediglich 7,85 Prozent. Wichtiger für die kongolesische Außenwirtschaft sind der Export kupfer- und cobalthaltiger Produkte, Roh- und Erdöle sowie Diamanten.
Um eine Aussage über die länderspezifische Relevanz des Bergbausektors in der GLR ableiten zu können, sind in Tabelle 1 der Einfluss der Gesamt- und der Erzexporte auf das BIP, der Erzexporte auf die Exporte und der Weltrang, bezogen auf Erzexporte zusammengefasst. Als Bezugsgröße für den Erzexportrang dient der generelle länderspezifische Weltexportrang.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Kennzahlen Einfluss28
Die ersten drei Zeilen stellen Verhältnisgrößen dar, bei dem Exportrang handelt es sich um eine absolute Rangliste. Je größer die Bedeutung für die weltweite Versorgung mit den Exporten ist, desto niedriger ist das Ranking. Während der Erzexportsektor mit einem Anteil von 35,77 Prozent am Exportumsatz für Ruanda von verhältnismäßig großer Bedeutung ist, so ist dieser für Burundi eher gering.
Im Vergleich zu den Vorjahren sei jedoch ein steigender Trend anzumerken. Der BIP Anteil kongolesischer Erze liegt dazwischen. Trotz des geringen relativen Anteils belegt die DRK angesichts der absoluten Exportmengen auf einer weltweiten Skala die besten Ranking Werte29 der drei Länder. Bezogen auf den Exportrang generell befindet sich die DRK 68 (82) Plätze oberhalb Ruandas (Burundis). Bezüglich des Exportranges von Erzen sinkt dieser Vorsprung gegenüber Ruanda (Burundi) auf 12 (74) Plätze.
2.1.3 Soziale und ökologische Bedeutung des Bergbausektors
Der geringe Mechanisierungsgrad sowie der informelle Charakter, welcher den Kleinbergbau ausmachen, implizieren eine oftmals niedrige Produktivität. Unabhängig davon stellt der Sektor für einen gewissen Anteil der örtlichen Bevölkerung eine bedeutsame Einkommensquelle und Lebensgrundlage dar. Die Anzahl der offiziell in der Bergbaubranche beschäftigten Personen beläuft sich für Ruanda auf circa 35.00030 (Stand: 2010), für Burundi auf etwa 17.60031 (Stand: 2009) und in der DRK auf circa 450.00032 (Stand: 2010). In Relation zu den jeweiligen Bevölkerungszahlen ist der Anteil der direkt im Bergbau arbeitenden Menschen verhältnismäßig gering.
Gemäß Klassifizierung des U nited N ations D evelopment P rogrammes (UNDP) handelt es sich bei Ruanda, Burundi und der DRK um „schwach entwickelte“33 Volkswirtschaften. In der folgenden Tabelle werden zwei wesentlichen Kennzahlen der Länder einander gegenübergestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: HDI34 und Pro Kopf Einkommen / Monat35
Die Demokratische Republik Kongo ist mit einem Rang von 187 das Land mit dem weltweit niedrigsten möglichen Human Development Index (HDI)36. Seit 2013 befindet sich die Republik auf Platz 186. Die Länder Ruanda und Burundi befinden sich unverändert auf den oben aufgelisteten Positionen. Das Ranking lässt Rückschlüsse über das Ausmaß sozialer Missstände in den zentralafrikanischen Staaten zu.
Im Rahmen einer Datenerhebung in den Ländern Ruanda und Burundi wurden im August 2012 mit Hilfe strukturierter Fragebögen 238 ruandische und 64 burundische Bergarbeiter interviewt. Neben allgemeinen Fragen zum Alter, der Berufsbezeichnung und Nebentätigkeiten wurden im hinteren Abschnitt Informationen zum monatlichen Verdienst erfragt. In einer Erweiterung dieser Datenerhebung auf kongolesische Abbaugebiete wurden 2013 weitere 49 Interviews durchgeführt.
Der monatliche Gesamtverdienst wurde in vier Klassen unterteilt37, die jeweils im gleichen Maßstab in die verschiedenen Währungen umgerechnet wurden. In der folgenden Abbildung werden die Klassenhäufigkeiten dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Länderspezifische Einkommensklassen38
In Ruanda und der DRK befinden sich der größte Anteil an Bergarbeitern in der nach oben offenen Klasse 4, d.h. sie verdienen mindestens 97,65 US Dollar. Anders ausgedrückt: In Ruanda (der DRK) übersteigt der Lohn des Großteils an Bergleuten das länderspezifische Durchschnittseinkommen um mehr als 45,73 (62,82) US Dollar. In Burundi befinden sich die Bergarbeiter überwiegend in der dritten Klasse und verdienen dort mindestens 65,04 US Dollar; dieser Betrag entspricht dem mehr als Dreifachen des durchschnittlichen Pro Kopf Einkommens.
Innerhalb der jeweiligen Länder existiert darüber hinaus ein Entlohnungsgefälle. So wird z.B. in den ländlichen Regionen Ruandas mit durchschnittlich 70,711 US Dollar in Gatumba bzw. 63,080 US Dollar in Ruli39 ein geringerer Verdienst im Bergbausektor erzielt als in Hauptstadtnähe (Rutongo, Durchschnittsverdienst i.H.v. 79,974)40. Dieses Gefälle gleicht sich durch die entsprechend höheren Lebenshaltungskosten aus. Weitere Determinanten der Einkommenshöhe in den drei Ländern sind die Position des Bergarbeiters in der Hierarchie des Bergwerks41 und die Art der Entlohnung. Diese ist von der Abbauregion abhängig. In Ruanda überwiegt der Anteil der Zeitentlohnung, wohingegen sich die Vergütung in Burundi und im Kongo hauptsächlich nach der Quantität der Produktion richtet. Das Einkommen, welches den Arbeitern einen vergleichsweise hohen Lebensstandard ermöglicht, geht mit erheblichen gesundheitlichen Risiken einher. In der Bergbaubranche kommt es - regional unabhängig - immer wieder zu schweren Unglücken. Insbesondere durch mangelndes Fachwissen und schlechte Ausstattung der Arbeiter erhöhen sich die Unfallgefahren.
Um die Arbeitsbedingungen in der GLR beurteilen zu können, ist im Rahmen der Datenerhebung die Ausstattung der Arbeiter mit Sicherheitsequipment von Interesse gewesen. Die Ergebnisse sind in Anhang 10 aufgelistet. Vollständig ohne Sicherheitsequipment ist lediglich ein geringer Anteil der Bergarbeiter. Die meisten Personen arbeiten mit Helm, Schuhen und fester Kleidung. Das Abbaugebiet Rutongo bietet von der Ausstattung her die sichersten Arbeitsplätze.
In Ruanda sind Bergbauunternehmen gesetzlich zu der Ausstattung der Arbeiter mit einem p ersonal p rotective e quipment (PPE) verpflichtet42. Diese werden zur Unterbindung eines Weiterverkaufs oftmals mit einem Pfand hinterlegt In Burundi und der DRK besitzen nur wenige Arbeiter einen Helm oder sonstige Sicherheitsbekleidung. Die körperlich anspruchsvolle Tätigkeit wird überwiegend Barfuß ausgeübt. Wenn es zu Unfällen kommt sind diese oftmals mit schweren Verletzungen verbunden. Kritisch vor diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass beiden Ländern laut Einschätzung der deutschen G esellschaft für I nternationale Z usammenarbeit (GIZ) eine marode Gesundheitsinfrastruktur sowie eine unzureichende medizinische Versorgung gemeinsam ist. Dies gilt insbesondere in ländlichen Regionen. In Ruanda besteht ab einer gewissen Einkommenshöhe die Pflicht zur gesetzlichen Krankenkasse. Die jährlichen Gebühren in Höhe von 3.000 ruandischen Franc werden üblicherweise von den Arbeitgebern im Bergbaubereich übernommen.
Ökologisch betrachtet übt der Bergbausektor einen negativen Einfluss auf die GLR Länder aus. Weder gibt es gesetzliche Regelungen zur Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen noch werden Vorgaben zur Verwertung von Bergbauabfällen und giftigen Chemikalien erteilt. Infolgedessen besitzen Umweltmanagementsysteme nach ISO 1400043 einen geringen Verbreitungsgrad und das Ausmaß an Umweltverschmutzung ist groß. In weniger formalisierten Abbaugebieten werden keine Rücklagen für die Sanierung oder Schließung still gelegter Minen gebildet. Dem unkontrollierten Abbau gehen Umweltzerstörungen sowie ein hoher Bedarf an Rekultivierung der Landschaften einher. Die Minenarbeiter verfügen weder über geologische Kenntnisse noch über einen Zugang zu entsprechenden Informationen. Auch die Regenwälder, Nationalparks und die Existenz bestimmter Tierarten und Fischbestände sind deutlich von den Folgen des artisanalen Bergbaus betroffen.
2.1.4 Zwischenfazit
Der Bergbausektor für die Region der Großen Seen ist von hoher Bedeutung. Diese geht zunächst auf die strategische Relevanz der Konfliktrohstoffe für die Elektronikindustrie zurück.
Die ökonomische Bedeutung in Bezug auf den BIP-Anteil am Exportvolumen ist signifikant länder- und rohstoffabhängig: Burundi profitiert in einem deutlich geringeren Ausmaß als Ruanda oder die DRK von dem länderübergreifenden Handel mit Rohstoffen.
Parallel dazu ermöglicht die Bergbaubranche einem bestimmten Anteil der Bevölkerung eine Einkommensquelle mit überdurchschnittlich hohen Entlohnungen. Nicht nur die Bergarbeiter per se, sondern auch die an einer Abbaustätte gelegenen Kommunen können hiervon profitieren: Der Aufbau einer Infrastruktur (Telekommunikation, Handel, Anbindung an das Verkehrsnetz, etc.) wird vorangetrieben und es werden neue Arbeitsplätze geschaffen44. Indirekt beteiligte Akteure können dementsprechend vom Bergbau profitieren. Aktuell partizipiert jedoch nur ein geringer Bevölkerungsanteil von den Vorteilen des Bergbaus. Den finanziellen Vorteilen stehen sektorspezifische Risiken entgegen: Aufgrund fehlenden Fachwissens in Bezug auf die praktizierten Bergbautechniken sind die Bergarbeiter gesundheitlichen Risiken und Unfallgefahren ausgesetzt. Im Falle eines Unfalls besteht eine hohe Invaliditäts- und Morbiditätsrate. Parallel dazu bietet der unorganisierte Kleinbergbau in bestimmten Regionen der GLR eine große Angriffsfläche für Destabilisierung, Korruption und Menschenrechtsverletzungen: Insbesondere im Osten Kongos steht der Rohstoffhandel und dessen Schmuggel in Anrainer bis heute im Verdacht, bewaffnete Konflikt zu finanzieren.
Durch den Einsatz verschiedener Initiativen zur Minderung der negativen Auswirkungen des artisanalen Kleinbergbaus wurde massiver Druck auf den Sektor in der GLR ausgeübt. In den folgenden Abschnitten des zweiten Kapitels werden die unterschiedlichen Ansätze zum Aufbau eines geregelten und international anerkannten Bergbaus dargestellt und miteinander verglichen.
2.2 Anforderungen auf internationaler Ebene
2.2.1 Die OECD Sorgfaltsanforderungen
Im Jahr 2004 wurde von einer Expertengruppe der Vereinten Nationen erstmals die illegale Ausbeutung natürlicher Ressourcen in der DRK untersucht45.
In Abstimmung mit den Untersuchungsergebnissen hat der seit 2009 bestehende Multi-Stakeholder-Prozess der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einem internationalen und öffentlichen Konsultationsprozess die sogenannten Sorgfaltsanforderungen für eine verantwortungsvolle Lieferkette von Rohstoffen aus konfliktbehafteten und hochriskanten Regionen 46 (sog. Due Diligence Anforderungen) formuliert. Dessen Implementierung wird seit circa drei Jahren von einer internationalen Arbeitsgruppe der OECD, in welcher Deutschland durch die BGR vertreten ist, begleitet47.
Konkret handelt es sich bei der Initiative um Richtlinien zur Förderung der Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten von Konfliktmineralien48. Zielgruppe des freiwilligen Ansatzes sind industrielle Unternehmen entlang der gesamten Lieferkette49. Das Due Diligence Reglement basiert auf einem prozessbasierten Ansatz, gemäß dessen ein Unternehmen den geforderten Sorgfaltspflichten nachkommt, wenn es folgende fünf konkrete Kriterien der Umsetzung erfüllt50:
Etablierung eines internen Managementsystems, Identifikation und Bewertung von Lieferkettenrisiken, Entwicklung von Strategien zum adäquaten Umgang mit den Risiken, Initiierung unabhängiger Audits an kritischen Elementen der Lieferkette, Jährliche Berichterstattung bezüglich der Umsetzung.
Die Beachtung dieser Kriterien ermöglicht Unternehmen den Nachweis eines verantwortungsbewussten und international akzeptierten Handelns in konfliktbehafteten Regionen. Bestehende Engagements können somit ohne die Gefahr eines Reputationsverlustes fortgeführt oder initiiert werden.
Zwischen 2011 und 2013 wurde die Umsetzung der Due Diligence Sorgfaltsanforderungen mit 96 Upstream (Mine Schmelzerei) und 34 Downstream (Schmelzerei Verbraucher) Unternehmen im Rahmen eines Pilotprojekts getestet51.
Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass auf allen Ebenen der Lieferkette ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit Konfliktrohstoffen vorhanden ist.
Die OECD Anforderungen gelten als internationale Referenz52 für die Konfliktmineralien-Sorgfaltspflicht in Lieferketten. Industrielle Unternehmen wie beispielsweise H.C.Starck haben sich dazu verpflichtet, „[…] ausschließlich sogenannte konfliktfreie Rohstoffe zu erwerben und zu verarbeiten, die den Vorgaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung […] entsprechen“53. .Durch die Integration der Sorgfaltspflichtanforderungen als Standards in verpflichtenden Regelwerken (s. Abschn. 2.2.2 ff.), steigt der Grad der Verbindlichkeit und die OECD Anforderungen erhalten einen obligatorischen Charakter. Insbesondere im Upstream Bereich von Lieferketten der 3T Rohstoffe ist die Anwendung in Zentralafrika weit verbreitet54.
2.2.2 Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act
Der Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act (im Folgenden: Dodd-Frank Gesetz) ist das erste gesetzlich verpflichtende Regelwerk im Bereich von Konfliktrohstoffen und wurde im Juli 2010 von der US Regierung verabschiedet55. Bei dem Dodd-Frank Gesetz handelt es sich um ein Bundesgesetz, welches als Reaktion auf die Finanzmarktkrise von 200756 entworfen wurde. In 16 Hauptartikel mit 1.601 Unterabschnitten57 zielt der Gesetzesentwurf auf die grundlegende Änderung des Finanzmarktrechtes ab. Unter den „sonstigen Bestimmungen“ werden mit den Unterabschnitten (Sektionen) 1.502 „ Conflict minerals “ und 1.504 „ Disclosure of payments by resource extraction issuers “ zwei für den Rohstoffsektor der GLR grundlegende Gesetze eingeführt. Beide Abschnitte zielen auf die Eindämmung rohstofffinanzierter Bürgerkriege sowie der Korruptionsbekämpfung in der DRK und Anrainerländern ab. In Kraft getreten sind die Sektionen gemäß der „Final Rules“ (Ausführungsbestimmungen) am 13. November 201358.
Der 1502. Unterabschnitt des Dodd-Frank Gesetzes verpflichtet börsennotierte Unternehmen59 sowie deren Zulieferer gegenüber der amerikanischen Börsenaufsichtsbehörde S ecurities and E xchange C ommission (SEC) zur detaillierten Rechenschaftsablegung über die Herkunft verwendeter Konfliktrohstoffen aus Krisenregionen60. Analog zur Rohstoffauswahl der OECD werden als Konfliktrohstoffe Coltan, Kassiterit, Gold, Wolfram sowie deren Derivate definiert. Der Zusatz „…or any other mineral or its derivatives determined by the Secretary of State to be financing conflict in the Democratic Republic of the Congo or an adjoining country“61 räumt der SEC Handlungsspielraum bei der Beurteilung konfliktfinanzierender Rohstoffe ein, um flexibel auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren zu können. Von dem Gesetz betroffen sind Produkte U.S. amerikanischer Unternehmen, deren Funktionalität oder Herstellung von den Konfliktrohstoffen abhängig ist62. Unter die gesetzliche Regelung des produktbezogenen Ansatzes fallen ausschließlich Rohstoffe, die seit dem 31. Januar 201363 im Wertschöpfungsprozess der Unternehmen verwendet werden. Jedes von den Regelungen betroffene Unternehmen muss zunächst eine nachvollziehbare Überprüfung des Ursprungslandes durchführen.
Hierbei gilt das Prinzip „nach bestem Wissen und Gewissen“64 („in good faith“). Ein Unternehmen verschafft sich dementsprechend nach vernünftigen Maßstäben, auf nachvollziehbare Art und mit vertretbarem Aufwand den Nachweis über die Herkunft der verwendeten Konfliktrohstoffe. Bei dieser Überprüfung muss festgestellt werden können, ob die verwendeten Rohstoffe entweder aus den entsprechenden Regionen oder aus anderen Quellen (Schrott oder Recycling) stammen. Ergibt die Analyse, dass die Mineralien nicht aus den betroffenen Ländern stammen, muss das Unternehmen dieses Ergebnis sowie die Überprüfungsvorgehensweise in Form eines Formblattes („Form SD“) im Internet veröffentlichen65. Besteht hingegen Grund zu der Annahme, dass die Mineralien aus einem der genannten Länder und nicht aus Schrott oder Recycling stammen, besteht die Verpflichtung zu einer Prüfung der Lieferkette.
Diese muss gemäß der Due Diligence Anforderungen der OECD durchgeführt werden. Die Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse in Form eines Konfliktmineralienberichts66 ist erforderlich. Die Berichterstattung wird seit dem 31. Mai 2014 von der SEC erwartet. Können die Unternehmen eine Lieferkette frei von direkter oder indirekter Konfliktfinanzierung demonstrieren, dürfen die entsprechenden Produkte als „DRC CONFLICT FREE“67 bezeichnet und vermarktet werden. Das Gesetz verbietet die Benutzung des Labels jedoch nicht, wenn keines der enthaltenen Materialien aus der betroffenen Region stammt. Kommen Unternehmen der Berichterstattung nicht nach, so zieht dies keine unmittelbaren repressiven Maßnahmen (z.B. Strafzahlungen) nach sich. Langfristig gesehen kann sich die Missachtung der Vorgaben jedoch auf die Reputation auswirken und im Extremfall zu einer Selbstregulierung des Marktes (Ausschluss des Unternehmens) führen.
Gemäß einer Schätzung der amerikanischen Börsenaufsicht haben sich circa 6.000 Unternehmen einer direkten Überprüfung gemäß der Sektion 1.502 zu unterziehen68. Die Anzahl indirekt berichterstattungspflichtiger Unternehmen ist durch die hohe Integration und Vernetzung mit Zulieferern um einen vielfachen Faktor höher.
Das Dodd-Frank Gesetz hat die Relevanz der Konfliktmineralienthematik genauso wie den Handlungsdruck auf alle Akteure entlang der 3T Wertschöpfungsketten erhöht. Kritisch hervorzuheben ist jedoch zunächst der Zeitraum von zwei Jahren zwischen der Ankündigung und der Festlegung der Ausführungsmodalitäten. Die Verzögerung kann einerseits auf den Umfang der Ausführungsbestimmungen, andererseits auf die Skepsis der amerikanischen Industrie bezüglich hoher Zusatzkosten durch eine transparente Lieferkette zurückzuführen sein. Die Interimszeit ist für die kongolesische Wirtschaft von Nachteil gewesen. Als direkte Reaktion wurde 2010 seitens der kongolesischen Regierung ein fünfmonatiges Exportverbot auf mineralische Rohstoffe für bestimmte Regionen69 ausgesprochen.
[...]
1 Vgl. UNDP_c, S. 38.
2 Vgl. UNDP_c, S. 11, Stand: 2012.
3 Vgl. OECD (2011_b).
4 Vgl. BMZ (2014_b).
5 Vgl. BMZ (2014_a).
6 Tin, Tungsten, Tantalum.
7 Gold fällt ebenfalls unter den Begriff der Konfliktrohstoffe, besitzt für diese Arbeit jedoch keine Relevanz.
8 Vgl. Nest, M., S. 66ff.
9 Vgl. Killiches, F., Schütte, P., Franken, G., Barume, B., Näher, U. (2014), S. 8.
10 Daten von 2013: Kobalt: 47,5 Prozent (vgl. USGS_a), Diamanten: 21,25 Prozent (vgl. USGS_b), Tantal: 18,64 Prozent (vgl. USGS_c), Zinn: 1,74 Prozent (vgl. USGS_d).
11 Vgl. USGS_c: Weltweit wurden 2013 590 Tonnen Tantals produziert.
12 übereinstimmend vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, der Europäischen Union und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
13 Vgl. Elsner, H., Melcher, F., Schwarz-Schampera, U., et al.
14 Vgl. Weltbank_a. Anmerkung: Das BIP basiert auf dem „Gross domestic product [GDP] (current US$)“.
15 Vgl. Anhang 2.
16 Vgl. Anhang 5.
17 Quelle: Eigene Darstellung basierend auf den Daten von TradeMap.
18 Unter diesen Oberbegriff (im Folgenden: Erze) werden insgesamt 46 Positionen zusammengefasst. Eine vollständige Auflistung befindet sich im Anhang 1.
19 Vgl. Weltbank_a.
20 Vgl. Anhang 3.
21 Vgl. Anhang 6.
22 Quelle: Eigene Darstellung basierend auf den Daten von TradeMap.
23 Vgl. Anhang 3.
24 Vgl. Weltbank_a.
25 Vgl. Anhang 4.
26 Vgl. Anhang 7.
27 Quelle: Eigene Darstellung basierend auf den Daten von TradeMap.
28 Quelle: Eigene Darstellung. Das Ranking wurde von TradeMap erstellt.
29 Vgl. TradeMap: Die Rangliste basiert auf einem Länderranking gemäß der gemeldeten/geschätzten Handelswerte. Platz 1 von „Ores, slag and ash“ wird bspw. von Australien eingenommen.
30 Vgl. USGS_e.
31 Vgl. USGS_f.
32 Vgl. USGS_g.
33 Einteilungsklassen: sehr hoch, hoch, mittelmäßig, schwach.
34 UNDP_a.
35 Weltbank_b. Anmerkung: Das Pro Kopf Einkommen basiert auf dem „Gross domestic product [GDP] per capita (current US$)“ von 2012.
36 UNDP_b: Bei dem HDI handelt es sich um einen sozioökonomischen Maßstab, welcher neben qualitativen auch quantitative Aspekte der Lebensverhältnisse erfasst. Berücksichtigt wird neben dem Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkraftparitäten der Bildungsstand, quantifiziert über den Einschulungs- und Alphabetisierungsgrad, sowie die Lebenserwartung in den einzelnen Ländern.
37 Die relativen Häufigkeiten werden in Prozent durch die Balkenlänge dargestellt, auf den Balken sind die jeweiligen absoluten Häufigkeiten vermerkt. Klasse 1: 0 - 32,52$, Klasse 2: 32,52 - 65,04$, Klasse 3: 65,04 - 97,56$, Klasse 4: >97,65$.
38 Quelle: Eigene Darstellung. Anmerkung: Anzahl der Personen, die Auskunft zu ihrem Gehalt gemacht haben: Ruanda: 167; Burundi: 58; DRK: 36.
39 Gatumba: Gatumba Mining Concession (GMC), Ruli: COMIKAGI.
40 Die durchschnittlichen Angaben beziehen sich auf ausschließlic h aus dem Bergbausektor erzielten Entlohnungen und wurden in STATA mittels Wilcoxon-Mann-Whitney-Test ermittelt.
41 Diese erstreckt sich vom einfachen Bergarbeiter („Digger“) über Sicherheitspersonal bis hin zum Vorarbeiter. Je höher die Verantwortung, desto höher ist das erzielte Einkommen.
42 Vgl. Cook, R., Mitchell, P. (2014), S. 21.
43 Vgl. ISO (2014_c): Internationale Umweltmanagementnorm, in der weltweit anerkannte Anforderungen an ein Umweltmanagementsystem festgelegt werden.
44 Angestellte, die bspw. landwirtschaftlichen Tätigkeiten/Verpflichtungen im Auftrag eines Bergarbeiters nachgehen.
45 Vgl. Öko-Institut e.V. (2013), S. 35.
46 Sinngemäße Übersetzung von „OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas (‘OECD Due Diligence Guidance‘)“.
47 Vgl. Killiches, F., Schütte, P., Franken, G., Barume, B., Näher, U. (2014), S. 4.
48 Vgl. OECD (2011_a), S. 14.
49 Vgl. Schütte, P, Franken, G. et al. (2011), S. 7.
50 „Five step approach“. Vgl. Öko-Institut e.V. (2013), S. 35.
51 Vgl. Öko-Institut e.V. (2013), S. 36.
52 Vgl. Schütte, P, Franken, G. et al. (2011), S. 7.
53 Aus einer Anfrage vom 13.11.2014 bei H.C.Starck.
54 Vgl. Killiches, F., Schütte, P., Franken, G., Barume, B., Näher, U. (2014): S. 9.
55 Vgl. Huy, D., Liedtke, M. et al., S. 1.
56 Vgl. The White House (2014).
57 Vgl. Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act, S. 1 ff.
58 Vgl. SEC (2012), S. 1.
59 Explizit handelt es sich um Unternehmen, die nach Section 13 (a) und Section 15 (d) des Exchange Acts der SEC regelmäßig Bericht erstatten müssen.
60 Vgl. SEC (2012), S. 4: Democratic Republic of the Congo or Adjoining Countries.
61 Vgl. SEC (2012), S. 352.
62 Vgl. SEC (2012), S. 61.
63 Vgl. SEC (2012), S. 33.
64 Vgl. SEC (2012), S. 33.
65 Vgl. SEC (2012), S. 33.
66 Dieser muss enthalten: (i) Beschreibung der Maßnahmen zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette, (ii) Beschreibung der Produkte, die „nicht DRC-konfliktfrei“ sind, (iii) Beschreibung des industriellen Verarbeiters, (iv) Angabe des Herkunftslands und (v) Beschreibung der Maßnahmen zur Bestimmung der Herkunft/Lokalität der Konfliktminerale mit der größtmöglichen Genauigkeit.
67 DRC CONFLICT FREE: „ […] a product does not contain conflict minerals necessary to the functionality or production of that product that directly or indirectly finance or benefit armed groups”.
68 Vgl. Killiches, F., Schütte, P., Franken, G., Barume, B., Näher, U. (2014), S. 9.
69 Vgl. iTSCi (2010).
- Quote paper
- Jan-Martin Köckemann (Author), 2014, Analyse der Qualitätsinfrastruktur in Zentralafrika (Great Lakes Region) mit Schwerpunkt auf Zertifizierung im Kleinbergbau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/295318
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